Lebensdaten
1857 – 1942
Geburtsort
Güssing (Németújvár, Burgenland)
Sterbeort
Ghetto Theresienstadt
Beruf/Funktion
Historiker ; Rektor der Universität Prag
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 117257184 | OGND | VIAF: 116220067
Namensvarianten
  • Steinherz, Samuel

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Zitierweise

Steinherz, Samuel, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117257184.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Eduard (1828-n. 1893), Händler in G.;
    M Franziska (Fanni) Wechsler (* 1832);
    Wien 1896 Sophie Kestel (1865–1943), aus Wien;
    2 S Rudolf (* 1901), Dr. rer. nat., Chemiker in Wien, Otto (1903–n. 1941 KZ Lodz), Dr. phil., Anglist in Prag, 3 T Anna (1897–1969, Art[h]ur Winternitz, 1893–1961, Dr. phil., Math., 1931 ao. Prof. an d. Dt. Univ. in Prag, emigrierte 1939 n. Oxford, s. Kürschner, Gel.-Kal. 1931; Bibliographia Judaica), Dr. phil., Germanistin in Prag, Antonie (1899–1943 KZ Auschwitz), Beamtin in Prag, Irene (1900–43 KZ Auschwitz).

  • Biographie

    S. verbrachte seine Gymnasialzeit in Graz und begann dort 1875 das Studium der Geschichte, Germanistik und Klassischen Philologie. 1882 wurde er mit einer Arbeit über die ital. Politik Kg. Ludwigs von Ungarn 1342–52 bei Franz Krones v. Marchland (1835–1902) promoviert und absolvierte anschließend bis 1885 den Kurs am Institut für österr. Geschichtsforschung in Wien. Danach studierte er parallel zu Habilitationsvorbereitungen in Graz Rechtswissenschaften (Dr. iur. 1894). Seit 1893 bearbeitete er in röm. und mitteleurop. Archiven unter Theodor v. Sickel (1826–1908) die Nuntiaturberichte für die Jahre 1560–65. Mit einer Schrift über die Beziehungen Ludwigs I. von Ungarn zu Karl IV. habilitierte sich S. 1895 für österr. Geschichte an der Univ. Wien, 1898 wurde die Venia auf allgemeine Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit erweitert.

    S. gilt als Vertreter der klassischen österr. Schule der Geschichtswissenschaft (Paläographie u. Diplomatik). Seit 1901 lehrte er als ao. Professor, seit 1908 als Ordinarius Historische Hilfswissenschaften an der Dt. Univ. in Prag (1913 /14 Dekan). 1915–28 war S. in Prag Ordinarius für österr. Geschichte. Seit 1904 gehörte er dem Vorstand des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen an und war Obmann der Historischen Landeskommission des Kgr. Böhmen. Als o. Mitglied der Gesellschaft zur Förderung dt. Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen beteiligte er sich 1918 an der Gründung der Historischen Kommission und 1921 an derjenigen der Kommission für Heimatforschung. 1922 wurde der unpolitische, altliberale Großösterreicher als dienstältester Professor der phil. Fakultät zum Rektor der Dt. Univ. gewählt. Da er als Jude nicht, wie vor 1918 üblich, auf das Amt verzichtete, protestierten im Herbst 1922 antisemitische nationalistische und christlichsoziale dt. Studentenvereinigungen und blockierten den gesamten Vorlesungsbetrieb (Steinherz-Affäre). Nachdem das tschechoslowak. Ministerium im Frühjahr 1923 zwei Rücktrittsgesuche abgelehnt hatte, ließ S. sein Amt faktisch ruhen. Als Mitglied der Loge Praga von B’nai B’rith wandte er sich danach der Geschichte des Judentums im mittelalterlichen Böhmen zu und gab 1927 eine Festschrift zur Geschichte des Prager Judentums heraus. Nach seiner Emeritierung gründete er 1928 mit Unterstützung von B’nai B’rith die „Gesellschaft für Geschichte der Juden in der Čechoslovakischen Republik“, deren Vorsitzender er bis zur Auflösung 1940 war und die unter seiner Leitung seit 1929 ein Jahrbuch in dt. und tschech. Parallelausgaben herausgab. 1939 wurde S. aus den dt. wissenschaftlichen Organisationen ausgeschlossen und im Sommer 1942 mit Ehefrau und zwei Töchtern nach Theresienstadt deportiert, wo er wenige Monate später starb.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. d. Inst. f. österr. Gesch.forsch., Wien (1885), d. Ver. f. Gesch. d. Deutschen in Böhmen (1901);
    o. Mitgl. d. Ges. z. Förderung dt. Wiss., Kunst u. Lit. in Böhmen bzw. (nach 1924) d. Dt. Ges. d. Wiss. u. Künste f. d. Tschechoslowak. Rep. (1915–38, 1918 Mitgründer u. 1926–36 Vors. d. Hist. Komm. dieser Ges.);
    Vors. d. Ges. f. d. Gesch. d. Juden in d. Čechoslovak. Rep. (1928–40): – Samuel-Steinherz-Stiftung, Nürnberg (seit 2008).

  • Werke

    W Aufss. z. spätma. u. frühneuzeitl. Gesch. in MIÖG;
    Bearb.:
    Nuntiaturberr. aus Dtld., 2. Abt., Bd. 1: Die Nuntien Hosius u. Delfino 1560–1561, 1897, Bd. 3: Nuntius Delfino 1562–1563, 1903, Bd. 4: Nuntius Delfino 1564–1565, 1914;
    Hg.:
    Briefe d. Prager Ebf. Anton Brus v. Müglitz 1562–1563, 1907;
    Ein Fürstenspiegel Karls IV., 1925;
    Die Juden in Prag, Festgabe d. Loge Praga d. Ordens B`nai B`rith, 1927;
    Dokumente z. Gesch. d. gr. abendländ. Schismas 1385–1395, 1932;
    Red.:
    Jb. d. Ges. f. Gesch. d. Juden in d. Čechoslovak. Rep., Bd. 1–9, 1929–38.

  • Literatur

    G. Kisch, in: Historia Judaica 10, 1948, S. 191–93;
    F. Kavka, Památce historika Samuela Steinherze|[Erinnerungen an d. Historiker S. S.], in: Židovská ročenka, 1983, S. 64–67;
    P. Arlt, S. S. (1857–1942), Ein Rektor zw. den Fronten, in: Prager Professoren 1938–1948, hg. v. M. Glettler u. A. Míšková, 2001, S. 71–104;
    J. Osterloh, Nat.sozialist. Judenverfolgung im Reichsgau Sudetenland, 2006, S. 111–16;
    G. Oberkofler, S. S. (1857–1942), Biogr. Skizze über e. altösterr. Juden in Prag, 2008 (W-Verz., P);
    P. Kolář, Gesch.wiss. in Zentraleuropa, 2 Bde., 2008;
    Kürschner, Gel.-Kal. 1931;
    Wininger;
    Biogr. Lex. Gesch.wiss.;
    Hdb. österr. Autoren jüd. Herkunft;
    Österr. Gesch.wiss. 20. Jh.;
    Enc. Jud.²;
    ÖBL.

  • Autor/in

    Robert Luft
  • Zitierweise

    Luft, Robert, "Steinherz, Samuel" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 200-201 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117257184.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA