Lebensdaten
1868 – 1956
Geburtsort
Königsbronn (Württemberg)
Sterbeort
Katharinenhof bei Backnang (Württemberg)
Beruf/Funktion
Industrieller
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118744666 | OGND | VIAF: 10641232
Namensvarianten
  • Reusch, Paul Hermann
  • Reusch, Paul
  • Reusch, Paul Hermann
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Zitierweise

Reusch, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118744666.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann Karl (1824–94), aus Kirchheim unter Teck, württ. Oberbergrat in Stuttgart-Cannstatt (s. Heyd II);
    M Marie, T d. Christian Riecke (1802–65), RA in Stuttgart, Univ.amtmann in Tübingen, Hofdomänen- u. Justizrat in Stuttgart, 1864 Hofkammerdir., Hg. d. württ. Ger.gesetze, Bde. 4-6, u. d. württ. Landrechts v. 1610, Dr. iur. h. c. (s. ADB 28);
    1895 Gertrud Zimmer, T e. Amtsger.rats in Breslau;
    2 S Hermann (s. 2), Paul jr. (* 1905, Inge Ross), Industr., Dir. u. Vorstandsvors. d. Hackethal-Draht- u. Kabelwerke AG, Langenhagen b. Hannover, d. Osnabrücker Kupfer- u. Drahtwerks, Osnabrück, Aufsichtsratsvors. d. Kabel- u. Metallwerke Neumeyer AG, Nürnberg (s. Wi. 1955–67), 2 T.

  • Biographie

    R. arbeitete nach einer Ausbildung zum Hüttenfachmann (Studium an d. TH Stuttgart 1886–89) als Ingenieur (1889–90 Jenbacher Berg- u. Hüttenwerke, 1891-95 Ganz & Co, Budapest), Verwalter (1895–1901 Witkowitzer Bergbau- u. Eisenhüttenges.) und Direktor (1901–05 Friedrich-Wilhelms-Hütte Mülheim) von Montanbetrieben, ehe er 1905 in den Vorstand der zum Besitz der Familie Haniel zählenden „Gutehoffnungshütte“ (GHH) in Oberhausen berufen wurde. 1909 übernahm er den Vorsitz und wandelte das zum Zweck der Kohlegewinnung und Stahlerzeugung sowie -verarbeitung gegründete Unternehmen zielstrebig in einen horizontal strukturierten Mischkonzern um. Die erste bedeutende Station auf diesem Weg markierte die Beteiligung an der Gründung der „Dt. Werft“ in Hamburg 1918. Hier wie bei den meisten späteren Erwerbungen bestand R. auf einer Mehrheitsbeteiligung der GHH und finanzierte solche Transaktionen nach Möglichkeit aus Eigenmitteln. Die Ausdehnung in den für den Absatz wichtigen süddt. Raum erfolgte hauptsächlich durch den Erwerb der Aktienmehrheiten an der „Maschinenfabrik Eßlingen“ 1920 und an der „Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg“ (MAN) 1921. Gleichzeitig trieb R. den Ausbau eines nationalen und internationalen Vertriebsnetzes voran. Mit der Beteiligung am Düsseldorfer Pressen- und Walzenwerk Schloemann kam der Konzernaufbau 1931 zu einem vorläufigen Abschluß.

    Seinen Aufstieg zu einem der einflußreichsten und angesehensten Manager-Unternehmer der Weimarer Republik verdankte R. zu einem großen Teil seinen Aktivitäten als Verbandspolitiker. 1919-29 leitete er die IHK Duisburg, 1924-30 in Personalunion die mächtige „Nordwestl. Gruppe“ des „Vereins Dt. Eisen- und Stahlindustrieller“ (VDESI) und den „Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen“, den sog. Langnamverein. Daneben war er 1923-33 Präsidiumsmitglied des Reichsverbandes der Dt. Industrie und 1926-33 stellvertretender Vorsitzender des Dt. Industrie- und Handelstages; 1927 initiierte er die „Ruhrlade“ als informelles Koordinierungsgremium und Spendensammelstelle der Schwerindustrie. Auch in internat. Organisationen betätigte er sich: 1924-31 als Mitglied des Verwaltungsrats der Internat. Handelskammer in Paris, 1930-38 in gleicher Funktion bei der Bank für Internat. Zahlungsausgleich, Basel.

    Obwohl R. keiner Partei angehörte, nahm er am politischen Geschehen lebhaften Anteil; Repräsentanten der GHH hielten Kontakt zu Regierungsstellen und Parteizentralen in Berlin und versorgten ihn mit Nachrichten. Er zählte zu den Gründern und Vorstandsmitgliedern des 1928 ins Leben gerufenen, gegen die Weimarer Demokratie gerichteten „Bundes zur Erneuerung des Reiches“. Ohne den erhofften Erfolg blieb der Versuch, mit Hilfe der finanziellen Kontrolle über drei süddt. Zeitungen, darunter die „Münchner Neuesten Nachrichten“, die politische Öffentlichkeit zu beeinflussen. Sein Plädoyer vom Frühjahr 1932 für eine Zusammenarbeit der konservativen Kräfte mit der NSDAP half dieser im Kampf um die Macht, auch wenn R. ein halbes Jahr später umschwenkte und Franz v. Papens Kurs in Richtung eines autoritären Staates unterstützte. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten geriet R. v. a. aus wirtschaftspolitischen Gründen allmählich in Gegensatz zum Regime. Als er 1942 den GHH-Vorstandsvorsitz unter dem Druck der Nationalsozialisten aufgeben mußte, zog er sich auf sein schwäb. Landgut zurück. Nach dem Krieg beschränkte er sich, auch aus Altersgründen, auf die Rolle des unternehmens-, verbands- und wirtschaftspolitischen Ratgebers seines Sohnes Karl Hermann.

    R. war einer der wirtschaftlich erfolgreichsten und politisch einflußreichsten Schwerindustriellen des späten Kaiserreiches und der Weimarer Republik. Er stellte die Weichen für die Entwicklung der GHH zum modernen und dynamischen Montan- und Maschinenbaukonzern. Die Bilanz seiner politischen Aktivitäten fällt dagegen zwiespältig aus: Die Weimarer Demokratie lehnte er zugunsten autoritärer Lösungen ab, zu den Nationalsozialisten ging er erst spät auf Distanz.|

  • Auszeichnungen

    Paul-Reusch-Jugendstiftung (1938);
    preuß. KR (1910);
    Ehrenkreuz d. Ordens d. württ. Krone;
    württ. Wilhelmskreuz;
    E. K. II;
    Ehrenbürger v. Sterkrade (Rheinland) (1913), Oberhausen (1913), Königsbronn (1927), Weil der Stadt (1940), Strümpfelbach u. d. TH Stuttgart;
    Dr.-Ing. E. h. (TH Stuttgart 1914);
    Dr. rer. nat. h. c. (Erlangen 1929);
    Vorstandsmitgl. (1915) u. Vors. d. Verw.rats (1921) sowie Ehrenring u. Ehrenmitgl. (1949) d. Dt. Mus., München;
    Mitgl. d. Verw.rats d. German. Nat.mus., Nürnberg, (1920), d. Notgemeinschaft Dt. Wiss., Berlin, u. d. Helmholtz-Ges.;
    Ehrensenator d. TH Stuttgart (1923), d. Univ. Tübingen (1927) u. d. TH Breslau (1930);
    Ehrenpräs, d. IHK Duisburg (1929);
    Ehrenmitgl. d. Ver. Dt. Eisenhüttenleute (1929) u. d. Schiffbautechn. Ges. (1955);
    ao. Mitgl. d. Ak. d. Bauwesens;
    Mitgl. d. Ak. f. Dt. Recht;
    Gr. Ehrenzeichen d. Dt. Ak., München (1931);
    Kriegsverdienstkreuz II. Kl. (1940);
    Franz Grashof-Medaille (1950);
    Gr. BVK mit Stern (1952).

  • Literatur

    B. Herzog, P. R. u. d. Dt. Mus. in München, 1967;
    E. Maschke, Es entsteht e. Konzern, P. R. u. d. GHH, 1969;
    F. Pudor, Lb. aus d. Rhein.-Westfäl. Ind.gebiet, Jg. 1955-1957, S. 82-86;
    ders., Männer d. früheren dt. stahlwirtschaftl. Verbände, 1974, S. 31 f.;
    H.-J. Joest, Pionier im Ruhrrevier, 1982;
    W. Burkhard (Hg.), Niederrhein. Unternehmer, 1990, S. 68 f. (P);
    C. Rauh-Kühne, in: D. Ziegler (Hg.), Großbürger u. Unternehmer, Die dt. Wirtsch.elite im 20. Jh., 2000, S. 215-48;
    Wenzel;
    Wi. 1935;
    Biogr. Lex. z. Weimarer Rep., hg. v. W. Benz u. H. Graml, 1988;
    |Augsburger Stadtlex. (P);
    Munzinger;
    Biogr. Dict. of Management, hg. v. M. Witzel u. a., 2001. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Rhein.-Westfäl. Wirtsch.archiv, Köln.

  • Autor/in

    Werner Bührer
  • Zitierweise

    Bührer, Werner, "Reusch, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 455-57 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118744666.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA