Lebensdaten
1708 – 1777
Geburtsort
Holtschitz (Kreis Komotau, Böhmen)
Sterbeort
Memmelsdorf bei Bamberg
Beruf/Funktion
Bildhauer
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118678418 | OGND | VIAF: 10639907
Namensvarianten
  • Dietze, Ferdinand
  • Tietz, Ferdinand
  • Dietz, Adam Ferdinand
  • mehr

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Dietz, Ferdinand, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118678418.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus böhmischer Fam.;
    V Adam (1671–1742), Bildhauer in Eisenberg (Kreis Komotau), wahrsch. im Dienst der Fürsten v. Lobkowitz;
    M Anna Dorothea ( 1752);
    B Joseph (* 1705), Bildhauer, seit 1740 in Wien; ledig.

  • Biographie

    Die fränkische Barockskulptur des 18. Jahrhunderts gipfelt in dem Werke D.. Nach Lehre und Mitarbeit in der Werkstatt seines Vaters und Beteiligung an dessen Hauptwerk in Brüx (1730/32), muß er bei Matthias Braun, der zentralen Bildhauerpersönlichkeit des böhmischen Barock gearbeitet haben. Seit 1736 war er in Würzburg tätig. Von der jahrelangen Tätigkeit an der Residenz (1736–40, 1745-46) ist nur Geringfügiges nachzuweisen. Die ersten selbständigen Arbeiten sind Heinrich und Kunigunde am Portal des Sankt Michaelsklosters in Bamberg (1743), die Hochaltarfiguren in der Pfarrkirche von Gaukönigshofen (1743) und die - verlorenen - Seitenaltäre in Unterleinach. D. eigentliche Domäne waren Gartendekorationen. Er arbeitete für alle Fürstenhöfe Frankens. 1747-52 entstand ein erster Teil der Ausstattung des Schloßgartens in Seehof bei Bamberg für den Fürstbischof Philipp Anton von Franckenstein. 1748 wurde er Hofbildhauer. 1750 sind die Figuren am Franckensteinschloß in Ullstadt datiert. Nach dem Tode seines Auftraggebers folgte er einem Ruf des Kurfürsten Franz Georg von Schönborn nach Trier (1754), wo er zum Hofbildhauer ernannt wurde. Er schuf hier die wohl umfangreichste seiner Dekorationen für Neumanns Hauptwerk Schloß Schönbornlust (zerstört). Zwei Epitaphien für Damian Hugo von Schönborn in der Peterskirche in Bruchsal und für Franz Georg von Schönborn im Trierer Dom (beide 1757), nach älteren Grabmalentwürfen J. W. van der Auweras, gingen aus seiner Werkstätte hervor. Weiter entstanden für den Trierer Dom die Kryptenaltäre und die Balustrade der Marienkapelle, für Sankt Gangolf Altarfiguren, für Sankt Antonius der Entwurf der Kanzel (Ausführung wohl Werkstatt), für die Schloßkapelle in Ehrenbreitstein Altarfiguren in Marmor und, am Schluß seines Aufenthaltes, die Fassadendekoration und die prachtvolle Treppenausstattung der Trierer fürstbischöflichen Residenz, die Krönung dieses Lebensabschnittes. Auf eigenen Wunsch nach Bamberg zurückgekehrt, schmückte er den Residenz- (heute Rosen-)Garten, erfüllte den alten Auftrag für ein vergoldetes Reitermonument auf der Seesbrücke in Bamberg, ein heiligen Georg (es stürzte schon 1784 bei Hochwasser in den Fluß). Erweiterungen in Seehof veranlaßten die Ausführung einer weiträumigen Kaskadenanlage, zweier großer Seegruppen und zahlreicher Einzelfiguren. Eine der kostbarsten Erfindungen ist die große, stehende Athena aus Seehof (Nürnberg), wohl die schönste Verkörperung dieser Göttin im deutschen Barock. 1763-68 erhielt der Garten von Veitshöchheim, dem Lustschloß der Würzburger Fürstbischöfe, seine köstlichen Figuren. Heute noch als einziger Garten mit fast allen Skulpturen erhalten, ist dies die berühmteste spätbarocke Gartendekoration Deutschlands.

    D. kommt aus dem Handwerk und besuchte nicht - wie üblich in dieser Zeit - eine Akademie. Seine frühen Werke zeigen in ihren kräftigen, fast derben vollen Formen, ihrem leidenschaftlichen Ausdruck, den heftig bewegten, tief unterschnittenen Gewandmassen die Herkunft von Braun (Clemenskirche in Prag, Schloßgarten Kukus). Hochbarockes Pathos klingt in den Figuren von Gaukönigshofen und Seehof nach. Braun steht noch im Zusammenhang mit G. L. Bernini. Im einzelnen dienten französische Stiche als Vorlagen und Anregungen. Versailles ist beispielhaft: Tiergruppen nach Lafontaineschen Fabeln und Parnaß in Veitshöchheim. Im Rheinland wendete er sich ganz dem Stile des Rokoko zu mit gelängten Proportionen, leichten verspielten und eleganten, meist tänzerisch bewegten Figuren. Das Wagnis weitgehender Unterschneidungen und Aushöhlungen des weichen Sandsteins - bei keinem anderen Steinbildhauer anzutreffen - ist Voraussetzung für den reifen Dekorationsstil: die vollrunde, durchaus räumlich konzipierte Figur mit betonter, bewegter Konturführung wird zum spielerischen Ornament vor der streng geschnittenen Gartenarchitektur; porzellanartige Fassung, meist Weiß mit Goldhöhung, im Zusammenklang mit den dunklen, geschnittenen Hecken unterstreicht die dekorative Note. Eine gleich schwerelose Figurenwelt kennt man nur in Porzellan. D. durchbricht die traditionelle Anordnung der Figuren im Garten. Die Frontalstellung mit einer gültigen Hauptansicht ist aufgegeben. Sich um ihre Achse drehende Figuren und allseitig ausstrahlende Figurengruppen, die über Wege und offene Rondells miteinander korrespondieren, sind seine Erfindung. Sie ermöglicht eine völlig neue räumliche Interpretation des Gartens im Gegensatz zu Versailles oder dem ihm nahestehenden Kukus. Einzigartig ist D. lebendige, phantasievolle Ornamentik. Die Idee, Steinbänke, Tische und Hocker mit üppig wucherndem vegetabilem Ornament lebendig zu gestalten, hat ihre Wurzeln in seiner böhmischen Heimat. Voraussetzung für die Form der mächtigen Trierer Treppenbalustrade mit den großlappigen rollenden Akanthusranken sind dazu noch die fränkische Möbelschnitzerei und, in Einzelheiten der Formensprache, der Ornamentstil des J. W. van der Auwera, mit dem er gemeinsam an der Würzburger Residenz arbeitete. Grundlagen|seines Stils aber sind ein überschäumendes Temperament, unerschöpfliche Erfindungsgabe und Geist und Humor, die eine reiche Skala der Ausdrücke ermöglichen: höfische Eleganz wie ländliche Anmut, humoristische und groteske Figuren.

    Zahlreiche Entwürfe, meist in Lindenholz, in einer sehr leichten, äußerst rasch und impulsiv das Schnitzmesser führenden Technik geben heute noch den genauesten Einblick in seine Schaffensweise. Sie sind Zeugnisse seiner phantasievollen Einfälle, die sich zum Teil auch nicht mehr in Stein umsetzen ließen, wie die grazile, auf Wolken sitzende Athena in Nürnberg. Zu nennen sind noch ein Frauenraub für Seehof (Würzburg), die Figuren der italienischen Komödie (Nürnberg), ein Merkur für Veitshöchheim und ein sitzender Chinese mit Drachen (München), ein Chronos und ein Putto als Rokokodame (Nürnberg, Privatbesitz). Dazu ist der zeichnerische Entwurf für das Treppenhaus der Residenz Würzburg (Berlin, Kunstbibliothek) mit einer luftig in lockere Ranken aufgelösten Balustrade hervorzuheben.

    Eine große Werkstatt half die Fülle der Erfindungen Gestalt werden lassen. In Seehof arbeiteten mit: Jak. Gollwitzer, Michael Trautmann, Johann Daumgärtner, Johann August Nahl und Georg Anton Reuß, alles Bildhauer, die auch als selbständige Meister einen - zum Teil bedeutenden - Ruf hatten. Bonav. Mutschelles Ornamentik steht in Zusammenhang mit D. Arbeiten. Friedrich Theiler, ein Mitarbeiter Mutschelles, steht noch in D.scher Tradition. Im Rheinland sind es vor allem Wenzel Grauer, D. Verwandter aus Böhmen, und Joseph Feill, die seinen Stil weitertragen. Im Rheinland ist die Wirkung des D. überaus vielfältig und umfangreich. Ganz besonders die zahlreichen Adels- und Bürgerhäuser dieser Zeit haben einen von seinem Stil geprägten Fassadenschmuck.

  • Literatur

    Die Kunstdenkmäler d. Kgr. Bayern III, 3, B. A. Würzburg, 1911, S. 188 ff.;
    E. L. v. Stössel, F. T., in: 76. Ber. u. Jb. d. Hist. Ver. Bamberg, 1918 (L);
    R. Sedlmaier u. R. Pfister, Die fürstbischöfl. Residenz zu Würzburg, 1923;
    E. W. Braun, Zur Biogr. d. Bildhauers F. D., in: Zs. f. bildende Kunst 59, 1925/26, S. 127 ff.;
    A. Feulner, Skulptur u. Malerei d. 18. Jh. in Dtld., in: Hdb. d. Kunstwiss., 1929, S. 106 ff.;
    Die Kunstdenkmäler d. Rheinprov., Die kirchl. Denkmäler d. Stadt Trier (Der Dom zu Trier), XIII, 1, 1938, S. 253 ff.;
    W. Tunk, F. D.-Gedächtnisausstellung Bamberg 1952, in: 92. Ber. u. Jb. d. Hist. Ver. Bamberg, 1953, S. 382 ff.;
    H. Kreisel, Veitshöchheim, 1953;
    R. Sedlmaier, Wolfg. v. d. Auweras Schönborn-Grabmäler im Mainfränk. Mus. u. d. Grabmalkunst d. Schönborn-Bischöfe, 1955, = Mainfränk. Hh. 23. - Zu V Adam: K. Oberdorffer, Von d. väterl. Werkstatt d. Bildhauers F. D., in: Stifter-Jb. 3, 1953, S. 150 f.

  • Autor/in

    Ursula Röhlig
  • Zitierweise

    Röhlig, Ursula, "Dietz, Ferdinand" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 704-06 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118678418.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA