Lebensdaten
um 1125 – 1192 oder 1200
Geburtsort
Viterbo
Sterbeort
Viterbo (?)
Beruf/Funktion
Chronist ; königlicher Kaplan und Notar ; Geschichtsschreiber
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11871824X | OGND | VIAF: 84755541
Namensvarianten
  • Gottfried von Viterbo
  • Gottfried
  • Gottfried von Viterbo
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Zitierweise

Gottfried, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11871824X.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Sachse;
    B Mag. Werner;
    N Mag. Reimbert.

  • Biographie

    G. muß der Herkunft nach als Deutscher, seiner Sprache und der literarischen Haltung nach als Italiener gelten. 1133 kam er mit Lothar III. nach Bamberg, wo er in der Domschule ausgebildet wurde. Konrad III. nahm ihn in die königliche Kapelle auf, der er auch unter Friedrich I. und Heinrich VI. angehörte. 1152 unterzeichnete er als Zeuge den Vertrag Friedrichs I. mit Eugen III., und auch sonst ist er häufig in der Umgebung des Kaisers nachzuweisen: 1162 Laon, 1167, 1174, 1177 Venedig, 1178 Pisa. Zahlreiche Legationen im Auftrag der Herrscher führten ihn nach Sizilien, in die Provence, nach Spanien, Frankreich, 40mal nach Rom. 1169 belohnte Friedrich ihn und seine Verwandten für ihre Verdienste mit einem Privileg für ihr Allod in Viterbo, schließlich wurde G. Kanoniker in Pisa, verbrachte aber die letzten Jahrzehnte|vornehmlich in Viterbo, wo auch seine Werke entstanden sein dürften, die trotz ihrer großen Zahl eigentlich alle nur mehr oder weniger starke Bearbeitungen des gleichen Materials sind. 1183 entstand das (I) „Speculum regum“, ein Kaiserspiegel für Heinrich VI., der an den Herrschergestalten Sinn und Ziel des Imperiums aufweisen will. Erweitert sollte dieses Werk bis auf Friedrich I. fortgeführt werden, ein Bruchstück dieses größeren Werkes liegt vor in der (II) „Denominatio regnorum imperio subiectorum“. Das „Speculum“ war auch Grundlage für die (III) „Memoria seculorum seu Liber memoriale“ (bis 1185, Vers und Prosa gemischt), welches Werk in dem unedierten (IV) „Liber universalis“ erneut bearbeitet und erweitert wurde. Den unvollendeten (V) „Gesta Friderici“ (nach 1185) folgte das in 3 Rezensionen vorliegende (VI) „Pantheon“ (über 40 Handschriften). Die Rezension 1 ist eine Bearbeitung des „Liber universalis“, die Urban III. und Heinrich VI. gewidmet war, die Rezension 2 kann als erweiterte Vorlage für die Rezension 3 gelten. 1202 entstanden schließlich die metrischen (VII) „Gesta Heinrici VI.“, deren Abfassung durch G. mehrfach, doch wohl zu Unrecht bezweifelt wurde. G. war sehr belesen und ein leidenschaftlicher Büchersammler, seine Bildung umfassend, wenn auch nicht überragend; für seine Werke erfand er neue Versformen. Wenn sein Werk einen starken Hang zum Anekdotischen aufweist und den Forderungen historischer Kritik nicht ganz entspricht, so muß man das dem Umstand zuschreiben, daß G.s Werke nicht in erster Linie der Geschichtsschreibung, sondern eher der Exemplaliteratur zuzuschreiben sind. Eine kritische Gesamtausgabe fehlt.

  • Werke

    MGH SS 22, S. 1-338 (I, III, IV, V, VI 3, VII, meist gekürzt);
    MGH SS rer. Germ. (V, VII);
    L. Delisle, Littérature latin et histoire du moyen âge, Paris 1890, S. 41-50 (II);
    Pistorius, SS rer. Germ. II, S. 1 ff., II³, ed. Struvius, S. 8-392 (VI 1).

  • Literatur

    ADB IX;
    H. Ulmann, G. v. V., Diss. Göttingen 1863;
    G. Waitz, in: NA 8, 1883, S. 173 ff.;
    E. Schulz, Zur Entstehungsgesch. d. Werke G.s v. V., ebd. 46, 1926, S. 86-131;
    Wattenbach II, S. 290-98;
    B. Schmeidler, Ital. Gesch.schreiber d. 12. u. 13. Jh., 1909, S. 21 ff., 83 ff.;
    Manitius III, S. 392-98;
    W. Berges, Fürstenspiegel d. hohen u. späten MA, in: Schrr. d. Reichsinst. f. ältere dt. Gesch.kde. (M.G.H.) 2, 1938, S. 103-07;
    P. Lehmann u. E. Glauning, Hss.bruchstücke, in: Zbl. f. Bibl.wiss., Beih. 72, 1940, S. 60 f.;
    P. Lehmann, Erforschung d. MA, 1941, S. 263;
    H. Schreibmüller, G. v. V. u. s. Beziehungen zu Bamberg, Würzburg u. bes. Speyer, in: Zs. f. bayer. Landesgesch. 14, 1944, S. 248-81;
    K. Langosch, in: Vf.-Lex. d. MA V, S. 272-85.

  • Autor/in

    Franz-Josef Schmale
  • Zitierweise

    Schmale, Franz-Josef, "Gottfried" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 676-677 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11871824X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Gottfried von Viterbo, stammte vermuthlich aus einer sächsischen Familie, welche durch den Hofdienst nach Viterbo gekommen und dort angesiedelt war; ihn selbst brachte Kaiser Lothar der Sachse nach Bamberg, wo er seine gelehrte Bildung erhalten hat. Dann kam er an den Hof und wurde Konrads II. Kaplan; nach dessen Tod er Friedrich I. als Kaplan und Notar gedient hat. Als solcher war er bei Rechtsgeschäften thätig, hatte Urkunden abzufassen, aber auch noch sonst vielerlei bei dem rastlosen Umherziehen des Hofes zu besorgen; dazwischen ist er nach seiner eigenen Angabe an 50 Mal mit verschiedenen Botschaften in nahe und ferne Länder geschickt, auch ein Mal in Gefangenschaft gerathen. Zuletzt fand er Ruhe in Viterbo, wo er sein letztes Werk verfaßte; den Ort rühmt er wegen seiner angenehmen und gesunden Lage, doch findet er, daß für die alten Diener des Kaisers besser gesorgt werden sollte. — Daß bei einem so unruhigen Leben zu genügender litterarischer Ausbildung und|sauberer Ausarbeitung wenig Zeit war, ist begreiflich, und G. schildert uns selbst die Schwierigkeiten, mit welchen er zu kämpfen hatte; dagegen rühmt er sich, 40 Jahre lang in allen Reichen und Kirchen, wohin er gekommen, die Bücherschätze durchgemustert zu haben; auch von fremden Gesandten des fernen Orients habe er viel erfahren, und hier mag die Quelle mancher fabelhaften Geschichten zu suchen sein, die er berichtet. Für Sagen und Märchen hat er überhaupt viel mehr Sinn, als für ernsthafte Geschichte, und den gesammelten umfangreichen Stoff hat er mit der äußersten Willkür und Kritiklosigkeit verarbeitet; dazu auch in einer sehr geschmacklosen Form, indem er immer auf zwei Hexameter einen Pentameter folgen ließ. Metrik und Grammatik stehen bei ihm auf gleich niedriger Stufe. Zuerst verfaßte G. um 1183 für den jungen König Heinrich das „Speculum regum“, eine Weltgeschichte von der Sintfluth bis zu Pippins Krönung, in welcher die Verwandtschaft der Römer mit den Franken, die beide von den Trojanern stammen, und die Vereinigung beider Elemente in Karl dem Großen den Hauptgegenstand bilden. Weitergeführt, wie er beabsichtigte, scheint er diese Arbeit nicht zu haben, und nur als Bruchstück liegen uns die „Gesta Friderici“ vor, welche die Kriege Friedrichs I. gegen Mailand, den unglücklichen Feldzug von 1167, diesen mit besonderer Lebendigkeit und Ausführlichkeit als Augenzeuge, und die Folgezeit bis 1181 behandeln. Fast nur diese Schrift hat geschichtlichen Werth; er behandelte dann noch in einer Mischung von Prosa und Versen die ganze Weltgeschichte als „Memoria saeculorum“, 1185 Heinrich VI. gewidmet, und verfaßte, nachdem ihm die Chronik des Otto v. Freising bekannt geworden, eine neue Bearbeitung unter dem Titel „Pantheon“, welche in verschiedenen Ausgaben vorliegt und bei welcher er noch 1191 beschäftigt gewesen ist. Wahrscheinlich rief ihn um diese Zeit der Tod von seiner Arbeit ab, welche wir ihm wenig danken, die aber den Zeitgenossen sehr gut gefiel. Nicht nur finden sich zahlreiche Handschriften, sondern das „Speculum regum“ ist auch mit einem weitläufigen Commentar versehen und scheint nach dem von ihm ausgesprochenen Wunsch in Schulen gelesen zu sein. Gerade was uns mißfällt, außer der verwirrten und ungenauen Darstellung die Fülle ganz grundloser Fabeln, welche er zuerst in die ernsthafte Geschichte einführte, gefiel damals, und da seine Werke von späteren Autoren viel benutzt wurden, haben sie eine sehr nachtheilige Wirkung gehabt. Für die Litteraturgeschichte aber sind sie wichtig, und um so dankenswerther die neue, wichtige Schriften auch in erster Ausgabe bringende Bearbeitung, welche G. Waitz mit unendlich mühsamer Arbeit im 22. Bande Scriptores der Mon. Germ. gegeben hat.

    • Literatur

      Vgl. Wattenbach, Deutsche Geschichtsquellen (4. Aufl.) II. 222—29.

  • Autor/in

    W. Wattenbach.
  • Zitierweise

    Wattenbach, Wilhelm, "Gottfried" in: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 481-482 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11871824X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA