Lebensdaten
1473 – 1531
Geburtsort
Augsburg
Sterbeort
Augsburg
Beruf/Funktion
Maler ; Radierer ; Holzschneider
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118665200 | OGND | VIAF: 54420521
Namensvarianten
  • Burckmair, Hans der Ältere
  • Burckmair, Hans
  • Burgkmair, Hans
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Zitierweise

Burgkmair, Hans der Ältere, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118665200.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Thoman (1444–1523), Maler, mit Sicherheit läßt sich ihm ein Porträt des Joh. Capistranus (Prag) zuschreiben;
    M Anna, T des Bildschnitzers Ulr. Maler (gen. Wolfratshauser);
    3.7.1498 Anna Allerlay;
    S Hans d. J. (um 1500-62) wahrscheinlich identisch mit Hans Loscher, gen. B., Maler in Augsburg, arbeitete offenbar fast ausschließlich nach Vorlagen, die er dem Hschn.-Werk seines V entnahm;
    N (?) Hans Holbein d. J. ( 1543), Maler.

  • Biographie

    Die erste Ausbildung wird B. in der Werkstätte des Vaters erhalten haben. Mehrere Indizien sprechen dafür, daß er sich bereits als Fünfzehnjähriger zu Martin Schongauer nach Kolmar begeben hat. In der eigenhändigen Inschrift auf der Rückseite seines postumen Schongauer Bildnisses (Bayerische Staatsgemäldesammlungen) scheint sich B. als dessen „Junge(r)“ im Jahr 1499 zu bezeichnen. Beschädigung des Zettels, der die Aufschrift trägt, an entscheidender Stelle, verhindert eine vollständige und eindeutige Lesung der wichtigen Mitteilung. Obwohl nach der Rückkehr in die Heimatstadt der allgemeine Stilwandel der 90er Jahre des 15. Jahrhunderts, Erfahrungen aus der Kenntnis italienischer Kunst und die augsburgische Komponente in der künstlerischen Ausdrucksweise des Meisters die Spuren eines Einflusses Schongauers verwischen, bleiben nicht zu übersehende Hinweise auf genauere Kenntnis oberrheinischer, speziell schongauerischer Kunst.

    1490 war B. wieder in Augsburg, wie das Datum auf dem kürzlich aufgetauchten Bildnis des Bischofs Friedrich von Zollern (Augsburg, Städtische Kunstsammlungen) beweist. Im gleichen Jahr entstand das Porträt des Straßburger Predigers Johannes Geiler von Kaysersberg (Bayerische Staatsgemäldesammlungen), der 1488/89 auf Einladung Bischof Friedrichs in Augsburg geweilt hatte. Beide Bildnisse sind trotz ihrer Härten hervorragende Proben eines frühreifen Talentes.

    Seinen Beziehungen zu Bischof Friedrich wird B. die Aufträge für den Bilderschmuck der liturgischen Bücher des Augsburger Verlegers Erhard Ratdolt verdanken, mit denen das erste Jahrzehnt seines Schaffens in der Heimatstadt ausgefüllt zu sein scheint. Entscheidende Neuerungen im Augsburger Buchholzschnitt fallen wohl nicht zufällig mit B.s Rückkehr zusammen. Die früheste Arbeit für Ratdolt, eine Madonna im Strahlenkranz aus dem Freisinger Brevier von 1491, zeigt deutlich die Herkunft des Reißers von Schongauer. Am konsequentesten in der Zuschreibung der Buchholzschnitte an B. ist Friedrich Winkler vorgegangen, der ihm bereits zwei Illustrationen in dem 1489 in Straßburg erschienenen „Directorium statuum“ zuweist. Im Zusammenhang mit seinen Arbeiten für den Augsburger Verleger benützte B. als erster den Vierfarbendruck zur Kolorierung großer und anspruchsvoller Holzschnitte.

    Nachdem B. 1498 als Meister in die Malerzunft aufgenommen worden war, erhielt er 1500 den ersten schriftlich überlieferten Auftrag. Das folgende Jahrzehnt wird in erster Linie durch eine reiche malerische Produktion bestimmt. Am Anfang (1501–04) stehen drei Tafeln mit Darstellungen zu römischen Stationskirchen aus einem Zyklus im Kreuzgang des Augsburger Katharinenklosters. Der räumlich klare und symmetrisch festgefügte Aufbau sowie ein feines koloristisches Gefühl zeichnen bereits diese frühen Werke des Meisters aus. Fortschreitendes Freimachen vom überlieferten Formenkanon und eine damit verbundene Intensivierung des Ausdrucks zeigt ein Vergleich der Ölbergszene auf der Petersbasilika mit einem Fragment der gleichen Darstellung von 1505 (Hamburg). Einen Höhepunkt bildet die große Madonna von 1509 (Nürnberg), die sowohl in der Gesamtkomposition wie in Einzelheiten eine genaue Kenntnis oberitalienischer Kunst zur Voraussetzung hat. Ebenfalls in diesen Jahren enstand eine Reihe von Bildnissen, durch die B. sich den bedeutendsten deutschen Porträtisten seiner Zeit einreiht.

    Ab 1508 war B.s Schaffen in zunehmendem Maße dem graphischen Werk im Dienst Kaiser Maximilians gewidmet. Die Beziehungen zum Kaiser und zum Wiener Humanistenkreis reichten bis in die Zeit der Basilikenbilder zurück. Vermittler war der Augsburger Stadtschreiber Konrad Peutinger. 1505 liefert B. eine Folge von 17 römischen Caesaren-Köpfen für eine von Peutinger geplante Ausgabe. Peutinger war es auch, der, angeregt durch L. Cranachs Verwendung einer Gold- und Silberplatte in seinem Holzschnitt mit dem Heiligen Georg von 1507, B. zu neuen Versuchen mit farbigen Holzschnitten bestimmte. 1508 erhielt Kurfürst Friedrich von Sachsen als Gegengabe für die Arbeit Cranachs einen Holzschnitt B.s mit Kaiser Maximilian zu Pferde. Ein Drachenkampf des Heiligen Georg, ebenfalls vom Kaiser als Gedenkblatt für die Georgsritter in Auftrag gegeben, schloß sich noch im gleichen Jahr an. Es folgten die Clair-Obscure-Schnitte „Der Tod und das Liebespaar“ (1510), Bildnis Jakob Fuggers (1511) und Bildnis Hans Baumgartners (1512), mit denen B. im Gegensatz zu den Vierfarbendrucken seiner Jugendzeit, die eine übliche, nachträgliche Kolorierung überflüssig machen sollten, dem Holzschnitt eine eigenwertige, der Technik gemäße Tonigkeit verlieh.

    Auch der Entwurf zu dem vollplastischen Reiterdenkmal des Kaisers, das durch Gregor Erhard ausgeführt am Chor von Sankt Ulrich und Afra aufgestellt werden sollte, wurde von B. geliefert (Wien, Albertina). 1509 wurde der roh zugehauene Stein aus Rottenbuch herangeführt. Das Denkmal blieb unvollendet. B.s Entwurf zeigt den kaiserlichen Reiter in der gleichen ruhig-gesammelten Pose wie sein Holzschnitt von 1508.

    Durch Peutingers organisatorische Tätigkeit für die Illustration der literarischen Werke des Kaisers war B. ein wesentlicher Anteil an diesen Arbeiten gesichert. 1512 lag die Genealogie des Kaisers mit 92 Holzschnitten vor, 1517 der Theuerdank mit 14 Schnitten als Anteil B.s. Zwischen 1514/16 entstanden auch die 121 Schnitte zum Weißkunig, von dem erst 1775 nach den erhaltenen Holzstöcken (Wien, Albertina) eine Ausgabe erschien (Neuausgabe 1956). Als einziger der mitschaffenden Künstler überwand B. die trockene literarische Atmosphäre der kaiserlichen Autobiographien. Ab 1516 arbeitete er mit am Triumphzug Kaiser Maximilians. Sein Handexemplar mit 63 Schnitten ist im Kupferstichkabinett Dresden erhalten. Eine Gesamtausgabe erschien erst 1526.

    B. gehört endlich auch zu den Künstlern, die mit der Ausschmückung des berühmten Gebetbuches des Kaisers durch Randzeichnungen betraut wurden. Elf Seiten des in Besançon befindlichen Teiles werden ihm zugeschrieben.

    Nachdem die Arbeiten für Maximilian wenigstens zu einem gewissen Abschluß gekommen waren, wendete sich B. wieder der Arbeit an großen Altarbildern zu. Es entstanden der Johannesaltar, 1518 (Bayerische Staatsgemäldesammlungen), der Kreuzaltar, 1519 (ebenda, Predella Sammlung Thyssen/Lugano), und ein weiterer Altar, von dem sich die Flügel mit den Heiligen Ulrich und Barbara in Berlin erhalten haben, Werke, in denen das Wesentliche der italienischen Vorbilder in kongenialer Weise übernommen und frei verarbeitet wurde.

    Im letzten Jahrzehnt des Lebens zeigt sich ein Nachlassen der Kräfte, ein Schwanken in den künstlerischen Ausdrucksmitteln. Jörg Breus wilder spätgotischer Manierismus gewinnt Einfluß (Passionsaltar, Stuttgart; Geißelung, Kloster Neuburg; Schlacht bei Cannae, 1529, Bayerische Staatsgemäldesammlungen), während über einem Bild wie Esther vor Ahasver, 1528 (ebenda) noch einmal der ganze Zauber venetianischer Farbgebung ausgegossen ist.

    B.s Schaffen ist von größter Vielseitigkeit. Die Altarbilder und Porträts wurden einst durch die jetzt sämtlich vernichteten monumentalen Wandmalereien ergänzt. Neben die Risse für die Holzschnitte treten Entwürfe für Glasfenster, Schaumünzen und Monumentalplastik Wenigstens eine Radierung „Merkur, Venus und Amor“, um 1520, hat sich erhalten. Für seinen Aufenthalt in Italien zeugen allein die Werke. Bereits früh, noch in den 90er Jahren des 15. Jahrhunderts, könnte die erste Berührung stattgefunden haben. Spätere längere Abwesenheit von der Heimatstadt macht die gleichmäßig fließende Produktion unwahrscheinlich. Doch lassen die engen Handelsbeziehungen zwischen Augsburg und Venedig kürzere Fahrten, eine etwa um 1506, möglich erscheinen. Es war vor allem der venetianische Kunstkreis, Carlo Crivelli, Gentile Bellini, Vittorio Carpaccio, dem B. nahetrat, doch verraten das Madonnenbild von 1510 (Nürnberg) und die Heilige Familie (Berlin) auch die Kenntnis der mailändischen Lionardoschule. Schaumünzen und Nielloarbeiten, die sich als Vorlagen nachweisen lassen, konnte auch der Handel nach Augsburg bringen. B.s Verhältnis zur südlichen Renaissancekunst ist unproblematischer als das Dürers. Er fühlte sich nicht veranlaßt, den Erscheinungen auf den Grund|zu gehen, sondern nahm in verschiedenen Phasen der Rezeption das Neuartige auf, um es in verwandtem Sinne weiterzuentwickeln. Diese Übernahme italienischer Formen als der modernen Ausdrucksweise machte B. zum gesuchtesten und einflußreichsten Maler Augsburgs. Kein Meister der Stadt, der um ein Jahrzehnt ältere Hans Holbein nicht ausgenommen, konnte sich der Wirkung seiner Kunst entziehen.

  • Literatur

    ADB III (unter Burckmair);
    H. Rupé, Btrr. z. Werk H. B.s, Diss. Freiburg 1912;
    ders., Zeichnungen H. B.s d. Ä., in: Btrr. z. Gesch. d. dt. Kunst 2, 1928, S. 194 ff.;
    L. Baldass, H. B.s Entwurf z. Jörg Erharts Reiterbildnis Kaiser Maximilians I., in: Jb. d. Kunstslgg. d. Allerhöchsten Kaiserhauses 31, 1913/14, S. 359 ff.;
    ders., Laux Furtenagels Bildnis d. Ehepaar B., in: Pantheon 17, 1938, S. 143 ff.;
    Th. Musper, Der Anteil d. Augsburger am Gebetbuch d. Kaisers Maximilian I., in: Münchner Jb. d. Bildenden Kunst 12, 1921/22, S. 130 ff.;
    K. Th. Parker, Weiteres üb. H. B. als Zeichner, in: Btrr. z. Gesch. d. dt. Kunst 2, 1928, S. 208 ff. (mit Kat. d. Handzeichnungen);
    Das Malerwerk H. B.s, Kat. d. B.-Ausstellung Augsburg-München 1931;
    A.Burkhard, H. B. d. Ä., = Meister d. Graphik, Bd. 15, 1932 (vollst. L-Verz. z. graph. W);
    ders., H. B. d. Ä., 1934;
    O. Benesch, Btrr. z. oberschwäb. Bildnismalerei, in: Jb. d. preuß. Kunstslgg. 54, 1933, S. 239 ff.;
    E. Schilling, Zu d. Zeichnungen H. B.s d. Ä., Nachträge u. Berichtigungen, in: Wallraf-Richartz-Jb., NF 2/3, 1933/34, S. 261 ff. (mit Kat. d. Neuzuschreibungen);
    ders., B. u. d. Petrarcameister als Maler, in: Festschr. f. O. Schmitt, 1951, S. 233 ff.;
    F. Winkler, Zwei neue Bildnisse H. B.s, in: Pantheon 13, 1934, S. 157, 169 ff.;
    ders., H. B.s früheste Holzschnitte, in: Zs. f. Kunstwiss. 1, 1947, S. 39 ff.;
    P. Wescher, Zu d. Bildnissen d. H. und Th. B., in: Pantheon 16, 1935, S. 329 ff.;
    H. Haug, M. Schongauer et H. B., Straßburg 1938;
    H. Müller, in: Lb. Bayer. Schwaben IV, 1955, S. 44 bis 66 (Stammt., P);
    ThB (L auch f. Thoman u. Hans d. J.). - Zu Thoman: E. Buchner, Die Augsburger Tafelmalerei d. Spätgotik, in: Btrr. z. Gesch. d. dt. Kunst 2, 1928, S. 65 ff.

  • Porträts

    Selbstbildnisse: als Bräutigam, 1497, u. Hochzeiter, Zeichnung 1498 (Wien, Albertina), Zeichnung 1517 (Hamburg);
    Zeichnung v. A. Dürer (Oxford);
    Gem. v. Laux Furtenagel, mit Frau (Wien, hat bis z. Aufdeckung d. Signatur als spätes Selbstbildnis gegolten);
    Medaille v. H. Schwarz;
    H. Holbein d. Ä., auf einem Flügel mit Szenen aus d. Ottilienlegende (Prag).

  • Autor/in

    Peter Strieder
  • Zitierweise

    Strieder, Peter, "Burgkmair, Hans der Ältere" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 47-49 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118665200.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Burckmair: Hans B., Maler zu Augsburg, war der Sohn des Malers Thoman Burckmair (dies ist die gewöhnliche Schreibart des Namens). Letzterer befand sich 1460 in seinen Lehrjahren und starb 1523. Hans B. wurde im J. 1473 geboren, nach seinem Gemälde in der Belvedere-Gallerie zu Wien, das ihn mit seiner Gattin Anna Allerlahn, neben beiden im Spiegel statt ihrer Gesichter zwei Todtenköpfe, darstellt und in der Inschrift ihn im J. 1528 „LVI IAR ALT“ nennt. (Hiermit stimmt aber die Inschrift eines Holzmedaillons von 1518 auf der Berliner Kunstkammer mit dem Bildniß des Künstlers und mit der Bemerkung „Aetatis sue XLIIII“ nicht überein).+) |gestrichen: S. 576. Z. 16 ff. v. o.: [d. Red.]Nach kürzlich vorgenommener Untersuchung lautet die Inschrift auf dem Bildniß Burckmair's im Wiener Belvedere nicht 1528, wie der Katalog angibt, sondern 1529 (MDXXVIIII). Der Meister war daher 1473 geboren. Demnach besteht kein Widerspruch mehr zwischen dieser Angabe und der Inschrift auf dem Medaillen-Modell von 1518. Er wird hier 44 Jahre alt genannt, weil er in diesem Jahre seinen Geburtstag noch nicht erlebt hatte. (Woltmann.) Von dem Vater hatte H. B. den ersten künstlerischen Unterricht empfangen und im J. 1498 wurde er in die Augsburger Malerzunft aufgenommen. In der Folge muß er directe Einflüsse von Italien erfahren haben, höchst wahrscheinlich war er in einigen Theilen Oberitaliens, besonders in Venedig; gerade mit dieser Stadt stand Augsburg im engsten Handelsverkehr. Schon im J. 1501 stellte er seiner Zunft einen Lehrjungen „Caspar Straffo, von Venedig geboren“, vor und auf seinem Holzschnitte: „Der Tod als Würger“ von 1510 kommt sogar eine völlig venetianische Scenerie mit Palästen, Canal und Gondel vor. Er war als Maler sehr productiv, schuf große und kleine Kirchenbilder, malte Augsburger Hausfaçaden in Fresco und machte eine große Anzahl von Zeichnungen für den Holzschnitt, zum Theil im Auftrag des Kaisers Maximilian. Endlich ist eine Radirung in Eisen von ihm vorhanden. Er starb im J. 1531, nicht 1559, wie man vielfach in Folge einer Verwechselung mit seinem Sohne Hans Burckmair dem Jüngeren angegeben findet, der gleichfalls Maler war, besonders durch das jetzt im Besitz des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen befindliche Turnierbuch bekannt ist und bis 1559 noch am Leben war.

    Hans Burckmair's erste datirte Bilder gehören zu einer Folge von Darstellungen der alten Basiliken Roms, welche für das Katharinenkloster in Augsburg von ihm, dem älteren Holbein und einem dritten unbekannten Meister gemalt wurden, zum Schmuck des Kreuzgangs und auf Veranlassung eines Ablasses, welcher dem Kloster von dem Papste verliehen worden war. Sie sind sämmtlich von breitem Spitzbogenformat und enthalten größtentheils in dem obersten Bogenfelde eine Scene aus Christi Leidensgeschichte, darunter meistens ein Gebäude, welches die betreffende Basilika darstellen soll und in verschiedenen Abtheilungen legendarische Scenen, welche mit ihr in Zusammenhang stehen. Hans B. begann im J. 1501 mit der Basilika des heiligen Petrus, deren Hauptdarstellung den Apostel mit der päpstlichen Krone vor der Basilika thronend und von Heiligen umgeben zeigt. Im nächsten Jahr malte er die Basilika San Giovanni in Laterano mit Darstellungen aus der Geschichte Johannes des Evangelisten, im J. 1504 die sehr bedeutende Basilika Santa Croce, welche in einem Mittelfelde die Wallfahrt zum heiligen Kreuz, auf zwei Seitenfeldern den Martyrtod|der heiligen Ursula und ihrer Jungfrauen darstellt. Schritt für Schritt offenbart der Künstler in diesen Werken eine kräftige Fortentwicklung. Der Vortrag hat oft noch etwas Schweres und Zähes, der Ton spielt sehr in das Bräunliche, die starke Anwendung von aufgesetztem Blattgold gibt den Bildern einen alterthümlichen Charakter. Aber mehr und mehr offenbart sich ein kräftiges Formgefühl, das freilich nicht immer von kleinen Verzeichnungen und Mißverhältnissen frei bleibt. Wie diese sich nach und nach mildern, so verschwindet auch allmählich das Scharfe in den Gewandmotiven, B. eignet sich eine stilvolle Großartigkeit im Faltenwurf an und seine Gestalten, ob auch meist gedrungen, sind stattlich, selbst imposant, bei einer gewissen Wucht in Auftreten und Geberde. Das Hastige und Verzerrte, in welches die ältere deutsche Kunst oft verfällt, streift er beinahe völlig ab, seine Motive und Bewegungen sind meistentheils maßvoll, aber dramatisch und energisch. Er modellirt die Fleischpartien sorgfältig und bildet ein warmes, gesättigtes Colorit voll wirkungsvoller Leuchtkraft der Töne aus. Anziehend ist bei ihm namentlich auch die echt malerische Ausbildung der Landschaft, mit welcher er schon in dem Bilde von 1501 den Anfang macht, und ein besonderes Interesse gewährt die frühe Einführung der Renaissance-Ornamente in seinen Bildern, bei verständnißvollem Anschluß an die Meister Oberitaliens. Spuren davon kommen schon in der Johannis-Basilika von 1502 vor, in größerer Ausbildung in einem gleichfalls der Augsburger Gallerie gehörigen Altar von 1507, einer Darstellung Aller Heiligen, welche die von Christus gekrönte Jungfrau verehrend umgeben. Schon in diesem Werke hat B. sich zu einem wahrhaft modernen Stil durchgearbeitet. Diesen erkennt man ferner in einem andern Altar mit ähnlicher Darstellung im Augsburger Domchor, dann namentlich in der anmuthigen kleinen Madonna mit der Traube von 1510 in der Moritzcapelle zu Nürnberg. Von 1519 stammt ein imposanter Flügelaltar in der Augsburger Gallerie: Christus am Kreuz mit Maria, Johannes und Magdalena, auf den Innenseiten der Flügel die Schächer, auf den ehemaligen, jetzt abgetrennten Außenseiten die würdevollen Gestalten der Heiligen Georg und Kaiser Heinrich, welche unter Bogenhallen stehen. Schon hier ist namentlich auch die Landschaft auf dem Mittelbilde bemerkenswerth, noch vollendeter, voll saftigen Grüns und schöner Behandlung der Vegetation, erscheint sie in dem Johannes auf Pathmos in der Münchner Pinakothek. Aus seiner spätesten Zeit rühren die Bildnisse Herzog Wilhelms IV. von Baiern und seiner Gemahlin Jakobäa in der Pinakothek (1526), Esther vor Ahasverus ebendaselbst (1528), sein geschildertes Familienbild im Wiener Belvedere (1528), endlich die Schlacht bei Cannä in der Augsburger Gallerie (1529) her. Diese ist eine bewegte Reiterschlacht im Costüm des 16. Jahrhunderts, bei kleinen Figuren von außerordentlicher Lebendigkeit.

    Das Gebiet der Profangeschichte ist für B. überhaupt besonders günstig, da er eine durchaus weltliche Gesinnung verräth und selbst in seinen Kirchenbildern zwar Adel und Würde, niemals aber eine wirklich religiöse Empfindung offenbart. Wenn er Kämpfe, Kriegszüge, Lagerscenen, auch wol große Haupt- und Staatsactionen darstellt, ist er ganz in seinem Element. Dazu wurde ihm namentlich in der Façadenmalerei an Augsburger Wohnhäusern Gelegenheit, aber von diesen ist heute das meiste untergegangen. Sandrart führt außer einer Façade gegenüber der St. Annenkirche, die heute nur in sehr traurigem Zustande besteht, noch ein Fugger’sches Eckhaus am Weinmarkt an.

    Die ganze Ausdehnung des Stoffgebietes, welches B. beherrscht, tritt uns besonders in den Holzschnitten nach seinen Zeichnungen entgegen. In solchen Arbeiten war er vorzugsweise productiv, er gehört nächst Dürer zu denjenigen deutschen Malern, welche dieser Technik das größte Verständniß entgegenbrachten,|obwol er selbst nicht den Formschnitt auszuüben pflegte. Der Schnitt seiner vorzüglichsten Blätter rührt meistens von Jost de Necker in Augsburg her. In den Holzschnitten nach B. tritt uns auch eine gewisse Verwandtschaft mit Albrecht Dürer entgegen, für dessen Schüler B. irrthümlich von Sandrart ausgegeben wird. Er mag aber nur Arbeiten dieser Gattung von seinem großen Zeitgenossen studirt haben; in der malerischen Technik haben beide nichts mit einander gemein. Außer Heiligengestalten und biblischen Scenen kommen zahlreiche profane Darstellungen vor: Gestalten der sieben Planeten, der sieben Cardinaltugenden, Gruppen der drei guten Christen, Juden und Heiden nebst ihren weiblichen Gegenstücken, launige Schilderungen von der Weiberlist; ferner zahlreiche Bücherillustrationen, namentlich für den Drucker H. Stainer in Augsburg, Wappen, Initialen mit Kindergestalten. Jost de Necker arbeitete nach ihm einige vorzügliche Clairobscur-Blätter, so die vortrefflichen Porträtköpfe von Paumgartner und von Jakob Fugger, dann aber namentlich das schon früher erwähnte Blatt von 1510: der Tod hat einen Jüngling zu Boden geworfen, würgt ihn mit beiden Händen und packt mit den Zähnen zugleich das Gewand einer fliehenden Frau. Dies gehört zu den geistvollsten Todesphantasien der damaligen Kunst und bleibt an dramatischer Wirkung und an hinreißender Bewegung nicht hinter Holbein's berühmten Todesbildern zurück. Hier hat B. sich eine wahrhaft italienische Freiheit des Stils, einen überraschenden Adel in Form und Bewegung angeeignet. Unter den Arbeiten für Maximilian seien vor allem 66 Blatt zu dem Triumphzuge des Kaisers, für welchen er gemeinschaftlich mit Dürer und Andern arbeitete, erwähnt, dann die Genealogie des Kaisers, die große Folge der österreichischen Heiligen und besonders der Weißkunig, in welchem der Künstler das Leben des Fürsten im Krieg und Frieden anschaulich und lebendig erzählt. — Wenn Dürer und Holbein auch unter den deutschen Malern des 16. Jahrhunderts unbestritten die erste Stelle einnehmen, so gehört doch B. zu denen, welche ihnen zunächst stehen, und ist einer der kräftigsten Vorkämpfer der Renaissance.

    • Literatur

      Malerbuch aus dem städtischen Archiv zu Augsburg. —
      Sandrart, Teutsche Akademie, I. Bd. II. S. 232. —
      Waagen, Handbuch der niederl. und deutschen Malerschulen, I. 255, und Kunstwerke und Künstler in Deutschland, II.
      Peintre-Graveur von Bartsch und Passavant etc. —
      Thausing, Dürer's Triumphwagen. —
      Mittheilungen der k. k. Centralcommission, Bd. XIII.
      W. Lübke, Geschichte der deutschen Renaissance, S. 52. —
      v. Huber, Die Malerfamilie Burgkmaier von Augsburg (in der Zeitschr. des hist. Vereins für Schwaben und Neuburg, Jahrg. 1, Heft 2—3).

  • Autor/in

    Woltmann.
  • Zitierweise

    Woltmann, Alfred, "Burgkmair, Hans der Ältere" in: Allgemeine Deutsche Biographie 3 (1876), S. 576-578 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118665200.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA