Dates of Life
714 oder 715 – 768
Place of death
Paris
Occupation
fränkischer Hausmeier ; Frankenkönig
Religious Denomination
katholisch
Authority Data
GND: 118594540 | OGND | VIAF: 264661907
Alternate Names
  • Pippin der Jüngere
  • Pippin III.
  • Pippin der Kurze
  • more

Places

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Citation

Pippin, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118594540.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Karl Martell, Hausmeier ( 741, s. NDB XI);
    M Chrotrud ( 725);
    B Karlmann, Hausmeier ( 754, s. NDB XI);
    Halb-B Grifo ( 753, s. NDB VII);
    Schw Hiltrud ( 754, Odilo, 748, Hzg. v. Bayern, s. NDB 19);
    um 744 Bertrada d. J. ( 783), T d. Gf. Heribert v. Laon;
    3 S, 3 T u. a. Ks. Karl d. Gr. ( 814, s. NDB XI), Kg. Karlmann ( 771, s. NDB XI), Pippin ( 761), Gisela, Äbtissin v. Chelles ( 810).

  • Biographical Presentation

    P. war der zweite Sohn Karl Martells und wurde geboren, als der Vater gerade daran ging, den Kampf um das Erbe Pippins d. M. zu führen. Bezeugt sind seine Taufe durch den hl. Willibrord und eine zeitweilige Erziehung im Kloster Saint-Denis, doch ist im übrigen kaum etwas über ihn wie auch den älteren Bruder Karlmann zu Lebzeiten des Vaters bekannt. Unklar in ihrer Bedeutung ist die Nachricht, Karl Martell habe P. 737 nach Italien entsandt, wo ihn der Langobardenkönig Liutprand an Sohnes statt annahm. Jedenfalls hinterließ Karl zwei verschiedene Erbfolgeregelungen: Während er zunächst (vielleicht schon 737) das Reich und das Hausmeieramt, das er zuletzt ohne König versehen hatte, allein unter Karlmann (Austrasien, Alemannien, Thüringen) und P. (Neustrien, Burgund, Provence) aufgeteilt hatte, berücksichtigte er auf deren Kosten kurz vor seinem Ende auch Grifo, den um 726 geborenen Sohn seiner zweiten Frau, der Agilolfingerin Swanahild, mit einem ansehnlichen Erbteil in der Mitte des Reiches.

    Dies führte nach Karls Tod zu einem kurzen, aber heftigen Machtkampf, in dem die älteren Brüder die Stiefmutter und den Stiefbruder bezwangen. Grifo wurde noch 741 bei Laon umzingelt und schließlich auf dem Chèvremont bei Lüttich gefangengesetzt, seine Mutter verschwand im Kloster Chelles bei Paris. Damit hatten sich Karlmann und P. die Herrschaft als Hausmeier über die zentrale Francia gesichert und begannen sogleich, sich gegen widerstrebende Kräfte an der Peripherie zu wenden. 742 unternahmen sie einen gemeinsamen Feldzug gegen Aquitanien, der zur Einnahme von Bourges führte, und stießen in Alemannien bis zur Donau vor. Außerdem vereinbarten sie in Vieux-Poitiers eine vom väterlichen Willen abweichende Reichsteilung, die Karlmann eine eher nördl., P. eine südl. Zone zugestand, und setzten Anfang 743 noch einmal einen merowing. König namens Childebert III. ein, der ihre Position gegenüber Rivalen legitimieren sollte. So gerüstet nahmen sie den Kampf mit ihrem Schwager Odilo von Bayern auf, der sich am Lech geschlagen geben und der karoling. Oberhoheit beugen mußte. Während Karlmann 743 und nochmals 744 bis ins östl. Sachsen hinein Schrecken verbreitete, setzte sich P. wohl 744 mit Theudebald, dem Bruder des letzten Alemannen-Hzg. Landfrid, auseinander. Das Jahr 745 sah dann beide Brüder wieder zusammen beim Heereszug gegen Hunoald von Aquitanien, der zuvor einen Einfall in Neustrien gewagt hatte und nun zur Kapitulation genötigt wurde. Man ließ ihn seine Tage im Kloster beschließen, gestattete aber seinem Sohn Waifar die Nachfolge im aquitan. Dukat. Den Abschluß dieser neuen Welle der Zentralisierung des Frankenreiches bildete das Einschreiten Karlmanns in Alemannien, der dort 746 eine letzte Empörung niederschlug und das Herzogtum endgültig beseitigte.

    Gleichzeitig leiteten beide Brüder eine neue Ära der fränk. Kirchenpolitik ein, die über die bisherige Begünstigung von Klostergründungen und rechtsrhein. Mission hinaus auf eine organisatorische Festigung und umfassende Erneuerung nach kanonischen, zumal von den Angelsachsen (Bonifatius) vermittelten Maßstäben abzielte. Karlmann ging damit in seinem Teilreich voran, doch ist spätestens 744 (Synode v. Soissons) eine Förderung dieser Tendenzen auch durch P. erkennbar, wobei die geforderte Rückgabe entfremdeten Kirchenguts den heikelsten Punkt darstellte. 745 trafen beide Hausmeier bei einer gesamtfränk. Synode (an unbek. Ort) mit Bonifatius zusammen. Seither wuchsen jedoch die Widerstände mit der Folge, daß in P.s Teilreich die beschlossene Einführung der Metropolitanverfassung nicht durchzusetzen war. Es bleibt indes ungewiß, inwieweit Enttäuschung über diese Entwicklung den Entschluß des Hausmeiers Karlmann befördert hat, im Herbst 747 der Welt zu entsagen und sich in Italien dem klösterlichen Leben zu widmen.

    Als damit alleiniges Familienoberhaupt war P. nicht gesonnen, die Macht abermals zu teilen, schob Karlmanns Sohn Drogo beiseite (zumal er seit 2.4.748 in Karl d. Gr. einen eigenen Stammhalter hatte) und focht einen neuen Kampf mit Grifo aus, der nach Karlmanns Abdankung zu den Sachsen entkommen war und 748 nach Hzg. Odilos Tod sein Heil in Bayern suchte. P. bezwang ihn 749 durch einen Vorstoß bis zum Inn, gewährte ihm eine Abfindung mit 12 Grafschaften um Le Mans, doch blieb der Stiefbruder unzufrieden und fand schließlich 753 beim Versuch, nach Italien durchzubrechen, den Tod. Erst der Rücktritt Karlmanns und die Überwindung Grifos setzten P. in die Lage, ein eigenes Königtum an Stelle der machtlos gewordenen Merowinger ins Auge zu fassen. Dabei die Autorität des Papsttums einzuschalten, mag ihm der Fortgang der Kirchenreform nahegelegt haben, die er seit 748 zunehmend durch unmittelbare Einholung von Rechtsauskünften in Rom betrieben hatte. Sein besonderes Vertrauen in geistlichen Dingen genossen der vornehme Franke Chrodegang, seit 742 Bf. von Metz, und Fulrad, seit 750 Abt von Saint-Denis. So sandte er im Frühjahr 750 Bf. Burchard von Würzburg, einen Angelsachsen, zusammen mit Fulrad zu Papst Zacharias, den Reichsannalen zufolge mit der Frage „nach den Königen im Frankenreich, die damals keine königliche Gewalt hatten, ob das gut sei oder nicht“. Sie erhielten, vermutlich sogar schriftlich, den Bescheid, „daß es besser sei, der hieße König, welcher die Macht habe, als der, welcher ohne königliche Macht sei“. Das berühmte Responsum des Zacharias bot die erwünschte Grundlage, um die Diskrepanz zwischen Titel und Inhalt der kgl. Würde zu überwinden. Rechtsverbindlich wurde der Dynastiewechsel erst dadurch, daß P. wohl im Nov. 751 in Soissons nach akklamatorischer Huldigung der Großen und förmlicher Thronsetzung das Königtum annahm, während Childerich III. ins Kloster Saint-Bertin verwiesen wurde. Zum traditionellen Ritual trat als neuartiges Element die geistliche Salbung durch die Bischöfe (an Weihnachten 751 ?), die, vielleicht durch irische Anregung, auf Vorbilder im Alten Testament zurückging.

    Nicht nur für diese sakrale Fundierung der Monarchie, sondern auch für die Einbeziehung Italiens in das abendländ. Mittelalter ist P.s Herrschaft wegweisend geworden. Als nämlich Papst Stephan II. 753 seine Hilfe gegen den wachsenden Druck der Langobarden erbat, lud er ihn ins Frankenreich ein und schloß mit ihm 754 in Quierzy und Saint-Denis ein Bündnis, das seine Bestellung zum Schutzherrn Roms (patricius Romanorum) und zugleich die Sicherung des dynastischen Vorrangs seiner Familie durch päpstl. Salbung (auch der Söhne Karl und Karlmann) zum Inhalt hatte. Unbeirrt von den Warnungen des aus dem Kloster Montecassino zurückgekehrten Bruders Karlmann, brach P. zu seinem ersten Italienfeldzug auf, der zu einem raschen Sieg über den langobard. Kg. Aistulf führte. Da dieser jedoch entgegen den Vereinbarungen erneut vor Rom rückte, griff P. 756 wiederum ein und erzwang in einem verschärften Friedensvertrag die Übergabe umfangreicher langobard. Eroberungen in Mittelitalien an den Papst (Pippinische Schenkung), womit die Geschichte des Kirchenstaates begann. Die Einzelheiten der Grenzziehung blieben noch lange strittig, konnten aber P. trotz mehrfacher Mahnung Papst Pauls I. (757–67) nicht mehr auf den Plan rufen.

    Vielmehr konzentrierte sich P. seit den späten 750er Jahren wieder ganz auf den Herrschaftsaufbau nördl. der Alpen. Er beförderte die weiträumige Verflechtung loyaler Adelsfamilien, ließ seinen Neffen, Hzg. Tassilo III. von Bayern, seit 757 mündig, mit Vorbehalten gewähren und beschränkte sich gegenüber Sachsen auf gelegentliche Strafexpeditionen, um alle Kraft auf den Südwesten Galliens zu richten. 759 nahm er die Küstenlandschaft Septimanien mit dem Zentrum Narbonne, den letzten maur. Vorposten nördl. der Pyrenäen, ein, und seit 760 führte er nahezu jährliche zermürbende Feldzüge gegen Aquitanien unter dem dux Waifar, woran er bald auch seine Söhne Karl und Karlmann beteiligte. 762 fiel Bourges, 766 war die Garonne erreicht, und 768 nahm das Ringen ein wenig rühmliches Ende, als der letzte aquitan. Herzog einem Mordanschlag aus der eigenen Umgebung anheim fiel, an dem schon Zeitgenossen P. die Schuld gaben.

    P., der den Aufstieg seines Geschlechts zum Königtum vollendete, stützte sein Regiment auf die neu geschaffene Hofkapelle, einen Verband ergebener Kleriker, die für den herrscherlichen Gottesdienst ebenso wie – anstelle der laikalen referendarii der Merowinger – für den gesamten Schriftverkehr des Hofes zuständig wurden. Dauerhafte geistliche Mitwirkung an Beratung, Formulierung und Vollzug der Politik tritt auch im Fortgang der fränk. Kirchenreform zutage, die unter P. zur Verallgemeinerung des Zehntgebots und zu einer beginnenden Vereinheitlichung der liturgischen Bücher nach röm. Mustern gelangte. Für ein zunehmendes intellektuelles Selbstbewußtsein spricht, daß P. 767 auf der Synode von Gentilly röm. und griech. Theologen vor seinen Bischöfen ein Streitgespräch über Probleme des Bilderkults führen ließ, ein Vorgang, der bereits deutlich auf die nachfolgende Ära Karls d. Gr. vorausweist.

    Auf dem Rückweg vom letzten aquitan. Feldzug erkrankte P. im Juni 768 schwer. Er verfügte eine Reichsteilung, die in Anlehnung an diejenige von 742 dem Sohn Karl ein nördl., Karlmann ein südl. Teilreich und beiden je zur Hälfte das eben erst unterworfene Aquitanien zusprach. Tatsächlich wurde schon nach drei Jahren sein alleiniger Erbe Karl d. Gr., dessen historische Leistung ohne die inneren und äußeren Erfolge P.s nicht möglich geworden wäre.

  • Primary Sources

    Qu Sieben echte Urkk., eine gefälschte sowie drei Deperdita P.s als Hausmeier in d. Edition v. I. Heidrich (Univ. Bonn) seit 1998 im Internet; die Königsurkk. in MGH DD Karol. I, 1906.

  • Literature

    ADB 26;
    W. Affeldt, Unterss. z. Königserhebung P.s, in: Frühma. Stud. 14, 1980, S. 95-187;
    A. Angenendt, Das geistl. Bündnis d. Päpste mit d. Karolingern (754–796), in: HJb. 100, 1980, S. 1-94;
    H. J. Schüssler, Die fränk. Reichsteilung v. Vieux-Poitiers (742) u. d. Reform d. Kirche in d. Teilreichen Karlmanns u. P.s, in: Francia 13, 1985, S. 47-112;
    M. Becher, Neue Überlegungen z. Geb.datum Karls d. Gr., ebd. 19/1, 1992, S. 37-60;
    R. Schieffer, Die Karolinger, 1992, ²1997, S. 50-69;
    J. Jarnut, Die Adoption P.s durch Kg. Liutprand u. d. Italienpol. Karl Martells, in: J. Jarnut u. a. (Hg.), Karl Martell in seiner Zeit, 1994, S. 217-26;
    B. Kasten, Königssöhne u. Königsherrschaft, 1997;
    Lex. MA;
    TRE;
    LThK³.

  • Author

    Rudolf Schieffer
  • Citation

    Schieffer, Rudolf, "Pippin" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 469-472 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118594540.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Pippin, nach späten Quellen auf Grund der Sage von der Löwentödtung oder durch Verwechselung mit dem mittleren P. gewöhnlich der Kleine oder Kurze, wegen seiner Ergebenheit gegen die Kirche auch der Fromme genannt, wird von neueren Geschichtschreibern als der Jüngere oder seiner Hauptwürde nach als König P. bezeichnet.

    Die Sterne, die seine Lebensbahn erhellen, umstrahlen vorbedeutend schon seine Wiege. Seine Geburtsstunde fällt einer Altersangabe nach vielleicht in die Jahre 714 oder 715, d. h. in die Zeiten, wo sein Großvater fast königliche Macht besaß, oder wo sein Vater durch Familien- oder Stammeszwiste hindurch sich seine Stellung erkämpfte. Seine Mutter hieß wahrscheinlich Chrotrudis. Der bekannte Friesenbekehrer Willibrord, der Vorgänger des Bonifaz, taufte|ihn, ein Erzbischof Ragenfried von Rouen ist sein Pathe. Heilige Männer verkünden angeblich seine glorreiche Zukunft. Seine Erziehung im Kloster St. Denys erklärt seine Fürsorge für dasselbe und dessen Abt Fulrad, sowie seine Ergebenheit und Thätigkeit für die Kirche. Als junger Mann schon tritt er zu dem Langobardenvolk in Beziehung; denn dessen größter König Liutprand, der Freund seines Vaters, nimmt ihn durch den Volksgebrauch des Haarabschneidens unter reichen Geschenken an Kindesstatt an, eine Handlung, die vorbedeutungsvoll wird für seine spätere Oberherrlichkeit über jenes Volk.

    Der sterbende Karl Martell vertheilt das Reich wie ein König unter seine Söhne; denn der Gebrauch des Privatrechtes findet in diesem Falle bei Machthabern, wie bei Königen auch seine Anwendung im Staatsrecht. P., der jüngere Sohn, erhält die galloromanischen Länder Neustrien, Burgund und die Provence, die ersten Keime des französischen Reiches. Noch vor dem Tode des Vaters eilt er unter Leitung seines erfahrenen Oheims Childebrand, der nebst seinem Sohne Ribelung der Urheber einer wichtigen Chronik über seine Regierungszeit ist, zur Besetzung des unsicheren Erbtheils nach Burgund. Nach des Vaters Tode aber übernehmen er und sein Bruder Karlmann die Regierung mit dem Titel „Hausmeier und Herzog und Fürst der Franken“, aber vorläufig ohne Einsetzung eines merowingischen Königs. Ihre dauernde Einigkeit überwindet die mit Erbtheilung für Familie und Reich verknüpften Gefahren. Die erste derselben erwächst aus einem Familienzwist. Ein Stiefbruder Grifo ist von seiner Mutter Swanahilde, einer bairischen Prinzessin, der ehrgeizigen zweiten Gemahlin Karls, zu Ansprüchen auf das ganze Reich oder auf Grund des auch für ihn gültigen Erbrechts zu solchen auf einzelne Theile und ihre Schwester Chiltrudis zur Flucht und zur Vermählung mit dem Baiernherzog Odilo, ihrem Oheim, in agilolfingischem Interesse aufgestachelt worden. Es droht Zerreißung der Reichseinheit und Spaltung des Heerbanns, und das zwingt diesen und die fürstlichen Brüder zu energischem Kampf. Einschließung und Unterwerfung Grifos in Laon, seine Gefangensetzung im Ardennenschlosse Neufchateau und die Verbannung ihrer Mutter nach Kloster Chelles stellen die Ordnung und Ruhe wieder her (741).

    Der Reichseinheit drohen aber gleichzeitig auch Gefahren von außen. Das Beispiel Grifos und die lockere und wegen des fehlenden Königs ungesetzliche Stellung der jungen Herrscher reizen die herzoglichen Nachbarn auf allen Seiten zur Wiedererringung der Selbständigkeit und zu Bündnissen untereinander. Durch vereinte Anstrengungen werden die Brüder auch Herren über diese Feinde. Unablässige Kriegszüge nach allen Grenzen füllen daher den ersten Regierungsabschnitt aus (741—749). Wie verabredet fallen Aquitanier und Alemannen, unterstützt von Sachsen, vom Reiche ab. Zunächst dringen daher beide Brüder über die Loire, verheeren die Umgegend von Bourges und zwingen den Aquitanierherzog Chunoald zur Flucht. Während des Zuges theilen sie in Alt-Poitou das Reich endgültig, sei es nun durch Verfügung über den Antheil Grifos oder Bestimmung neuer Grenzen (742). Im Herbst desselben Jahres gehen sie vereint über den Rhein bis an die Donau, und unterwerfen die mit Basken, Baiern und Sachsen verbündeten Alemannen und ihren Herzog Theudebald, der aber entkommt (742). Ihr Schwager, der Agilolfinger Herzog Odilo von Baiern, strebt gleichfalls nach Selbständigkeit, unterstützt von sächsischen, alemannischen und slavischen Schaaren. Selbst der Papst Zacharias nimmt durch einen Legaten für ihn Partei. P. aber überrascht die Gegner (743) durch unvermutheten Uebergang über den Lech, besiegt sie nach verlustreichem Kampf, nöthigt den Mitkämpfer Theudebald wiederum zu fliehen, höhnt den gefangenen Legaten, indem er dessen päpstlichen Aufträgen das Gottesurtheil des|Sieges entgegenhält. Der Gewinn desselben ist möglicherweise der Nordgau. Nach zweimonatlichem Aufenthalt kehrt er heim, vielleicht Odilo als Gefangenen mit sich führend und seine Schwester als Regentin zurücklassend. Bald gibt er dem ersteren seine Freiheit wieder. Wol zufolge eines Schutzbündnisses benutzt der Aquitanier Chunoald die Abwesenheit der Brüder, um einen Einfall in Neustrien zu machen, und rückt bis Chartres vor (743).

    Diese beständigen Empörungen machen den Fürsten die Nothwendigkeit einleuchtend, das merowingische Königthum, das Sinnbild der Reichseinheit, wiederherzustellen. Sie setzen also Childerich als Schattenkönig und Vogelscheuche zugleich auf den Thron (743). Zwar zählen sie in Urkunden seine Regierungsjahre, herrschen aber selbst mit königlicher Macht. Die Zeit der letzten gemeinsamen Kämpfe der Brüder ist wegen der Quellenwidersprüche streitig. Chunoald soll für seinen Ueberfall bestraft worden sein (744?) und bald nachher seinem Sohne Waifar die Herrschaft überlassen haben, um ins Kloster zu gehen. Während Karlmann darauf die Sachsen zur Taufe zwingt, unterwirft P. zum letzten Male den aufständischen Theudebald, verhindert seine Festsetzung in der schwäbischen Alb, verleibt das Herzogthum Alemannien dem Reiche ein und läßt es durch Grafen verwalten (744? 745?). Ein allerletzter Aufstand der Alemannen endigt mit blutiger Bestrafung durch Karlmann, einer der Aquitanier mit Unterwerfung und Friedensversicherung (745? 746?). Die Reichsfeinde sind durch vereinte Kraft gebändigt. Die Reichseinheit wird durch Karlmanns Entschluß abzudanken und ins Kloster zu gehen noch mehr befestigt und Pippins Macht dadurch gestärkt, trotzdem sein Bruder seine Söhne ihm anvertraut und auf seinen Reichsantheil für sie nicht ausdrücklich verzichtet hat (747). Noch aber lebt selbst innerhalb der Familie ein unversöhnlicher Feind, sein Stiefbruder Grifo. Entlassung aus dem Gefängniß nach siebenjähriger Gefangenschaft, Abfindung mit Grafschaften und ehrenvolle Behandlung vermögen ihn nicht zu begütigen (747). Mit großem Anhang flieht er vielmehr zu den Sachsen und wiegelt sie auf. Mit Entschlossenheit aber folgt ihm P., unterwirft die Nordschwaben, einen Theil der Aufständischen, und bedrängt vereint mit den Bewohnern mehrerer Gaue, Grifo und den Rest der Sachsen in ihren Verschanzungen an der Ocker so, daß sie sich zur Erneuerung der alten Verträge, zu Tribute- und zur Annahme des Christenthums verstehen (747? 748?). Grifo aber eröffnen sich neue Aussichten, P. neue Gefahren. Odilo war nämlich gestorben und hatte einen unmündigen Sohn Tassilo als Nachfolger unter Vormundschaft seiner Mutter und unter Oberherrschaft der Franken hinterlassen. Grifo, als Agilolfinger, erhebt Ansprüche auf Baiern, stützt sich auf die bairische Unabhängigkeitspartei, verdrängt Schwester und Neffen und findet Beistand bei Suidger, dem Grafen des Nordgaues, und Lantfred, einem Alemannenherzog. Verfolgt bis zum Inn, warten die Gegner Pippins Uebergang über den Fluß nicht ab, sondern unterwerfen sich. Grifo und Lantfred werden Gefangene, Tassilo und Chiltrud in ihr früheres Verhältniß wieder eingesetzt (748? 749?). Trotz nochmaligen Versöhnungsversuchs von seiten Pippins und trotz Beschenkung mit 12 Grafschaften flüchtet Grifo zu einem anderen Gegner seines Bruders, zu Waifar von Aquitanien. Eine Vermittlung des Papstes auf Antrieb Karlmanns bleibt erfolglos.

    Zum zweiten Male war die Reichseinheit gerettet, mit der Unterwerfung der Stammherzogthümer der Keim zu einem deutschen Reiche gelegt, mit der Einsetzung von Grafen der Anfang zu regelmäßiger königlicher Verwaltung gemacht. Gleichzeitig mit dem Umschwung der äußeren Verhältnisse vollzog sich einer der innern. Wie sein Bruder, war nämlich auch P. Beschützer des Bonifaz und seiner Bekehrungs- und Reformbestrebungen. Die vernachlässigten Synodalversammlungen wurden auch in Neustrien wieder aufgenommen, theils von ihm allein, theils vereint mit dem Bruder, so die von 23 neustrischen Bischöfen besuchte Synode von Soissons (744), die allgemeine Reichsversammlung von Estinnes (743? 745?), die zu Düren u. a. m. In diesen Versammlungen werden geistliche und weltliche Angelegenheiten verhandelt unter Einfluß und Antheil des Bonifaz, die verfallene Kirchenordnung wiederhergestellt, die alten Kirchensatzungen bestätigt, die Hierarchie durch Einsetzung von Erzbischöfen und Bischöfen vervollständigt, deren Unterordnung unter den Papst als das Haupt der Kirche angebahnt, das Verhältniß derselben zu einander geregelt, unsittliche Geistliche abgesetzt, Ketzereien ausgerottet, Gegner, wie Aldebert und Clemens, unter Mitwirkung des Papstes bestraft, das Klosterleben nach benedictinischer Vorschrift geordnet, Geistliche und Aebte vom Kriegsdienst befreit, heidnische Gebräuche unterdrückt, das Leben der Laien in sittlicher Beziehung überwacht, Ehebestimmungen in kirchlichem Sinne getroffen, der öffentliche Verkehr unter den Gesichtspunkt der Religion gestellt, mit einem Wort die Befestigung und Ausbreitung der christlichen Kirche, die Heiligung des geistlichen und Laienstandes angestrebt. Der Vermittler zwischen Papstthum und Germanen, der Schöpfer der kirchlichen Reformen und Neuerungen, wird in den hierarchischen Neubau eingefügt, indem ihm erst Köln, dann mit Umstoßung des ersten Beschlusses Mainz, der mit politischem Scharfblick gewählte Mittelpunkt der austrasischen Bisthümer, als Erzbischofssitz angewiesen und dem kirchlichen Organismus auf germanischem Boden ein Halt und eine Spitze gegeben wird.

    Noch traf P. alle Einrichtungen in seinem Namen und mit Zustimmung seiner Großen. Er verstand es, zwischen den Ansprüchen der Kirche und des Staates und Heerbannes zu vermitteln. Indem er die den kirchlichen Instituten längst entzogenen Besitzungen zum Nutzen seiner Getreuen und seines Heeres und zu Kriegszwecken weiter verwandte, wußte er die Kirchen durch Zinsleistungen von dem Vergabten und theilweise Rückerstattungen, die späterhin in größerem Maßstabe vorgenommen wurden, vor Noth und Verfall zu schützen und ihre Anrechte durch Urkunden, die sogenannten Precarien zu wahren. Weder Papst, noch Geistliche wagten wegen der Unentbehrlichkeit ihres Beschützers erheblichen Widerspruch. Brieflicher Verkehr Pippin's mit dem frommen Papst Zacharias, zuletzt sogar mit Umgehung des Bonifaz, und eine immer größere Annäherung der beiden Häupter war die Folge dieser Reformthätigkeit des Hausmeiers. P., jetzt Herr der äußeren und inneren Feinde, Alleinherrscher, mit Heerbann und Geistlichkeit in gutem Einvernehmen, mit dem Oberhaupt der Christenheit befreundet, benutzte einige Jahre der Ruhe, um einer staatlichen Lüge ein Ende zu machen und seiner Macht durch Annahme der Königswürde den entsprechenden Ausdruck zu geben. Die ruhmreichen Thaten der Väter, des Bruders und seine eigenen hatten die Ansprüche darauf genügend begründet. Die Vorbereitungen zu dem kühnen Schritte und die nächsten Wirkungen davon füllen zumeist den zweiten Hauptabschnitt seiner Regierungszeit aus (750—756). Das Mißverhältniß zwischen Schattenkönigthum und wirklicher Herrschermacht ohne angemessenen Titel veranlaßt den Heerbann zur Absendung von Gesandten beider Reichstheile, um den Papst, in den Augen der Völker der Verkünder des göttlichen Willens, betreffs Befreiung aus dieser Nothlage zu befragen. Zacharias, durch die Entwickelung der italischen Verhältnisse zur Anlehnung an den Frankenherrscher und zur Stärkung von dessen Stellung gedrängt, giebt nicht bloß Rath, sondern kraft päpstlicher Autorität Zustimmung, vielleicht sogar Befehl zur Annahme der Krone, „damit die Ordnung nicht gestört werde“. Zu Soissons, der Krönungsstadt des ersten Merowingers, wählt der Heerbann P. als König, huldigen die Großen, salben ihn und seine Gemahlin nach biblischem und angelsächsischem Vorbild die Geistlichen des Reichs, darunter vermuthlich auch Bonifaz (751? 752?). Schilderhebung und Krönung dabei ist fraglich, aber nicht unwahrscheinlich. Die getroffenen Maßnahmen, Vorsicht und Ueberlegung verrathend, sollen das fehlende Erbrecht ersetzen und eine neue gesetzliche Grundlage schaffen. Childerich und seine Familie verschwinden im Dunkel des Klosters. Der Tod seines Bruders Grifo, der bei Waifar nicht mehr sicher, zu den Langobarden fliehen will, aber im Kampf gegen fränkische Grenzgrafen fällt (753), befreit den König von weiteren Angriffen auch dieses Gegners.

    Seine neue Stellung verwickelt ihn in schwere Kriege, stärkt aber sein Ansehen. Die Vergewaltigung Roms und seiner Gebiete nämlich durch den kriegerischen Langobardenkönig Aistulf veranlassen Papst Stephan II. die Hülfe des Frankenherrschers zu suchen. Seinen Bitten um Einladung nach dem Frankenreich wird vom König und den schwer gewonnenen Großen entsprochen. Begleitet von vornehmer fränkischer Gesandtschaft eilt der Papst im Winter über die Alpen (753). P. sendet ihm Gesandte und seinen Sohn, er selbst geht ihm nach Ponthion entgegen, empfängt ihn dort (6. Jan. 754) in ehrfurchtsvollster Weise, verspricht dem in Trauergewanden Hülfeflehenden Erfüllung seiner Bitten, vor allem Schutz gegen die Gewaltthaten der Langobarden. Sodann nimmt der Papst Winterquartier in St. Denys bei Abt Fulrad. Inzwischen hält der König Versammlungen des Heerbanns zu Brennacum (Braisne) und Carisiacum (Kiersy) ab. Ort und Inhalt der Beschlußfassung unterliegen noch lebhaftestem Streit. Wahrscheinlich an letzterem Ort und nicht unter allgemeiner Zustimmung der Großen und im Beisein seiner Söhne sichert P. die Zurückerstattung der entrissenen Gebiete zu, stellt eine jetzt verlorene Schenkungsurkunde darüber aus, die wahrscheinlich auf Einzelnheiten nicht einging. Die Gegenleistungen des Papstes waren zunächst folgende. Der ehemalige Fürst, nun Mönch Karlmann, dessen Ansprüche auf die Herrschaft, wie die seiner Söhne wohl nicht völlig erloschen waren, erschien, gewiß auf Anregung seines Abtes und der Langobarden, um dem Kriege gegen diese entgegen zu arbeiten, in der Heimath. Vermuthlich mit Zustimmung Stephans wurde er nun im Frankenreich festgehalten und starb, lange kränkelnd, zu Vienne (755). Seine Söhne aber wurden in's Kloster geschickt. Es erfolgte inzwischen eine zweite feierliche Salbung und Weihe Pippins, seiner Gemahlin und seiner Söhne zu St. Denys (28. Juli 754) durch das Oberhaupt der Kirche selbst. Bei Wahl eines Königs aus anderer Familie wurde mit Kirchenbann gedroht. Das Erbrecht der neuen Dynastie sollte dadurch Sicherung und Weihe erhalten. Auch wurden Vater und Söhne zu Patricii ernannt und ihnen damit das Recht, aber auch die Pflicht des Schutzes der römischen Kirche, eine Art Oberherrschaft über das Exarchat und eine Vertretung des Imperiums, unabhängig vom byzantinischen Kaiser, eingeräumt. Wiederholte Vermittelungsvorschläge und Geldangebote bleiben bei Aistulf erfolglos. Das fränkische Heer überschreitet daher die Alpen (Aug. 754). Eine vorausgesandte auserlesene Schaar zwingt die angreifenden überlegenen Langobarden im Thal von Susa zu wilder Flucht, was als „Wunderthat“ und Gnade Gottes angesehen wird. In Pavia eng eingeschlossen, muß sich Aistulf zur Herausgabe von Ravenna und der Städte der Aemilia und Pentapolis, wol gemäß dem früheren Versprechen Pippins, ferner zu Huldigung und zu Geschenken verstehen (Oct. 754). Nach der Heimkehr des Siegers bricht Aistulf den Eid, verweigert die Uebergabe der Städte und bedrängt Rom mehr denn je. Durch des Papstes Klagen gedrängt, muß der zornige P. daher einen zweiten Feldzug unternehmen. Der junge Herzog Tassilo, der nach dem Tode seiner Mutter an die Spitze seines Herzogthums getreten|und zum ersten Male 755 bei dem neueingerichteten Maifelde erschienen war, leistete bei dem Zuge Heeresfolge. Umgehung der festen Langobardenstellung, das Blutbad, unter deren Vertheidigern angerichtet, neue Einschließung in Pavia zwingen Aistulf zum zweiten Frieden, zur Auslieferung des dritten Theiles seiner Schätze und zur Räumung der versprochenen Städte. Die Schlüssel derselben und eine von P. ausgestellte, nicht mehr vorhandene Schenkungsurkunde legt Abt Fulrad auf dem Grabe St. Peters nieder. Byzantinische Gesandte vermögen den Sieger weder durch Geldangebote, noch durch Versprechungen von seiner Treue gegen die Kirche und von seiner Zusage an den Papst abwendig zu machen. Der kaiserliche Besitz wird Kirchenbesitz und Keim zur weltlichen Herrschaft des Papstes. Bald darauf stirbt Aistulf jähes Todes, und mit Gutheißung aller Betheiligten wird Desiderius König, bricht aber gleichfalls seine Gelübde und nöthigt die Herzogthümer Benevent und Spoleto, anfangs vom Frankenkönig abhängig, zu festerem Anschluß an ihn selbst; doch macht Pippins Ansehen ein kriegerisches Einschreiten überflüssig.

    Durch den Schutz der Kirche, des Papstes und Roms, durch seine Erfolge, durch seine Nachbarschaft mit den Muhammedanern wird P. in die Welthändel hineingezogen und erlangt eine Weltstellung. Gesandtschaften mit Aufträgen und Geschenken ziehen hin und her. Mit Byzanz wird bald freundlicher, bald feindlicher über das Exarchat, über Bilderverehrung, Trinitätslehre und über eine Vermählung Gislas mit einem kaiserlichen Prinzen verhandelt. Die Abbassiden im Orient, wie die spanischen Araber, werben bei ihrem Gegensatz um seine Freundschaft. Britannien und das Frankenreich stehen durch Bonifaz und seine Genossen in regem geistigen Verkehr, und auch der König tauscht mit dem König Eadbert von Northumbrien, dem Bruder des Bischof Ecgbert von York, Geschenke aus.

    Der Rest und dritte Abschnitt seines Lebens ist der Fortführung seiner früheren kriegerischen und friedlichen Aufgaben, vor allem der Abrundung des Reiches bis zu seinen natürlichen Grenzen, dem mittelländischen Meer, den Pyrenäen und dem atlantischen Ocean gewidmet. Das gothische Septimanien wurde mit den wichtigsten Städten den Arabern bereits 752, Narbonne, das letzte Bollwerk des Islams daselbst, nach langer Belagerung 759 entrissen, die Unterwerfung der Gothen durch die Erlaubniß nach eigenen Gesetzen zu leben erleichtert. Vielleicht wurde auch die Bretagne mit Vannes gewonnen (753). Die Sachsen werden für wiederholte Aufstände mit Strenge bestraft und ihr Gebiet bis zur Weser verwüstet (753 und 758). Der mündige Tassilo huldigt auf dem Malfelde von Compiègne 757 P. und seinen Söhnen als Vassall und leistet ihnen den Treueid. Der privatrechtliche Lehensbegriff wird so in das Staatsrecht eingeführt. Trotz gewährter Selbständigkeit in Rechtspflege und Verwaltung wirft Tassilo das drückende Verhältniß bald ab. Der Hauptgewinn aber ist die Einverleibung Aquitaniens, die Frucht eines 9jährigen schweren Krieges (760—768). Dieser brach aus wegen verweigerter Genugthuung für die Beschützung von Pippins Feinden durch Waifar, für Belästigung der den Franken unterworfenen Gothen und wegen Verletzung fränkischer Kirchen. Verheerung und Besetzung zunächst der Auvergne, dann aber in immer weiteren Kreisen und unter Einmärschen von den verschiedensten Seiten auch des übrigen Aquitaniens, Berennung und Verbrennung fester Plätze, wie Bourbon und Clermont, vor allem des starken Bourges, das der König mit verschiedenartigen Belagerungswerkzeugen bedrängte, nach der Einnahme jedoch, wie andere Orte, als kriegerischen Stützpunkt mit Mauern umgeben ließ und noch während des Krieges nach Erbauung eines Schlosses seiner Gemahlin als gesicherten Aufenthalt anwies, ferner Zerstörung von Felsenschlössern an den Abhängen der Sevennen|und des Hochlandes von Auvergne, die Wegführung und Tödtung verschiedener aquitanischer Grafen, der Abfall des Oheims von Waifar, Remistans, der für seinen Treubruch gegen P. später mit dem Tode am Galgen büßen mußte, die Gefangennehmung der Familie des Aquitanierfürsten, endlich auch die Feigheit seiner baskischen Truppen brachten Waifar so in's Gedränge, daß er mehrmals Unterwerfungsvorschläge machte und zuletzt sein Heil in der Flucht suchte. Dabei ward er von den Seinen ermordet. Der treulose Abfall Tassilo's in gefahrvoller Zeit und die Unterhandlungen darüber, wobei von dem Baiernherzog die Vermittelung des Papstes nachgesucht worden war, sowie die über die Friedensanträge Waifars hatten den Krieg zeitweise ins Stocken gebracht. Mit dem Tode Waifars aber war die Unterwerfung Aquitaniens vollendet und wurde von dem König und seiner Gemahlin in Saintes an der Charente mit großem Triumph gefeiert. Die Sicherung der Kirchen und der Armen, die Regelung der Rechtsverhältnisse, mit einem Worte die Sorge für die allgemeine Wohlfahrt des Landes, dessen Erwerb die Bildung des späteren französischen Reiches beförderte, war wohl eine seiner letzten Lebenshandlungen. Ueber diesen beständigen Kämpfen seiner Königszeit wird die Friedensarbeit aber nicht von ihm vernachlässigt. Es sind für 11 Bisthümer und Kirchen und 36 Klöster etwa 82 Urkunden aus dieser Zeit, darunter freilich auch unächte, von ihm bekannt, wobei sich die Stätte seiner Erziehung, St. Denys, und ihr Abt Fulrad, sowie seine Familienstiftung zu Prüm seiner besonderen Gunst zu erfreuen haben. Schenkungen, Schutz- und Immunitätsgewährungen, sowie Rechtsentscheidungen u. a. m. bilden den Inhalt der Aktenstücke. Mehrfache Reichsversammlungen und Synoden werden erwähnt, deren Einordnung in bestimmte Zeiten theilweise streitig ist, so die zu Verneuil (755), eine andere vom Ende des Jahres 754 oder Anfang von 755, die zu Verberie (756) u. a. m., bei denen er mitunter persönlich mitwirkte. Auch nach Bonifaz' Tode ward doch in dessen Sinne, wenn auch mit etwas mehr nationalem Gepräge, weiter gearbeitet. Seine Missionsthätigkeit ward durch die Begünstigung der Missionsschule zu Utrecht und durch Gregor von Utrecht fortgeführt, sein Lieblingskloster Fulda vom König begünstigt, sein liebster Schüler Lul zu seinem Nachfolger in Mainz ernannt. Die synodale Thätigkeit ist lebendiger als in der Hausmeierzeit. Von neuem werden erweiterte Vorschriften zur Reform der Kirche und der Geistlichen und ihrer Besitzverhältnisse gegeben, aber immer unter Oberleitung des Königs, nicht des Papstes, ferner vorzugsweise zur Regelung der Eheverhältnisse und Reinhaltung des Familienlebens. Auch dogmatische Fragen werden erledigt. Ja, es gibt kaum eine Seite des staatlichen Lebens, wo man nicht auf Spuren von Neuerungen oder Neuschöpfungen stößt, durch P. oder unter seinem Einfluß entstanden, so bei der Krönungsceremonie, Titulatur, Veränderung des Kanzlei- und Urkundenwesens, Aufhebung oder Unterordnung und Verwaltung der Herzogthümer, Regelung des Kirchenbesitzes und Verwendung desselben für das Heer, zeitliche Verlegung der Heeresversammlungen, Ausbildung der Kriegführung, Einführung der Silbermünzen und Bestimmung ihres Werthes, Annahme des römischen Kirchengesanges und Begründung einer höfischen Geschichtschreibung. Auch wissenschaftlichen Bestrebungen blieb er nicht ganz fremd. Die letzte wichtigste Handlung vor seinem Tode war die Theilung des Reiches. Der Krieg hatte seine Kräfte aufgerieben. Noch in Aquitanien fing er an zu kränkeln. Am 24. Sept. 768 erlag er im 54. Lebensjahre angeblich der Wassersucht in St. Denys, der Stätte seiner Kindheit und seines Grabes. Vorher aber sicherte er mit Rath und Zustimmung der geistlichen und weltlichen Großen die Zukunft des Reiches und bewahrte es vor Zerreißung in eine|romanische und germanische Hälfte. Karl bekam nämlich den nördlichen Theil Austrasiens und Neustriens, Karlmann die mittel- und süddeutschen, wie die südfranzösischen Gebiete, zu denen auch der östliche Theil Aquitaniens gehörte, während der westliche Karl zufiel. Ihn überlebte seine Gemahlin Bertrada, wol auch aus karolingischem Stamme, über deren Vermählung, wie über der Geburt ihres ältesten Sohnes Karl ein geheimnißvolles Dunkel zu schweben scheint, die aber seine treue Gefährtin in den Jahren seines steigenden Ruhmes war, ferner seine Kinder Karl, Karlmann und Gisla. Drei Brüder werden genannt, Remigius, Bischof von Rouen, Hieronymus, zu diplomatischen Sendungen verwandt, und Bernhard, der Vater von Adalhard und Wala, den Gründern von Korvey. In seinem Charakter sind Frömmigkeit mit Weltklugheit, Vorsicht mit Kühnheit, Tapferkeit mit Schlauheit, Milde und Versöhnlichkeit mit rücksichtsloser Thatkraft gepaart. Nach Oelsner's Urtheil war er eine wahrhafte Herrschernatur, umfassend, schöpferisch, erfolggekrönt; nach Ranke „ein politischer Kopf ersten Ranges, gleich bedeutend für die kirchlichen, wie die weltlichen Verhältnisse; er verband intellectuelle Entschlossenheit, welche neue Gedanken faßt, mit der rücksichtslosen Consequenz, welche zu deren Ausführung gehört“. — Seinem großen Sohne Karl blieb die volle Durchführung seiner Staatsgedanken und gelungenen Anfänge vorbehalten.

    • Literature

      Hahn, Jahrb. d. fr. Reichs (741—52) 1863. — Oelsner, Jahrb. d. fr. Reichs unter König Pippin 1871. — G. Richter, Annal. d. fränk. Reichs 1873, S. 201—16 und G. Richter und Horst Kohl, Annal. d. fränk. Reichs im Zeitalter der Karolinger 1885, S. 1—27. —
      Mühlbacher, Reg. d. Kaiserreichs unter d. Karol. 1880, S. 25—50. —
      Waitz, D. Verf. III, 30—91. — Ranke, Weltgesch. V, 2, 1—52 u. S. 107—109.

  • Author

    H. Hahn.
  • Citation

    Hahn, H., "Pippin" in: Allgemeine Deutsche Biographie 26 (1888), S. 155-162 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118594540.html#adbcontent

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