Lebensdaten
1848 – 1913
Geburtsort
München
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Architekt
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 117464368 | OGND | VIAF: 15547169
Namensvarianten
  • Seidl, Gabriel
  • Seidl, Gabriel Ritter von (seit 1900)
  • seidl, gabriel ritter von
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Zitierweise

Seidl, Gabriel Ritter von (seit 1900), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117464368.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus bäuerl. Fam. in Großdingharting b. Wolfratshausen (Oberbayern);
    V Anton S. (1806–69), Bürger u. Hofbäckermeister in M.;
    M Theresia (1815–98), T d. Gabriel Sedlmayr (1772–1839), Bierbrauer in M. (s. NDB 24);
    Om Joseph Sedlmayr (1808–86), Bierbrauer in M., Bes. d. Leistbräu u. d. Franziskanerbräu (s. ADB 54), Gabriel Sedlmayr (1811–91), Bes. d. Spatenbrauerei in M.M.;
    9 Geschw u. a. B Emanuel (s. 2), Schw Amalie S. (⚭ Carl Mayr[-Graz], 1850–1929, Maler), Therese S. (⚭ Christian Roeckl, Handschuhfabr. in M.), Maria S. ( Emil Keyser, 1846–1923, Maler, s. ThB);
    München 1890 Franziska (1863–1935), T d. Johann Georg Neunzert, bayer. Oberförster in Hepberg b. Ingolstadt, u. d. Josepha Fink;
    2 S, 3 T; Cousine Helene Sedlmayr (1858–1926, Wilhelm v. Miller, 1848–99, o. Prof. f. allg. Chemie in M., s. NDB 17).

  • Biographie

    Nach seinem Schulabschluß absolvierte S. gemäß dem Wunsch seines Vaters eine Schlosserlehre in der Maffeischen Maschinenfabrik, um danach ein Ingenieurstudium an der TH München zu beginnen. Nach freiwilliger Kriegsteilnahme 1870/71 – der Vater war schon zuvor verstorben – wechselte S. das Studienfach und studierte Architektur, vornehmlich bei Gottfried v. Neureuther (1811–87). 1874 beendete S. das Studium und trat im Jahr darauf dem Bayer. Kunstgewerbeverein bei. 1876 unternahm er zwar noch die obligatorische Romreise, sagte sich aber im selben Jahr von den akademischen Architekturrichtungen der Antike und der ital. Renaissance los. Mit seiner berühmten „Wohnstube“, die auf der 25jährigen Jubiläumsausstellung des Bayer. Kunstgewerbevereins gezeigt wurde, bekannte er sich zum Stil der dt. Renaissance. Damit erzielte S. ungeheuren Erfolg und kam in engen Kontakt zu Lorenz Gedon, Rudolf Seitz und Franz v. Lenbach, die ihn in die Künstlergesellschaft „Allotria“ aufnahmen. Von hier aus begann sein Aufstieg zu einem der einflußreichsten Architekten der Zeit. 1878 gründete S. zusammen mit Rudolf Seitz (1842–1910) das „Renaissancemagazin Seitz & Seidl“ zur Herstellung bürgerlicher Wohnungseinrichtungen, 1879 erhielt er seinen ersten Bauauftrag für das „Deutsche Haus“ in München. Diese für seinen Onkel Gabriel Sedlmayr, den Eigentümer der Spatenbrauerei, geplante prächtige Bier-Gaststätte am Karlsplatz war der Beginn einer neuen malerischen Architektur, die deutschlandweit als Besonderheit der „Kunststadt München“ gefeiert und v. a. durch den Stil der dt. Renaissance als Ausdruck nationalen und bürgerlichen Bauens angesehen wurde. Charakteristisch ist jedoch nicht ein bestimmter Stil, sondern das Bauen „von innen nach außen“, demzufolge der nach den jeweiligen Bedürfnissen frei angeordnete Grundriß auch am Außenbau sichtbar bleibt, was die Mehransichtigkeit der Gebäude zur Folge hat. Des weiteren ist die Bezugnahme auf und die harmonische Einfügung in die Umgebung bezeichnend, so daß der Neubau sich wie historisch gewachsen in den Bestand einfügt und mit ihm zusammen ein ansprechendes Stadtbild ergibt.

    In seinem auch typologisch breiten Werk arbeitete S. deshalb mit einem umfangreichen Repertoire an stilistischen Mitteln. Sein Schaffen zeigt keine lineare Entwicklung, sondern eine große Wandlungsfähigkeit je nach Auftraggeber und Bauplatz. Das Onuphriushaus 1889/90 am Marienplatz und das Ruffinihaus 1903/05 am Rindermarkt sind Beispiele für die Wiederaufnahme der Tradition altstädtischer Münchner Bürgerhäuser mit verputzten Fassaden und Freskenschmuck. Das Gasthaus „Bauerngirgl“ in der Residenzstraße erhielt barockisierende Stuckfassaden; in den vornehmen Straßenzügen der Brienner Straße und der Max-Joseph-Straße baute S. im Stil der ital. Renaissance (z. B. Haus Schrenck-Notzing, 1904/06; Kunsthändlerhaus Böhler, 1904/05). Das Lenbachhaus 1887/91 und das Kaulbachhaus aus der selben Zeit zeigen großzügige ital. Villenarchitekturen. Die St. Anna-Kirche im Lehel (1887/92) ist romanisch gehalten, ebenso St. Rupert (1901/03) am Gollierplatz, während der Erweiterungsbau von St. Maria in Thalkirchen (1907/08) in barocken Formen ausgeführt wurde. Den Höhepunkt und die Quintessenz von S.s Lebenswerk stellen das 1900 eröffnete Bayer. Nationalmuseum an der Prinzregentenstraße und das gleichzeitig entstandene Münchner Künstlerhaus am Lenbachplatz dar. Das Bayer. Nationalmuseum, an dessen Außenbau verschiedene Stile verwendet sind, zeigt die konsequente Anwendung malerischen Bauens an einem Monumentalbau. Das Künstlerhaus wurde eine Feierstätte der Münchner Kunstgewerbebewegung. Den Bau des Deutschen Museums konnte S. nur noch im Kern verwirklichen, die Fertigstellung übergab er testamentarisch an seinen Bruder Emanuel. S.s letztes vollendetes Werk ist das Bremer Stadthaus (1909/13).

    Darüber hinaus zeigte S. großes Engagement für heimische, ländliche Bauweisen. 1902 war er maßgeblich an der Gründung des „Vereins für Volkskunst und Volkskunde“ in München beteiligt, ebenfalls 1902 gründete|er den „Verein zur Erhaltung der landschaftlichen Schönheiten in der Umgebung Münchens, besonders des Isartals“. Speziell in Bad Tölz, dem Heimatort seiner Mutter, regte er eine Ortsverschönerung durch die Fassadenneugestaltung mehrerer Häuser in der Marktstraße und ihre Bemalung mit Fresken an. Für sich selbst errichtete er 1900 ein Sommerwohnhaus in Wackersberg bei Tölz, das er mit holzverschalten Giebeln und einer bescheidenen Inneneinrichtung als typisch für die Gegend empfand.

  • Auszeichnungen

    Dr.-Ing. E. h.;
    Orden pour le mérite f. Wiss. u. Künste (1900);
    Rr.kreuz d. Verdienstordens d. bayer. Krone (1900);
    Ehrenkonservator d. Bayer. Nat.mus. (1900).

  • Werke

    Weitere W u. a. Rathaus Ingolstadt, 1882;
    Schloß Oriola, Büdesheim, 1885;
    Landhaus Maximilian v. Heyl (Villa Doris), Berchtesgaden, 1886;
    Gottliebenkapelle, Herrnsheim b. Worms, 1890/92;
    Rathaus Schrobenhausen, 1898/02;
    Karlstor-Rondell, München, Karlsplatz, 1899/1902;
    Stadtpalais Puricelli, Düsseldorf, 1905/07;
    Hist. Mus. d. Pfalz in Speyer, 1907;
    Korpshaus Germania, München, Stollbergstr., 1906/07;
    Geschäfts- u. Wohnhaus Drey, München, Max-Joseph-Str., 1911/12;
    Schrr.:
    Zum Streit um kunstgewerbl. Anschauungen, in: Kunst u. Handwerk 47, 1897/98, S. 78;
    Für d. Isartal, in: Münchner Neueste Nachrr., 16. 02. 1902;
    Die Isar u. d. Walchenseeprojekt, in: Heimatschutz Nr. 4–6, 1908, S. 49–51;
    Das Fam.haus, in: München u. seine Bauten, 1912, hg. v. Bayer. Architekten- u. Ing.-Ver.;
    Nachlaß im Krieg zerstört;
    Archivalien:
    Wettbewerbsakten z. Bayer. Nat.mus.: Bayer. HStA (MK 14410);
    Testament: StA f. Oberbayern München (Sign. VI 939/13;
    Nachlaß).

  • Literatur

    I. Striedinger, Das Künstlerhaus in München, 1900;
    E. Engels, in: Velhagen & Klasings Mhh. 17, 1902/03, S. 199–209;
    S. Langenberger, Das Dt. Mus. in München, in: Der Baumeister 5, 1907, S. 101–03;
    o. Verf., Der Ausführungsentwurf f. d. Neubau d. „Dt. Mus.“ in München, in: Dt. Bauztg. 42, 1908, S. 173–77 u. 181–83;
    K. Weinmayer, in: Kunst u. Handwerk 63, 1912/13, S. 261–71;
    E. Hönig, G.-S.-Nr., Süddt. Bauztg. 23, 1913, S. 209–15;
    O. Doering, G. v. S. (Die Kunst dem Volke Nr. 51), 1924;
    H. Bößl, G. v. S. (Oberbayer. Archiv, Bd. 88), 1966;
    H. Wichmann, Bibliogr. d. Kunst in Bayern, Bd. 3, 1967, S. 391;
    H.-W. Lübbeke, Das Bayer. Nat.mus. v. G. v. S., Über d. Problembereiche e. Bautyps d. späten 19. Jh., 1970;
    G. Himmelheber, G. S.s Bau d. Bayer. Nat.mus., in: Münchner Jb. d. Bildenden Kunst, 3. F., Bd. 23, 1972, S. 187–212;
    P. S. Grän, Kath. Stadtpfarrkirche St. Anna München-Lehel, 1990;
    G. Schickel, Die architekturhist. Bedeutung v. G. S.s Neubau d. Bayer. Nat.mus., in: Das Bayer. Nat.mus., hg. v. I. Bauer, 2000, S. 37–73 (Bibliogr.);
    dies., Der Architekt G. v. S., ebd., S. 73–101;
    G. v. S., Architekt u. Naturschützer, hg. v. V. Hofer, 2002;
    ThB (ältere L); – zur Fam.:
    GHdA Bayern X, 1970, S. 324 f.

  • Porträts

    Platinotypie v. F. E. Smith, 1906/07 (Münchner Stadtmus. Fotomus. 88/27–2);
    Photogr. v. Th. Hilsdorf, vor 1913 (Münchner Stadtmus., Slg. Graphik u. Gem.), Abb. in: Münchner Kreise, Der Fotograf Theodor Hilsdorf 1868–1944, hg. v. H.-M. Koetzle u. U. Pohlmann, Ausst.kat. München 2007, S. 224 f.;
    Bronzerelief v. A. v. Hildebrand, 1914 (München, Bayer. Nat.mus.), Abb. in: A. Haas, Adolf v. Hildebrand, Das plast. Portrait, 1984, S. 200.

  • Zitierweise

    Schickel, Gabriele, "Seidl, Gabriel Ritter von" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 180-181 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117464368.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA