Lebensdaten
vor 1300 – vor 1370
Beruf/Funktion
Chronist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119299437 | OGND | VIAF: 10653090
Namensvarianten
  • Matthias
  • Neuenburg, Matthias von
  • Matthias von Neuenburg
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Zitierweise

Matthias von Neuenburg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119299437.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Entstammte e. wahrsch. stadtadeligen Familie aus Neuenburg im Breisgau;
    ⚭ Elisabeth Münch aus Basel;
    K.

  • Biographie

    1315/16 ist M. als Student des Kirchenrechts an der Univ. Bologna belegt; er wandte sich anschließend nach Basel. Dort heiratete er Elisabeth Münch, die einer der angesehensten Familien der Stadt entstammte. Als Prokurator des geistlichen Gerichts trat er in enge Beziehungen zu dem Baseler Deutschordenskomtur Berthold Gf. von Buchegg ( 1353). Als dieser 1328 zum Bischof von Straßburg providiert worden war, folgte ihm M. dorthin, zumal er offenbar in die gescheiterte Erhebung seines Verwandten Hartung Münch zum Bischof von Basel verstrickt war (1325-28). Als rechtsgelehrter Berater des Bischofs unternahm der inzwischen verwitwete und als „clericus“ (jurispertus) bezeichnete M. zwei politisch bedeutende Gesandtschaftsreisen zum Papst nach Avignon (1335, 1338). 1350 erscheint M., der vor 1345 in das Straßburger Bürgerrecht aufgenommen wurde und vom Bischof die Burg Bömstein b. Schlettstadt zu Lehen trug, wieder in der Funktion eines Prokurators am geistlichen Gericht. Vier Jahre später scheint er in Diensten des neuen Straßburger Bischofs Johann von Lichtenberg ( 1365) an dessen Bemühungen um einen Ausgleich des Mainzer Bistumsstreits beteiligt gewesen zu sein; im Jahr darauf ist er letztmalig in Straßburg belegt. Anläßlich der Verbannung seines Sohnes Heinzmann aus der Stadt 1370 wird er als verstorben erwähnt.

    M.s lange umstrittene Verfasserschaft für die in mehreren z. T. voneinander abweichenden Handschriften überlieferte lat. Chronik gilt heute als gesichert. Diese umfaßt als allgemeine Zeitchronik in 133 Kapiteln die Reichsgeschichte von Kg. Rudolf von Habsburg (1273) an bis in die ersten Regierungsjahre Kg. Karls IV. (1350). Mit ihrer Niederschrift dürfte M. um 1352 begonnen haben. Eine zweifach überlieferte erste Fortsetzung für die Jahre 1350 bis 1355/56 stammt ebenfalls noch von M., der sie gleichzeitig mit den Ereignissen niederschrieb; weitere Fortsetzungen für die Jahre 1365-1374/78 stammen von anderen Autoren. Wegen der auf persönlichen Beziehungen und Erfahrungen beruhenden intimen Kenntnisse und der Weltläufigkeit des Autors ist die (um eine ebenfalls von M. verfaßte Lebensbeschreibung seines Gönners Berthold von Buchegg vermehrte) Chronik zu den wichtigsten erzählenden Quellen zur Reichsgeschichte und zur südwestdeutschen Landesgeschichte des 14. Jh. zu rechnen. Für Kg. Rudolf von Habsburg bietet sie zahlreiche auch aus mündlicher Überlieferung geschöpfte Anekdoten. In der Zeit der Konflikte Ludwigs des Bayern mit der Kurie schreibt M. als wohlinformierter, scharf beobachtender und differenziert urteilender Zeitgenosse. Seinem Herkommen gemäß prohabsburgisch ausgerichtet, aber gegen die Ansprüche der Päpste und Karls IV. als Gegenkönig, ist er nicht ohne Sympathien für Kaiser Ludwig den Bayern. Wegen der Fülle und Genauigkeit der Angaben wurde die Verfasserschaft lange Zeit fälschlich dem Kanzler Kaiser Ludwigs des Bayern, Albrecht Gf. von Hohenberg, zugeschrieben.

  • Werke

    Frühere Ausgg. d. Chronik b. A. Potthast, Bibl. historica medii aevi I, 1896, Nachdr. 1957; Gültige Ausg.:
    Die Chronik d M. v. N., hrsg. v. A. Hofmeister, 1924–40, Nachdr. 1984 (= MGH SS NS 4);
    Übers.: Die Chronik d. M. v. N., übers. v. G. Grandaur, Einl. v. L. Weiland, ²1912 (= Gesch.schreiber d. dt. Vorzeit, 2. Ges.ausg., Bd. 84).

  • Literatur

    ADB 20;
    Lorenz, S. 38-45;
    M. Jansen u. L. Schmitz-Kallenberg, Historiographie u. Qu. d. dt. Gesch. bis 1500, ²1914, S. 82 f.;
    A. Lhotsky, Qu.kde. z. ma. Gesch. Österreichs, 1963, S. 278-80 (L).

  • Autor/in

    Paul-Joachim Heinig
  • Zitierweise

    Heinig, Paul-Joachim, "Matthias von Neuenburg" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 411 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119299437.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Matthias von Neuenburg, unter dessen Namen lange Zeit eine der werthvollsten Chroniken des Mittelalters gegangen, erscheint zuerst urkundlich im J. 1327 als Anwalt am bischöflichen Gericht zu Basel. Er stammt, wie gewiß anzunehmen ist, aus dem heute zu Baden gehörigen Städtchen Neuenburg am Oberrhein. In Basel lernte er wol den Deutschordensbruder Berthold v. Buchegg kennen und folgte ihm, als dieser auf den bischöflichen Stuhl von Straßburg berufen wurde, etwa um 1329 ebendahin. Am 30. November dieses Jahres wird er in einer Urkunde unter den clerici jurisperiti des Bischofs Berthold genannt. Aus den dreißiger Jahren sind uns keine Nachrichten über ihn erhalten. In den Jahren 1342 und 1344 gewinnt er mit Zustimmung Bertholo's Landbesitz zu Benfeld und später auch im Weilerthal; 1345 erscheint er als civis Argentinensis in einem Schiedsspruch über die Steuerpflichtigkeit des Thomasstiftes an den Bischof von Straßburg und im J. 1350 wird er von Berthold als advocatus curie Argentinensis mit der Führung eines Processes beauftragt. Er stand wol im persönlichen Dienste des Bischofs, fungirte als dessen rechtskundiger Beirath und bekleidete zugleich das Amt eines Anwalts am bischöflichen Gericht, dasselbe, das er vordem in Basel innegehabt hatte. Im Mai 1355 ist|er zum letzten Male urkundlich nachweisbar als siegelnder Zeuge bei einem Wahlstatut des Thomascapitels. Im J. 1370 wird M. in einem Rathserlaß der Stadt Straßburg, der seinen Sohn Heintzemann u. A. verbannt, bereits als verstorben bezeichnet. Dies sind die wenigen sicheren Daten aus seinem Lebenslauf, die bisher festgestellt werden konnten. Sehr merkwürdig ist die wechselnde Beurtheilung, die seine litterarische Arbeit erfahren hat. Seit hundert Jahren schrieb man ihm eine der interessantesten und spannendsten Chroniken der Reichsgeschichte wie des Mittelalters überhaupt zu, welche die Zeit von Rudolf von Habsburg bis auf Karl IV. umfaßt, die an politischen Informationen wie an anschaulichen, lebensvollen Einzelzügen der Thatsachen und Persönlichkeiten jener acht Jahrzehnte reich ist. Früher ging diese Chronik seit ihrer ersten Drucklegung durch Cuspinian im J. 1553 unter dem Namen eines Albertus Argentinensis. Seitdem aber eine zuverlässige Berner Handschrift der Chronik und eine Vaticanische gefunden war, welche in der Ueberschrift besagte, daß sie „composita sive facta per magistrum Matthiam de Nuwenburg clericum honorabilis patris ac domini Berhtoldi de Buchegge episcopi Argentinensis“. trat Albert wieder in sein mythenhaftes Dunkel zurück und M. galt nun als der fast unbestrittene Autor des gepriesenen Geschichtswerks. Als Anhang desselben befand sich in einer Straßburger Handschrift neben einigen Fortsetzungen der Erzählung eine Lebensbeschreibung Bischor Bertholo's, die sich vielfach wörtlich, in ganzen Capiteln mit der Chronik deckt. Als Verfasser dieser Vita machte W. Soltau in jüngster Zeit eben M. sehr wahrscheinlich, der wie kein anderer in seiner Vertrauensstellung zu Berthold dafür berufen war, und zugleich wies er nach, daß der politische Standpunkt in der Chronik ein ganz anderer sei. Während diese eine streng kaiserliche Gesinnung zeige, für Ludwig den Baiern und gegen den Papst Partei ergreife, sich gegen den Pfaffenkönig Karl IV. wende, verrathe die Vita ganz andere Anschauungen, trete für den römischen Stuhl und gegen Kaiser Ludwig ein, lege eine Straßburger Localfarbe und persönliche Beziehungen zu Bischof Berthold an den Tag, von denen in der Chronik nichts zu merken sei. Soltau kam daher zu dem Resultat, daß die Chronik einen anderen Verfasser haben müsse, M. sie nur bearbeitet u. A. Capitel der Vita eingeschaltet haben könne. Er setzte den Albertus Argentinensis wieder in sein Recht ein, das er mit guten Argumenten begründete und fand in ihm den schwäbischen Grafen und Straßburger Domherrn Albrecht von Hohenberg, Reichskanzler unter Ludwig dem Baiern, später Bischof von Freising. Auf dem von Soltau eingeschlagenen Wege sind die vor Kurzem erschienenen Untersuchungen K. Wenck's weiter gegangen und haben den Umfang der ursprünglichen Chronik Alberts von Hohenberg zu umgrenzen sowie den literarischen Antheil an derselben für M. festzustellen gesucht. Derselbe ist jedenfalls nur gering zu bemessen und für M. fällt damit das reichste und schönste Blatt aus seinem Ruhmeskranz. Seine Biographie Bischof Bertholds wird jedoch für die elsässische Landesgeschichte im 14. Jahrhundert immer eine der werthvollsten Quellen bleiben. Sie zeigt sich fast überall wohlunterrichtet, verräth vielfach eine auf Urkunden oder persönlicher Theilnahme beruhende Kenntniß der Thatsachen und läßt sich nirgends zu subjectiver Ueberschätzung ihres Helden verleiten. Ihr objectiver, ruhig gehaltener Ton sticht gegen die fesselnde, stark persönliche Weise der geschichtlichen Erzählung ab, wie sie Albrecht von Hohenberg liebt, hier spricht der weltgewandte, erfahrungsreiche Diplomat, dort berichtet ein in langem Dienst erprobter Beamter. Es wird um die Mitte des 14. Jahrhunderts, in den fünfziger Jahren desselben gewesen sein, als M. die Lebensbeschreibung seines Bischofs verfaßte und die Chronik Albrechts von Hohenberg überarbeitete. Die einzelnen Redactionen der letzteren festzustellen und den Arbeitsantheil, den M. daran genommen haben mag, genau herauszuschälen, würde mit Sicherheit erst dann möglich sein, wenn ein glücklicher|Fund uns die ursprüngliche Form der Hohenberger Chronik noch zur Kenntniß bringen würde.

    • Literatur

      Ausgaben der Chronik des Matthias von Neuenburg und der Vita Berchtoldi de Buchegg von G. Studer (Bern 1866) und von A. Huber in Boehmer's Fontes IV, 149—309 (Stuttgart 1868). — Hegel in den Forschungen z. deutschen Geschichte X, 235 ff.; Soltau im Zaberner Gymnasialprogramm 1877 und in den Straßburger Studien I, 301—373, II, 91—100; Leupold, Berthold von Buchegg, Beilage 3 (Straßburg 1882); K. Wenck i. Neuen Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde IX, 29—98 (1884).

  • Autor/in

    W. Wiegand.
  • Zitierweise

    Wiegand, Wilhelm, "Matthias von Neuenburg" in: Allgemeine Deutsche Biographie 20 (1884), S. 666-668 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119299437.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA