Lebensdaten
1608 – 1680
Geburtsort
Templin (Uckermark, Brandenburg)
Sterbeort
Linz (Oberösterreich)
Beruf/Funktion
Kapuzinerprediger ; geistlicher Lieddichter
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118834517 | OGND | VIAF: 64804568
Namensvarianten
  • Procopius
  • Andreas, Prokop (bürgerlich)
  • Prokop, Andreas (bürgerlich)
  • mehr

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Zitierweise

Prokop von Templin, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118834517.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Eltern unbek.

  • Biographie

    Nach Gymnasialstudien in Templin sowie Reisen nach Berlin und Prag konvertierte P. zum Katholizismus und trat 1627 in Raudnitz (Böhmen) in den Kapuzinerorden ein. Nach der Profeß 1628 in Krems und dem Studium der Philosophie und Theologie v. a. im Wiener Kapuzinerkloster empfing er 1635/36 die Priesterweihe und das Predigerpatent und wirkte anschließend als Missionar in prot. Gegenden Böhmens. 1642 verfaßte P. als Wallfahrtsseelsorger und Ordinariprediger in Passau den Liederzyklus „Mariae Hülff Ehren Kräntzel“ mit Melodien des Domorganisten Georg Kopp ( 1666). Seit 1645 wirkte er mit Unterbrechungen als Fasten- und Bruderschaftsprediger am Schottenkloster in Wien. 1657 wieder in Passau, gestaltete P die Texte seiner Predigten nach dem Konzept „cantio ex concione“ zu sangbaren Liedern um und publizierte sie als Zyklen: „Mariae Hülff Lobgesang“ (1659) und „Hertzen - Frewd und Seelen - Trost“ (1660/61). Ihr Erfolg förderte den Druck seiner Sakramentspredigten (Eucharistiale, 1661) und elf weiterer Sammlungen zu Themen der Katechese (z. B. „Decalogale“, 1664), der Standeslehre (z. B. „Coniugale“, 1663) und zur Marienverehrung („Mariale“, 1665). Wegen der nach dem Stadtbrand Passaus (1662) erschwerten Publikationsmöglichkeiten durfte P. 1666 nach Salzburg übersiedeln. Im selben Jahr erschien „Lignum Vitae“ als Sammelausgabe der bisher erschienenen Einzelbände. Bis 1679 folgten 17 weitere Sammlungen, besonders Sonn- und Feiertagspredigten (z. B. „Dominicale aestivale“, 1667) sowie Kasualpredigten, unter denen das für P.s Predigtweise charakteristische „Encaeniale, Hundert Kirchtag-Predigten“ (1671, kommentierter Nachdr. mit Bibliogr. 1990), das Paraphrasen aus Grimmelshausens „Simplicissimus“ enthält, noch heute populär ist.

    P.s Werke gründen in der barocken Vorstellung von einer harmonisch strukturierten Welt, in der die Geschöpfe als Zeichen der göttlichen Wahrheit begreifbar sind. Zugleich sind die Bibelepisoden als Exempel des Alltaglebens zu lesen. Dieses Weltbild suchen die Predigten in einfachem Stil („sermo humilis“) zu vermitteln, der die Lehre mit Bildhaftem und Musikalischem verbindet: Emblemata, Geschichts- und Naturexempel, Märlein und Lieder sollen den „gemeinen Mann“ ergötzen und vom vertrauten Erfahrungshorizont zur Gotteserkenntnis führen. Dem Aufbau seiner Predigten verwandt, dienen P.s Lieder teils zu deren Gliederung oder als thematisches Resümee, teils als selbständige Wallfahrts- oder Andachtsgesänge. Von marianischem und katechetischem Inhalt, thematisieren sie Alltagsprobleme und sind zur Instrumentalbegleitung gedacht. Obwohl P. mit über 2200 Predigten und 576 Liedern zu den produktivsten und berühmtesten Autoren dieser Genres im 17. Jh. zählte, blieb seine Nachwirkung im 18. Jh. gering. Erst Achim v. Arnim und Clemens Brentano haben 12 Lieder aus den Zyklen nach stilkritischer Bearbeitung in „Des Knaben Wunderhorn“ aufgenommen. Eine ernsthafte literaturhistorische Besinnung auf P. setzte erst mit dem 20. Jh. ein.

  • Werke

    (Ausgg.) Auszüge u. Lieder in: Bayer. Bibl., II, hg. v. H. Pörnbacher, 1986, S. 463-81;
    W. Welzig, Kat. gedr. dt.sprachiger kath. Predigtslgg., I, 1984, S. 77-141 (Bibliogr.);
    Dünnhaupt². – Archivmaterialien (Chroniken u. Akten) im Archiv d. Wiener Kapuzinerprov. (Kloster Wien-Innere Stadt).

  • Literatur

    ADB 26;
    B. a Bononia, Bibliotheca Scriptorum Ordinis Minorum S. Francisci Cappucinorum […], 1747;
    V. Gadient, P. v. T., Sein Leben u. seine Werke, 1912;
    A. H. Kober, Die Mariengedichte d. P. v. T., Diss. Münster 1913;
    ders., in: Die Kultur 14, 1913, S. 129-38, 288-301, 428-10;
    ders., in: Euphorien 21, 1914, S. 520-47, 702-36, 22, 1920, S. 25-50, 268-87;
    E. Kinsky, Das Predigtwerk d. Paters P. v. T., Diss. Wien 1962;
    D. R. Moser, Verkündigung durch Volksgesang, Stud. z. Liedpropaganda u. -
    katechese in d. Gegenref., 1981, S. 312-15;
    Ph. V. Brady, P. v. T. (1608–1680), „Redner“ u. „Poet“, in: Lit. u. Volk im 17. Jh., hg. v. W. Brückner, P. Blickle u. D. Breuer, II, 1985, S. 527-41;
    U. Herzog, Der Roman auf d. Kanzel, P. v. T., Ein erster Leser v. Grimmelshausens „Simplicissimus“, in: Simpliciana VI/VII, 1985, S. 99-110;
    ders., „Der Beerin Ampt u. Dienst“, geistlicherweise, Zur emblemat. Predigt d. P. v. T., ebd. XI, 1989, S. 149-59;
    ders., Geistl. Wohlredenheit, Die kath. Barockpredigt, 1991;
    F. Kemp, „… das Ohr, das spricht“. 1989, S. 38-62;
    P. Ilgen, P. v. T. u. d. kath. dt. Kirchenlied im 17. Jh., in: Kirchenmusikal. Jb. 80, 1996, S. 81-114;
    Nagl-Zeidler-Castle, I, 1899;
    Lexicon Cappucinum, 1951;
    Marienlex., V. 1993;
    Killy;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    LThK³;
    MGG.

  • Porträts

    Kupf., v. J. Jäcklin, 1666, in: Lignum Vitae, München, u. v. J. B. Mayr, 1667, in: Mariale Concionatorium, Rhythmo-Melodicum, Salzburg.

  • Autor/in

    Robert Pichl
  • Zitierweise

    Pichl, Robert, "Prokop von Templin" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 741-742 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118834517.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Procopius von Templin, auch von Brandenburg zubenannt, war geboren zu Templin in der Uckermark gegen Ende des Jahres 1608. Brentano nennt ihn Friedrich P., aber nur, weil er die Anfangsbuchstaben P. Fr. vor seinem Ordensnamen mißverstand. Von seinen Eltern, fleißigen Bürgersleuten, bekam der etwas träumerische Knabe, wie er späterhin selbst erzählt, öfters den Vorwurf: „du fule Släwit“ zu hören. Nach dem großen Brandunglücke der Stadt Templin im J. 1618 fand er in Berlin ein Unterkommen, wo er allem Anscheine nach den Studien sich widmete. Durch die Psalmen von Lobwasser, die er im Dome zu Berlin singen hörte, fühlte er sich eine Zeitlang zum reformirten Bekenntnisse hingezogen, doch war dieser Eindruck vorübergehend. Von Werbern angelockt, ging er um das Jahr 1625 im Dienste eines höheren Officiers nach Böhmen, trat dort zur katholischen Kirche über und ließ sich bald darauf zu Wien im Kloster am neuen Markte (am 3. Juni 1627) in den Kapuzinerorden aufnehmen. Einige Jahre später wurde er an den Wallfahrtsort Maria-Zell in Steiermark entsendet und hier entstanden die ersten seiner geistlichen Lieder. Hierauf durchzog er als Missionar Ober- und Niederösterreich und Böhmen und machte besonders in Prag durch die Unerschrockenheit, mit der er den Reichen und Mächtigen gegenüber zu Gunsten ihrer Leibeigenen auftrat, gewaltigen Eindruck. Um das Jahr 1642 als Prediger nach Wien berufen, entfaltete er unter schweren politischen Bedrängnissen wie z. B. nach der Schlacht bei Jankau (1645) und unter den Schrecken der Pest im J. 1649 eine segensreiche Thätigkeit. Das Jahr 1651 führte ihn in Angelegenheiten seines Ordens nach Rom. Nach seiner Rückkehr finden wir ihn zuerst in Linz und über einige Zeit auf dem Mariahilfsberge nächst Passau. Hier, umgeben von einer herrlichen Landschaft, dichtete er den größten Theil seiner Mariengesänge; dieselben erschienen mit Melodieen von G. Kopp ausgestattet unter dem Titel: „Der Großwunderthätigen Mutter Gottes Mariä Hilff Lobgesang“ zu Passau 1659. Eine kleine Auswahl dieser Lieder nahmen Arnim und Brentano in des Knaben Wunderhorn auf und so kunstlos ja vernachlässigt sie ihrer Form nach oft erscheinen, gewannen sie doch den Beifall Goethe's, der an P. „die anmuthige Art" rühmt, „christliche Mysterien ans menschliche, besonders deutsche Gefühl herüberzuführen", und das Lied: „Zwei Nachtigallen in einem Thal“ als „das liebenswürdigste von allen katholischen Gedichten im ersten Bande des Wunderhorns“ bezeichnet. Nach zehnjährigem Aufenthalte in Passau siedelte P. nach Salzburg über, um den Druck seiner Predigtwerke überwachen zu können, deren|er eine große Zahl, meist mit einer Zugabe geistlicher Lieder versehen, herausgab. Kurze Zeit vor seinem Tode zog er sich in das Kloster seines Ordens zu Linz zurück, wo er am 22. November 1680 aus diesem Leben schied.

    • Literatur

      Des Unterzeichneten Art. Procopius von Templin in den hist.-pol. Blättern, Bd. 79, S. 165 ff. — Bernardus a Bologna, biblioth. script. Capucc., p. 218. —
      Ilg, Franziskusrosen 1879, S. 360. — Birlinger und Crecelius, Des Knaben Wunderhorn.

  • Autor/in

    G. Westermayer.
  • Zitierweise

    Westermayer, Georg, "Prokop von Templin" in: Allgemeine Deutsche Biographie 26 (1888), S. 625 unter Procopius von Templin [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118834517.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA