Wildenbruch, Ernst von

Lebensdaten
1845 – 1909
Geburtsort
Beirut
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Jurist ; Dichter ; Dramatiker ; Geheimer Legationsrat ; Schriftsteller ; Diplomat ; Offizier ; Librettist
Konfession
reformiert?
Normdaten
GND: 118771760 | OGND | VIAF: 27191320
Namensvarianten

  • Wildenbruch, Ernst Adam von
  • Wildenbruch, Ernst von
  • Wildenbruch, Ernst Adam von
  • Wildenbruch, E. von
  • Wildenbruch, Ernst
  • Vilʹdenbruch, Ėrnst

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Zitierweise

Wildenbruch, Ernst von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118771760.html [18.12.2025].

CC0

  • Wildenbruch, Ernst Adam von

    | Dramatiker, Dichter, Legationsrat, * 3.2.1845 Beirut, † 15.1.1909 Berlin, Weimar, Historischer Friedhof. (evangelisch)

  • Genealogie

    V Louis (Ludwig) (1803–74, preuß. Adel 1810), 1842 preuß. Gen.konsul in Beirut, 1848 Sondergesandter in Kopenhagen, 1849 Gesandter in Athen, 1853 bevollmächtigter Min. in Konstantinopel, 1872 Gen.lt., führte geogr., topogr., klimat. u. hist. Forsch. in Kleinasien durch (s. Priesdorff VI, S. 456 f., Nr. 2073; Henze, Entdecker; NDB 15* u. 28*), illegitimer S d. Louis Ferdinand, Prinz v. Preußen (1772–1806, s. NDB 15) u. d. Henriette Fromme (1783–1828);
    M Ernestine (1805–58), T d. Ferdinand Carl v. Langen (1765–1820), preuß. Gen., u. d. Christiane Eleonore von Schick (1774–1805), Hofdame d. Fürstin Luise Radziwill (1770–1836);
    2 B Heinrich Emin (1842–1893), preuß. Oberst, 1890 Dir. d. Kriegsschule d. Gr. Gen.stabs, Ludwig (1846–1930), preuß. Gen.lt., 3 Schw (2 früh †) L(o)uise (1838–1918, Paul Gf. Yorck v. Wartenburg, 1835–97, Phil., Jur., Majoratsherr auf Klein Oels, s. NDB 28);
    Berlin 1885 Maria Karoline (1847–1920), T d. Max Maria v. Weber (1822–81), Techniker, Ing., Eisenbahnpionier, Schriftst., preuß. Min.rat, Dr. h. c. (s. NDB 27), u. d. Katharina Huberta Kramer (1823–1874);
    kinderlos;
    Gvv d. Ehefrau Carl Maria v. Weber (1786–1826), Komp. (s. NDB 27).

  • Biographie

    W. verbrachte seine Kindheit in Athen, Konstantinopel und seit 1857 in Berlin, wo er 1857–59 das Franz. Gymnasium und 1859–63 die Kadettenanstalt in Lichterfelde besuchte. 1863 trat er als Leutnant in das 1. Garderegiment in Potsdam ein, quittierte aber bereits 1865 den Militärdienst und holte 1867 auf dem Gymnasium in Burg (b. Magdeburg) das Abitur nach. Anschließend studierte er Rechtswissenschaften an der Univ. Berlin (1. Staatsexamen 1870). Als Leutnant der Reserve nahm er 1866 und 1870/71 an den Kriegen gegen Österreich und Frankreich teil.

    Seit 1871 war W. Referendar in Frankfurt/Oder (2. Staatsexamen 1876). 1877 ging er als Richter an das Amtsgericht Eberswalde, wechselte an das Stadtgericht Berlin und erhielt noch im selben Jahr eine Anstellung im Auswärtigen Amt (Geh. Legationsrat 1897, pensioniert 1900).

    W. erlangte in den 1880er Jahren v. a. als Dichter großer Historiendramen Popularität. Diese waren zum einen auf die mythische Verankerung des neuen dt. Nationalstaates in einem fiktionalisierten Mittelalter bedacht, so in den Dramen „Die Karolinger“ (1881), „Harold“ (1882) sowie „Heinrich und Heinrichs Geschlecht“ (1896). Zum anderen wurde in ihnen der Mythos von Preußens dt. Sendung zelebriert, so in den Stücken „Die Quitzows“ (1888) und „Der Generalfeldoberst“ (1889). W.s Drama „Der neue Herr“ (1891) löste einen Skandal aus, da ihm Kritiker einseitige Parteinahme für Ks. Wilhelm II. in dessen Konflikt mit Bismarck unterstellten. W. legte den Schwerpunkt seines literarischen Schaffens danach auf Lyrik und Essayistik. Er avancierte um 1900 zu einem der wichtigsten lyrischen Protagonisten des zeitgenössischen nationalistischen Bismarckkults. Mit seinem Essay „Ein Wort über Weimar“ (1903), der scharfe Angriffe auf Wilhelm Ernst Ghzg. v. Weimar (1876–1923) enthält, löste er erneut einen Skandal aus. W. warf dem Großherzog v. a. dessen Fernbleiben von Veranstaltungen der Goethe-Gesellschaft vor und unterstellte ihm deshalb mangelnde nationale Gesinnung.

    Sind W.s Historiendramen nach Form und Inhalt typisch für die Gründerzeitliteratur, so finden sich in seinem dramatischen Spätwerk – erstmals in „Die Haubenlerche“ (1890) – Merkmale der Klassischen Moderne. 1897 gestaltete W. mit dem Festspiel „Willehalm“ die Centenar-Feierlichkeiten für Ks. Wilhelm I. Er veröffentlichte außerdem Versepen, Erzählungen und Novellen.

    W. besaß seit 1892 auch einen Wohnsitz in Weimar, wo Paul Schultze-Naumburg (1869–1949) für ihn 1905–07 die „Villa Ithaka“ in unmittelbarer Nähe zu Goethes Gartenhaus errichtete. W.s Beisetzung 1909 erfolgte als Staatsakt und war damit als Dichterehrung einzigartig in der Geschichte des Dt. Kaiserreichs. Seine Bibliothek ist als Sonderbestand in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin erhalten. So populär W.s Werke durch ihre tagespolitische Aktualität zeitgenössisch waren, gerieten sie gerade dadurch nach seinem Tod relativ schnell in Vergessenheit. War die literaturgeschichtliche Rezeption W.s bis in die 1930er Jahre intensiv und breit, so fand sie nach 1945 kaum noch statt. Erst im Kontext einer kulturgeschichtlichen Nationalismusforschung wurde W. als Erfolgsautor des dt. Kaiserreichs wiederentdeckt.

  • Auszeichnungen

    |Grillparzer-Preis (1884);
    Schiller-Preis (1884 u. 1896);
    Dr. h. c. (Jena 1889);
    – Denkmal v. R. Engelmann, 1914 (Weimar, Poseckscher Garten).

  • Werke

    Weitere WDramen: Der Menonit, 1879;
    Väter u. Söhne, 1880;
    Opfer um Opfer, 1882;
    Christoph Marlow, 1884;
    Das neue Gebot, 1885;
    Der Fürst v. Verona, 1886;
    Hzg. Bernhard v. Weimar, 1892;
    Die Tochter d. Erasmus, 1900;
    Die Lieder d. Euripides, 1905;
    Die Rabensteinerin, 1907;
    Versepen u. Lyrik: Vionville, 1873;
    Sedan, 1875;
    Unser Bismarck, 1898;
    Novellen u. Erzz.: Der Meister v. Tanagra, 1880;
    Vice-Mama, 1899;
    Das schwarze Holz,|1905;
    Essays: Das dt. Drama, Seine Entwicklung u. sein gegenwärtiger Stand, 1899;
    Furor Teutonicus, Eine Stud. mit Nutzanwendung, 1903;
    Kultur-Notschrei, Dt. Bücher f. Dtld.s Kolonien, 1905;
    Ges. Werke, hg. v. B. Litzmann, 16 Bde., 1911–24;
    Ausgew. Werke, 4 Bde., 1919, ²1923;
    Nachlaß: Goethe- u. Schiller-Archiv, Weimar;
    Archiv d. Berlin-Brandenburg. Ak. d. Wiss., Berlin.

  • Literatur

    |J. Röhr, W. als Dramatiker, Krit. Unterss., 1908;
    A.-M. Morisse, Die epische Kunst u. Kunsttechnik E. v. W.s, 1912;
    B. Litzmann, E. v. W., 2 Bde., 1913/16 (P);
    A. Fries, Beobachtungen zu W.s Stil u. Versbau, 1920;
    P. Blumenthal, Erinnerungen an E. v. W., 1924;
    H. M. Elster, E. v. W., Leben, Werk, Persönlichkeit, 1934 (P);
    U. Mannes, W.s dramat. Technik, 1936;
    E. H. Bender, E. v. W.s Drama „Der Menonit“, An Hist. and Literary Critique, in: Mennonite Quarterly Review 18, 1945, S. 22–35;
    R. Minder, Kadettenhaus, Gruppendynamik u. Stilwandel v. W. bis Rilke u. Musil, in: ders., Kultur u. Lit. in Dtld. u. Frankreich, 1962. S. 73–93;
    U.-K. Ketelsen, E. v. W., Die Quitzows, in: H. Müller-Michaels (Hg.), Dt. Dramen, Bd. 2, 1981, S. 24–41;
    K. Harms, Writer by Imperial Decree, E. v. W., in: V. Dürr u. a. (Hg.), Imperial Germany, 1985, S. 134–48;
    U. Moritz, E. v. W., 1995;
    H. Schanze, Hist. Kostüm, Ferdinand v. Saar u. E. v. W. im Kontext d. Theatermoderne um 1890, in: K. Bergel (Hg.), Ferdinand v. Saar, 1995, S. 153–69;
    S. Kiefer, Dramatik d. Gründerzeit, Dt. Drama u. Theater 1870–1890, 1997;
    P. Sprengel, Gesch. d. dt. sprachigen Lit. 1870–1900, 1998;
    H. R. Wahl, Die Rel. d. dt. Nationalismus, Eine mentalitätsgeschichtl. Stud. z. Lit. d. Ks.reichs, Felix Dahn, E. v. W., Walter Flex, 2002 (P);
    J. Böttger, „Günstige Rückwirkung auf d. nat. Empfinden in Dtld.“, Zwei Qu. z. zeitgenöss. Wahrnehmung d. „Hererokrieges“, in: M. Dabag u. a. (Hg.), Kolonialismus, Kolonialdiskurs u. Genozid, 2004, S. 216–31;
    T. Leutert, E. v. W.s hist. Dramen, 2004;
    BJ 15, S. 286;
    Magdeburger Biogr. Lex.;
    Berliner Biogr. Lex.;
    Weimar Lex.;
    Weimarer Persönlichkeiten (P);
    Mann f. Mann;
    Killy;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L).

  • Porträts

    |Grabmal v. P. Schultze-Naumburg mit Grabplastik v. G. Kolbe (Weimar, Hist. Friedhof);
    Zeichnung „E. v. W. auf d. Totenbett“ v. I. Gentz, 1909.

  • Autor/in

    Hans Rudolf Wahl
  • Zitierweise

    Wahl, Hans Rudolf, "Wildenbruch, Ernst Adam von" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 129-130 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118771760.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA