Lebensdaten
1874 – 1932
Geburtsort
Perg (Oberösterreich)
Sterbeort
Baden (Niederösterreich)
Beruf/Funktion
österreichischer Politiker ; Polizeipräsident von Wien
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118758802 | OGND | VIAF: 57410302
Namensvarianten
  • Schober, Johannes
  • Schober, Johann

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Zitierweise

Schober, Johannes, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118758802.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Franz Lorenz (1830–98), aus Linz, Amtsdiener d. k. k. Bez.hauptmannschaft Perg;
    M Clara Lehmann (1836–1902), aus Wartberg ob der Aist/Pregarten;
    9 Geschw;
    1900 Helene Zieglmayer-Hamman Edle v. Hollenfeld (1875–1933, ev.), aus Wien; kinderlos.

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Volksschule in Perg und des Staatsgymnasiums Vincentinum in Linz sowie dem Rechtsstudium in Wien seit 1894 fand der liberal-großdt. eingestellte S. 1898 Anstellung beim Magistrat der Stadt Wien (Konzeptspraktikant b. d. Polizei). Anhänger Ks. Karls I., war S. 1918-29 als letzter ksl. Polizeipräsident von Wien für die Republik tätig. Am 14.6.1919 ließ er führende österr. Kommunisten, die mit Ungarns Rätebewegung von Bela Kun in Verbindung standen und einen bewaffneten Aufstand planten, verhaften. Die Massenproteste am folgenden Tag, die die Freilassung der Inhaftierten forderten, endeten mit 12 Toten und 80 Schwerverletzten. Dank seines konsequenten Durchgreifens, das ihm die Wertschätzung des Bürgertums eintrug, konnte S. die Etablierung einer Räterepublik verhindern. 1923 wurde S. Chef der in Wien neugegründeten „Interpol“. 1921/22 und 1929/30 amtierte S. als Bundeskanzler, 1929/30 auch als Außenminister. 1930-32 gehörte er als Abgeordneter der Großdt. Volkspartei dem Nationalrat an.

    S., der im Einvernehmen mit Bundeskanzler Ignaz Seipel (1876–1932) gehandelt hatte, war für die blutige Niederwerfung der Arbeiterproteste in Wien im Zuge des Geschworenenprozesses von Schattendorf (Burgenland) im Juli 1927 verantwortlich. 85 Demonstranten und vier Polizisten wurden getötet, Hunderte verletzt. Die Vorgänge führten zur Polarisierung und Vertiefung der Gegensätze zwischen den politischen Lagern. Als Bundeskanzler vollendete S. die Verfassungsreform 1929, die eine Stärkung des Bundespräsidenten bewirkte. Seine Person verlieh dem großdt. Juniorpartner in der Regierungskoalition mit den Christlichsozialen (1930–32) ein beachtliches Gewicht. 1930 formierte S. als Vertreter der Großdt. Volkspartei mit dem liberalen Landbund den „Nationalen Wirtschaftsblock“ („Schober-Block“). Als solcher erzielte er mit 428 000 Stimmen und 19 Mandaten einen Wahlerfolg. Die Erwartungen rechtsextremer Kreise, ihn für einen Staatsstreich gewinnen zu können, erfüllten sich nicht, da S. zwar die bürgerlichen Heimwehren förderte, aber sich letztlich um legale Problemlösungen bemühte. Die Abwanderung des großdt.-nationalen Lagers zur Heimwehr und zum Nationalsozialismus vermochte er jedoch nicht zu verhindern. Als Außenminister bewirkte S. auf der Haager Konferenz 1930 die Aufhebung der Reparationszahlungen. 1931 entwickelte er gemeinsam mit seinem dt. Kollegen Julius Curtius (1877–1948) das Projekt einer dt.-österr. Zollunion, was aufgrund einer Indiskretion vorzeitig bekannt wurde, den Widerstand Frankreichs und der Tschechoslowakei hervorrief und scheiterte. S. war neben dem Christlichsozialen Ignaz Seipel und dem Sozialisten Otto Bauer (1881–1938) eine der einflußreichsten Persönlichkeiten der Ersten Republik.

  • Literatur

    O. Kleinschmied [Ps. f. Raimund Keiter], S., 1930;
    F. u. K. Eibensteiner, Das Heimatbuch v. Perg, Oberösterreich, 1933;
    J. Hannak, J. S., Mittelweg in die Katastrophe, Porträt e. Repräsentanten d. verlorenen Mitte, 1966;
    H. Hautmann, Die verlorene Räterep., Am Bsp. d. KPÖ, ²1971;
    R. Hubert, J. S. u. seine Bedeutung f. d. österr. Pol. in d. J. 1929 u. 1930, Diss. Wien 1974;
    ders., J. S., Eine Figur d. Übergangs, in: Vom Justizpalast z. Heldenplatz, 1975;
    W. F. Kroupa, J. S., Ein Leben f. Österr., FS z. 50. Todestag v. DDr. h. c. J. S., Bundeskanzler u. Polizeipräs., 1982;
    R. Hubert. S. „Arbeitermörder“ u. „Hort d. Republik“, Biogr. e. Gestrigen, 1990;
    F. Weissensteiner, Der ungeliebte Staat, Österr. zw. 1918 u. 1938, 1990;
    ders., Gr. Österreicher d. 20. Jh., 1997, S. 160 f. (P);
    H. Slapnicka, Oberösterr., Die pol. Führungsschicht 1918–38, 1976, S. 236-39;
    I. Ackerl, in: Oberösterreicher II;
    A. Wandruszka, in: F. Weissensteiner u. E. Weinzierl (Hg.), Die österr. Bundeskanzler, 1983, S. 62-78;
    ÖBL; |

  • Nachlass

    Nachlaß: Polizeiarchiv Wien.

  • Autor/in

    Michael Gehler
  • Zitierweise

    Gehler, Michael, "Schober, Johannes" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 347-348 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118758802.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA