Lebensdaten
1929 – 1971
Geburtsort
Budapest
Sterbeort
Berlin-Grunewald
Beruf/Funktion
Publizist ; Literaturwissenschaftler
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 11862038X | OGND | VIAF: 2477319
Namensvarianten
  • Szondi, Péter (eigentlich)
  • Szondi, Peter
  • Szondi, Péter (eigentlich)
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Weitere Erwähnungen in der NDB-online/NDB/ADB

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Szondi, Peter, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11862038X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Leopold (s. 1);
    M Ilona (Lili) Radványi; ledig.

  • Biographie

    S. wuchs in Budapest auf, wo er das Trefortutcai-Gimnázium besuchte. Nach der Besetzung Ungarns durch dt. Truppen wurde die Familie im Juni 1944 in das KZ Bergen-Belsen deportiert, konnte jedoch im Zuge der „Becher-Kasztner-Aktion“ zum Jahresende in die Schweiz ausreisen. 1948 legte S., dessen Muttersprache Ungarisch war, am Realgymnasium der Kantonsschule Appenzell in Trogen die Maturitätsprüfung ab. Im selben Jahr nahm er an der Univ. Zürich ein Studium der Germanistik, Romanistik und Philosophie auf, das er 1954 mit einer von Emil Staiger (1908–87) betreuten Dissertation abschloß. 1959/60 war S. als Gastdozent an der FU Berlin tätig. Nach der Habilitation dort (Versuch über d. Tragische, 1961 u. ö., engl. 2002, franz. 2003) war er 1962–64 Privatdozent in Göttingen und hatte Gastprofessuren in Heidelberg (1961/62) und Princeton (USA, 1965) inne. Nachdem Theodor W. Adornos Versuch, S. 1964 an die Univ. Frankfurt/M. berufen zu lassen, am Widerstand in der dortigen Fakultät gescheitert war, erhielt S. 1965 einen Ruf auf den an der FU Berlin neu eingerichteten Lehrstuhl für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft. Das Angebot Gershom Scholems, 1970 auf den Lehrstuhl für Komparatistik an die Hebr. Univ. Jerusalem zu wechseln, an der er 1968 als erster Gastprofessor aus der Bundesrepublik Deutschland gewirkt hatte, lehnte er ab. 1971 nahm er einen Ruf an die Univ. Zürich als Nachfolger Paul de Mans (1919–83) an, konnte diese Professur für Vergleichende Literaturwissenschaft jedoch nicht mehr antreten.

    In seiner Dissertation (Theorie d. modernen Dramas, 1956 u. ö., ital. 1962, slowak. 1969, schwed. 1972, poln. 1976, ungar. 1979, franz. 1983, engl. 1987, span. 1988, serbokroat. 1995, portug. 2001, chines. 2006), die Arbeiten Adornos, Walter Benjamins und des jungen Georg Lukács verpflichtet ist, analysierte S. die immanente Formengeschichte der Dramatik seit 1880 und fragte nach deren sozialgeschichtlicher „Aussagefähigkeit“. Literarische Texte, so sein Plädoyer in dem Traktat „Über philologische Erkenntnis“ (zuerst 1962), sind, wenngleich in ihrer Genese historisch bedingt, als individuelle Kunstwerke zu betrachten und nicht als Exempel allgemeiner Aussagen. In seiner 1967/ 68 gehaltenen Vorlesung „Einführung in die literarische Hermeneutik“ (hg. v. J. Bollack, 1975 u. ö., franz. 1989, ital. 1992, engl. 1995, tschech. 2003, span. 2006) betonte S. die Notwendigkeit, bei der Interpretation sich des eigenen historischen Standorts als Interpret bewußt zu werden, und aktualisierte damit Fragestellungen der philologischen Hermeneutik des 18. und frühen 19. Jh. (J. M. Chladenius, F. Schleiermacher).

    Über die akademische Welt hinaus bekannt wurde S. durch seine „Hölderlin-Studien“ (1967 u. ö., engl. 1986, span. 1992) und seine „Celan-Studien“ (hg. v. J. Bollack u. a., 1972 u. ö., engl. 2003). Mit Paul Celan, Adorno, Ivan Nagel und Jean Bollack, der S.s Werke postum herausgab, verbanden ihn enge Freundschaften. Die Forderungen der Studentenbewegung begleitete S. mit kritischer Sympathie, er engagierte sich für die Hochschulreform, wandte sich jedoch gegen eine Politisierung der Wissenschaften. Als Direktor des Instituts für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der FU, das|seit 2005 seinen Namen trägt, und mit seinem vielfach übersetzten Werk leistete S. einen entscheidenden Beitrag zur Internationalisierung der Nachkriegsgermanistik.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. d. Ak. d. Künste, Berlin (West) (1970;
    Vizepräs. 1971).

  • Werke

    Weitere W Der andere Pfeil, Zur Entstehungsgesch. v. Hölderlins hymn. Spätstil, 1963, engl. 1986 (Göttinger Antrittsvorlesung, 1962);
    Satz u. Gegensatz, 1964 u. ö.;
    Lektüren u. Lektionen, hg. v. J. Bollack u. a., 1973 (W),engl. 2003, span. 2005;
    Über e. „Freie (d. h. freie) Univ.“, hg. v. dems. u. a., 1973 u. ö.;
    Studienausg. d. Vorlesungen, hg. v. dems. u. a., 5 Bde., 1973–75 u. ö.;
    Schrr., hg. v. dems., H. Beese u. a., 2 Bde., 1978 u. ö. (W-Verz., in Bd. 2, S. 447–55);
    Hg:
    B. Brecht, Der Jasager u. d. Neinsager, 1966 u. ö.;
    Übers.:
    P. Valéry, Windstriche, Aufzeichnungen u. Aphorismen, 1959 u. ö. (mit B. Böschenstein u. H. Staub);
    Briefe:
    Briefe, hg. v. Ch. König u. Th. Sparr, 1993 u. ö.;
    Paul Celan – P. S., Briefwechsel, hg. v. dems., 2005 (enthält auch Briefe v. G. Celan-Lestrange u. d. Briefwechsel mit J. u. M. Bollack, P);
    Briefwechsel mit H. Domin, in: Neue Rdsch. 119, 2008, H. 3, S. 77–112;
    A. Seghers, 3 Briefe an P. S., in: Gesch. d. Germanistik 33/34, 2008, S. 101–05;
    Nachlaß:
    DLA, Marbach.

  • Literatur

    T. Metscher, Dialektik u. Formalismus, Kritik d. lit.wiss. Idealismus am Beispiel P. S.s, in: Das Argument 10, 1968, S. 466–92;
    N. Miller, Krit. Ästhetik, in: F. Nemec u. a. (Hg.), Lit.wiss. heute, 1979, S. 91–127;
    M. Bollack (Hg.), L`Acte critique, un colloque sur l`œuvre de P. S., 1985;
    Th. Sparr, in: Bull. d. Leo Baeck Inst. 78, 1987, S. 59–69;
    G. Mattenklott, P. S. als Komparatist, in: Vermittler, Dt.-franz. Jb. 1, 1989, S. 127–42;
    J. Bollack, in: P. S., Introduction à l`herméneutique littéraire, 1989, S. I–XVII (dt.: Zukunft im Vergangenen, S.s materiale Hermeneutik, in: DVjs 64, 1990, S. 370–90);
    E. Agazzi, L`ermeutica di P. S. e la letteratura tedesca, 1990;
    ders. u. a. (Hg.), P. S., la storia, le forme, l`unità della parola, 1997;
    E. Lämmert, P. S., Ein Rückblick zu seinem 65. Geb.tag, in: Poetica 26, 1994, S. 1–30;
    ders., Theorie u. Praxis d. Kritik, P. S.s Hermeneutik, in: M. Klein u. S. Klettenhammer (Hg.), Lit.wiss. als krit. Wiss., 2005, S. 77–99;
    M. Hainz, Masken d. Mehrdeutigkeit, Celan-Lektüren mit Adorno, S. u. Derrida, 2003;
    Ch. König u. A. Isenschmidt, Engführungen, P. S. u. d. Lit., Ausst.kat., 2004, ²2005 (P);
    K. v. See, P. S. u. d. Frankfurter Univ., in: DVjs 79, 2005, S. 341–56;
    P. S. and Critical Hermeneutics, in: Telos 140, 2007, S. 3–175;
    Th. Schröder, Undeutbarkeit, Annäherungen an P. S., in: R. Faber u. E.-M. Ziege (Hg.), Das Feld d. Frankfurter Kultur- u. Soz.wiss. nach 1945, 2007, S. 123–38;
    A. Brixa, „Aber das ist kein Briefthema“, Über d. Briefschreiber P. S., 2009;
    A. Isenschmid, Self displaced person, P. S.s problemat. Judentum, in: Akzente 56, 2009, S. 130–47;
    R. G. Renner u. E. Habekost (Hg.), Lex. lit.theoret. Werke, 1995, S. 118 f. u. 378 f.;
    Kürschner, Lit.-Kal., Nekr. 1971–1998;
    Metzler Lex. Lit.- u. Kulturtheorie, ²2001;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    Killy;
    HLS.

  • Autor/in

    Thomas Diecks
  • Zitierweise

    Diecks, Thomas, "Szondi, Peter" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 748-749 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11862038X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA