Lebensdaten
1835 – 1888
Geburtsort
Meckenheim bei Bonn
Sterbeort
Köln
Beruf/Funktion
katholischer Theologe
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118606727 | OGND | VIAF: 4938570
Namensvarianten
  • Scheeben, Mathias Joseph
  • Scheeben, Mathias
  • Scheeben, Mathias Joseph
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Zitierweise

Scheeben, Mathias, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118606727.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Wilhelm, Hufschmied;
    M Susanna Lützenkirchen, Dienstmagd; 7 Geschw.

  • Biographie

    Nach dem Abitur am Marcellengymnasium in Köln nahm S. 1852 ein philosophisch-theologisches Studium am Collegium Germanicum et Hungaricum in Rom auf. Prägend für sein Theologieverständnis wurden Vorlesungen von Vertretern der „Röm. Schule“ (u. a. Johann B. Kard. Franzelin). Arbeiten der „Tübinger Schule“ (z. B. Johann Sebastian Drey, Johann Adam Möhler) und Werke patristischer Theologie (v. a. Cyrill v. Alexandrien, Augustinus) sowie Ideen der „école française“ (Dionysius Petavius, Louis de Thomassin). 1858 erfolgte nach der Promotion in Rom die Priesterweihe. Im folgenden Jahr wurde S. Kirchenrektor und Religionslehrer bei den Ursulinen in Münstereifel, 1860 Repetitor am Kölner Priesterseminar, wo er noch im selben Jahr zum Professor für Dogmatik und Moraltheologie berufen wurde.

    S. griff die großen Themen der Theologie des 19. Jh. auf: Seine Erkenntnislehre setzt sich mit dem Offenbarungscharakter der Theologie auseinander und reflektiert das Verhältnis von Vernunft und Glaube; ebenso nimmt die Glaubensanalyse einen großen Platz in S.s Denken ein. Mit seinem Werk „Natur und Gnade“ (1861) wurde S. schlagartig bekannt. Da er trotz aller Trennung von Natur und Gnade die Natur auf die Gnade hingeordnet sah, gelang S. ein erstes Aufbrechen der „Zweistockwerktheologie“ der Barockscholastik. S. verband die Gnadenthematik in der Folgezeit mit der Inkarnations- und der Trinitätslehre. So legte er eine organische Sicht der christl. Glaubensmysterien vor, in die die Glaubenden durch die „Einwohnung Gottes“ einbezogen wurden (Mysterien d. Christenthums, 1865, ²1888). S. folgte mit dieser Auffassung der Röm. Schule, die die Einwohnung als Proprium des Hl. Geistes erachtete. Die Einwohnungslehre unterstreicht den spirituellen Grundzug der Theologie S.s, da sie objektive und subjektive Momente der Glaubensaussage miteinander verbindet. Dieser Ansatz führte S. 1883 zu einer großen Kontroverse mit Vertretern der Neuscholastik (Theodor Granderath SJ, 1839–1902). In der Debatte um die Unfehlbarkeit des Papstes auf dem 1. Vatikan. Konzil vertrat S. einen gemäßigten Ultramontanismus.

    Sein Hauptwerk, das „Handbuch der kath. Dogmatik“ (3 Bde., 1873–87, engl., franz., span. Übers.), blieb ein Torso (Bd. 4, 1903, v. Leonhard Atzberger, 1854–1918); es setzt sich mit der Romantik und Hegels Systemdenken auseinander und stellt den Versuch dar, das christl. Proprium angesichts der Fragen der Moderne neu zu bestimmen. Für wichtige Bereiche systematischer Theologie fand S.s Denken Eingang in theologische Handbücher (Trinitätslehre, Pneumatologie, theol. Anthropologie/Gnadenlehre, theol. Erkenntnislehre); Neuansätze der Gnadentheologie im 20. Jh. nahmen seine Einsichten auf (Hans Urs v. Balthasar, 1905–88, Karl Rahner, 1904–84). Obwohl S. keine Schule gründete, erlangte er internationale Bedeutung. Die kritische Gesamtausgabe der „Gesammelten Schriften“ (8 Bde., 1949–67, hg. v. Martin Grabmann, 1875–1949, u. a.) leitete eine Renaissance seiner Theologie ein, die bis heute andauert.

  • Werke

    u. a. Marienblüthen aus d. Garten d. hl. Väter u. d. christl. Dichter, 1860;
    Die Herrlichkeiten d. göttl. Gnade, 1862, 151933, engl. 1994;
    H. Schauf u. A. Eröß (Hg.), M. J. S., Briefe nach Rom. 1939;
    Hg.:
    Pastoralbl. (1867–88);
    Das ökumen. Konzil v. J. 1869 (3 Bde., 1870/71;
    Forts, u. d. T. Periodische Bll. z. wiss. Besprechung d. gr. rel. Fragen d. Gegenwart, 1872-83).

  • Literatur

    ADB 30;
    K. Eschweiler, Die zwei Wege d. neueren Theol., 1926;
    M. J. S., Der Erneuerer kath. Glaubenswiss., hg. v. kath. Akademikerver., 1935;
    M. J. S. alumno suo centesimo ipsius redeunte natali, Collegium Germanicum Hungaricum, 1935;
    H. Schauf, Die Einwohnung d. Hl. Geistes, 1941;
    N. Hoffmann, Natur u. Gnade, 1967;
    E. Paul, Denkweg u. Denkform d. Theol. v. M. J. S., 1970;
    ders. in:|Kath. Theologen Dtld. im 19. Jh., hg. v. H. Fries u. G. Schwaiger, II, 1975, S. 386-408;
    K.-H. Minz. Pleroma Trinitatis, 1982;
    M. J. S., Zum 150. Geb.tag d. gr. kath. Theologen am 1. März 1985, hg. v. d. Stadt Meckenheim (Stammtafel d. Fam. S., S. 65-73);
    F. J. Bode. Gemeinschaft mit d. lebendigen Gott, 1986;
    J. C. Murray, M. S. on Faith, 1987;
    M. J. S. teologo cattolico d'ispiratione tomista, Pontifica Accademia di S. Tommaso, 1988 (P);
    W. W. Müller, Die Gnade Christi, 1994, (W, L);
    ders., M. J. S., Von d. Lebendigkeit d. trinitar. Gottes, in: P. Neuner u. G. Wenz (Hg.), Theologen d. 19. Jh., 2002, S. 204-18;
    I. Muser, Das mariolog. Prinzip ‚gottesbräutl. Mutterschaft' u. d. Verständnis d. Kirche b. M. J. S., 1995;
    A. Napiórkowski, Schrift, Tradition, Kirche, 1996;
    U. Sander, Ekklesiolog. Wissen, 1997;
    Ch. Binninger, Mysterium Inhabitationis Trinitatis, 2003;
    BBKL (W, L);
    LThK³.

  • Autor/in

    Wolfgang W. Müller
  • Zitierweise

    Müller, Wolfgang W., "Scheeben, Mathias" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 602-603 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118606727.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Scheeben: Professor Dr. Matthias Joseph S. war geboren am 1. März 1835 zu Meckenheim bei Bonn a. Rh. Seine wissenschaftliche Vorbildung erhielt er auf dem Jesuitengymnasium in Köln. Im Herbste 1852 begab er sich nach Rom, wo er sieben Jahre lang im Collegium Germanicum studirte. Als Professoren wirkten damals an dieser Anstalt die Jesuitenpatres Perrone, Ballerini, Cercia, Passaglia, Franzelin, Patrizi, Secchi, Liberatore u. a. Nachdem S. am 18. December 1858 die Priesterweihe empfangen, kehrte er als Dr. phil. et theol. in seine Heimath zurück und wirkte darauf ein Jahr als Rector an dem Kloster der Salvatorschwestern in Münstereifel; zugleich ertheilte er den Religionsunterricht an dem Mädchenpensionate daselbst. Im Herbste des Jahres 1860 folgte er dem Rufe des Erzbischofs Johann, Cardinal von Geissel, der ihn zum Professor der Dogmatik an dem erzbischöflichen Priesterseminar in Köln ernannte. Hier wirkte er 28 Jahre lang, mit Ausnahme der Zeit, in welcher das Seminar der kirchenpolitischen Wirren wegen geschlossen war, bis der Tod ihn am 24. Juli 1888 mitten aus seiner regen Thätigkeit herausriß.

    Durch seine schriftstellerische Thätigkeit ist S. weit über die Grenzen des deutschen Vaterlandes hinaus bekannt geworden. Sein Hauptwerk „Handbuch der katholischen Dogmatik“, welches er für die Herder’sche theologische Bibliothek verfaßte, ist Torso geblieben. Der dritte (letzte) Band reicht nur bis in die Gnadenlehre hinein. Theologische Schriften: „Marienblüthen aus dem Garten der heil. Väter und christlichen Dichter“, Schaffhausen 1860; „Natur und Gnade. Versuch einer systematisch- wissenschaftlichen Darstellung der natürlichen und übernatürlichen Lebensordnung im Menschen“, Mainz 1861; „Quid est homo sive Controversia, de statu purae naturae, qua ratio simul et finis oeconomiae Dei erga homines supernaturalis uberrime demonstratur ex Patrum praesertim sententia. Auctore Ant. Canisio S. J. Ed. IV., in Germania I., aucta notisque illustrata“, Mainz 1862; „Die Herrlichkeiten der göttlichen Gnade. Nach P. Eus. Nieremberg S. J. frei bearbeitet“, Freiburg 1863. Letzte (4.) Aufl. 1885; „Die Mysterien des Christenthums. Wesen, Bedeutung und Zusammenhang derselben, nach der in ihrem übernatürlichen Charakter gegebenen Perspective dargestellt“ Freiburg 1867; „Handbuch der katholischen Dogmatik“, I. Bd. 1875, II. Bd. 1880, III. Bd. 1887, Freiburg; „Pastoralblatt. Unter Mitwirkung eines Vereines von Curatgeistlichen der Erzdiöcese Köln herausgegeben“, Köln 1867 ff. (22 Jahrgänge): „Goffine's Handpostille, mit den Festen der rheinländischen Heiligen vermehrte und verbesserte Ausgabe“ (der Holzwarth’schen Bearbeitung). Aachen 1882 (6. Aufl.), 1887 (7. Aufl.).

    Streitschriften: „Der Papst und das Concil von Janus“ (Sep.-Abdruck aus dem Octoberheft des „Katholik"), Mainz 1869; „Der Papst und seine neuesten Verläumder“, Frankfurt a. M. 1869; „Neue Erwägungen über die Frage von der päpstlichen Unfehlbarkeit, aus den anerkannten historischen Werken Döllinger's urkundlich zusammengestellt“, Regensburg 1870; „Die 'männliche That' und die 'unwiderleglichen Bemerkungen' des Herrn Prof. von Döllinger. Ein freies Wort an die besonnenen und freisinnigen Männer Kölns und Deutschlands“, Köln 1870; „Schulte und Döllinger gegen das Concil. Kritische Beleuchtung etc.“ (Sep.-Abdruck aus den „Periodischen Blättern"), Regensburg 1871; „Das ökumenische Concil vom Jahre 1869. Periodische Blätter zur Mittheilung und Besprechung der Gegenstände, welche sich auf die neueste allgemeine Kirchenversammlung beziehen“ (gegründet von Rittler), Regensburg 1869 bis 1871. Die Fortsetzung erschien unter dem Titel: „Periodische Blätter zur wissenschaftlichen Besprechung der großen religiösen Fragen der Gegenwart“, Regensburg 1872—83; „Die Bulle Unam Sanctam und ihre neuesten Gegner“ (im „Katholik"), Mainz 1888.

    Im J. 1864 übernahm S. auch die Redaction eines populären Blattes: „Katholischer Hausfreund“, Köln 1861 als Monatsblatt gegründet und vom Caplan Hermeling in Düren redigirt (erschien bis 1866). In den letzten Jahren seines Lebens befaßte sich der Gelehrte viel mit dem Studium des Werkes „Die harmonikale Symbolik des Alterthums“ von Freiherrn A. v. Thimus, Köln 1868 und 1876 (2 Bde.) Er beabsichtigte die in dem Werke enthaltenen Forschungen über Musik (Tonschwingungen, Tonleiter und Tongeschlechter) auszuziehen und mit Anmerkungen versehen herauszugeben. Die Schrift sollte als Festgabe zur Secundiz des Papstes erscheinen, blieb aber unvollendet.

  • Autor/in

    Wilh. Bäumker.
  • Zitierweise

    Bäumker, Wilhelm, "Scheeben, Mathias" in: Allgemeine Deutsche Biographie 30 (1890), S. 663-664 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118606727.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA