Lebensdaten
1881 – 1952
Geburtsort
Trier
Sterbeort
Rom
Beruf/Funktion
Zentrumspolitiker ; katholischer Theologe ; Kirchenrechtler ; Politiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118558986 | OGND | VIAF: 25394352
Namensvarianten
  • Kaas, Ludwig
  • Kaas, L.
  • Caas, Ludwig
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Zitierweise

Kaas, Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118558986.html [08.10.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Peter (1835–1909), Kaufm., S d. Peter (1803–69), aus Welschbillig, Schmied, u. d. Susanna Blum aus T.;
    M Anna (1843–97), T d. Joh. Anton Brockschläger, Polsterer in Maikammer, u. d. Anna Clara Stöckel.

  • Biographie

    Nach dem Studium in Trier und am Germanicum in Rom wurde K. 1906 zum Priester geweiht. Neben dem philosophischen Doktor erwarb er in Rom noch den Doktor in Theologie und im kanonischen Recht. 1909 kehrte er nach Trier zurück und wurde Leiter der Unterrichts- und Erziehungsanstalt Kemperhof in Koblenz; gleichzeitig studierte er 5 Semester in Bonn bei Stutz Kirchenrecht. Sein Werk „Die geistliche Gerichtsbarkeit der kath. Kirche in Preußen“ (2 Bde., 1915 f.) schien ihm eine wissenschaftliche Karriere zu eröffnen, für die sich Stutz mehrfach an deutschen Universitäten verwandte. 1918 wurde er Professor für Kirchenrecht in Trier.

    Nachdem er ohne eigentlichen politischen Ehrgeiz 1919 in die Nationalversammlung gewählt worden war, nahm ihn die Arbeit an der Verfassung, die er im Aug. 1919 Stutz gegenüber als eine solide Basis für den neuen Staatsaufbau Deutschlands bezeichnete, mehr und mehr gefangen. Daneben wurde er von seiner Fraktion zu außenpolitischen Fragen herangezogen. Im Mai 1919 war er zwei Tage mit anderen Zentrumsabgeordneten in Versailles.

    1920-33 gehörte K. dem Deutschen Reichstag und hier dem Auswärtigen Ausschuß an und war Aug. 1926-Sept. 1930 Delegierter beim Völkerbund. Wie Konrad Adenauer erstrebte er einen selbständigen rhein. Staat im Deutschen Reich. Außenpolitisch begrüßte er zwar die Versöhnung mit Frankreich, hatte jedoch erhebliche Bedenken gegen den Kurs der Stresemannschen Außenpolitik, da er persönliche Aversionen gegen ihn hatte. Sein eigentliches Interesse galt einer Neuordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche. Seit 1917 war er als kanonistischer Berater dem in München und seit 1920 auch in Berlin akkreditierten päpstl. Nuntius E. Pacelli beigegeben. Aus dieser Zusammenarbeit erwuchs ein ungewöhnlich enges Vertrauensverhältnis, das K. auch innerhalb seiner Fraktion eine Sonderstellung verlieh. Das von Pacelli und K. angestrebte Projekt eines Reichskonkordats konnte in der Republik nicht weiter gefördert werden. Auch scheiterte der Versuch, im Preußenkonkordat, an dessen Zustandekommen K. erheblichen Anteil hatte, einen alle kath. Forderungen befriedigenden Schulartikel einzufügen. Seit 1921 war K. Mitglied des preuß. Staatsrats und Leiter der Zweigstelle des Kaiser-Wilhelm-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Trier. Um die aus dieser Ämterhäufung resultierende Arbeitsbelastung zu verringern – K. war inzwischen einer der einflußreichsten Abgeordneten im Zentrum –, gab er 1924 nach seiner Ernennung zum Domkapitular seine Professur in Trier auf.

    Politisch gehörte K. zum gemäßigten rechten Flügel des Zentrums. Seine Wahl zu dessen Vorsitzenden im Dez. 1928 war eine Folge der Niederlage in den Reichstagswahlen desselben Jahres. K., der gegen den Vorsitzenden der christlichen Gewerkschaften A. Stegerwald antrat, war ein ausgesprochener Kompromißkandidat, der gewählt wurde, „um eine Überfremdung der Fraktion durch die Gewerkschaften zu verhindern“ (G. Schreiber). Er unterstützte das Kabinett Brüning, doch war er schon seit Sommer 1931 für eine weitere Öffnung nach rechts. Die Zusammenarbeit mit Brüning gestaltete sich zunehmend schwieriger, zumal K. seinen Wohnsitz seit 1930 nach Sterzing in Südtirol verlegt hatte und oft in entscheidenden Momenten nicht erreichbar war. Nach Brünings Urteil war K. seit Ende Dez. 1931 zum Verfassungsbruch bereit. Über die Vorbereitungen zum Sturz Brünings war K. orientiert. Das Kabinett v. Papen bekämpfte er scharf und erwog im Aug. 1932 eine Koalitionsregierung mit den Nationalsozialisten.

    Mit seinem ohne Wissen seiner Parteifreunde geführten Versöhnungsgespräch mit Papen am 6.3.1933, einen Tag nach der Reichstagswahl, leitete K. die Kapitulation des Zentrums ein. Von der Untauglichkeit und Unrettbarkeit der parlamentarischen Demokratie in Deutschland überzeugt, überredete er seine Fraktion zur Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz. Anfang April entzog er sich – ohne seine Parteifreunde zu verständigen – persönlichen Verfolgungen durch eine Fahrt nach Rom und schaltete sich auf Wunsch Papens und des Kardinalstaatssekretärs Pacelli in die Konkordatsverhandlungen ein, deren überraschend schneller Abschluß am 20.7.1933 sein Werk war. K. war überzeugt, daß das Zentrum, dessen Vorsitzender er bis zum 6.5.1933 trotz Vorhaltungen seiner Parteifreunde blieb, die Rechtsstellung der kath. Kirche in Deutschland nicht mehr zu garantieren vermochte. Ohne öffentlichen Auftrag, als eine Art Agent Papens verhandelnd, hat es K. aber durch geschickte Verhandlungstaktik verstanden, ein Optimum an Sicherheit für die Stellung der kath. Kirche im Konkordat zu erlangen. Der Vertragstext, insbesondere der Wortlaut des Entpolitisierungsartikels, entsprach nicht in allem seinen Vorstellungen.

    Sein auch für den Vatikan überraschender Entschluß, in Rom zu bleiben, warf zudem Probleme seiner Versorgung auf. 1934 Protonotar, 1935 Domherr von St. Peter, erhielt der von früheren Freunden gemiedene K. 1936 mit der Ernennung zum Ökonom und Leiter der Kirchenfabrik (Bauhütte) von St. Peter eine neue Lebensaufgabe. Die unter seiner Leitung stehende Suche nach dem Petrusgrab unter dem Petersdom konnte 1950 erfolgreich abgeschlossen werden. K. gehörte zu den umstrittensten Persönlichkeiten im politischen Katholizismus der 20er Jahre. Reich begabt, aber unsicher und zur Unentschlossenheit neigend, besaß er durchaus politischen Sinn, doch standen bei ihm die Interessen der kath. Kirche eindeutig im Vordergrund. Seine Wahl zum Vorsitzenden der Zentrumspartei war sicherlich eine Fehlentscheidung.

  • Literatur

    A. Wynen, L. K., aus s. Leben u. Wirken, 1953;
    J. Becker, Brüning, Prälat K. u. d. Problem e. Regierungsbeteiligung d. NSDAP 1930–32, in: HZ 196, 1963;
    ders., Zentrum u. Ermächtigungsgesetz, in: Vj.hh. f. Zeitgesch. 9, 1961;
    K. O. Frhr. v. Aretin, Prälat K., Franz v. Papen u. d. Reichskonkordat v. 1933, ebd. 14, 1966;
    R. Morsey, Die Dt. Zentrumspartei 1917–23, 1966;
    ders., in: Zeitgesch. in Lb. aus d. dt. Katholizismus d. 20. Jh., 1973, S. 263-86;
    A. Kupper, Staatl. Akten üb. d. Reichskonkordatsverhh., 1969;
    L. Volk, Kirchl. Akten üb. d. Reichskonkordatsverhh. 1933, 1969;
    ders., Das Reichskonkordat v. 20.7.1933, 1972;
    H. Brüning, Memoiren 1918–34, 1970;
    Rhdb. (P).

  • Autor/in

    Karl Otmar Freiherr von Aretin
  • Zitierweise

    Aretin, Karl Otmar Freiherr von, "Kaas, Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 713-714 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118558986.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA