Lebensdaten
1892 – 1951
Geburtsort
Wattenscheid
Sterbeort
Boston (Massachusetts, USA)
Beruf/Funktion
Germanist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 117416002 | OGND | VIAF: 64783553
Namensvarianten
  • Viëtor, Carl
  • Viëtor, Karl Heinrich Wilhelm
  • Viëtor, Karl
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Viëtor, Karl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117416002.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl (1848–1919), aus Marienberg (Oberwesterwaldkreis), ltd. Bergwerksdir. d. Zeche „Centrum“, Stadtverordneter, später Beigeordneter, seit 1910 Ehrenbürger in W., preuß. KR (s. Die Abg. d. Westfalenparl. 1826–1978, hg. v. A. Bruns, 1978);
    M Laura Clewing;
    Heidelberg 1919 Alice Beatrice (1889–1953, kath., 1] Arnold Gerstl, 1888–1957?, Maler, Graphiker, Restaurator, Gal.kurator, zuletzt in Bideford, Devon, aus Prag;
    1 Stief-S Gerhard Gerstl (* 1912), emigrierte 1937 in d. USA;
    1 Stief-T Anneliese Gerstl (* 1914), emigrierte 1937 in d. USA.

  • Biographie

    Nach dem Besuch humanistischer Gymnasien in Wattenscheid 1901–10 und Wiesbaden 1910–12 immatrikulierte sich V., dem Elternwunsch entsprechend, für das Jura-Studium in Genf, wechselte jedoch zu den Fächern Geschichte, Philosophie, Engl. und Dt. Philologie, die er 1912/13 und 1916 in München bei Franz Muncker (1855–1926) und Fritz Strich (1882–1963), 1913/14–15/16 in Berlin bei Gustav Roethe (1859–1926) und 1916/17–19 in Frankfurt/M. bei Julius Petersen (1878–1941) studierte. Neben seinen akademischen Lehrern prägten ihn die Schriften Wilhelm Diltheys (1833–1911) und der Phänomenologen, die Dichtung des George-Kreises, die Essays Hugo v. Hofmannsthals (1874–1929), das Werk Friedrich Gundolfs (1880–1931) und die kunstwissenschaftliche Schulung durch seinen Freund Ludwig Burchard (1886–1960). Krankheitsbedingt vom Kriegseinsatz freigestellt, leistete V. 1917–19 Bürodienst beim Ausschuß für dt. Kriegsgefangene in Frankfurt/M. Nach seiner Promotion zum Dr. phil. 1920 bei Petersen (Die Oden u. Elegien Hölderlins, 1920, erw. u. d. T. Die Lyrik Hölderlins, Eine analyt. Unters., 1921, Nachdrr. 1967, 1970), der Habilitation 1922 bei Franz Schultz (1877–1950) mit der „Geschichte der Deutschen Ode“ (1923, ²1961) sowie Privatdozentur in Frankfurt/M. und Lehrstuhlvertretung in Königsberg 1924/25 wurde V. 1925/26 als Nachfolger Hermann August Korffs (1882–1963) zum o. Professor für Dt. Philologie, insbesondere neuere Literaturgeschichte, an die Univ. Gießen berufen (Dekan 1930).

    Nach anfänglichem „Kotau“ vor den NSMachthabern (Die Wiss. vom dt. Menschen in dieser Zeit, in: Zs. f. dt. Bildung 9, 1933, S. 342–48) wurde der konservative, jedoch parteilose V. 1935 aus der Mitherausgeberschaft der „Zeitschrift für deutsche Bildung“ gedrängt, die er seit 1928 ausübte, und 1937 von seinem Gießener Lehrstuhl entfernt, weil seine kath. Frau nach den Rassegesetzen der Nationalsozialisten als Jüdin galt. Durch Gastprofessuren an der Columbia- (Frühjahr 1932) und der Harvard-Univ. (Winter 1935/36 u.|

    1936/37) vorbereitet, gelang es V. 1937, einen Ruf auf die Kuno-Francke-Professur für dt. Kunst und Kultur an der Harvard-Univ. in Cambridge (Mass.) zu erhalten, wo er bis zu seinem Tod lehrte. Rufe nach Marburg (1945) und Hamburg (1946) lehnte V., der 1944 nach Aberkennung der dt. Staatsangehörigkeit, Beschlagnahme seines Vermögens und Aberkennung des Doktortitels amerik. Staatsbürger geworden war, strikt ab.

    V.s Forschungsinteressen galten neben der Dichtung Hölderlins und der Gattungsgeschichte v. a. dem Werk Georg Büchners (Georg Büchner als Pol., 1939, ²1950; Georg Büchner, Pol., Dichtung, Wiss., 1949) und Johann Wolfgang v. Goethes (Der junge Goethe, 1930, ²1950; Goethe, Dichtung, Wiss., Weltbild, 1949, engl. Ausg. in 2 Bdn., 1949/50, Bd. 1: ²1970). V. gilt mit seinem Werk „Probleme der deutschen Barockliteratur“ (1930) als ein Begründer der philol. Barockforschung und zählt zu den bedeutendsten Vertretern der geistesgeschichtlichen Germanistik, die er historisch zu fundieren, stilgeschichtlich zu profilieren und soziologisch zu öffnen suchte (Geist u. Form, Aufss. z. dt. Lit.gesch., 1952). An seine große Vorlesung „Geschichte der deutschen Literatur im Zeitalter des Barock“ (Typoskr., 1004 S.), die er seit seiner Frankfurter Privatdozentur regelmäßig bis zu seinem Gießener Abschiedssemester 1937 las, knüpfte V. in den USA nicht mehr an. Das im Exil entstandene Manuskript einer Literaturgeschichte des fin de siècle (1870–1914) ging im Zuge der Publikationsvorbereitung aus dem Nachlaß zugrunde. Zu V.s Schülern zählen u. a. Walter Hof (1911–81) und Andrew Oscar Jászi (1917–98).

  • Auszeichnungen

    A Preis d. Wilhelm-Scherer-Stiftung (1923, geteilt mit H. Cysarz);
    Mitgl. d. American Ac. of Arts and Sciences (1944).

  • Werke

    Weitere W Dt. Dichten u. Denken v. d. Aufklärung bis z. Realismus, Dt. Lit.gesch. v. 1700 bis 1890, 1936, ³1958;
    Mithg.: Gießener Btrr. z. dt. Philol. 27–66, 1930–39;
    Bibliogr.: C. Zelle, in: Dt.sprach. Exillit. seit 1933, Bd. 4., hg. v. J. M. Spalek u. a., 1994, S. 1892–913;
    ders., K. V., Zum Gedächtnis seines 100. Geb.tages, Mit e. Verz. seiner Schrr. u. Lehrveranstaltungen, in: Gießener Univ.bll. 25, 1992, S. 25–42 (P);
    Nachlaß: Harvard Univ. Archives, Houghton Library Cambridge (Mass.).

  • Literatur

    L C. Zelle, Zerstörung d. Vernunft?, Alewyns Sentimentalismus-Entwurf u. V.s fin-de siècle-Projekt, Ein Vgl., in: Das Projekt Empfindsamkeit u. d. Ursprung d. Moderne, Richard Alewyns Sentimentalismusforsch. u. ihr epochaler Kontext, hg. v. K. Garber u. U. Széll, 2005, S. 89–102;
    ders., Waren d. nicht mal in Gießen?, K. V. über Georg Büchner in d. J. 1928, 1933/34, 1949, Mit e. unveröff. Büchner-Vortr. V.s v. 1928 im Anh., in: Georg Büchner Jb. 11, 2005–08, S. 299–332;
    ders., Ein dt. Voltaire, K. V.s Lessingbild im Gedenkj. 1929 u. dessen geistesgeschichtl. Voraussetzungen, Mit e. Anh. [K. V.,] Lessing, Zum 200. Geb.tag, in: Lessing Yearbook 38, 2008/09, S. 67–104;
    Gießener Gel. (P);
    BHdE II;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Killy;
    Internat. Germanistenlex. (W, L).

  • Autor/in

    Carsten Zelle
  • Zitierweise

    Zelle, Carsten, "Viëtor, Karl" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 802-803 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117416002.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA