Lebensdaten
1885 – 1964
Geburtsort
Harburg bei Hamburg
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Psychiater ; Neurologe
Konfession
Friedhof Obermenzing
Normdaten
GND: 116726415 | OGND | VIAF: 13066029
Namensvarianten
  • Creutzfeldt, Hans Gerhard
  • Creutzfeld, Hans Gerhard

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Aus dem Register von NDB/ADB

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Creutzfeldt, Hans Gerhard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116726415.html [18.04.2024].

CC0

  • Hans Gerhard Creutzfeldt forschte zur Anatomie und Histopathologie des Zentralnervensystems und war Mitbegründer der biologischen Psychiatrie. 1920/21 veröffentlichte er eine Darstellung eines bislang unbekannten Krankheitsbildes, das von ihm klinisch und histopathologisch an einer Patientin in Breslau (Schlesien, heute Wrocław, Polen) beobachtet und zeitgleich von dem Hamburger Fachvertreter Alfons Jakob (1884–1931) an drei Fällen entdeckt wurde, für das 1922 der Münchner Psychiater Walther Spielmeyer (1879–1935) die Bezeichnung Creutzfeldt-Jakobsche Krankheit in die medizinische Terminologie einführte.

    Lebensdaten

    Geboren am 2. Juni 1885 in Harburg bei Hamburg
    Gestorben am 30. Dezember 1964 in München
    Grabstätte Friedhof Obermenzing in München
  • Lebenslauf

    2. Juni 1885 - Harburg bei Hamburg

    - 1903 - Hamburg

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Johanneum

    1903 - 1908 - Jena; Kiel

    Studium der Humanmedizin (Abschluss: Medizinisches Staatsexamen)

    Universität

    1905 - 1906 - Rostock

    Militärdienst

    1908 - 1909 - Hamburg

    praktisches Jahr

    Allgemeines Krankenhaus St. Georg

    1909 - Kiel

    Promotion (Dr. med.)

    Universität

    1909

    Approbation

    1909 - 1909 - Hamburg

    Aufsichtsarzt beim Bau des Elbtunnels

    Staatsbehörde

    1909 - Hamburg

    freiwilliger Dienst als Unterarzt (Rang: Marineassistenzarzt der Reserve)

    Kaiserliche Marine

    1910 - 1912 - Ostasien; Südseegebiete

    Schiffsarzt

    Hamburger-Südamerika-Linie des Norddeutschen Lloyd

    1912 - 1913 - Frankfurt am Main

    wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bei Ludwig Edinger (1855–1918)

    Neurologisches Institut; Senckenbergische Anatomie; Bettenstation in der städtischen Krankenanstalt

    1913 - Breslau (Schlesien, heute Wrocław, Polen)

    Volontärarzt

    Psychiatrische und Nervenklinik der Universität

    1914 - 1919 - u. a. Breslau; Türkei

    Kriegsdienst, u. a. als Arzt einer Torpedobootsflotille (1919 Marinestabsarzt der Reserve)

    Kaiserliche Marine

    1919 - 1920 - München

    wissenschaftlicher Hilfsarbeiter unter Emil Kraepelin (1856–1926)

    Deutsche Forschungsanstalt für Psychiatrie der Universität

    1920 - 1924 - Kiel

    Assistenzarzt

    Psychiatrische und Nervenklinik der Universität

    1920 - Kiel

    Habilitation

    Universität

    1924 - 1938 - Berlin

    Volontärassistent (1926 außerordentlicher Professor)

    Klinik für Psychiatrische und Nervenkrankheiten an der Charité

    1938 - 1953 - Kiel

    ordentlicher Professor für Psychiatrie und Neurologie

    Universität

    1945 - 1946 - Kiel

    Rektor

    Universität

    1953 - München

    Gastwissenschaftler

    Max-Planck-Institut für Psychiatrie

    30. Dezember 1964 - München
  • Genealogie

    Vater Otto Creutzfeldt 1857–1935 praktischer Arzt und Sanitätsrat in Harburg bei Hamburg
    Mutter Johanna Creutzfeldt, geb. Freuck 1855–1930 aus Kaufmannsfamilie
    Heirat 1917
    Ehefrau Clara Creutzfeldt, geb. Sombart geb. 1891
    Schwiegervater Werner Sombart 1863–1941 Professor für Nationalökonomie und Soziologie an der Universität Berlin
    Schwiegermutter Felicitas Sombart, geb. Genzmer 1866–1920
    Sohn Werner Creutzfeldt 1924–2006 Internist; 1964–1992 Professor für Innere Medizin an der Universität Göttingen
    Sohn Otto Detlev Creutzfeldt 1927–1992 Neurologe; 1971–1992 Direktor der Abteilung Neurobiologie am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen
    Kinder ein weiterer Sohn, zwei Töchter
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Creutzfeldt, Hans Gerhard (1885 – 1964)

    • Vater

      Otto Creutzfeldt

      1857–1935

      praktischer Arzt und Sanitätsrat in Harburg bei Hamburg

    • Mutter

      Johanna Creutzfeldt

      1855–1930

      aus Kaufmannsfamilie

    • Heirat

      • Ehefrau

        Clara Creutzfeldt

        geb. 1891

  • Biografie

    Nach dem Abitur am Johanneum in Hamburg 1903 studierte Creutzfeldt Medizin an der Universität Jena, wo er 1905 das vorklinische Studium mit dem Physikum abschloss. Auf den Militärdienst in Rostock folgte seit dem Sommersemester 1906 der klinische Studienabschnitt an der Universität Kiel, den er 1908 mit dem Staatsexamen bestand. Das praktische Jahr absolvierte Creutzfeldt am Allgemeinen Krankenhaus St. Georg in Hamburg, schwerpunktmäßig in der pathologischen Abteilung unter Morris Simmonds (1855–1925). In seiner 1909 an der Universität Kiel eingereichten Dissertation „Ein Beitrag zur normalen und pathologischen Anatomie der Hypophysis cerebri des Menschen“ widmete er sich erstmals dem Zentralnervensystem, indem er die Beziehung zwischen histopathologischem Befund und physiologischem Zustand untersuchte. 1909 kurzzeitig als Aufsichtsarzt beim Bau des Hamburger Elbtunnels tätig, verpflichtete sich Creutzfeldt freiwillig als Unterarzt der Kaiserlichen Marine. Weitere Ausbildungen am Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten unter Bernhard Nocht (1857–1945) und am Seemannskrankenhaus in Hamburg ermöglichten es ihm, von 1910 bis 1912 als Schiffsarzt Fernreisen nach Ostasien und in Südseegebiete zu unternehmen.

    1912 als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in Ludwig Edingers (1855–1918) Neurologischem Institut in Frankfurt am Main, in der Senckenbergischen Anatomie und auf einer Bettenstation in der städtischen Krankenanstalt tätig, wechselte Creutzfeldt im März 1913 als Volontärarzt an die Psychiatrische und Nervenklinik der Universität Breslau (Schlesien, heute Wrocław, Polen), wo er dem Neuropathologen Alois Alzheimer (1864–1915) begegnete. Während des Ersten Weltkriegs fungierte er als Arzt einer Torpedobootsflottille, geriet 1916 für drei Monate in britische Kriegsgefangenschaft und war 1918 in der Türkei damit beauftragt, Kranken- und Flüchtlingstransporte zu organisieren.

    1919/20 war Creutzfeldt als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter unter Emil Kraepelin (1856–1926) an der Münchner Universitätsnervenklinik tätig, traf auf Franz Nissl (1860–1919) und wandte sich unter der Leitung des Psychiaters Walther Spielmeyer (1879–1935), der ihn zur Entscheidung für die angewandte Hirnforschung als Korrelat der klinischen Diagnostik inspirierte, erneut der Hirnanatomie, Neurohistologie und -histopathologie zu. Seit 1920 Assistenzarzt an der von Ernst Siemerling (1857–1931) geleiteten Psychiatrischen und Nervenklinik der Universität Kiel, habilitierte sich Creutzfeldt hier im selben Jahr. 1920 und 1921 publizierte er eine Fallgeschichte aus seiner Breslauer Zeit, bei der ein bislang unbekanntes Krankheitsbild auf histopathologische Erkenntnisse zurückgeführt wurde. Da der Hamburger Neurologe Alfons Jakob (1884–1931) zeitgleich drei ähnliche Fälle entdeckte, führte 1922 Spielmeyer die Bezeichnung Creutzfeldt-Jakobsche Krankheit in die medizinische Terminologie ein. Creutzfeldt veröffentlichte 1923 die Untersuchung „Zur Frage der sog. akuten multiplen Sklerose (Encephalomyelitis disseminata non purulenta scleroticans [sub]acuta)“ und mit Siemerling die umfangreichere Studie „Bronzekrankheit und sklerosierende Encephalomyelitis (Diffuse Sklerose)“.

    1924 trat Creutzfeldt eine als Stipendium finanzierte Volontärassistentenstelle an der von Karl Bonhoeffer (1868–1948) geführten Klinik für Psychiatrische und Nervenkrankheiten an der Charité der Universität Berlin an und leitete das Laboratorium mit anatomischen, physiologischen, bakteriologischen und serologischen Unterabteilungen. 1926 erhielt er als außerordentlicher Professor eine etatmäßige Stelle als Assistent, 1927 als Oberassistenzarzt und betrieb zusätzlich eine Privatpraxis am Kurfürstendamm. Zu seinen Veröffentlichungen in dieser Periode zählen Beiträge zu Erkrankungen des Rückenmarks im Lehrbuch „Spezielle Pathologie und Therapie innerer Krankheiten“ und der Artikel „Histologische Besonderheiten und funktionelle und pathologische Veränderungen der nervösen Zentralorgane“. 1933 wurde Creutzfeldt förderndes Mitglied der SS; Ende 1934 ernannte ihn Bonhoeffer zu seinem Stellvertreter als ärztlicher Beisitzer mit richterlicher Befugnis am Erbgesundheitsobergericht Berlin; auch in Kiel wurde er ärztlicher Beisitzer.

    1938 wurde Creutzfeldt zum ordentlichen Professor für Psychiatrie und Neurologie der Universität Kiel als Nachfolger des vorzeitig in den Ruhestand versetzten Georg Stertz (1878–1959) und Klinikdirektor der Kieler Medizinischen Fakultät. In der klinischen Hauptvorlesung konzentrierte er sich auf neurologische Untersuchungsmethoden und psychiatrische Einführungskurse. Seit dem Wintersemester 1944/45 lehrte er auch „Erbbiologie“ und „Rassenhygiene“. Daneben betätigte er sich in seiner Privatpraxis, übte Funktionen als Sachverständiger im provinzialgerichtsärztlichen Ausschuss aus, lehrte an der Marineärztlichen Akademie und war im Rang des Marineoberstabsarztes, später Marineflottenarztes als Beratender Sanitätsoffizier für Psychiatrie und Neurologie beim Sanitätsamt der Marinestation der Ostsee in Kiel tätig. Im Laufe der Räumung und Verlegung der Kieler Nervenklinik nach Schleswig-Stadtfeld wurden im Juli 1944 zahlreiche Patienten aufgrund von „Euthanasiemaßnahmen“ aus seiner Klinik in die Landeskrankenanstalten Meseritz-Obrawalde abtransportiert.

    Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Creutzfeldt im November 1945 fast einstimmig zum Rektor der Universität Kiel gewählt. Aufgrund von Konflikten mit der britischen Besatzung bezüglich der Immatrikulation ehemaliger Berufsoffiziere im Mai 1946 vorzeitig entlassen, widmete er sich in der Folge dem Wiederaufbau der Universitäts-Nervenklinik. 1953 auf eigenem Wunsch von seinem Ordinariat entpflichtet, forschte er als Gastwissenschaftler im hirnpathologischen Laboratorium an der vormaligen Forschungsanstalt für Psychiatrie in München (seit 1954 Max-Planck-Institut für Psychiatrie), wo er nicht mehr an seine früheren Leistungen anknüpfen konnte. In dieser Zeit meldete Creutzfeldt den unter dem Pseudonym Dr. Fritz Sawade als Gutachter in Schleswig-Holstein tätigen und zur Fahndung ausgeschriebenen Werner Heyde (1902–1964), Leiter der medizinischen Abteilung der Zentraldienststelle T4 im Dritten Reich, dem Präsidenten des Landessozialgerichts. Als dieser nichts unternahm, unterließ es auch Creutzfeldt, die Fahndungsbehörden zu informieren. Creutzfeldt war seit 1953 wissenschaftlicher Gast im Hirnpathologischen Institut der Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie in München.

  • Auszeichnungen

    Eisernes Kreuz II. und I. Klasse
    Mecklenburgisches Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse
    Verdienstmedaille vom Roten Halbmond
    Rote Kreuz-Medaille 3. Klasse
    1955 Ehrensenator der Universität Kiel
  • Quellen

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    Landesarchiv Schleswig-Holstein. (Personalakte, Tätigkeit beim Erbgesundheitsgericht Berlin und Kiel)

  • Werke

    Ein Beitrag zur normalen und pathologischen Anatomie der Hypophysis cerebri des Menschen, 1909. (Diss. med.)

    Über eine eigenartige herdförmige Erkrankung des Zentralnervensystems, in: Histologische und Histopathologische Arbeiten über die Großhirnrinde, Ergänzungsband 1921, S. 1–48.

    Ernst Siemerling/Hans Gerhard Creutzfeldt, Bronzekrankheit und sklerosierende Encephalomyelitis (Diffuse Sklerose), in: Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten 68 (1923), S. 217–244.

    Zur Frage der sogenannten akuten multiplen Sklerose (Encephalomyelitis disseminata non purulenta scleroticans [sub]acuta), in: Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten 68 (1923), S. 485–517.

    Ein Beitrag zur Klinik und Histopathologie der Chorea gravidarum, in: Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten 71 (1924) S. 357–383.

    Syringomyelie und Gliose, in: Friedrich Kraus (Hg.), Spezielle Pathologie und Therapie innerer Krankheiten, Bd. 10, Nervenkrankheiten, T. 2, 1929, S. 179–238.

    Erkankungen des Conus terminalis und der Cauda equina, in: ebd., 1929, S. 239–255.

    Histologische Besonderheiten und funktionelle und pathologische Veränderungen der nervösen Zentralorgane, in: Albrecht Bethe/Gustav von Bergmann/Gustav Embden/Alexander Ellinger (Hg.), Handbuch der Normalen und Pathologischen Physiologie, Bd. 9: Allgemeine Physiologie der Nerven und des Zentralnervensystems, 1929, S. 461–514.

    Konstitutionsforschung in Psychiatrie und Neurologie, in: Walther Jaensch (Hg.), Konstitutions- und Erbbiologie in der Praxis, 1934, S. 206–214.

    Epilepsie, in: Karl Bonhoeffer (Hg.), Die Erbkrankheiten-Klinische Vorträge im 2. erbbiologischen Kurs, 1936, S. 94–100.

  • Literatur

    Jörn Henning Wolf, Hans Gerhard Creutzfeldt (1885–1964). Klinischer Neuropathologe und Mitbegründer der biologischen Psychiatrie, 2003. (P)

    Jörn Henning Wolf/Paul Foley, Hans Gerhard Creutzfeldt (1885–1964), a Life in Neuropathology, in: Journal of Neural Transmission 112 (2005) S. I–XCVII.

    Jörn Henning Wolf, Art. „Creutzfeldt, Hans Gerhard“, in: Werner E. Gerabek/Bernhard D. Haage/Gundolf Keil/Wolfgang Wegner (Hg.), Enzyklopädie Medizingeschichte. Bd. 1, 2007, S. 277 f.

    Christoph Cornelißen/Carsten Mish (Hg.), Wissenschaft an der Grenze. Die Universität Kiel im Nationalsozialismus, 2009.

    Michael Illert, Hans Gerhard Creutzfeldt (1885–1964), Nervenarzt, Wissenschaftler, erster Nachkriegsrektor der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Die Jahre 1933 bis 1946. Eine Neubewertung, 2020. (Qu, W, L)

    Karl-Werner Ratschko, Von Ärzten und Anderem. Gesundheitswesen Medizin und ärztliche Standespolitik im Schleswig-Holstein des 19. und 20. Jahrhunderts, 2021.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografie, Archiv der Universitäts-Nervenklinik Kiel.

    Metallskulptur, Nervenzentrum des Universitätsklinikums, Campus Kiel.

  • Autor/in

    Jörn Henning Wolf (Kiel)

  • Zitierweise

    Wolf, Jörn Henning, „Creutzfeldt, Hans Gerhard“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116726415.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA