Dates of Life
1556 – 1615
Place of birth
Gorsleben
Place of death
Leipzig
Occupation
Musiktheoretiker ; Musiker ; Komponist ; Chronologe
Religious Denomination
lutherisch
Authority Data
GND: 11643290X | OGND | VIAF: 56738743
Alternate Names
  • Kallwitz, Sethus
  • Kallwitz, Seth
  • Calvisius, Sethus
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Relations

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Citation

Calvisius, Sethus, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11643290X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Jak. Kallwitz, Tagelöhner;
    M Elis. Kruse;
    10.2.1595 Magd. ( 13.2.1618), T des Bäckers Hans Junge in Leipzig;
    2 S, 1 T.

  • Biographical Presentation

    Seit 1572 war C. als „Kurrende“-Schüler in Magdeburg auf sich selbst gestellt. An welcher Schule er dort seine wohl vorwiegend humanistische und musikalische Ausbildung genoß, ist ungewiß. Von Bedeutung könnte für ihn der Unterricht oder zum mindesten die Bekanntschaft Gallus Dreßlers gewesen sein, der bis 1576 als Kantor in Magdeburg weilte. Obgleich schon 1576 an der Universität Leipzig immatrikuliert, nahm er dort erst 1580 nach einem vorausgehenden Universitätsjahr in Helmstedt seine Studien auf. Als Musiker bereits namhaft, wurde ihm 1581 das Kantorat an der Paulinerkirche zu Leipzig übertragen. 1582 folgte ein Ruf als Kantor und Lehrer für Hebräisch an die Fürstenschule Pforta. Im Mai 1594 wurde er Thomaskantor in Leipzig als Nachfolger Valentin Ottos. Nicht nur als Musiker und Musiktheoretiker, auch als Astronom und Sprachwissenschaftler erwarb er sich in jenen Jahren einen bedeutenden Ruf. Sein astronomisches Hauptwerk „Opus chronologicum“ (Leipzig 1605, Frankfurt ⁵1685) brachte ihm den Briefwechsel mit Johannes Kepler. Berufungen an die Universitäten Frankfurt/Oder und Wittenberg, denen er jedoch nicht gefolgt ist, zeugen von dem anerkannten Rang seiner Arbeiten. Mit dem Wolfenbüttler Hofkapellmeister Michael Praetorius stand C. in persönlichem und brieflichem Verkehr; die Musiktheoretiker Johannes Lippius und Heinrich Baryphonus waren seine Schüler.

    C. Musiklehre, gegliedert in Elementarlehre (Compendium musicae, 1594, ²1612 unter dem Titel: Musicae artis praecepta; Exercitatio musica tertia, Leipzig 1609) und Kompositionslehre (Μєλοποιία sive melodiae condenda ratio …, Erfurt 1592, ²1630), fußen auf Zarlino (Institutioni harmoniche, 1558). Zusammenfassende Überschau und sinnvolle Pädagogik in der Darstellung sind sein Hauptverdienst. Obgleich noch in der Musikanschauung der Renaissance verwurzelt, weisen einige seiner Gedanken auf die barocke Musiklehre voraus, so die besondere Bedeutung, die er der Instrumentalmusik beimißt, die Aufgabe der mensuralen Ligaturenlehre und der Proportionen, die durch den einfachen Zweier- und Dreiertakt ersetzt werden, die Erweiterung des alten Hexachords zur siebentönigen Skala, wozu er die Solmisation (ut re mi fa sol la) durch die Silbe „si“ ergänzte und sich an anderer Stelle für ein neues Bezeichnungssystem, die „Bocedisation“ (bo ce di ga lo ma ni) einsetzte. Der 2. Teil der „Exercitationes musicae duae“ (Leipzig 1600) ist eine der ältesten Geschichtsdarstellungen der Musiktheorie. - C. Kompositionen stehen der deutschen Renaissancemusik etwa Leonhard Schröters oder Dreßlers nahe. Mehr konservativ in seiner Satztechnik, schuf er eine herbe Kontrapunktik, die sich von der leuchtenden Farbigkeit eines Jacobus Gallus oder Hans Leo Haßler unterscheidet. Nur in seinen „Harmoniae cantionum ecclesiasticarum“ von 1597 geht er zu einer mehr affektbetonten homophonen Satzweise über, die den Beginn des Barockstils ahnen läßt.

  • Works

    Weitere W Abhh.: Exercitationes musicae tres …, Leipzig 1611 (= Zweitaufl.);
    Formula Calendarii novi …, Heidelberg 1613;
    Elenchus Calendarii Gregoriani …, Leipzig 1613;
    Thesaurus latini sermones …, ebenda 1614;
    Enchiridion lexici Latino-Germanici …, ebenda 1614;
    Kompositionen: Hymni sacri Latini et Germanici …, Erfurt 1594;
    Harmonia cantionum ecclesiasticarum …, Leipzig 1597, ⁵1622;
    Bicinia septuaginta …, ebenda 1599, ²1612: Biciniorum libri duo …, ebenda 1612;
    Tricinia …, ebenda 1603;
    Der Psalter Davids, ebenda 1605 (nach Gedichten v. Corn. Becker);
    Der 150. Psalm Davids, ebenda 1615;
    Unser Leben währet siebnzig Jahr, ebenda 1616;
    7 Motetten im „Florilegium“, ebenda 1603;
    einzelne hs. Werke in versch. Bibl.;
    s. a. Eitner I, S. 288.

  • Literature

    ADB III;
    Lpr., Von d. Musica …, in: Mhh. f. Musikgesch. 3, 1871, S. 14;
    C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang I, 1843;
    K. Benndorf, S. C. als Musiktheoretiker, in: Vjschr. f. Musikwiss. 10.1894, S. 411 ff.;
    ders., Calvisiana, in: Mhh. f. Musikgesch. 33, 1901, S. 85 ff.;
    R. Wustmann, Musikgesch. Leipzigs I, 1909;
    H. J. Moser, Gesch. d. dt. Musik I, 1920, S. 510 ff.;
    A. Adrio in: MGG (W, L, Kupf. v. Wolfg. Kilian).

  • Portraits

    Zahlr. Stiche (Bibl. Nat. Nat. Paris, Kupf. Kab. Dresden, P -Slg. d. Dt. Mus. München).

  • Author

    Hermann Beck
  • Citation

    Beck, Hermann, "Calvisius, Sethus" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 100-101 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11643290X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Calvisius: Sethus C., eigentlich Seth Kallwitz, berühmter Gelehrter, Musikschriftsteller und Tonsetzer, Cantor zu Schulpforte und Leipzig, geb. 21. Febr. 1556 zu Gorschleben unweit Sachsenburg in Thüringen, wo seine Eltern als kleine Landleute in dürftigen Verhältnissen lebten. In seinem 14. Lebensjahre sollte er das Weberhandwerk erlernen, aber der Drang zur Wissenschaft war in ihm schon erwacht und führte ihn 1569 auf die Schule nach Frankenhausen und 1572 nach Magdeburg, wo er sieben Jahre blieb. Während dieser Zeit hatte er, bei aller Aermlichkeit seiner Lage, doch in der Currende und durch andere Chordienste sich so viel erübrigt, daß er hoffte, damit einen halbjährigen Besuch einer Universität bestreiten zu können. Er ging zuerst 1579 nach Helmstädt, siedelte aber schon 1580 mit einem Stipendium vom Kurfürsten nach Leipzig über. Hier gab er zwar vorzugsweise sich dem Studium der Alten hin, trieb daneben jedoch auch die Musik so fleißig und mit so gutem Erfolge weiter, daß er schon im nächsten Jahre nach seiner Ankunft als Chorregent an der Paulinerkirche angestellt, im November 1582 aber, auf Befürwortung von Nicol. Selnecker und des ganzen theologischen Collegiums, nach Schulpforte als Cantor berufen wurde. Hier wirkte er segensreich für die Pflege der Musik, führte unter anderm den Motettengesang bei den gemeinsamen Mahlzeiten ein, zeichnete auch zugleich als Gelehrter und Pädagoge sich aus und ertheilte hebräischen Unterricht, gab aber mit besonderer Vorliebe historischen und chronologischen Studien sich hin. Nach 12jähriger treuer Amtsführung schied er 1594 von Pforte, wo sein Andenken bis auf den heutigen Tag sich erhalten hat, und folgte einem ehrenvollen Rufe nach Leipzig als Cantor an der Thomasschule und Musikdirector an den beiden Hauptkirchen, „welchem Ampt, mit was ruhm und fleiß er demselben fürgestanden, auch waser massen die Musica bey der Kirchen allhie durch ihn angerichtet und verbessert worden, das ist für Augen, daß es hievon weiters berichts oder zeugnüsses nicht bedürfftig. Denn er war seiner Kunst mechtig der sich auf gute Muteten und das decorum im singen verstunde, derwegen auch die besten Stück und Muteten zu singen beflissen war, und selbst auch einen guten und statlichen Componisten gegeben hat“ (Leichpredigt von der Musika, gehalten beim Begräbnisse des Calvisius, von Vincenz Schmuck, Pastor zu S. Nicolai, Leipz., Kober). Seine Einführung in das Leipziger Cantorat erfolgte am 19. oder 29. Mai 1594 und er verwaltete es 21 Jahre lang bis zu seinem am 24. Nov. 1615 erfolgten Tode, in der langen Reihe würdiger Verweser dieses Amtes, unter denen Namen wie Georg Rhaw, Joh. Herm. Schein, Schelle, Kuhnau und Seb. Bach hervorleuchten, einer der würdigsten. Er wurde noch an verschiedene Universitäten berufen, unter andern 1611 nach Wittenberg zum Professor der Mathematik, auch nach Frankfurt a/O., aber er lehnte alle Anerbietungen ab. Aller Weltlust fremd, bescheiden und von biederem Charakter, lebte er nur der Wissenschaft und Kunst: „Seines Lebens und Wandels und auch Christenthums halben ist er ein ehrlicher auffrichtiger frommer Gottesfürchtiger Mann gewesen, ohne Falsch und Gleißnerey und gar kein amans humorum, wie man gemeinhin von denen cantoribus zu halten pflegt, auch ein guter Hausvater und verständig zu allen sachen, wie die wissen die mit ihm sind umgegangen.“ Von den wissenschaftlichen Arbeiten, die er hinterlassen hat, möge hier nur sein Hauptwerk, welches ihm besonders den Namen eines der vorzüglichsten deutschen Gelehrten eintrug, angeführt werden: „Opus chronologicum etc.“, zuerst Leipzig 1605, im Ganzen sechs Mal aufgelegt, beste Ausg. Frankf. a/M.|1685. Es war eine Frucht 20jähriger Forschungen, fand die höchste Anerkennung des Scaliger, Casaubon und Petavius und galt lange Zeit als Richtschnur für alle ähnliche Arbeiten. Reusner, Pareus und Kepler fochten es zwar an, richteten aber wenig dagegen aus und ihre Einwendungen sind von C. in besonderen Schriften zurückgewiesen worden. Seine anderen wissenschaftlichen Werke betreffen Verbesserung des Gregorianischen Kalenders und lateinische Sprachforschungen, wie der „Thesaurus latini sermonis“, der seit 1614 sehr oft gedruckt ist. Die von ihm hinterlassenen, in gutem Latein verfaßten musikalischen Schriften sind theoretischen und geschichtlichen Inhaltes, kenntnißreich und gediegen, deshalb noch heute werthvoll: „Melopoeia, sive Melodiae condendae ratio“, Erfurt 1582, 1592; zuletzt „Magdeburgi Sumptibus Haeredum Johan. Franc. Bibliogr.“, 1630. Lehrreiches Buch. „Compend. musicae practicae pro incipientibus conscr.“, 1594; 1602; 3. Aufl. unter dem Titel: „Musicae artis praecepta nova et facillima, per septem voces musicales etc.“, Jenae 1612. C. erklärt sich darin gegen die sechssilbige Guidonische Solmisation und für die Bocedisation des Hubert Waelrant, weil sie aus sieben Silben (bo ce di ga lo ma ni) besteht; und gibt ferner eine Anzahl guter Regeln für die Bildung und Leitung von Sängerchören, welche man bei Forkel, Geschichte II, 65, Anm. findet. „Exercitationes musicae duae etc.“, Leipzig 1600; die erste handelt von den Tonarten mit Angabe der in jeder derselben stehenden Kirchenmelodien; die zweite ist ein klarer und inhaltreicher Abriß vom Ursprunge und Fortschritte der Musik. Nachher gab er noch eine dritte heraus, „Exercit. musicae tertia“, Leipzig 1611, eine in Sachen der Solmisation gegen Hubmeyer zu Gera gerichtete Streitschrift. — Seine Compositionen, darunter mehrstimmige Tonsätze zu Melodien des kirchlichen Gemeindegesanges, sind kernig und kraftvoll, besonders ausgezeichnet durch große Sangbarkeit und Energie der Stimmführung, deren Consequenz allerdings manchmal Härten und Leerheiten des Zusammenklanges nach sich zieht. Gedruckt sind: „Hymni sacri latini et germani 4 voc.“, Erfurt 1594; „Teutsche Tricinia etc.“, Leipzig 1603; „Harmonia Cantionum ecclesiasticarum“, Kirchengesänge und geistl. Lieder etc., Leipzig 1596, zu seiner Zeit sehr geschätzt und bis 1622 noch vier Mal aufgelegt; „Biciniorum libri duo“, Leipzig 1612; „Der 150. Psalm 12 voc. in 3 Chören“, Leipzig 1615; „Der Psalter Davids“ von Cornelius Becker, 4 voc., Leipzig 1617. Auch befinden sich Tonsätze von seiner Arbeit in Bodenschatz, Florileg. Portense 1603, 1618. — Nachrichten über C.: In der erwähnten Leichpredigt etc. von Schmuck; in dem Progr. funebre der Universität (abgedr. vor dem Opus chronol. 1685), Justinus Bertuch, Chronicon Portense, Leipz. 1739; Joh. Heinr. Ernesti, Commentat. novae in Cornel. Nepotem etc., Leipz. 1707, p. 274; Rost, Oratio ad renov. S. Calvisii memor., Leipz. 1805; Stallbaum, Biogr. Nachrichten über die Cantoren an der Thomasschule (1842), Leipz., S. 59 f.; Winterfeld, Evangel. Kirchenges. I. 352.

  • Author

    v. Dommer.
  • Citation

    Dommer, Arrey von, "Calvisius, Sethus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 3 (1876), S. 716-717 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11643290X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA