Lebensdaten
1896 – 1981
Geburtsort
Piotrków Trybunalski (Petrokow, Russisch-Polen)
Sterbeort
Zürich
Beruf/Funktion
Filmproduzent
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 1050587294 | OGND | VIAF: 169530192
Namensvarianten
  • Wechsler, Lazar Linsor
  • Wechsler, Lazar
  • Wechsler, Lazar Linsor
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Wechsler, Lazar, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1050587294.html [26.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Josef ( vermutl. 1898), aus Rudky (Galizien), Kaufm.;
    M Channa-Soschka Horowitz, russ. Staatsangehörige;
    2 ältere B Szymon, Wolf (Willy);
    1919 Amalie Tschudi (1896–1972), aus Z.;
    1 S David (1918–90), Schriftst., Drehbuchautor (s. HLS).

  • Biographie

    Nach dem Tod des Vaters ließ W.s Mutter sich 1914 mit ihren drei Söhnen in der Schweiz nieder. W., der in Rußland sieben Gymnasialklassen absolviert hatte, studierte nach einer Aufnahmeprüfung an der ETH Zürich Ingenieurwissenschaften mit dem Schwerpunkt Brückenbau (Diplom 1919). 1923 wurde er schweizer. Staatsbürger. 1924 gründete W., der keinerlei Erfahrung im Filmgeschäft hatte, mit dem Flugpionier Walter Mittelholzer (1894–1937) als Partner die „Praesens-Film AG“ in Zürich, die Werbefilme u. a. für Zigaretten, Schokolade und Kosmetika, Kurz- und Dokumentarfilme sowie Mittelholzers Flugreportagen herstellte. 1928 erlangte die Produktionsfirma mit „Frauennot – Frauenglück“ (Regie: Eduard Tisse, Berater: Sergej Eisenstein, Schnitt: Tisse, Eisenstein, W.) internationale Bekanntheit: Der semidokumentarische Aufklärungsfilm über gesellschaftliche Ursachen illegaler Abtreibungen wurde in der Schweiz u. a. in den Kantonen Aargau, Bern, Thurgau, Schaffhausen und Waadt verboten, erreichte aber v. a. in Deutschland, Österreich, den USA, Australien und Japan ein großes Publikum.

    Mit Beginn der Tonfilmära steigerte sich die Produktion der „Praesens-Film“ beträchtlich. Bis Ende der 1930er Jahre gelang es W., mit dem Regisseur Leopold Lindtberg (1902–84), dem Drehbuchautor Richard Schweizer (1900–65), dem Kameramann Emil Berna (1907–2000), dem Komponisten Robert Blum (1900–94) und dem Cutter Hermann Haller (1909–85) ein festes Team aufzubauen, dank dessen Fähigkeiten aus der cineastisch bis dahin wenig entwickelten Schweiz ein weltweit beachtetes Filmland wurde. Bei der Wahl der Stoffe folgte W. seinem Gespür für gesellschaftlich und politisch aktuelle Themen.

    Kurz vor und während des 2. Weltkriegs produzierte W. eine Reihe erfolgreicher Spielfilme, deren Dialoge im Sinne der „Geistigen Landesverteidigung“ z. T. in Schweizerdeutsch gesprochen wurden, darunter „Füsilier Wipf“ (1938, Regie: Lindtberg), „Gilberte de Courgenay“ (1941, Regie: Franz Schnyder), „Landammann Stauffacher“ (1941, Regie: Lindtberg) und „Marie-Louise“ (1944, Regie: Lindtberg). Mit „Die letzte Chance“ (1945, Regie: Lindtberg), einem im 2. Weltkrieg spielenden Flüchtlingsdrama, produzierte W. kurz vor Ende des „Dritten Reichs“ einen mit dokumentarischen Elementen versetzten Spielfilm, der Stellung bezog gegen Krieg und Verfolgungsterror der Nationalsozialisten und einer der auch international bekanntesten schweizer. Filme ist.

    Nach 1945 verfaßte W.s Sohn David als Mitarbeiter der „Praesens-Film AG“ die Vorlagen und Drehbücher für fünf Filme; besonders erfolgreich war der von W. mit MGM koproduzierte semidokumentarische Film „The Search/ Die Gezeichneten“ (1948, Regie: Fred Zinnemann), der das Schicksal vertriebener Kinder nach dem 2. Weltkrieg schildert. Hierfür erhielt David mit Richard Schweizer 1949 den „Academy Award“ (Oscar) für die beste Originalgeschichte, weitere Oscar-Nominierungen erhielt der Film für das beste Drehbuch, die beste Regie und den besten Hauptdarsteller.

    W. erhielt mehrfach Angebote von Produktionsfirmen aus dem Ausland (u. a. Paramount), in deren Auftrag als Produzent tätig zu sein, er blieb jedoch mit seiner Familie in der Schweiz. In den Nachkriegsjahren produzierte er erfolgreiche Unterhaltungsfilme wie „Die Vier im Jeep“ (1951, Regie: Lindtberg, Elizabeth Montagu), „Heidi“ (1952, Regie: Luigi Comencini), Literaturverfilmungen wie „Uli der Knecht“ (1954, Regie: Schnyder) sowie „Es geschah am hellichten Tag“ (1958, Regie: Ladislao Vajda, Hauptrollen: Heinz Rühmann u. Gerd Fröbe). Anfang der 1960er Jahre kamen W.s letzte große Spielfilmproduktionen ins Kino, darunter „Die Ehe des Herrn Mississippi“ (1961, Regie: Kurt Hoffmann, Drehbuch: Friedrich Dürrenmatt) und „Die Schatten werden länger“ (1961). Beide Filme entstanden in Koproduktion mit Artur Brauners (* 1918) Berliner „Central Cinema Company“ (CCC). Ebenfalls 1961 produzierte W. Erwin Leisers (1923–96) „Eichmann und das Dritte Reich“, eine Kompilation historischer Filmdokumente und aktueller Interviews zu den Hintergründen der nationalsozialistischen Judenverfolgung.

    Angesichts zunehmender Schwierigkeiten bei der Spielfilmfinanzierung konzentrierte W. sich seit 1962 verstärkt auf den Filmverleih. Da sich die finanzielle Situation der „Praesens-Film AG“ zunehmend verschlechterte, zog W. sich 1966 weitgehend aus dem Spielfilmgeschäft zurück und produzierte Dokumentarfilme für das Schweizer. Fernsehen, darunter „2000 Jahre Israel“, „Israel zwischen gestern und morgen“ (beide 1969, Regie: Friedrich Schrag) und „Herausforderung des Lebens“ (1977, Regie: Lindtberg u. a.).

    Eine 1979 / 80 geplante Zusammenarbeit mit Brauner bei der Verfilmung des Romans „Eine Liebe in Deutschland“ von Rolf Hochhuth (* 1931) kam wegen juristischer Auseinandersetzungen nicht zustande. 1980 verkaufte W. seine Anteile an der „Praesens-Film AG“ an Peter und Martin Hellstern, die aus dem Unternehmen den Filmverleih gleichen Namens machten.

  • Auszeichnungen

    |u. a. Coppa Mussolini d. Mostra internazionale d’arte cinematografica di Venezia (1941, f. „Die missbrauchten Liebesbriefe“, 1953 f. „Heidi“);
    Golden Globe Award (1945) u. Grand Prix u. Internat. Friedenspreis d. Festival de Cannes (1946, f. „Die letzte Chance“);
    Ac. Award („Oscar“) (Bestes Drehbuch) d. Ac. of Motion Picture Arts and Sciences, Beverly Hills (1946, f. R. Schweizer, „Marie-Louise“);
    United Nations Award d. British Ac. Film Awards (1950, f. „Die Gezeichneten“);
    Goldener Bär d. Berlinale (1951, f. „Die Vier im Jeep“);
    United Nations Award d. British Ac. Film Awards (1952);
    Southern Californian Motion Picture Council Award (1952) u. Preis d. Jugendfilmfestivals Triest (1953, f. „Heidi“);
    Silberlorbeer d. David O. Selznick Achievement Award/ The Producers Guild of America (PGA) (1953) u. Bronzener Bär d. Internat. Filmfestspiele Berlin (1953, f. „Unser Dorf“);
    „Bester Film d. Jahres“ d. Filmkritiker v. Barcelona (1958) u. Filmpreis d. Stadt Zürich (1958, f. „Es geschah am hellichten Tag“).

  • Werke

    Weitere W Mittelholzers Persienflug (Regie: W. Mittelholzer), 1925;
    Hygiene d. Ehe (Regie: L. W., E. Berna), 1927;
    Menschwerdung (Regie: L. W., Emil Berna), 1928;
    Feind im Blut (Regie: W. Ruttmann;
    Drehbuch: L. W., W. Ruttmann u. G. Bienert), 1931;
    Tannenberg (Regie: H. Paul), 1932;
    Kuhle Wampe oder: Wem gehört d. Welt? (Regie: S. Dudow;
    Koproduktion), 1932;
    Wie d’Warret würkt (Regie: W. Lesch u. R. Schweizer), 1933;
    So lebt China (Regie: L. W.), 1936;
    Wachtmeister Studer/ Kriminalkommissär Studer (Regie: L. Lindtberg), 1939;
    Fräulein Huser (Regie: L. Steckel), 1940;
    Die missbrauchten Liebesbriefe (Regie: L. Lindtberg), 1940;
    Der Schuss v. d. Kanzel (Regie: L. Lindtberg), 1942;
    Ein Mann wird vermisst / Un Soldat a disparu (Regie: F. Schnyder), 1944;
    Matto regiert (Regie: L. Lindtberg), 1947;
    Swiss-Tour/ Ein Seemann ist kein Schneemann (Regie: L. Lindtberg;
    Koproduktion), 1949;
    Demokratie in Gefahr (Regie: K. Früh), 1950;
    Unser Dorf/ Das Pestalozzidorf/ The Village (Regie: L. Lindtberg;
    Koproduktion), 1953;
    Der Prozess d. Zwanzigtausend (Regie: K. Früh), 1954;
    Heidi u. Peter (Regie: F. Schnyder), 1955;
    Uli d. Pächter (Regie: F. Schnyder), 1955;
    Der 10. Mai/ Die Angst v. d. Gewalt (Regie: F. Schnyder), 1957;
    Der Teufel hat gut lachen/ Drei schräge Vögel/ Eine Nacht in Campione (Regie: K. Früh), 1960;
    Der 42. Himmel, 1962;
    Schneewittchen u. d. 7 Gaukler (Regie: K. Hoffman), 1962;
    Der Sittlichkeitsverbrecher (Regie: F. Schnyder), 1963;
    Le magot de Josefa (Regie: Cl. Autant-Lara), 1963;
    Der Arzt stellt fest … / Angeklagt n. § 218 (Regie: A. Ford), 1966.

  • Literatur

    |D. Jennings, He Breaks Hollywood’s Rules, in: The Saturday Evening Post v. 26. 5. 1956, S. 48–50;
    W. Boveri u. a., Morgarten kann nicht stattfinden, L. W. u. d. Schweizer Film, 1966 (W-Verz., P);
    F. Buache, Le Cinéma Suisse, 1974;
    W. Wider u. F. Aeppli, Der Schweizer Film 1929–1964, 2 Bde., 1981;
    Hervé Dumont, Gesch. d. Schweizer Films,|Spielfilme 1896–1965, 1987 (P);
    H. Dumont, Praesens Film, Rise & Fall of the Legendary Swiss Film Company, 1991 (W-Verz., P);
    Personenlex. Film;
    K. Weniger, „Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …“, Lex. d. aus Dtld. u. Österr. emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945, 2011;
    HLS;
    Film: L. W., Portrait e. Filmproduzenten (Regie: W. Zeindler), 1971.

  • Autor/in

    Karin Herbst-Meßlinger
  • Zitierweise

    Herbst-Meßlinger, Karin, "Wechsler, Lazar" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 522-524 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1050587294.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA