Lebensdaten
1858 – 1954
Geburtsort
Mannheim
Sterbeort
Lazzago bei Como
Beruf/Funktion
Chemieindustrieller
Konfession
altkatholisch
Normdaten
GND: 123077508 | OGND | VIAF: 35354565
Namensvarianten
  • Giulini, Georg Otto
  • Giulini di Giulino, Giorgio Conte
  • Giulini, Georg
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Quellen(nachweise)

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Zitierweise

Giulini, Georg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd123077508.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Lorenz (s. 2);
    B Paul (1856–99, Fanny Clemm [T d. Chemie-Industriellen August Rr. v. C., 1910, s. NDB III]), Wilhelm (1863–1903);
    Mannheim 1883 Emma (1865–1931), T d. Großkaufm. Phil. Diffené ( 1903, s. NDB III) u. d. Emma Böhme;
    2 S, 2 T Wilhelm (1886–1932), Otto (1889–1915), beide Geschäftsführer d. Fa. Giulini, Chiara ( Eduard Röchling, * 1880, Geschäftsführender Teilhaber d. Gebr. Röchling, Saarbrücken), Elena ( Frdr. Herr, 1888–1955, Geschäftsführer d. Fa. Giulini);
    N (K d. Paul) Renzo (1884–1961), Geschäftsführer d. Fa. Giulini, Gisella ( Karl Lanz, 1873–1921, Teilhaber d. „Heinrich Lanz Werke“ Mannheim), Maria-Claudia ( Kurt Dyckerhoff, 1883–1955, Dr.-Ing., Chemiker, s. NDB IV*), Laetitia ( Walter Frhr. v. Gienanth, 1881–1954, Fabrikant);
    E Alwine Röchling ( Curt Frhr. v. Salmuth, * 1895, Geschäftsführer d. Fa. Giulini).

  • Biographie

    G. begann sein Chemiestudium 1877/78 an der TH in Karlsruhe. Er war 1878-81 Schüler von Bunsen an der Universität Heidelberg und promovierte 1881 zum Dr. phil. (Chemie, Physik und Mineralogie). Die Studien bei Bunsen haben G. ein tiefgreifendes chemisch-technologisches Wissen vermittelt und seiner Lebensarbeit das entscheidende Gepräge gegeben. 1881-1935 war er aktiv für das Ludwigshafener Werk tätig, das er ab 1893 durch die Verlegung der Produktionsstätten in ein neues, weitläufiges Gelände am Rhein (Ludwigshafen-Mundenheim) zu einer Tonerdefabrik von Namen und Rang mit einem erheblich erweiterten Fabrikationsprogramm (unter anderem Phosphatsalze, Düngemittel) ausbaute. Durch den frühen Tod seiner beiden Brüder Paul und Wilhelm lagen Führung und Fortentwicklung seit 1903 allein in seiner Hand, so daß er über 3 Jahrzehnte lang die zentrale Gestalt des Familienunternehmens gewesen ist. 1912-35 wohnte er hauptsächlich in Lazzago, wo er 1914-17 Bürgermeister war, nahm aber weiterhin starken Einfluß auf die Geschäftsführung.

    G. erkannte in den 90er Jahren schon im Aluminium das Metall der Zukunft. Zur Vervollkommnung der Verfahren zur Darstellung der Tonerde leistete er wesentliche Beiträge. So vollbrachte er im Trockenprozeß (Pyrogen-Verfahren) durch die Verwirklichung des Bauxitaufschlusses mit Natriumsulfat und Kohle – anstelle von kalzinierter Soda – in technischer Hinsicht eine Großtat. Durch seine|Hinterlegungsschrift vom 20.7.1891 hatte G. ein Vorrecht zur Benutzung des Naßverfahrens, das der Erfinder K. J. Bayer erst am 31.1.1892 im Zusatzpatent 65 604 zum Hauptpatent Nummer 43 977 vom 17.7.1887 vollständig beschrieb und das nach ihm „Bayerverfahren“ genannt wurde. In dem 1906 in Laibach errichteten Tonerdewerk wurde durch G. manches zur Vervollkommnung des Bayer-Verfahrens beigetragen. Im Werk Ludwigshafen-Mundenheim, das nach dem Pyrogen-Verfahren arbeitete, wurde insbesondere die Einführung des Drehrohrofens zum Bauxitaufschluß (1906) und später auch zur Kalzination von Tonerdehydroxyd technisch und wirtschaftlich gesehen von außerordentlicher Bedeutung. In jahrelanger Laboratoriums- und Versuchsarbeit wurden Produktionsverfahren entwickelt und immer wieder verbessert, um den für die Aluminiumgewinnung notwendigen Rohstoff, die kalzinierte Tonerde, in kieselsäurefreier und eisenfreier Qualität herzustellen, was die in den Anfängen stehende Aluminiumindustrie entscheidend förderte und einer Reihe anderer Industriezweige, die Tonerdeverbindungen anwandten, zugute kam. Bemerkenswert waren G.s Forschungen – angeregt durch Bunsen – auf dem Gebiet der Löslichkeit der Tonerde im geschmolzenen Kryolith. Er befaßte sich weiter mit der Aluminiumelektrolyse und setzte in seinem 1908 gegründeten Aluminiumwerk in Martigny (Schweiz) reinste Kohlenanoden aus Pechkoks (Petrolkoks) ein, da er erkannt hatte, wie stark die Qualität des Aluminiums von der Kohlenqualität abhängt. Martigny stellte daher schon frühzeitig Aluminiummetall mit einem für damalige Begriffe sehr hohen Reinheitsgrad her. Auch bei der Entwicklung und Verwertung der heute üblichen Vergütungs- und Härteprozesse leisteten seine Werke in der Schweiz und in Deutschland wertvolle Beiträge zur Entwicklung der Aluminium-Industrie, besonders auch auf dem Gebiet von Freileitungslegierungen. Zur Sicherung der Rohstoffquellen erwarb G. schon lange vor dem 1. Weltkrieg Abbaurechte und Anteile an französischen Bauxitgruben. Ferner wurde im und nach dem 1. Weltkrieg durch ihn der Bauxitbergbau in Dalmatien und Istrien begründet. Er baute Tonerdewerke in Frankreich und Österreich, beteiligte sich an Elektrolysen in Frankreich und Norwegen, errichtete selbst die Elektrolysieranlage in Martigny (Schweiz), baute Aluminium-Walz- und -Preßwerke und weiterverarbeitende Betriebe in der Schweiz und in Deutschland. Ein besonderes Anliegen war ihm die rechtzeitige Schaffung einer Aluminiumindustrie in Deutschland. Trotz seiner dringlichen Vorstellungen in Berlin scheiterte aber die Errichtung einer Groß-Elektrolyse, für deren Verwirklichung er auch praktische Anregungen gab, an der ablehnenden Haltung der Reichsregierung, die vor allem die Bedarfsfrage verneinte. Erst als der 1.Weltkrieg die dadurch entstandene Lücke aufzeigte, wurde von der Staatsführung die Initiative ergriffen. Zur Planung und zum Bau der Aluminium-Hütten Erft-Werk am Niederrhein und Inn-Werk in Oberbayern, die sich heute im Besitz der bundeseigenen „Vereinigten Aluminium-Werke AG“ (VAW) befinden, hat G. durch seine Mitarbeit und finanzielle Beteiligung entscheidend beigetragen. Aus der glücklichen Synthese zwischen Chemiker und wagemutigem Kaufmann resultierte der bedeutende Unternehmer, dessen Name als einer der Wegbereiter der Aluminiumindustrie internationalen Ruf hat.

  • Literatur

    s. 3).

  • Porträts

    Zeichnung v. W. Leonhard, 1954 (Ludwigshafen-Mundenheim, Chem. Werke Gebr. Giulini GmbH), Abb. in: Pfalz. Fam.- u. Wappenkde. 8, 1959, Bd. 3.

  • Autor/in

    Helmuth Bachelin
  • Zitierweise

    Bachelin, Helmuth, "Giulini, Georg" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 418-419 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123077508.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA