Lebensdaten
wohl um 1210 oder 1215 – um 1271
Beruf/Funktion
erster Dombaumeister in Köln
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 122765672 | OGND | VIAF: 23032047
Namensvarianten
  • Gerhard von Kettwig (fälschlich)
  • Gerhard von Rile
  • Rile, Gerhard von
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Quellen(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Gerhard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd122765672.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    vor 1257 Guda (diese ist vielleicht identisch mit d. um 1270 gen. Guda, Äbtissin v. Blatzheim, um 1272), Schw d. Kellermeisters d. Kölner Domdechanten;
    3 S, 1 T, Peter, Benediktiner in d. Abtei St. Pantaleon zu Köln, Wilhelm, Mag., Kanoniker an St. Gereon zu Köln, Johann, Zisterzienser in Welehrad b. Olmütz, Elisabeth, Zisterzienserin in Gevelsberg.

  • Biographie

    Der Lebenslauf G.s bis 1247 ist nur durch sein Werk rekonstruierbar. Er muß als Parlier oder Meister in Nordfrankreich gearbeitet haben, bevor das Kölner Domkapitel ihn als Werkmeister berief, sicher einige Zeit vor dem 25.3.1247, dem Tag des Beschlusses für einen Neubau des Domes. Die Grundsteinlegung erfolgte am 15.8.1248. Erstmalig wird G. 1257 genannt, als das Domkapitel ihm, magistro gerardo lapicide rectori fabrice ipsius ecclesie, „wegen seiner Verdienste um diese Kirche“ Land bei seinem Hause in Erbpacht überließ. Rieckenberg identifiziert Dombaumeister G. mit dem 1268 gleichfalls als magister operis genannten Domherrn Gerhard und nimmt an, er sei um 1260 Kölner Domherr geworden. Spätestens 1271 war er nicht mehr tätig, denn in diesem Jahre wird Arnold als neuer Dombaumeister genannt.

    Da G. bei seinem Tode als iniciator nove fabrice majoris ecclesie bezeichnet wird, wäre ihm der Gesamtplan zuzuschreiben, der den Typ der nordfranzösischen „Königskathedrale“ mit ihren hochgotischen Formen übernimmt. Wenngleich der Grundriß mit Amiens verwandt ist, Einzelformen unter anderem auf die Sainte Chapelle in Paris verweisen, so wurde von G. der Grund- und Aufriß raumweiter, maßbezogener und gereifter entwickelt; er geht um eine Stufe über die französischen Vorbilder hinaus. – Während seiner Tätigkeit wird der Chor bis zur Vierung im wesentlichen etwa eine Höhe von 13-20 m erreicht haben. 1277 wurde die Sakristei geweiht. 1280 heißt es, daß der Dombau in decore magnifico et decente emporgewachsen sei; nach 1282 sind Altäre in den Chorkapellen beurkundet. – G.s Plan blieb auch für die folgenden Dombaumeister das Leitbild, wenn auch der Formenkanon stilistischen Abwandlungen unterlag. Eine entscheidende Umgestaltung erfuhr lediglich die Westfassade, für die statt einer den 5 Schiffen entsprechenden Fünfportalanlage um 1320 ein Plan für 3 Portale und ein höheres Turmpaar entworfen wurde. – Durch G.s Dombau erreichte die zum abendländischen Einheitsstil sich ausweitende Gotik eine ins Deutsche abgewandelte Kulmination; die Dombauhütte strahlte fernhin „Kölnformen“ aus. Als ein weiteres Werk von ihm gilt der 1275 vollendete Chor des Münsters in Mönchengladbach.

    Nach der Mitte des 17. Jahrhunderts, insbesondere im 19. Jahrhundert sollte G.s Plan erneut eine Würdigung erfahren. Als erster forderte H. Crombach 1654, den Kölner Dom nach der idea prima des Dombaues zu vollenden. Im 19. Jahrhundert galt der Chor, nicht nur in Deutschland, als das bedeutendste Bauwerk der Gotik, und der Kölner Dom sollte nach dem „ursprünglichen Plan“, der „Idee des ersten Dombaumeisters“ ausgebaut werden. Vollzog sich der Weiterbau nach 1842 auch nicht in strenger Bindung an das „geheiligte“ Vorbild, so hatte der Kölner Dom als „Musterbild“ einen entscheidenden Einfluß auf die Entwicklung der neugotischen Baukunst, weit über das Rheinland hinaus.

  • Literatur

    ADB VIII (fälschlich unter G. v. Kettwig);
    M. Hasak, Der Dom d. hl. Petrus zu Köln am Rhein, [1911], S. 57-78 (Qu.);
    Schrifttum z. Rhein. Kunst, 1949, Nr. 7272-7300;
    H. Rosenau, Der Kölner Dom, 1931, S. 4-56;
    M. Geimter, Der Kölner Domchor u. d. Rhein. Hochgotik, 1937;
    P. Clemen, Der Dom zu Köln, ²1938, S. 54, 84 f.;
    F. Gf. Wolff-Metternich, Zum Problem d. Grundriß- u. Raumgestaltung d. Kölner Domes, in: Der Kölner Dom, Festschr., 1948, S. 51-77;
    H. Rode, Zur Baugesch. d. Kölner Domes, in: Kölner Dombl. 8/9, 1954, S. 70-75;
    W. Weyres, Das System d. Kölner Chorgrundrisses, ebd. 16/17, 1959, S. 97-105;
    E. Gall, Dome u. Klosterkirchen am Rhein, 1956, S. 104-10;
    H. Borger, Das Münster St. Vitus zu Mönchen-Gladbach, 1958, S. 197-203;
    H. J. Rieckenberg, Der erste Kölner Dombaumeister G., in: Archiv f. Kulturgesch. 44, 1962;
    J. J. Merlo, Köln. Künstler in alter u. neuer Zeit, 1895, Sp. 275-88;
    ThB.

  • Autor/in

    Herbert Rode
  • Zitierweise

    Rode, Herbert, "Gerhard" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 272 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122765672.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Gerhard von Rile, auch von Kettwig genannt, Dombaumeister, 1247 bis gegen Ende des 13. Jahrhunderts. Es wird nicht daran gezweifelt werden können, daß G. der große Meister gewesen ist, in dessen Kopf der Plan zu dem Wunderbau des Kölner Domes entstanden. Daß Albertus Magnus der Urheber des Planes gewesen, wird wol niemand, der auch nur eine Ahnung von der Summe umfassender technischer Detailkenntnisse hat, welche der Meister eines Werkes, wie der Kölner Dom, besessen haben muß, im Ernste behaupten wollen. Wie hoch auch immer die Genialität des Geistes, sowie die Universalität des Wissens in Albertus Magnus gewesen ist, so fehlt es doch an jedem Nachweis, daß er die technischen und künstlerischen Kenntnisse besessen habe, welche dem Schöpfer des Kölner Domplanes in ganz besonderem Maße geläufig sein mußten. Um so weniger kann man sich für die Annahme, daß der Plan zum Dom dem Albertus zu verdanken sei, erklären, wenn man bedenkt, daß dieser große Dominikaner gerade in der Zeit, in welcher der fragliche Plan entworfen wurde, sich nicht in Köln befand, sondern in Paris theologische Vorlesungen hielt. Meister G. hatte ohne Zweifel schon Beweise seiner hohen Befähigung gegeben, als ihm 1247 vom Erzbischof Conrad und dem Domcapitel der Auftrag wurde, den Entwurf zum Neubau einer prachtvollen Domkirche auszuarbeiten. Die Schritte, welche zur Beschaffung der nöthigen Baumittel von Seiten des Capitels gethan wurden, werden nur in Rücksicht auf einen vollständig ausgearbeiteten Bauplan für das ganze projectirte Werk geschehen sein. Man wird nicht annehmen können, daß die Bauherren, welche sich zur Errichtung einer ganz neuen Domkirche entschlossen hatten, vorläufig nur die Anfertigung eines Planes für das hohe Chor allein sollten in Auftrag gegeben haben. Darum glaube ich behaupten zu dürfen, daß Meister G. die Zeichnungen für den ganzen Dom schon im Laufe des J. 1247 entworfen hat. Zwar ist es richtig, daß der Plan zu Langbau und Querschiff, wie unser Jahrhundert ihn in unvollendeter Form vorfand, nicht im Geiste der Baukunst des 13. Jahrhunderts entworfen ist, sondern vielfach von den beim Chorbau zur Ausführung gebrachten Grundsätzen der französischen Schule abweicht. Der Grund für diese Thatsache kann nur darin|gesucht werden, daß die eigentliche Ausführung des ursprünglichen Planes nur stückweise vorging und der Plan zu Lang- und Seitenschiff, bevor dieselben in Angriff genommen wurden, nach den im 14. und 15. Jahrhundert zu Geltung gekommenen Bauprincipien umgeändert wurde. Ein glückliches Compelle für die rasche Inangriffnahme des Neubaues war der Brand des alten Domes im J. 1248. Nur langsam schritt der Bau des zuerst in Angriff genommenen Chores fort. Collectengelder, Opfer, Zinsen, Vermächtnisse, die Einkünfte suspendirter Beneficien, versessene Präsenzgelder boten den Provisoren der Baukasse die Mittel, die ungeheuren Kosten des großartigen Baues zu bestreiten. Von großer Bedeutung für den glücklichen Fortgang des gewaltigen Unternehmens war die eindringliche Sprache, mit welcher Papst Innocenz IV. 1248 sich der Dombausache annahm. Im Lauf der ersten neun Jahre gedieh der Bau soweit, daß das Domcapitel sich bewogen sehen konnte, dem Dombaumeister G. sich für sein tüchtiges Schaffen erkenntlich zu erweisen. Im J. 1257 überließ es demselben wegen der Verdienste, die er sich um den Bau der Kirche erworben, von seinem an der Trunkgasse gelegenen Weinberge einen großen Bauplatz unter äußerst vortheilhaften Bedingungen. G. errichtete auf diesem Platze ein großes steineres Haus. Dieses Haus fiel nach Gerhards Tode an seine vier Kinder, welche sämmtlich dem geistlichen Stande angehörten. Diese verfügten 1302 über die ihnen zustehenden Antheile des ihnen nach dem Tode ihrer Eltern zugefallenen Hauses zu Gunsten kirchlicher Institute. Ob Meister G. auch der Baumeister der Abteikirche zu Altenberg, in welcher bei aller Einfachheit ein treues Abbild des Kölner Domes erkannt werden muß, gewesen, ist bis jetzt noch nicht erwiesen. Sicher ist aber, daß er, der im Gladbacher Nekrologium magister Gerhardus lapicida de summo genannt wird, beim Bau des Chores dieser Stiftskirche thätig gewesen ist. Ob G. von Rile und der „Werkmeister Gerart vanme Doyme“, der in einer „alden tzedulen“ als Eigenthümer eines Erbes bei St. Marien-Garten genannt wird und das Verselen-Convent mit einer Rente von sieben Schilling bedachte, identisch sind, kann nicht festgestellt werden. Meister G. führte den Namen G. von Rile, weil sein Vater Gotschalk von der unterhalb St. Cunibert gelegenen Herrlichkeit Rile nach Köln eingewandert war. Hier hatte er in der Nähe der Marcellus-Capelle den Hof Kettwig erworben. Von diesem Hofe führte er sowol wie sein Sohn Gerhard neben dem Namen „von Rile“ auch den „von Kettwig“. G. baute, ehe er zum Dombaumeister berufen wurde, ein in der Johannisstraße, dem Gebürhause von Niederich gegenüber gelegenes Haus; im Schreine heißt dasselbe „domus, quam edificavit magister Gerardus de Rile“. G. war in dem Jahre, in welchem er den Dombau begann, mit einer gewissen Gertrud verlobt. Das Verlöbniß wurde aber aufgehoben und der Bräutigam erhielt die Brautgeschenke zurück (1248). Bald nachher heirathete er die Guda, eine Schwester des Kellermeisters des Domdechanten. Nach G. hatte am Ende des 13. Jahrhunderts Meister Arnold die Leitung des Dombaues. Nach seinem Tode trat dessen Sohn Meister Johann ein, welcher im J. 1330 starb. Nach Johann bekleidete zwei Jahre lang ein gewisser Rutger die Stelle eines Dombaumeisters. Es scheint, daß er der Dombaumeister war, welchem im J. 1332 Arnold von Wevelinkhoven das Haus des Flacko, gelegen auf der Stadtmauer, hinter dem auf der Ecke Fettenhennen-Burgmauer gelegenen Hause Isenburg, als Amtswohnung anwies. Rutger's Nachfolger war der Steinmetze Michael; im J. 1364 wird er aufgeführt als „Michael lapicida magister operis ecclesiae Coloniensis"; in diesem Jahr erscheint er schon als Vater einer Tochter Lisa, welche von der Stadt eine Erbrente von 20 Goldgülden kauft; 1387 heißt er „magister Michael lapicida ecclesiae Coloniensis opifex“. In der betreffenden Urkunde ist die Rede von Michaels Tochter Drutginis, welche sich im Besitz eines stadtkölnischen Rentbriefes über 20 Goldgulden und des Hauses zur Glocke befand und in Brünn an den „magister Henricus de Gemunden lapicida et familiaris illustris principis marchionis Moraviae“ verheirathet war. Unzweifelhaft ist dieses derselbe magister Michael fabricae ecclesiae Coloniensis, der im J. 1368 als Eigenthümer des Hauses zum Cranen in der „engen Gasse“ erscheint. In einem Actenstück, durch welches 1398 „Bürgermeister, Rath und Bürger der Stadt Köln“ vor das kaiserliche Hofgericht zu Rottweil geladen werden, erscheint unter den Vorgeladenen „Andres Meister im Tum"; es ist dieses Meister Andreas von Everdingen, der noch 1412 als „Werkführer in dem Doyme zo Coelne“ erscheint. Nach ihm finden wir Meister Nicolaus von Büren als Dombaumeister. Er war der Oheim des Stadtsteinmetzen Nicolaus von Büren und erwarb 1424 das Bürgerrecht. In den Acten des Amtsleutegerichts der J. 1433 und 1436 erscheint „Allheit als uxor magistri fabricae ymme doem des Meisters in summo“. In dem für die Steinmetzen und Zimmerleute ausgestellten Zunftbriefe von 1443 findet sich die Bestimmung, „daß die Lehrgesellen am doyme zu ihrem Ingange, wenn sie an das Amt kommen, dem Domwerkmeister Clais einen rhein. Gulden zahlen sollen“. Von allen andern Steinmetzen konnte das Amt nur mit zwei Gulden gewonnen werden. Nach Meister Niclas von Büren, der 1446 starb, erhielt der Gemahl seiner Nichte Sophie, Meister Conrad Kuyn, die Leitung des Dombaues. Von diesem wird angegeben, „daß er ansehnliche Bilder in Stein gehauen und dieselben sowol innerhalb wie außerhalb der Domkirche aufgerichtet habe"; er starb im J. 1469. Dem Meister Kuyn war auf der Tagsatzung zu Regensburg das Obermeisterthum für die Steinmetzbrüderschaft in dem Gebiete von Niederdeutschland zugestanden worden. Auf diesem Obermeisterthum beruhte es, daß durch einen Schiedsspruch in Streitsachen zwischen den Steinmetzen und Malern 1491 dem „Doymmeister“ ein gewichtiges Wort eingeräumt wurde. Johann von Frankenberg scheint damals Dombaumeister gewesen zu sein.

    • Literatur

      Boisserée, Geschichte des Domes. — Ennen, Der Dom zu Köln. —
      Merlo, Nachrichten von dem Leben und den Werken kölnischer Künstler. — Handschriftliches.

  • Autor/in

    L. Ennen.
  • Zitierweise

    Ennen, Leonhard, "Gerhard" in: Allgemeine Deutsche Biographie 8 (1878), S. 756-758 fälschlich unter Gerhard von Kettwig [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122765672.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA