Lebensdaten
1605 – 1678
Geburtsort
Stettin
Sterbeort
Hallstaed (Schweden)
Beruf/Funktion
Historiker ; Publizist
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 119533839 | OGND | VIAF: 18034031
Namensvarianten
  • Chemnitius, Bogislaw Philipp von
  • Cemnitcius, Bogislaw Philipp von
  • Hippolithus a Lapide
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Zitierweise

Chemnitz, Bogislaw Philipp von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119533839.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Martin (1561–1627), Dr. iur., Prof. in Rostock, GR u. Kanzler der Hzg. Bogislaw XIII., Philipp II. v. Stettin u. Frdr. v. Schleswig-Holstein (s. ADB IV), S des Martin s. (2);
    M Margarethe ( 1650), T des Heinr. Camerarius (1547–1601), Jurist, Prof. in Rostock, Rat des Hzg. v. Mecklenburg u. Pommern, Rostocker Gesandter in Schweden u. auf Hansetagen (s. ADB III);
    B u. a. Martin (1596–1645), Jurist, GR u. Gesandter Gustav Adolfs auf dem Regensburger Convent, schwedischer Generalkriegskommissar für den fränkischen u. schwäbischen Kreis (s. ADB IV), Joh. Frdr. (1611–86), mecklenburgischer Geschichtsschreiber (s. ADB IV);
    Vt Johannes (1610–51) verfasste ein Werk|über die Vegetation in Braunschweig;
    Stockholm 28.12.1646 Margarethe ( 1682), T des Amtmanns Allborn in Tangermünde;
    S Carl Gust., schwedischer Offz.

  • Biographie

    Juristische und historische Studien in Rostock und Jena führte C. wahrscheinlich nicht zu Ende. Vielmehr trat er vermutlich 1627, vielleicht infolge finanzieller Schwierigkeiten nach dem Tode des Vaters, in niederländischen Kriegsdienst und nahm 1629 an der Belagerung von 's Hertogenbosch teil. Nach der Landung Gustav Adolfs in Deutschland schloß er sich den Schweden an. Er brachte es hier bei der Linie zum Kapitän, bevor er um 1637 in den militärischen Verwaltungsdienst überwechselte und bald zu der staatsrechtlich-publizistischen und darauf der historiographischen Tätigkeit durchfand, durch die beide er einer der wichtigsten literarischen Vertreter des schwedischen Großmachtgedankens im 17. und 18. Jahrhundert wurde als einer der Deutschen lutherischer Herkunft aber stark calvinistischer Beeinflussung, die damals in Schweden eine führende Rolle spielten.

    Eventuell schon 1640, wahrscheinlich aber erst 2 oder 3 Jahre später - das Erscheinungsjahr wäre in letzterem Fall rückdatiert - veröffentlichte C. wohl auf offizielle schwedische Veranlassung hin unter dem Pseudonym Hippolithus a Lapide die Dissertatio de ratione Status in Imperio nostro Romano-Germanico … (ohne Ort 1640, Freistadt 1647, französisch ebenda 1712). Er erwies sich in ihr deutlich beeinflußt von seinem Jenaer Lehrer, dem aus dem niederländischen Calvinismus und Staatsdenken hervorgegangenen Dominicus Arumäus, der seinerseits Johannes Althusius geistig nahe stand, und von den von Arumäus und seiner Schule (J. Limnäus, B. Carpzov) entwickelten Lehren. Ihre zunächst vornehmlich prinzipiellen und relativ gemäßigten Darlegungen entwickelte C. in bedeutender und origineller Weise bis zur letzten Konsequenz und dementsprechenden Härte fort und machte sie für die Praxis des schwedischen Staatsinteresses nutzbar in glücklicher Verbindung wissenschaftlicher und publizistischer Methodik.

    Er wandte sich in seiner Dissertatio gegen die seit längerem zu beobachtende und 1640 besonders hervortretende Tendenz vieler Reichsstände, auch solcher protestantischer Konfession, sich neuerdings um den Kaiser zu scharen, um das Reich von den ausländischen Mächten zu befreien. Indem er sich auf die deutsch-germanische Geschichtsentwicklung stützte und die Identität des deutschen Staatsrechtes mit dem römischen ablehnte, suchte er - beträchtlich über die tatsächliche Rechtslage hinausgehend und sehr generalisierend - darzutun, daß es sich beim deutschen Reich im wesentlichen um keine Monarchie (monarchia aristocratica), sondern eine Aristokratie (aristocratia monarchice administrata), um eine souveräne Fürstenrepublik handele. Dementsprechend liege die administratio essentialis und eigentliche Souveränität bei der Gesamtheit der Reichsstände, beim Kaiser hingegen nur die administratio accidentalis. Die Habsburger jedoch maßten sich nicht nur die erbliche Kaiserwürde, sondern die Tyrannis und absolute Monarchie an. Man müsse deshalb die Vertreibung dieser „familia Germaniae nostrae fatalis“ aus ihren Rechten und Besitzungen im Reich, ja ihre Vernichtung sich zum obersten Ziel setzen.

    Zum Teil wurden hierbei Gedankengänge, welche die schwedische Partei schon früher entwickelt hatte, von C. aufgenommen und nur in vielem zu einer die bisherigen Darstellungen noch übertreffenden Schärfe gesteigert. Das für die schwedische Publizistik und schwedische staatsrechtliche Literatur Neue lag darin, daß C. innnerhalb dieses Kreises im wesentlichen als erster zum hauptsächlichen Fundament seiner Beweisführung die Idee der Staatsräson machte. Er ließ seine Gedankengänge nicht mehr vornehmlich auf der Vorstellung des bedrohten Glaubens beruhen und auf dem Libertätsbegriff in seiner altüberkommenen Form. Vielmehr unterbaute er denselben durch die Vorstellung der ratio Status, wie sie, im Italien des 16. und 17. Jahrhunderts entwickelt, eben damals ihren ideologischen Siegeszug durch ganz Europa nahm und in Deutschland durch A. Clapmar, J. H. Böckler, H. Conring und andere ihre Grundlegung erfahren hatte, neben die nun C. als einer der bedeutendsten Repräsentanten der deutschen Staatsräsonliteratur der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts trat.

    Ausgehend von der durch Clapmar zuerst vertretenen Auffassung, daß jede Staatsform ihre besondere Staatsräson habe, bediente sich C. dabei der ratio status zum Nachweis dessen, daß Deutschland eine Ständerepublik sei. Er verwendete die Staatsräson damit als erster für einen ganz antiabsolutistischen Zweck, indem er durch sie die Macht des Kaisers zu schmälern suchte, allerdings zugunsten der wachsenden absoluten Macht der Landesfürsten. Auch ging er insofern weiter als die meisten Staatsräsonlehrer in Deutschland, als er einen Rechtsbruch nicht nur bei einer unausweichlichen Notwendigkeit für zulässig erachtete, sondern auch dann, wenn es ohne das Vorhandensein einer solchen das allgemeine Staatswohl erfordere. Im übrigen betonte jedoch auch er, daß weder religio und pietas, noch fides, justitia und naturalis honestas durch die Staatsräson verletzt werden dürften.

    Die neue Basis ermöglichte es C., als Gegenschlag gegen die kaiserliche Beweisführung ausdrücklich die Ansicht abzulehnen, daß es sich noch um einen Glaubenskrieg handele, ein Argument, das bisher in der schwedisch-protestantischen Publizistik eine tragende Rolle gespielt hatte. Statt dessen stellte er in einer die bisherigen Vorstellungen sehr verengenden Weise die Auseinandersetzung ausschließlich als einen Kampf gegen die habsburgische Tyrannis für die reichsrechtliche und regionale Freiheit der Reichsstände hin. Er betonte dabei, daß auch die Kurfürsten ihre Prärogativen nur von den übrigen Reichsständen erhalten hätten, daß diese sie ihnen demgemäß jederzeit wieder nehmen könnten, und deutete an, daß er die Rechte der Kurfürsten gegenüber denen der anderen Reichsstände möglichst eingeschränkt wissen wollte. Diese Forderung gewann sehr bald für die Stellung Schwedens im Reich praktische Bedeutung, wie überhaupt die Dissertatio mit zum wichtigsten theoretischen Rüstzeug der Kaisergegner auf dem Westfälischen Friedenskongreß wurde, während sie erst in den fünfziger Jahren des 17. Jahrhunderts stärkeren literarischen Widerspruch erfuhr.

    1642 erhielt C. von dem schwedischen Kanzler Axel Oxenstierna den zunächst wohl privaten Auftrag, eine Geschichte der Teilnahme Schwedens an den Kriegsereignissen in Deutschland zu schreiben. Den ersten Teil des Werkes, der bis zum Tod Gustav Adolfs reicht, brachte er gleichzeitig in lateinischer und deutscher Fassung in einem Jahr zustande. Darauf 1644 zum offiziellen schwedischen Reichshistoriographen ernannt, legte er 1653 den zweiten Teil im Druck vor, der die Zeit bis zur Rückkehr Oxenstiernas aus Deutschland 1636 umfaßt und wie die weiteren Teile nur deutsch geschrieben ist. Nach Oxenstiernas Tod kam die Drucklegung der folgenden inzwischen von C. fertig gestellten Teile zum Erliegen. So konnten der dritte (nicht vollständig) und vierte Band (1636-41, beziehungsweise 1641-46) erst im 19. Jahrhundert aus dem Manuskript veröffentlicht werden, und von einem fünften und sechsten Teil haben sich nur Spuren erhalten.

    Der erste Teil des Werkes läßt noch vieles an Sorgfalt zu wünschen übrig. Nach 1644 jedoch standen C. die schwedischen Staatsarchive offen und er konnte somit ab 1636 seine Darstellung ganz auf dem schwedischen Aktenmaterial aufbauen, wie es bei gleichzeitigen Werken über den Dreißigjährigen Krieg sonst keinem Autor möglich war. Lange, mit großem Geschick aneinander gestellte Aktenzitate kennzeichnen C. Geschichtsschreibung, die auf weiten Strecken den Charakter einer reinen Wiedergabe archivalischer Belege trägt. Abgesehen von einer entschiedenen Parteinahme für Schweden tritt eine eigene Geschichtskonzeption dahinter ganz zurück, und C. Darstellungsweise zeichnet sich zwar durch eine für die Verhältnisse der Zeit beachtliche Kunst der Quellen- und Zitatenkompilation aus, geht im übrigen aber nicht über das sonst in der Historiographie des 17. Jahrhunderts Übliche hinaus. Lediglich sein Deutsch ist bemerkenswert gepflegt. Es rechnet zur besten deutschen Prosa der Zeit. C. Werk wurde zu einer wichtigen Grundlage für alle weiteren historiographischen Bemühungen um die Geschichte des Dreißigjährigen Krieges, zumal bei dem Stockholmer Schloßbrand von 1697 ein guter Teil der von C. benutzten Akten verloren gegangen ist. Samuel Pufendorf baute in weiten Teilen seiner Commentariorum de rebus Suecicis libri auf C. auf und zeigte sich auch in seinem De statu imperii Germanici liber stark von C. Dissertatio beeinflußt, überwand jedoch hier in vielem dessen Ansichten, ebenso wie er als Historiker über C. hinauskam.

  • Werke

    Weitere W Senatus deorum de praesentibus afflictissimae et periclitantis Germaniae miseriis et reducenda pace, o. O. 1626, dt. Nürnberg 1669 u. ö.;
    Kgl. schwed. in Teutschland geführten Kriegs 1. T., Alt-Stettin 1648, gleichzeitig in lat. Übers.: Belli Sueco-Germanici 1. p., Stettin 1648;
    Kgl. schwed. … Kriegs 2. T., Stockholm 1653, 3. u. 4. T., hrsg. v. F. A. Dahlgren, ebd. 1855, 56-59;
    Extremum vale, quod Axelio Oxenstierna Holmiae, in illustri senatorum regni et ordinum consessu, moesto ore dixit B. Ph. Ch., ebd. 1655.

  • Literatur

    ADB IV;
    F. Weber, Hippolithus a Lapide, in: HZ, Bd. 29, 1873, S. 254-306;
    L. Ranke, Zwölf Bücher Preuß. Gesch., Bd. 4, Analekten II („Über Chemnitz u. Pufendorf“), 1874 u. ö.;
    Stintzing-Landsberg II, S. 46-54 u. ö.;
    N. Goldschlag, Btrr. zur pol. u. publizist. Tätigkeit H. Conrings (Exkurse), Diss. Göttingen 1884;
    F. X. v. Wegele, Gesch. d. Dt. Historiogr. seit d. Auftreten d. Humanismus, 1885, S. 358-61 u. ö.;
    F. Gallati, „Der kgl. schwed. in Teutschland geführte Krieg“ d. B. P. v. C. u. seine Quellen, Zürich-Frauenfeld 1902;
    B. Boëthius, Svenskarne i de nedersachsiska och westfaliska kustländerna juli 1630-nov. 1632, …, Upsala 1912;
    H. Breßlau, in: Klassiker d. Pol., Bd. 3, 1922, S. 19 ff. u. ö. (Einl. zur Übers. v. Pufendorfs De statu imperii Germanici liber);
    R. Kunkel, Die Staatsraison in d. Publizistik d. 17. Jh. mit bes. Berücksichtigung d. dt. Publizistik, Diss. Kiel 1922 (ungedr.);
    F. Meinecke, Die Idee d. Staatsräson in d. Neueren Gesch., ³1929;
    E. Wolf, Große Rechtsdenker d. dt. Geistesgesch., ³1951, S. 326-32 u. ö.;
    Svenskt Biografiskt Leks. VIII.

  • Autor/in

    Friedrich Hermann Schubert
  • Zitierweise

    Schubert, Friedrich Hermann, "Chemnitz, Bogislaw Philipp von" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 198-200 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119533839.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Chemnitz: Bogislaus Philipp Ch., Geschichtschreiber und Publicist, geb. am 9. Mai 1605 zu Stettin, als der zweite Sohn des Professors zu Rostock und pommerschen Kanzlers Martin Ch. und Enkel des berühmten protestantischen Theologen gleichen Namens. Den juristischen und historischen Studien, denen er in Rostock und Jena obgelegen, gab er im Jahre 1627 den Abschied, um, dem Zuge der Zeit folgend, in Kriegsdienste zu treten, erst in niederländische, dann|in schwedische; im diplomatischen Dienste Schwedens stand auch der älteste Bruder Martin. Mit dem Range eines Capitäns entsagte dann Ch. dem Kriegshandwerk wieder und kehrte zu den Wissenschaften zurück. Vom 3. Jan. 1644 datirt sein Bestallungsdecret als deutscher Historiograph der königlichen Majestät zu Schweden, und schon einige Zeit vorher mag er die Hand an sein großes Geschichtswerk „Der Königl. Schwedische in Teutschland geführte Krieg“ gelegt haben. Im Jahre 1648 wurde er nebst seinen Brüdern in den schwedischen Adelstand erhoben, 1675 zum Hofrath ernannt und starb im Februar 1678 auf seinem Gut Hallstad in der Provinz Westmanland. Dies die dürftigen biographischen Notizen, die sich erhalten haben. Das Werk seines Lebens war die erwähnte große historische Arbeit, eine der vorzüglichsten Geschichtsquellen des dreißigjährigen Kriegs. Freilich zeigt das Buch weder unparteiischen Sinn, noch kunstvolle Darstellung, noch historische Durcharbeitung und Kritik, jedoch, eine sehr ausführliche officielle schwedische Kriegsgeschichte; durchweg „aus glaubwürdigen und mehrentheils Originalacten, Documenten und Relationen zusammengetragen“, enthält es eine große Fülle werthvollen, im Original verlorenen oder unzugänglichen Materials und Berichte aus den ersten militärischen und diplomatischen Kreisen. Der 1. Theil (vom Verfasser selbst deutsch und lateinisch bearbeitet) erschien 1648 zu Stettin, der 2. Theil, nur deutsch, Stockholm 1653; sie reichen vom Auftreten Gustav Adolfs in Deutschland bis Juni 1636. Neuerdings erst ist von einem 3. Theil das 1. Buch (Juli bis December 1636) und ein 4. Theil (die Feldzüge Torstensson's, 1641 bis 1646) gedruckt worden (Stockholm 1855, herausgegeben von Nordström). Der Rest des 3. Theils, sowie ein 5. u. 6. bis zum westfälischen Frieden reichender Theil sind verloren gegangen, wenn die beiden letzteren überhaupt jemals vorhanden waren. Bedeutender noch als der Geschichtschreiber ist der Publicist Ch. In ihm hat man nämlich mit höchster Wahrscheinlichkeit den Verfasser einer kleinen Flugschrift erkannt, welche ihrer Zeit ein ungeheures Aufsehen erregte und bis zum Ende des alten Reichs als ein epochemachendes Werk in der deutschen staatsrechtlichen Litteratur angesehen wurde. Das Libell erschien im Jahre 1640 als „Dissertatio de Ratione Status in Imperio nostro Romano-Germanico“, unter dem Pseudonym des Hippolithus a Lapide. Dieser Abriß der Reichsverfassung, in einer Zeit erschienen, da die staatsrechtlichen Verhältnisse Deutschlands aus dem Ruin des großen Kriegs einer Neuordnung entgegengingen, sucht, wie schon vorher, doch maßvoller, Limnäus u. A. gethan, nachzuweisen, daß dem Kaiser nach Gesetz und Herkommen ein äußerst bescheidener Rang in der Reichsverfassung zukomme, daß widerrechtlicher Weise die unersättliche habsburgische Herrschsucht die deutsche Fürstenaristokratie in eine Monarchie umgewandelt habe und daß die fast unbeschränkte Landeshoheit der deutschen Territorien, wie sie die fremden am Krieg betheiligten Kronen anstrebten und nachher der westfälische Friede sanctionirte, uraltes Recht sei. Von seinem mit viel Gelehrsamkeit und Scharfsinn, freilich auch mit offenbarer Entstellung der Thatsachen aufgebauten staatsrechtlichen System ausgehend, ergeht sich Hippolithus in den maßlosesten Schmähungen und erbittertsten Angriffen, wie sie in dieser Schärfe die keineswegs blöde polemische Litteratur des dreißigjährigen Krieges sonst nicht aufzuweisen hat, gegen die Habsburgische Dynastie, von deren völliger Verdrängung vom deutschen Boden allein er das Heil erwartet. Es ist eine Anklage gegen das Haus Oesterreich von großartiger Leidenschaft, eine Verurtheilung seiner ganzen traditionellen Politik, seiner Ziele, seines Strebens und Handelns seit Jahrhunderten. Mit dem Prager Frieden schien es, als ob Oesterreich eine Form gefunden habe, sich mit dem Reiche zu vertragen und die fremde Einmischung zurückzuweisen. Die Wirkungen dieses Friedens zu lähmen, den eingeschläferten Haß gegen Habsburg aufs neue zu entfachen, die|kriegssatten Gemüther zur Fortsetzung des Kampfes bis zur völligen Demüthigung Oesterreichs und der anerkannten verfassungsmäßigen Ohnmacht des Kaiserthnms anzustacheln, ist der Zweck des schneidigen Pamphlets, bei dem die schwedische Inspiration nicht zu verkennen ist.

    • Literatur

      Pütter, Litt. des teutschen Staatsrechts I. 211. F. Weber, Hipp. a Lapide in v. Sybel's Historischer Zeitschrift XXIX.

  • Autor/in

    Fr. Weber.
  • Zitierweise

    Alberti, Eduard, "Chemnitz, Bogislaw Philipp von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 4 (1876), S. 114-116 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119533839.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA