Lebensdaten
1616 – 1683
Geburtsort
Freiburg (Breisgau)
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
österreichischer Staatsmann
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119265648 | OGND | VIAF: 27877676
Namensvarianten
  • Hocher von Hohenburg und Hohenkräen, Johann Paul Freiherr
  • Hocher, Johann Paul (bis 1660)
  • Hocher, Johann Paul von (1660-1667)
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Zitierweise

Hocher, Johann Paul Freiherr von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119265648.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Arbogast Hocher (um 1570–1649), Prof. d. Rechte u. Advokat in F.;
    M Maria Magd. Mager ( 1650);
    1) 1643 Maria Helena ( 1660), T d. Gutsbes. Leonhard Kerschbaumer in Salurn u. d. Maria Kunigunde Coreth v. Starkenberg, 2) 1660 Rosina verw. v. Mitterhofen, T d. Franz Frhr. v. Enzenberg u. d. Barbara Troilo v. Troiburg;
    5 T aus 1), u. a. Franziska ( Hans Georg Gf. v. Kuefstein, 1645–99, kaiserl. GR).

  • Biographie

    H. studierte in Freiburg, praktizierte bei seinem Vater und floh 1635 vor den Schweden nach Innsbruck. Ein Bozener Advokat nahm ihn als Mitarbeiter auf. H. machte sich bald selbständig und führte mit seinem ehemaligen Dienstgeber lange Prozesse, die er schließlich gewann. 1642 erlangte er den Doktorgrad, wahrscheinlich in Freiburg. 1652 wurde er Regierungsrat Erzherzog Ferdinand Karls in Innsbruck, 1655 Vizekanzler. Er ließ sich aber bald von den Geschäften entheben und kehrte zur gewinnreichen Praxis nach Bozen zurück. 1660 wurde er Hofrat und Hofkanzler beim Bischof von Brixen. Von Erzherzog Sigismund Franz wurde er 1662 zum Kanzler der Tiroler Regierung ernannt. Sein Ruhm als Jurist war inzwischen so hoch gestiegen, daß er 1661 und 1663 von Leopold I. in den Reichshofrat berufen wurde. Infolge des Widerstandes des Bischofs von Brixen und des Erzherzogs konnte er aber diesem Ruf nicht Folge leisten. 1662-65 übernahm er im Namen des Erzhauses das Direktorium des Fürstenrates am Reichstag zu Regensburg.

    Beim Rückfall Tirols an die habsburgische Hauptlinie 1665 wurde H. österreichischer Hofvizekanzler und behielt von Wien aus auch die Leitung der Tiroler Geschäfte. 1667 wurde er österreichischer Hofkanzler und Mitglied der Geheimen Konferenz. Als homo novus hatte er viele Feinde, setzte sich aber immer mehr durch, besonders als nach dem Sturz des Fürsten Johann Weikhard von Auersperg der Obersthofmeister Wenzel Eusebius Fürst Lobkowitz der Leiter der kaiserlichen Politik wurde, der H. sehr begünstigte, wenn er sich auch gelegentlich über dessen Ignoranz und Ungeschick im Verkehr mit fremden Diplomaten lustig machte. H. folgte damals der frankreichfreundlichen unentschlossenen Politik des Fürsten und war zur Vermeidung eines Zweifrontenkrieges ein Gegner des Anschlusses an die Tripelallianz. Erst nach|dem Überfall Ludwigs XIV. auf die Niederlande entschloß sich auch er zu einem energischeren Vorgehen. Am Sturze seines Gönners, des Fürsten Lobkowitz, war H. unmittelbar beteiligt. Durch den Verrat des Sekretärs des französischen Gesandten Grémonville gelangte H. in den Besitz von Korrespondenzen, die er dem Kaiser übergab. H. wurde in der Geheimen Konferenz zu den Beratungen über das Schicksal des Fürsten zugezogen und hat ihm 1674 den kaiserlichen Verbannungsbefehl übergeben. Damit wurde H., der das Vertrauen der neuen Kaiserin, Claudia Felicitas von Tirol, besaß, bis zu seinem Tod zum einflußreichsten Mann bei Hof.

    Vorher schon hat er als Leiter der Untersuchung gegen die ungarischen Magnaten Zrínyi, Nádasdy und Frangepány für deren Tod plädiert und die Vollstreckung beim Kaiser durchgesetzt. Durch diese Härte und die ebenfalls von H. vertretene absolutistische Politik in Ungarn wurde der Kuruzzenaufstand und schließlich der Krieg mit der Pforte ausgelöst. Am Magnatentag von Preßburg 1678 hat H. mit dem unglücklichen Ausspruch „Die Ungarn sind alle Verräter“ am meisten zum Fehlschlagen der von der Kurie eingeleiteten Ausgleichsverhandlungen beigetragen. H. galt als ehrlich, gewissenhaft und als unermüdlicher Arbeiter, von der Last der Geschäfte fast erdrückt, die infolgedessen sehr schleppend erledigt wurden. Oft wurde ihm Pedanterie, aber nur vom venezianischen Gesandten Michiele grobe Bestechlichkeit vorgeworfen. H. war ein eifriger Katholik, ein Günstling der einflußreichen kaiserlichen Beichtväter und soll sogar politische Entscheidungen von den Ratschlägen der Mystikerin Giovanna Maria della Croce abhängig gemacht haben. Bei seinem Tod hinterließ er die Herrschaft Hohenkrähen im Hegau, nach der er oft genannt wird, und ein für die damalige Zeit gewaltiges Vermögen von über 700 000 Gulden, das Michiele rechtzugeben scheint. H. war als unbedingter Vertreter des fürstlichen Absolutismus ein Kind seiner Zeit, durch seine zehnjährige Leitung der Wiener Politik, die allerdings die Schwierigkeiten des Kaisers eher vermehrte und zu erheblichen Mißerfolgen führte, hat er europäische Bedeutung erlangt.

  • Literatur

    ADB XII;
    A. F. Pribram, Aus d. Ber. e. Franzosen üb. d. Wiener Hof, in: MIÖG 12, 1891;
    ders., Franz Paul Frhr. v. Lisola u. d. Pol. s. Zeit, 1894;
    ders. u. M. Landwehr v. Pragenau, Privatbriefe Kaiser Leopolds I. an d. Gf. Pötting, 1904;
    W. Fraknói, Papst Innozenz XI. u. Ungarns Befreiung, 1902;
    O. Redlich, Ein angebl. Gutachten d. Hofkanzlers H. üb. d. ungar. Magnatenverschwörung, in: Btrr. z. neueren Gesch. Österreichs 4, 1908;
    ders., Das Tagebuch d. Esaias v. Pufendorf, in: MIÖG 37, 1917;
    ders., Weltmacht d. Barock, Österreich u. d. Zeit Kaiser Leopolds I., ⁴1961;
    K. Gf. Kuefstein, Stud. z. Fam.gesch. III, 1915 (P);
    G. v. Antal u. J. Ch. de Pater, Weensche Gezantschapsberichten I, 1929;
    O. v. Gschließer, Wie Kaiser, Erzherzog u. Bischof um e. Bozener Advokaten kämpften, in: Der Schlern 19, 1938;
    ders., Der Reichshofrat, 1942;
    A. Coreth, Die Mystik d. Klarissin Giovanna Maria della Croce, in: Jb. f. myst. Theol. 1, 1954.

  • Porträts

    Kupf. v. M. v. Somern (Innsbruck, Mus. Ferdinandeum), Abb. b. Kuefstein, s. L.

  • Autor/in

    Hans Wagner
  • Zitierweise

    Wagner, Hans, "Hocher, Johann Paul Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 287-288 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119265648.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hocher: Johann Paul H., Sohn eines Professors und Advokaten zu Freiburg im Breisgau, am 12. August 1616 daselbst geboren, floh 1635 vor den Schweden nach Innsbruck, fand Beschäftigung bei dem Advokaten D. Drächsl in Botzen, zerfiel aber später mit demselben und trat nun selbständig als Advokat auf. Zwar verwickelte ihn Drächsl aus Rachsucht in einen Proceß, doch gewann er denselben und lenkte zugleich die Aufmerksamkeit des erzherzogl. Hofes auf sich, so daß er 1652 Regierungsrath und 1655 Vicekanzler von Tirol wurde. 1656 auf sein Ansuchen dieses Amtes wieder enthoben, lebte er bis 1660 abermals meist in Bozen, wurde im letztgenannten Jahre geadelt und fürstl. bischöflicher Hofrath und Hofkanzler zu Brixen. 1662 machte ihn Erzherzog Sigmund Franz zum Regierungskanzler. Doch gleichzeitig übertrug ihm der Kaiser mit dem Charakter eines Reichshofrathes das Directorium des Fürstenrathes auf dem Regensburger Reichstage, wo er bis 1665 thätig war. Der Tod des Erzherzogs Sigmund Franz rief H. nach Tirol, das jetzt an den Kaiser fiel, zurück. Von diesem zum österreichischen Hofvicekanzler ernannt, vertrat er|bei der Erbhuldigung zu Innsbruck den erkrankten Hofkanzler Graf Sinzendorf, dem er, als derselbe 1665 starb, in diesem Amte folgte. Als Hofkanzler gehörte H. zur geheimen Conferenz und waltete seines Amtes, das dem heutigen Ministerium des Innern entsprach, in einer der schwierigsten Epochen Oesterreichs; es kann uns daher nicht Wunder nehmen, wenn derselbe von seinen Beurtheilern je nach deren Parteistandpunkte bald gelobt, bald getadelt wird. Die fremden Gesandten, welche mit ihm in Berührung kamen, lobten übereinstimmend seine große Geschäftskenntniß und seinen rastlosen Fleiß. Dabei arbeitete er jedoch langsam und sprach ermüdend. Auch verleugnete er als Staatsmann den einstigen Advokaten nicht. Seine Treue und Verschwiegenheit war zweifellos. Er war unbestechlich, für Schmeicheleien und Auszeichnungen unzugänglich. Er genoß das volle Vertrauen des Kaisers. Die größten Herren scheuten sich nicht, um sein Fürwort zu bitten. Dabei war H. viel gehaßt und verfolgt und es fehlte nicht an, freilich vergeblichen, Versuchen, ihn zu stürzen. Am meisten haßten ihn die Ungarn und alle jene, welche an den ständischen Freiheiten hingen. Denn H. war streng absolutistisch gesinnt. In den Processen gegen Zrinyi, Frangepani und Nádasdy führte H. den Vorsitz und ebenso in jenem Gerichtshofe, welchem die Revision der Tattenbach’schen Proceßacten übertragen wurde. Auch befürwortete er die Einführung eines Gouvernements in Ungarn. Hocher's Hauptgönner war Lobkowitz, doch trennten sich in der Folge ihre Wege. Lobkowitz, der den offenen Bruch mit Frankreich um jeden Preis vermeiden wollte, büßte allmälig das Vertrauen des Kaisers ein, der sich seit 1673 mit Vorliebe in wichtigen Fragen an H. wendete. H. war es auch, der sich durch einen einstigen Kammerdiener von Gremonuille's Secretär die Depeschen verschaffte, welche Lobkowitzens Sturz zur Folge hatten. H., welcher die schärfsten Stellen daraus dem Kaiser mittheilte, gehörte jener Commission an, die der Kaiser zur Untersuchung der Schuld seines ersten Ministers niedersetzte, und übergab am 17. October 1674 dem letzteren das kaiserliche Decret, worin ihm seine Absetzung und Verbannung vom Hofe angekündigt wurde. Dagegen behauptete sich H. bis an seinen Tod im Vertrauen des Kaisers, der auf sein Anrathen die Universität Innsbruck (1677) gründete und ihm die kleine in der Grafschaft Nellenburg gelegene Herrschaft Hohenkrän verlieh (1671), wovon man ihn vielfach H., Freiherrn von Hohenkrän genannt findet. H. starb zu Wien am 1. März 1680. Er war zwei Mal vermählt. Seine erste Frau, die er am 7. Juli 1643 ehelichte, M. Helene Kerschbaumer, Tochter eines wohlhabenden Gutsbesitzers zu Salurns, starb 1660. Sie hinterließ ihm fünf Töchter, aber keinen Sohn. Er vermählte sich noch in demselben Jahre mit der Wittwe Rosina v. Mitterhofen, geb. v. Enzenberg zu Schlanders, dir aus erster Ehe drei Kinder, darunter einen Sohn, ihm zubrachte. Hocher's Bildniß wird im Ferdinandeum zu Innsbruck aufbewahrt.

    • Literatur

      Vgl. die Gesandtschaftsberichte des Esaias Pufendorf (hsg. von K. G. Helbig, Leipzig 1862, namentlich S. 70) und des Justus Eberhard Passer (Arch. f. K. ö. Gesch., XXXVII. 365, 66), sowie der Botschafter Venedigs (Font. res. Austr. XXVII.), den Aufsatz: Johann Paul Hocher in der Neuen Zeitschrift des Ferdinandeums, V. u. besonders A. Wolf. Fürst Wenzel Lobkowitz. Wien 1869.

  • Autor/in

    v. Zeißberg.
  • Zitierweise

    Zeißberg, Heinrich von, "Hocher, Johann Paul Freiherr von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 12 (1880), S. 520-521 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119265648.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA