Dates of Life
1711 – 1781
Place of birth
Halle/Saale
Place of death
Laublingen (Thüringen)
Occupation
Dichter ; evangelischer Theologe
Religious Denomination
evangelisch?
Authority Data
GND: 119023784 | OGND | VIAF: 44369686
Alternate Names
  • Lange, Samuel Gotthold
  • Damon
  • Lang, Samuel Gotthold
  • more

Objekt/Werk(nachweise)

Places

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Citation

Lange, Samuel Gotthold, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119023784.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Joachim (s. 1);
    M Charlotte Elisabeth Leyser;
    1) Anna Dorothea Gnüge (Ps. Doris, 1764), Dichterin (s. Kosch, Lit.-Lex.), 2) N. N.;
    1 S aus 1).

  • Biographical Presentation

    L. erhielt den ersten Unterricht durch seinen Vater. Als Neunjähriger trat er in die Schule des Magdeburger Klosters, später in die des Hallischen Waisenhauses ein. Mit 16 Jahren begann er Theologie zu studieren, hörte aber auch philologische, naturwissenschaftliche und medizinische Vorlesungen. 1734 beteiligte er sich maßgeblich an der Gründung einer „Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“. Im selben Jahr lernte er J. I. Pyra (1715–44) kennen, mit dem ihn bis zu dessen Tod eine produktive poetische Freundschaft verband. 1736 fuhr er nach Berlin, wo er sich in die Streitigkeiten seines Vaters mit Wolff einschaltete, weshalb er die Stadt bald wieder verlassen mußte. Ein Jahr später erhielt er die Predigerstelle in Laublingen b. Halle. Sein Freund Pyra widmete ihm zur Ordination das bedeutende Gedicht „Der Tempel der wahren Dichtkunst“. L.s literarische Aktivitäten brachten ihn in einen ausgedehnten Austausch mit Anhängern der gegen Gottsched gerichteten Zürcher Ästhetiker Bodmer und Breitinger (vgl. die „Sammlung gelehrter und freundschaftlicher Briefe“, 2 Bde., 1769 f.). Nach dem frühen Tod Pyras gab Bodmer die Gedichte der beiden Freunde unter dem Titel „Thirsis und Damons freundschaftliche Lieder“ (1745, ²1749, Nachdr. 1885) heraus. Diese Sammlung erregte berechtigtes Aufsehen; sie gilt als Hauptdokument des älteren Hallenser Dichterkreises. Als besonders folgenreich erwies sich die Ablehnung des Reims und die Orientierung an der Odenform des Horaz: in ihr fand der begeisterte Schwung einer säkularisierten pietistischen Religiosität die geeignete Form; an die Stelle der Sprache des Witzes suchte dieser Dichterkreis eine Sprache des Herzens zu setzen. Gegen eine solche Auffassung von empfindsamer Lyrik wandte sich die Gottsched-Schule. Es entbrannte ein Streit um die Entbehrlichkeit des Reims, der von A. G. Kästner, G. F. Meier, L. und Sulzer geführt wurde. 1747 gab L. die „Horatzische(n) Oden“ heraus mit einer Vorrede (Vom Werthe der Reime) von G. F. Meier (Faks.dr. mit Nachwort v. F. Jolles, 1971). Die Gedichte hatten einen Achtungserfolg, der den der ersten Sammlung nicht erreichte. Jördens bemerkt dazu: „Er wurde vom Feuer des Horaz erwärmt, aber nicht entzündet.“ Dennoch hielt man L. als Übersetzer des Horaz für eine Autorität. Als seine Übersetzung aller Oden nach neunjähriger Arbeit 1752 erschien, war die Kritik enttäuscht. Der junge Lessing fertigte den bekannten Übersetzer in einer vernichtenden Weise ab: im|„Hamburger Correspondenten“ weist er nach, daß L. weder, wie er im Vorwort versprochen, die besten Horazeditionen herangezogen, noch schülerhafte Übersetzungsfehler vermieden habe. Der Angegriffene reagierte gereizt und langatmig und fügte, da er die sachlichen Vorwürfe nicht widerlegen konnte, persönliche Verdächtigungen hinzu. Lessing schlug mit einer seiner schärfsten Polemiken zurück: „Ein Vademekum für den Herrn S. G. L. Pastor in Laublingen, in diesem Taschenformat ausgefertiget von Gotth. Ephraim Lessing, Berlin 1754.“ L.s Ansehen blieb nach dieser Fehde schwer angeschlagen. Gleichwohl ist aus historischer Sicht dazu anzumerken, daß die großen Übersetzungsleistungen erst Jahrzehnte später möglich waren. Was er weiterhin veröffentlichte (geistliche Lyrik insbesondere), blieb hinter den ästhetischen Ansprüchen seiner Zeitgenossen, die er neben anderen selbst geweckt hatte, zurück. Er wurde immer mehr als „Überbleibsel einer großen Zeit“ (Danzel) angesehen. Daß L. jedoch, nach einem spitzen Wort Heines, nur dank der Polemik Lessings überhaupt noch bekannt sei, ist übertrieben, hat er doch an der Entwicklung der deutschen Lyrik zwischen 1740 und 1750 als Anreger und Förderer des Hallenser Dichterkreises wesentlich mitgewirkt. Zusammen mit Pyra kommt ihm das Verdienst zu, erstmals auf den Zwang des Reims verzichtet und in Anlehnung an Horaz einer neuen Odenauffassung vorgearbeitet zu haben, die allerdings erst Spätere zu künstlerischer Vollkommenheit zu führen vermochten.

  • Works

    Weitere W u. a. Freundschaftl. Briefe, 1746, ²1760;
    Eine wunderschöne Historie v. d. gehörnten Siegfried d. Zweyten, 1747 (Satire gegen d. Herrnhuter);
    Poet. Betrachtungen üb. d. sieben Worte d. sterbenden Erlösers, 1757;
    Die besiegten Heere, e. Ode, nebst e. Jubelgesange d. Preußen, 1758;
    Die Oden Davids, od. poet. Übers. d. Psalmen, 1760;
    Der glorreiche Friede im J. 1763, 1763;
    Der Comet, mein letztes Gedicht, 1769;
    Einer Gesellschaft auf d. Lande poet., moral., ökonom. u. krit. Beschäftigungen, 1777;
    Leben G. Friedrich Meiers, 1778. -
    Hrsg. (mit G. F. Meier) v. Moral. Wschrr.: Der Gesellige, 1748-50;
    Der Mensch, 1751-56;
    Der Glückselige, 1763-68;
    Das Reich d. Natur u. d. Sitten, 12 Bde., 1757-62.

  • Literature

    ADB 17;
    W. Fisch, Gen.major v. Stille u. Friedrich d. Gr. contra Lessing, 1885;
    Th. W. Danzel, G. E. Lessing I, 1880, S. 245;
    Erich Schmidt, Lessing, ²I, 1899, S. 235-43;
    H. Geppert, S. G. L., d. Gründer d. ersten Hallens. Dichterschule, s. Leben u. Werk, Diss. Heidelberg 1923 (ungedr.);
    W. P. Hanson, L., Pyra and „Anacreont. Tändeleien“, in: German Life and Letters 18, 1964/65, S. 81-90;
    C. Schuppenhauer, Der Kampf um d. Reim in d. dt. Lit. d. 18. Jh., 1970, S. 310-66.

  • Portraits

    Gem., 1758 (Halberstadt, Gleimhaus), Abb. b. Wilpert, Literatur in Bildern.

  • Author

    Christoph Siegrist
  • Citation

    Siegrist, Christoph, "Lange, Samuel Gotthold" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 549-550 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119023784.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Lange: Samuel Gotthold L., Dichter, geb. 1711 zu Halle, Sohn des auch durch Streitigkeiten mit Wolfs und grammatische Grillen bekannten Prof. theol. Joachim Lange, besuchte das Magdeburger Kloster und das Hallesche Waisenhaus, trieb in der Vaterstadt neben theologischen und philologischen auch naturwissenschaftliche Studien, gründete eine kleine Gesellschaft für deutsche Sprache. Poesie und Beredsamkeit, weilte 1736 in Berlin, ward 1737 Pastor in Laublingen bei Halle, heirathete Anna Dorothea Gnüge, verlor 1764 die Gattin und den einzigen Sohn (vgl. „Denkmal ehelicher und väterlicher Liebe“, 1765),|schloß später eine zweite Ehe und starb zu Laublingen am 25. Juni 1781, wenige Monate nach dem Manne, der seinen litterarischen Ruf vernichtet hat. Vor Lessing's Vademecum galt L. als ein Hauptvertreter der aussteigenden Poesie. Er besaß von 1734 bis 1744 in J. J. Pyra einen hochbegabten Freund und Leiter. Bodmer knüpfte mit ihm an. Bald war L. sehr intim mit den Zürichern, mit Sulzer, Waser, Hirzel (vgl. L. Meister, Charakteristik deutscher Dichter. 2, 106 ff.), Spreng; hinzutraten der Hallenser Aesthetiker Meier (Lange 1778 „Leben G. F. Meier's"), Gleim und Kleist. Vgl. „Freundschaftliche Briefe“, 1746 (1760), Vorläufer des später in Gleim's Kreise gesteigert üblichen Getändels. Dagegen ist die „Sammlung gelehrter und freundschaftlicher Briefe“ I, 1769, II, 1770 — ein Zeugniß zugleich von Lange's Beschäftigung mit mhd. und Volkslyrik — wichtig für die litterarischen Parteiungen der vierziger Jahre. L. plante eine Wochenschrift mit Gleim und eine Epopöe „Die Eroberung von Leipzig" (1, 125) gegen Gottsched. Man lise seine plumpe Ode „Der Gegenparnaß“ und die Verherrlichung der Züricher „Die Kunstrichter“ etc. (Horatzische Oden S. 151 ff., 91 ff.; auch Loblieder auf Haller, Henzi, Hagedorn, Gleim). L. suchte in Berlin festen Fuß zu fassen; aber sein selbst dichtender Mäcen General Stille starb bereits 1752. Nach Pyra's Tod hatte Bodmer die Gedichte der beiden Freunde, deren Namen durch poetischere schäferliche ersetzend, veröffentlicht als „Thirsis und Damon's freundschaftliche Lieder“. Zürich 1745; L., der 1745 einen kleinen Strauß mit einem Hamburger Recensenten hatte, besorgte selbst die zweite Auflage 1749. Pyra-Thirsis steht weit voran. Sein „Erweis“ gegen Gottsched ist eine bedeutende kritische Leistung, seine Dichtungen zeigen das Streben nach Erhabenheit, Ernst, Schwung und neuen reimlosen Formen. Auch L. will den „Schwarm gedankenloser Reimer" bekriegen; zu den „Horatzischen Oden“ schrieb Meier eine Vorrede vom Werth der Reime. Derselbe berichtet am 5. Febr. 1740: „den Gott schedianern sind die freundschaftlichen Lieder ein Dorn im Auge“. Sie bildeten den Freundschaftscult Klopstock's vor. Sie dienten der Religion; 1745 schrieb L. an einem größeren Gedicht „Moses“ (Briefe 2, 214). Sie weisen auch durch ihre zwischen antiken Strophen und modernen Versen vermittelnde Form auf das Alterthum zurück. Aber der erhebenden Gegenwart Preußens ward ihr Recht. Wenn der Landpastor Familienfeste mit Doris und Hylas oder Freundesbesuche feiert, erscheint er als Vorläufer Schmidt's von Weineuchen. Man bemerkt anakrcontisch-gesellige Elemente. Das Ideal ist Horaz: „Damon empfängt von Horatz die lesbische Leyer“. L. gilt bis zum Vademecum für den deutschen Horaz. Seine „Horatzischen Oden“ erschienen 1747, darin manches ansehnliche Stück, jedoch erst Klopstock vermochte klassische Form mit würdigem Inhalt zu füllen. Frau Lange erwarb durch beigegebene Oden auf den König und die Alpen (Anregung Haller's, ins französische übersetzt) großen aber vergänglichen Ruhm. Das Wichtigste in dem Band sind die Gesänge an Friedrich II. Vgl. Pyra F. L. 78 ff. Lange's „Siege Friedrichs“ (auch französisch) thaten große Wirkung. 1752 widmete er seine laut der selbstbewußten Vorrede seit neun Jahren vorbereitete Horazübersetzung ("Quinti Horatii Flacci odarum libri V et de arte poetica liber unus cum traductione poetica S. G. Langii“, dazu noch ein deutscher Titel) dem König, gab eine Ode „An den König“ bei und erhielt ein gnädiges Handschreiben (Pröhle, Friedrich der Große und die deutsche Litteratur S. 42). Dies Buch ward sein Verhängniß. Die Vorrede spricht von gewissenhafter Prüfung der Varianten und der Originaltext, links neben der Uebersetzung gedruckt, ist ganz unkritisch behandelt. Sie spricht von freier Wortstellung und Metrik und ein verschrobenes Undeutsch (troß einiger wohlgelungenen Paraphrasen) so wie eine außer im frei behandelten sapphischen Maß indeclamable|rhythmische Prosa. Verse, die nicht antik, nicht modern sind, verunstalten, abgesehen von nüchternen und pedantischen Ausdrücken, die Uebertragung. Die Epistula ad Pisones in reimfreien Alexandrinern. Zudem enthielt die Arbeit zahlreiche Donatschnitzer gröbster Art. Lessing that am 9. Juni 1752 dem Prof. Nicolai die Absicht einer scharfen Beurtheilung kund, gab diese Kritik im 24. der „Briefe“, wieder abgedruckt (wol durch Lange's Gegner von 1745?) im Hamburger Correspondenten 1753 Nr. 178 ff., L. vertheidigte sich erbärmlich und verdächtigte zugleich Lessing's Charakter, worauf Lessing jenes ausführlichere grausam spielende, schließlich zu empörtem Pathos übergehende Todesurtheil veröffentlichte, das er nach einem Spottwort Lange's über das Vademecumformat seiner „Schriften“ in 12“ betitelte: „Ein Vade Mecum für den Hrn. Sam. Gotth. Lange Pastor in Laublingen, in diesem Taschenformate ausgefertiget von Gotth. Ephraim Lessing, Berlin. 1754“. Nochmals griff L. zur Feder. Er war, obwol ihn seine Freunde nicht ganz fallen ließen, eine gestürzte Größe. Was er sonst geschrieben, entbehrt der historischen Bedeutung. 1747 ein Pamphlet im Volksbuchton gegen die Zinzendorf’schen Lieder und im besonderen gegen einen Herrnhuter Vekämpfer Baumgarten's, Siegfried: „Eine wunderschöne Historie von dem gehörnten Siegfried dem Zweiten", 1757 geistliche Gedichte, breites Geversel über die sieben Worte am Kreuz; 1760, Breitinger gewidmet, „Die Oden David's" in schwunglosen Reimversen; ein weitschweifiges Scherzgedicht „Der Komet", 1769 und ein paar Satiren, mehrere moralische Wochenschriften mit Meier „Der Gesellige", „Das Reich der Natur und der Sitten" u. s. w. bis zu den „Poetischen, moralischen, ökonomischen und kritischen Beschäftigungen einer Gesellschaft auf dem Lande“, 1777. In Echirach's Magazin publicirte er II, 2, 18 ff. Kleist's „Landlust“ nach der Handschrift. Auch mit Klotz und Jacobi sehen wir ihn freundschaftlich verbunden (vgl. Hagen 2, 173 ff. 1, 176). Eines seiner letzten Gedichte heißt „Bey Klotzens Grabe“.

    • Literature

      Vgl. noch Briefe der Schweizer S. 82 ff. Sauer, Ewald von Kleist's Werke, Berlin, Hempel II, III. Jördens 3, 140 ff. Lessing's Werke XIII, 1 (ed. Grosse), Berlin, Hempel.

  • Author

    Erich Schmidt.
  • Citation

    Schmidt, Erich, "Lange, Samuel Gotthold" in: Allgemeine Deutsche Biographie 17 (1883), S. 651-653 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119023784.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA