Lebensdaten
1818 – 1850
Geburtsort
Hamburg
Sterbeort
Leipzig
Beruf/Funktion
Literaturhistoriker ; Philosoph
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 119132869 | OGND | VIAF: 34586533
Namensvarianten
  • Danzel, Theodor Wilhelm
  • Danzel, Th. W.
  • Danzel, Theod. Guil.
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Danzel, Theodor Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119132869.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Frdr. Nik. (1792–1847), Dr. med., Arzt in Hamburg, S des Nicolas Alexandre D., Vicomte de Boismont (1749–1832), kam aus Abbeville als Prinzenerzieher kurz vor der franz. Revolution an den Berliner Hof, dann nach Kopenhagen, später Prof. der franz. Literatur in Hamburg, gründete eine Schule, u. der Marg. Elis. Brütt aus Hamburg;
    M Anna Cath. (1786–1849), T des Libert Westphalen (1750–1813), aus Hamburger Kaufmannsfamilie (s. ADB XLII), u. der Cath. Eding (1754–1807) aus Hamburg;
    B Aug. Frdr. (1822–1889), Chirurg, Leiter des Marienkrankenhauses in Hamburg; ledig; Neffe (Sohn v. Aug. Frdr.) Theodor Wilh. (1854–1902), Dr. iur., Vizepräsident der Hamburger Bürgerschaft, Landgerichtspräsident; Großneffe (Enkel v. Aug.|Frdr.) Theodor Wilh. (1886–1954), Ethnologe u. Völkerpsychologe, Kustos u. Abteilungsleiter am Mus. für Völkerkunde, ao. Prof. an der Univ. in Hamburg (W u. a. Der magische Mensch, Vom Wesen der primitiven Kultur, 1928).

  • Biographie

    Krankheit überschattete D.s Leben von Kindheit an. Er wuchs in der liebevollen Fürsorge seiner Mutter auf. Diese zu erwidern, hat ihm später die einzige menschliche Erfüllung bedeutet. Bis zu seinem 13. Jahr erhielt er Privatunterricht, dann besuchte er das Johanneum und zuletzt das Gymnasium in Hamburg. Von 1837-41 studierte er in Leipzig, Halle, Berlin und Jena Philosophie. Während der nächsten Jahre bereitete er sich zuhause auf die Habilitation vor, die 1845 in Leipzig erfolgte. Wachsende gesundheitliche und materielle Schwierigkeiten, auch tiefgehende persönliche Enttäuschungen überwand er mit immer neuer Anstrengung aller Kräfte, so daß ihm neben einer umfangreichen Lehrtätigkeit bedeutende wissenschaftliche Leistungen gelangen. Von Hegel hatte er seinen Ausgang genommen. Die philosophische Ästhetik wurde sein erstes selbständiges Arbeitsgebiet. Bald trat die Literatur, anfänglich nur beispielhaft herangezogen, in den Mittelpunkt seiner Interessen. Dem Subjektivismus der Romantik und den Aktualitätsforderungen des Jungen Deutschland stellte er eine historische Methode der Literaturforschung entgegen, die über die möglichst vollständige Materialverarbeitung zu den inneren Gesetzlichkeiten der Entwicklung vordringen sollte. Sein besonderes Anliegen war die wissenschaftliche Biographie: er betrachtete sie als notwendige Vorstufe der Literaturgeschichtsschreibung. Der gerechteren Würdigung Gottscheds bereitete er durch eine umfassend erläuternde Edition seines Briefwechsels den Weg. D.s Lessingbiographie, von der er nur den 1. Band vollenden konnte, ist zu Unrecht durch Erich Schmidts glanzvollere Leistung verdunkelt worden. In Wahrheit stellt sie die Grundlage aller späteren Lessingforschung dar. Sie verbindet das geschichtliche Verstehen mit der Darstellung der individuellen Einzigartigkeit, der „Urtat seines Geistes“. Von D. selbst gilt, was er von Lessing sagte: „er wußte sich, insofern er Gelehrter ward, als Menschen zu ergreifen, die gelehrte Tätigkeit sub specie der menschlichen zu konzipieren“.

  • Werke

    Plato quid de philosophandi methodo sen-serit… explicavit, 1841;
    Über Goethes Spinozismus, Ein Btr. z. tieferen Würdigung d. Dichters, 1843;
    Über d. Ästhetik d. Hegelschen Philos., 1844;
    Plato philosophiae in disciplinae formam redactae parens et auctor, 1845;
    Gottsched u. s. Zeit, Auszüge aus s. Briefwechsel, 1848;
    G. E. Lessing, Sein Leben u. s. Werke I, 1850, II bearb. v. G. E. Guhrauer, 1854, ²hrsg. v. W. v. Maltzahn u. R. Boxberger, 2 Bde., 1880/81;
    Ges. Aufsätze, hrsg. v. O. Jahn, 1855.

  • Literatur

    ADB IV;
    O. Jahn, Th. W. D., in: Jahn, Biogr. Aufsätze, 1866, S. 165-220 (Wiederabdr. d. Einl. z. d. Ges. Aufsätzen D.s, 1855);
    O. Mann, Lessing, 1949, Einl., S. 26 f.;
    P. Suhrkamp, Dt. Geist, 21953, II, S. 145 ff.;
    Kosch, Lit.-Lex.;
    - Zu Groß-V
    Nicolas: Lex. d. hamburg. Schriftsteller, 1849, S. 633.

  • Autor/in

    Adalbert Elschenbroich
  • Zitierweise

    Elschenbroich, Adalbert, "Danzel, Theodor Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 513-514 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119132869.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Danzel: Theodor Wilhelm D., philosophisch gebildeter, geschmackvoller und eben so gründlicher Gelehrter, geb. den 4. Febr. 1818 zu Hamburg als Sohn eines Arztes, hatte von frühester Jugend an sein ganzes Leben hindurch mit einem gebrechlichen Körper und ungünstigen Verhältnissen zu kämpfen. Um so früher entwickelte sich jedoch sein geistiges Leben: in seinem Nachlaß fanden sich ganze Stöße und mehrere starke Bände von Dichtungen aus seiner Knabenzeit, von denen er, ein abgesagter Feind jedes Dilettantismus, nie Erwähnung gethan hatte, die aber gleichwol Zeugniß ablegen von einer diesem Alter sonst ungewohnten geistigen Reife und Entschiedenheit. Wohl ausgerüstet mit philologischen und philosophischen Kenntnissen — eine Abhandlung über Plato's Lehre von der Seele, mit welcher er seine Schulzeit beschloß, gewann ihm die Anerkennung seiner Lehrer in ungewöhnlichem Grade — bezog er Ostern 1837 die Universität Leipzig, sah sich jedoch, besonders da ein heftiger Krankheitsanfall ihn Monate lang am strengen Studium hinderte, mehr gefördert durch die öfteren Besuche, welche er dem benachbarten Dresden und seinen Kunstsammlungen machte. In Halle und Berlin (1838 und 1839) studirte er mit großem Eifer die Hegel’sche Philosophie und erwarb sich (1841) zu Jena mit einer lateinisch geschriebenen, durchaus gründlichen und selbständigen Abhandlung über Plato's philosophische Methode den philosophischen Doctorgrad. Sein Entschluß stand fest, sich der gelehrten (womöglich auch akademischen) Laufbahn zu widmen. Oeffentliche, in seiner Vaterstadt Hamburg gehaltene Vorlesungen über ästhetische Materien (worin er am ehesten glaubte, etwas leisten zu können) waren von Erfolg gekrönt, im übrigen waren die jetzt folgenden Jahre einem wissenschaftlichen, concentrirten Stillleben gewidmet, welches selbst durch geselligen Verkehr nur wenig unterbrochen wurde, denn D. war nicht gerade eine expansive Natur und das Verhältniß zu seiner Familie durch Schuld des Vaters ein unerquickliches. Die Mutter dagegen schenkte dem Schmerzenssohn die vollste Zärtlichkeit, welche dieser wiederum mit der kindlichsten Pietät lohnte. Eine gediegene Abhandlung über Goethe's Spinozismus (1843) öffnete ihm sofort die Spalten einer ganzen Anzahl gelehrter wie litterarischer Zeitschriften; er sah sich dadurch in den Stand gesetzt, während eines mehrwöchentlichen Aufenthaltes in Dresden seine Kunstanschauungen zu erweitern und zu vertiefen, und erst jetzt fühlte er sich innerlich reif und vorbereitet genug, zu seiner Habilitation als Privatdocent zu schreiten. Er wählte Leipzig, den Gegenstand seiner Habilitationsschrift lieferte wiederum Plato (Februar 1845), die von jetzt an ziemlich regelmäßig gehaltenen Vorlesungen bewegten sich vorwiegend auf dem ästhetischen Gebiet, entbehrten aber nie der solidesten historischen Grundlage (Geschichte der Aesthetik, Uebersicht über die bildende Kunst, Geschichte der dramatischen Poesie, Einleitung in Shakespeare, Geschichte der europäischen Litteratur, Goethe's Dichtungen etc.). Die Form derselben war sorgfältig gefeilt und äußerst gewissenhaft: D. fand Beifall und Theilnahme. Bei den zerrütteten Vermögensverhältnissen seines Vaters fand sich leider D. ganz auf sich allein gestellt und ein übermäßiges Arbeiten für Zeitschriften aller Art, wozu ihn kein innerer Trieb, sondern die gewöhnlichsten Rücksichten auf Selbsterhaltung nöthigte, muthete seiner physischen Kraft zu viel zu. Es bedurfte einer moralischen Kraft|sonder gleichen, um mitten unter den beständigen Krankheitsanfällen, den Sorgen für die materielle Existenz und schwerer Gemüthsbewegung dem hohen Ziel treu zu bleiben und der Wissenschaft mit voller Seele zu leben. In diese trüben Zeiten fallen Danzel's Studien über Lessing, als deren erstes Resultat im J. 1848 das Werk über Gottsched erschien. Die politischen Kämpfe desselben Jahres brachten den Einsiedler endlich einmal in intimere Berührung mit hervorragenden Männern, mit O. Jahn, M. Haupt und Theod. Mommsen; auch die Buchhändler Reimer, Hirzel und Wigand traten ihm gesellschaftlich näher. Der Verkehr in diesen Kreisen that ihm so Wohl, daß er sich trotz seines unaufhörlichen Bluthustens körperlich wieder anfing kräftiger zu fühlen — vielleicht das erste Mal in seinem Leben! — und rüstig den ersten Band seines Lessing vollenden konnte. Aber der Tod seiner innig geliebten Mutter und, in noch höherem Grade, eine getäuschte Liebeshoffnung versetzten seinem Leben einen Schlag, der die letzten Fäden dieses zarten Gewebes vollends lockerte. Der Auftrag von Hirzel, ein exegetisches Handbuch zu Goethe's Werken auszuarbeiten (eine Art von Scholien über alles zum Verständniß der Gedichte Nothwendige), fand zwar bei ihm beifällige Aufnahme, konnte ihn aber über seine Leiden und Enttäuschungen (wozu noch die immer wieder fehlschlagende Hoffnung auf eine endliche Professur kam) nicht hinwegheben. Gefaßt, ohne Hoffnung auf Genesung, aber mit bewunderungswerther sittlicher Kraft der Auflösung entgegensehend, legte er sich aufs Krankenlager und den 9. Mai 1850, ein erhebendes Beispiel männlichen Ernstes, nie wankender Treue im Dienste der Wissenschaft und sittlicher Energie. Seine Werke sind folgende: „Plato quid de philosophandi methodo senserit etc. explicavit Th. G. Danzel“, 1841. — „Ueber Goethe's Spinozismus. Ein Beitrag zur tieferen Würdigung des Dichters“, 1843. — „Plato philosophiae in discipl. form. redactae parens et autor. Dissertatio quam ... defendet Th. Guil. Danzel“, 1845. — „Gottsched und seine Zeit. Auszüge aus seinem Briefwechsel etc. von Th. W. Danzel“, 1848. — „Gotthold Ephraim Lessing, sein Leben und seine Werke. Von Th. W. Danzel“, I. 1850. — Außerdem eine große Anzahl Aufsätze, Kritiken, Anzeigen, von welchen ein Theil wieder abgedruckt ist in den „Gesammelten Aufsätzen“ Danzel's, herausgegeben von Otto Jahn 1855.

    • Literatur

      Vgl. Biographische Aufsätze von Otto Jahn (Leipzig 1866, Hirzel), S. 167 ff.

  • Autor/in

    J. Mähly.
  • Zitierweise

    Mähly, J., "Danzel, Theodor Wilhelm" in: Allgemeine Deutsche Biographie 4 (1876), S. 753-754 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119132869.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA