Lebensdaten
1901 – 1960
Geburtsort
Blieskastel (Saarpfalz)
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Caritasdirektor der Diözese Speyer ; Bischof von Speyer ; Erzbischof von München und Freising ; Katholischer Militärbischof für die Bundeswehr ; Kardinal
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11876683X | OGND | VIAF: 5726817
Namensvarianten
  • Wendel, Joseph Kardinal
  • Wendel, Josef
  • Wendel, Joseph
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Zitierweise

Wendel, Joseph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11876683X.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V. Georg (1869–1954), Schneidermeister u. Küster in B., S d. Andreas (1839–1916), aus Lautzkirchen,|Schneidermeister in B., u. d. Helena Stroh (um 1840–1906);
    M Katharina (1875–1957), aus B., T d. Joseph Domprobst (1844 / 45–1932), Steinbrecher in B., u. d. Elisabetha Kleinpeter ( v. 1932);
    Ov Peter (1873–1946, Anna Maria Bürckel, * 1889, Schw d. Josef Bürckel, 1895–1944, Freitod, bis 1942 kath., Lehrer in Speyer, RT-Abg., NS-Gauleiter d. Rheinpfalz, 1935 Reichskommissar f. d. Saarland, 1940 Reichsstatthalter d. Reichsgaus Wien u. Chef d. Zivilverw. in Lothringen, 1941 Reichsstatthalter in d. Westmark);
    2 B;
    N Joseph (1935–2017), kath. Pfarrer u. a. in Germersheim.

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Lateinschule im bayer. Blieskastel trat W. 1916 in das bfl. Knabenkonvikt in Speyer ein und besuchte parallel dort das staatliche Gymnasium. Auf Empfehlung des Konviktsdirektors Richard Schäfer (1872–1932), eines Alt-Germanikers, wurde W. nach dem Abitur 1921 in das Collegium Germanicum et Hungaricum aufgenommen und studierte an der Gregoriana in Rom. 1927 hier ohne schriftliche Arbeit zum Dr. phil. et theol. promoviert und zum Priester geweiht, kam W. 1928 als Kaplan in die Gemeinde St. Martin nach Kaiserlautern, wo er über den späteren Domkapitular und Speyerer Caritasdirektor Karl Eisner (1900–65) mit der Caritas sowie der Schönstattbewegung und ihrer marianischen Frömmigkeit in Kontakt kam. 1929 wurde W. Direktor des bfl. Schülerwohnheims St. Joseph in Speyer, 1938 Diözesancaritasdirektor.

    In der Forschung wird W. eine mäßigende Wirkung gegenüber dem nationalsozialistischen Kirchenkampf attestiert, dies auch infolge verwandtschaftlicher Beziehungen zum Gauleiter und Reichsstatthalter der Westmark, Josef Bürckel. 1941 ernannte Papst Pius XII. W. zum Weihbischof und Koadjutor des Speyerer Bf. Ludwig Sebastian (1862–1943). Die Ernennung erfolgte, als Bürckel, flankierend zu den territorialen Zielen des NS-Regimes, in Lothringen die Integration des Bm. Metz in das Bm. Speyer betrieb und sollte vermutlich dazu dienen, eine Vakanz des Speyerer Bischofstuhls zu vermeiden. Am 4. 7. 1943 wurde W. im Speyerer Dom inthronisiert.

    In der Nachkriegszeit standen die Versöhnung mit Frankreich und der Wiederaufbau der kirchlichen Strukturen im Zentrum von W.s Wirken. 1952 ernannte Pius XII. W. zum Erzbischof von München und Freising, 1953 erfolgte die Erhebung zum Kardinal. Mit der Gründung der Bundeswehr fungierte W. seit 1956 auch als deren erster Militärbischof.

    W., der seit 1952 auch den Vorsitz der Freisinger Bischofskonferenz innehatte, nahm in den 1950er Jahren neben Kard. Joseph Frings (1887–1978) eine führende Position unter den dt. Bischöfen ein, u. a. bei der Gründung des Zentralkomitees der Dt. Katholiken 1952. Im Zentrum von W.s Episkopat standen sein pastorales und organisatorisches Wirken. Wichtigstes Projekt war die Münchner Stadtmission 1960 (Wiederverchristlichung Münchens), deren Ergebnis jedoch ernüchternd ausfiel. Bereits 1954 hatte W. im Ordinariat ein Seelsorgeamt errichtet. In München stieß er als Nachfolger des langjährigen Ebf. Michael v. Faulhaber (1869–1952) auf Widerstände im Domkapitel, namentlich des Finanzdirektors Franz Stadler (1899–1977). Erst schrittweise konnte er sich Autorität verschaffen, ohne eine gewisse Distanz ganz zu beseitigen, die auch auf W.s disziplinierter, asketischer und frommer Amtsführung beruhte. Personelle Akzente setzte er durch die Ernennungen von Johannes Fuchs (1905–61) zum Generalvikar, von Matthias Defregger (1915–95) zum Sekretär, beides 1953, und von Karl Forster (1928–81) zum ersten Leiter der von W. 1957 als Ort des Austauschs von Kirche und Welt initiierten Kath. Akademie in Bayern.

    Den 1954 einsetzenden Bestrebungen der sog. Viererkoalition unter Ministerpräsident Wilhelm Hoegner (1887–1980, SPD), die konfessionelle Lehrerbildung abzuschaffen, was auch die Bekenntnisschule in Frage stellte, trat W. unter Verweis auf das Bayer. Konkordat (1924) entgegen, war aber nach dem Regierungsantritt Hanns Seidels (1901–61, CSU) 1958 in der Lehrerbildungsfrage kompromißbereit. Höhepunkt seines pastoralen Wirkens war der 37. Eucharistische Weltkongreß 1960 in München, an dem mehr als 1 Mio. Gläubige teilnahmen. Neben der theol. Dimension im Vorfeld des 2. Vatikan. Konzils verschaffte dieses erste internationale Großereignis im Nachkriegsdeutschland der Stadt München, wenige Jahre vor der Vergabe der XX. Olymp. Sommerspiele (1972) 1966, weltweite Aufmerksamkeit.

    Bei der Beurteilung seiner Persönlichkeit werden die Gründung der Kath. Akademie und des Zentralkomitees der Dt. Katholiken sowie der Eucharistische Weltkongreß, auch die Förderung des modernen Kirchenbaus (u. a. St. Johann Capristan von Sep Ruf, 1908–82, in München), als Indizien für W.s Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem angeführt. Im Kontrast dazu stehen sein konservatives Priester- und Weltbild und seine Abgrenzung gegen Liberalismus und Sozialismus (Entchristlichung unseres Volkslebens). Insgesamt sind eher konservative Tendenzen für ihn charakteristisch. W.s Nachfolger im Amt| des Erzbischofs wurde 1961 Julius August Kard. Döpfner (1913–76).

  • Auszeichnungen

    |BVK mit Stern u. Schulterband (1952);
    Ehrengroßprior d. Rr.ordens v. Hl. Grab zu Jerusalem (1952);
    Bayer. Verdienstorden (1958);
    Ehrenmitgl. d. Kath. Studentenverbindungen Aenania (CV), Tuiskonia (CV) u. Alemannia (KV), alle München.

  • Werke

    W K. Forster, Eröffnungsvortrr. d. Kath. Ak. in Bayern, 1958, S. 9–13;
    J. Neuhäusler (Hg.), Silvesterpredigt 1960, 1961;
    gedr. Qu A. Mertens (Bearb.), Akten dt. Bischöfe, Bundesrep. Dtld. 1950–1955, 2017 (u. a. mit Protokollen d. Freisinger Bf.konf.);
    H. Hürten (Bearb.), Akten dt. Bischöfe seit 1945, Bundesrep. Dtld. 1956–1960, 2012;
    ungedr. Qu Ebfl. Archiv München (Nachlaß, amtl. Schrr., auch zu W.s Zeit als Bf. in Speyer);
    Archiv d. Bm. Speyer;
    Bayer. HStA München;
    Archiv d. kath. Mil.bf. f. d. Dt. Bundeswehr.

  • Literatur

    |J. Kard. W., Der Wahrheit u. d. Liebe, 1961 (P);
    Th. Großmann, Zw. Kirche u. Ges., Das Zentralkomitee d. dt. Katholiken 1945–1970, 1991;
    G. Schwaiger, in: H. Ammerich (Hg.), Lb. d. Bischöfe v. Speyer seit d. Wiedererrichtung d. Bm. Speyer 1817 / 21, 1992, S. 277–306;
    ders. u. M. Heim, Kard. J. W. 1901–1960, Zum Gedächtnis d. Bf. v. Speyer u. Ebf. v. München u. Freising, 1992 (Predigten, Ansprachen, Hirtenbriefe, S. 109–371, P);
    M. Weitlauff, J. Kard. W. (1901–1960) (…), Leben u. Wirken e. Bf. in d. Ära Pius’ XII., in: Btrr. aus d. Bayer. KGesch. 46, 2001, S. 9–207 (chronol. Übersicht d. Funktionen W.s als Ebf., S. 177–207);
    ders., Dr. J. W. (1901–1960) (…), Mit e. Qu.anhang, in: Archiv f. mittelrhein. KGesch. 54, 2002, S. 351–434;
    ders., Die Ltg. d. Erzdiözese München u. Freising in Kriegs- u. Nachkriegszeit, Die Erzbischöfe u. Kardinäle Michael v. Faulhaber (1869–1952) u. J. W. (1901–1960), in: Münchener Theol. Zs. 57, 2006, S. 320–46, bes. S. 338–46;
    K.-U. Gelberg, Kard. W. u. d. bayer. Pol. 1952–1960, in: Btrr. aus d. Bayer. KGesch. 46, 2001, S. 209–33;
    O. M. Schütz, Begegnung v. Kirche u. Welt, Die Gründung kath. Akademien in d. Bundesrep. Dtld. 1945–1975, 2004;
    P. Pfister, Im Dienste v. Wahrheit u. Nächstenliebe, J. Kard. W., Begründer d. Mil.seelsorge u. erster Kath. Mil.bf. f. d. dt. Bundeswehr, in: 50 J. Kath. Mil.seelsorge in d. Dt. Bundeswehr v. 1956 bis 2006, 2006, S. 71–117;
    ders. u. G. Treffler, Für d. Leben d. Welt, Der Eucharist. Weltkongress 1960 in München, 2010;
    B. Heim, Braune Bischöfe für’s Reich? Das Verhältnis v. kath. Kirche u. totalitärem Staat dargest. anhand d. Bischofsernennungen im nat.sozialist. Dtld., 2007, S. 582–610;
    M. Fellner, Kath. Kirche in Bayern 1945–1960, Rel., Ges. u. Modernisierung in d. Erzdiözese München u. Freising, 2008;
    M. Kißener, Die Bischöfe u. d. dt.-franz. Annäherung n. d. Zweiten Weltkrieg, in: HJb. 132, 2012, S. 110–23;
    Th. Forstner, Priester in Zeiten d. Umbruchs, Identität u. Lebenswelt d. kath. Pfarrklerus in Oberbayern 1918–1945, 2013;
    Gatz I u. V (P);
    Lex. Pfälzer (P);
    Biogr. Lex. KV III (P);
    BBKL 16.

  • Porträts

    |Bronzebüste v. Th. Georgij, 1962 (Kath. Ak. in Bayern, München);
    Kniestück v. K. Morell-Krähmer (Diözesanmus. Freising), Abb. in: Schwaiger/ Heim, 1992 (s. L), Umschlag;
    Epitaph v. H. Wimmer (Dom Zu Unserer Lieben Frau, München), Abb. in: Schwaiger/ Heim, 1992 (s. L), Bildteil Nr. 106;
    Gem. v. Th. Jessen, 2012 (Ebfl. Palais München).

  • Autor/in

    Karl-Ulrich Gelberg
  • Zitierweise

    Gelberg, Karl-Ulrich, "Wendel, Joseph" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 768-770 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11876683X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA