Trettner, Heinz
- Lebensdaten
- 1907 – 2006
- Geburtsort
- Minden
- Sterbeort
- Mönchengladbach Mönchengladbach-Odenkirchen
- Beruf/Funktion
- General der Wehrmacht und der Bundeswehr ; Generalinspekteur der Bundeswehr
- Konfession
- römisch-katholisch
- Normdaten
- GND: 11876084X | OGND | VIAF
- Namensvarianten
-
- Trettner, Ernst Heinrich Hubert Maria
- Trettner, Heinz
- Trettner, Ernst Heinrich Hubert Maria
Vernetzte Angebote
Verknüpfungen
Personen in der NDB Genealogie
Orte
Symbole auf der Karte




Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Trettner, Heinz (eigentlich Ernst Heinrich Hubert Maria Trettner)
1907 – 2006
General der Wehrmacht und der Bundeswehr, Generalinspekteur der Bundeswehr
Heinz Trettner war Offizier der Reichswehr sowie Generalstabsoffizier und Divisionskommandeur der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Ende 1956 trat er im Rang eines Generalmajors in die Bundeswehr ein und wurde 1964 ihr dritter Generalinspekteur. Bis zu seinem Rücktritt 1968 begleitete er kritisch die Diskussionen über die atomare Verteidigungsstrategie der NATO.
Lebensdaten
Heinz Trettner, BArch / Bildarchiv (InC) -
Autor/in
→Heiner Möllers (Potsdam)
-
Zitierweise
Möllers, Heiner, „Trettner, Heinz“ in: NDB-online, URL: https://www.deutsche-biographie.de/11876084X.html#dbocontent
Ausbildung und Beginn der militärischen Karriere
Nach dem Abitur 1925 am humanistischen Hohenzollerngymnasium (heute Görres-Gymnasium) in Düsseldorf trat Trettner im 18. Reiter-Regiment in Cannstatt (heute Stuttgart-Bad Cannstatt) in die Reichswehr ein und durchlief die Offiziersausbildung (1929 Leutnant). 1931 legte er das Hilfsdolmetscherexamen ab, im Herbst 1932 und März 1933 bestand er die Dolmetscherprüfung. Anschließend für drei Monate zu Sprachstudien in Frankreich beurlaubt, wurde er Ende September 1932 als Oberleutnant formell aus der Reichswehr entlassen. Anschließend durchlief er an der Fliegerschule in Braunschweig die Ausbildung zum Beobachter und Flugzeugführer (Februar 1933 aktiver Oberleutnant) und wurde im Juni 1933 wieder in das 18. Reiter-Regiment eingestellt. Ende Juni 1933 schied Trettner für drei Monate aus dem Heer der Reichswehr aus und wurde Anfang Oktober 1933 im Reichsluftfahrtministerium tätig beim Aufbau der noch geheimen Luftwaffe sowie bei der Deutschen Lufthansa und der italienischen Luftwaffe, bevor er im Mai 1934 an der Flugschule Kitzingen im Deutschen Luftsportverband Adjutant des Leiters wurde. Nach der Gründung der Luftwaffe als eigenständigem Teil der Wehrmacht im März 1935 wurde er formell in diese überführt (Juni 1935 Hauptmann). Seit August 1935 Adjutant des Kommandeurs der Fliegerschule Magdeburg, war er ab April 1936 Adjutant und 2. Generalstabsoffizier (II a, Personalreferent) des Höheren Fliegerkommandeurs III (1938 umbenannt in 2. Fliegerdivision) in Dresden.
Von November 1936 bis Januar 1938 war Trettner Mitglied der Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg, anfänglich als Adjutant und 2. Generalstabsoffizier (II a) des Befehlshabers der Legion, ab September 1937 als Staffelkapitän der 1. Kampfgruppe K 88, der Bomberstaffel der Legion. An der Bombardierung Guernicas am 26. April 1937 war er als verantwortlicher militärischer Führer oder befehlshabender Offizier nicht beteiligt, er war nach eigener Aussage nicht in die Planung dieser Operation eingebunden.
Generalstabsoffizier und Kriegsdienst im Zweiten Weltkrieg
Nach seiner Rückkehr aus Spanien durchlief Trettner seit Januar 1938 die sechsmonatige Generalstabsausbildung der Luftwaffe an der Luftkriegsakademie in Berlin-Gatow und war anschließend als Generalstabsoffizier (I a Op 1), seit Juni 1939 als 1. Generalstabsoffizier (I a) in der Führungsabteilung der 7. Fliegerdivision tätig, der neu gegründeten Fallschirmjägerdivision der Luftwaffe unter Generalmajor Kurt Student (1890–1978), mit dem Trettner konzeptionelle Grundlagen für diese neue Truppengattung entwickelte. Mit dieser Division nahm er ab 1939 am Zweiten Weltkrieg teil, u. a. an der Besetzung der Niederlande 1940. In dem neu aufgestellten XI. Fliegerkorps war Trettner seit Dezember 1940 1. Generalstabsoffizier (I a); bei der Besetzung Kretas war er nach der abgeschlossenen Eroberung der Insel im Mai 1941 eingesetzt (August 1939 Major; Oktober 1941 Oberstleutnant).
Seit Februar 1942 faktisch und im September 1942 formell Chef des Generalstabs im XI. Fliegerkorps, erlebte Trettner dessen Einsatz in den Bodenkämpfen an der Ostfront (Unternehmen Barbarossa) im Raum Smolensk. Im Oktober 1943 wurde er mit der Aufstellung der 4. Fallschirmjägerdivision in Perugia beauftragt, die aus Teilen der 2. Fallschirmjägerdivision und italienischen Fallschirmjägern gebildet wurde. Er führte diese von Januar 1944 bis zum Kriegsende als Divisionskommandeur, u. a. während der Schlacht von Anzio (Januar 1944) und auf dem Apennin (Juli 1944 Generalmajor; April 1945 Generalleutnant).
Nachkriegszeit und Eintritt in die Bundeswehr
Von Mai 1945 bis April 1948 war Trettner in US-amerikanischer und britischer Kriegsgefangenschaft, Ende 1947 im ehemaligen deutschen Konzentrationslager in Vught (Niederlande), wo er zum Luftangriff auf Rotterdam am 14. Mai 1940 vernommen wurde, zuletzt in Bridgend (Wales). Im März 1949 gab Trettner in seinem Entnazifizierungsverfahren vor der Spruchkammer in Düsseldorf an, keiner Organisation der NSDAP oder der Partei angehört zu haben, und wurde als entlastet (Kategorie V) eingestuft.
Nach der Rückkehr nach Deutschland 1948 arbeitete Trettner für die Caritas, anschließend in der freien Wirtschaft, u. a. als Handelsvertreter und selbstständiger Textilkaufmann, bevor er im Juni 1951 als Referent in der Hauptgeschäftsstelle des Verbands deutscher Soldaten in Bonn tätig wurde, dessen Vorgängerverband er im Juli 1948 beigetreten war. Berufsbegleitend studierte er in Bonn Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre und schloss im November 1956 als Diplom-Volkswirt ab. Nachdem Trettner sich 1952 und 1954 erfolglos beim Amt Blank als Gutachter beworben hatte, stellte er 1956 einen Einstellungsantrag für die Bundeswehr. Im November 1956 auf Probe im Rang eines Generalmajors eingestellt, war seine erste Verwendung die Leitung der Abteilung Logistik im Supreme Headquarter Allied Powers Europe der NATO in Rocquencourt bei Paris.
Seit April 1957 Berufssoldat, durchlief Trettner eine Zwischenverwendung im Führungsstab des Heeres im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) bzw. beim III. Korps in Koblenz zur Vorbereitung auf seine im März 1960 folgende Ernennung zum Generalleutnant und Kommandierenden General des I. Korps in Münster. Damit war er verantwortlich für die Planung der militärischen Landesverteidigung in Norddeutschland mit den im Aufbau befindlichen Truppen der Bundeswehr.
Generalinspekteur der Bundeswehr
Seit Januar 1964 war Trettner im Rang eines Generals der dritte Generalinspekteur der Bundeswehr. Während seiner Amtszeit war er Gegenstand von Diffamierungen seitens der DDR, die ihn der Kriegsverbrechen in den Niederlanden, auf Kreta und in Italien bezichtigte, was mit einer offiziellen Stellungnahme des Führungsstabs der Bundeswehr im BMVg (Dokumentation zur Kommunistischen Kampagne gegen General Trettner. Die Fälschungen des Professor Norden) zurückgewiesen wurde.
Im BMVg war Trettner dem zivilen Staatsekretär Karl Gumbel (1909–1984) untergeordnet, hatte kein unmittelbares Vortragsrecht bei Bundesverteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel (1913–1997) und keine klar definierte Stellung in der Führung des Ministeriums. Dies verursachte Dauerkonflikte bei Entscheidungsprozessen im Ministerium zwischen der zivilen und der militärischen Seite, die im Sommer 1966 eskalierten, als Gumbel den Soldaten der Bundeswehr ohne Rücksprache mit Trettner das Koalitionsrecht zubilligte (Gewerkschaftserlass). Trettner trat daraufhin auf eigenen Wunsch in den einstweiligen Ruhestand.
In seinen militärischen Führungsfunktionen galt Trettner eher als ein Mann der Truppe als ein Generalstabsoffizier, im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern als Generalinspekteure, Adolf Heusinger (1897–1982) und Friedrich Foertsch (1900–1976). Er kommentierte frühzeitig als einer der wenigen Generale der Bundeswehr, wie z. B. Hans Speidel (1897–1984), den möglichen Einsatz von Atomwaffen auf einem Schlachtfeld Bundesrepublik kritisch, interpretierte Atomwaffen als politische Waffen und hielt ihren Einsatz nicht für unverzichtbar, womit er sich von vielen höheren Offizieren der Bundeswehr distanzierte.
Nach seiner Pensionierung publizierte Trettener zu sicherheitspolitischen Fragen und vertrat auch nationalkonservative Positionen. Er protestierte mehrfach gegen die Umbenennung des Jagdgeschwaders 74 „Mölders“ der Luftwaffe und lehnte in der Folge Einladungen zu Feierlichkeiten der Bundeswehr ab, bevor nicht der 2003 entlassene Brigadegeneral Reinhard Günzel (geb. 1944) und der Wehrmacht-Oberst Werner Mölders (1913–1941) rehabilitiert worden seien. Eine Beteiligung der Bundeswehr an seiner Beisetzung lehnte er ab.
1938 | Kriegskreuz (Spanien) (1938 in Gold) |
1940 | Eisernes Kreuz II. und I. Klasse |
1940 | Ritterkreuz (1944 mit Eichenlaub) |
1964 | Commander der Legion of Merit (USA) |
1965 | Knight Commander of the Royal Victoria Order (Großbritannien) |
1965 | Großoffizier des Ordens König Georg I. (Griechenland) |
1965 | Grande Ufficiale de Ordine al Merito della Repubblica Italiana |
1967 | Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband |
1969 | Grand Officier de la Légion d’Honneur (Frankreich) |
Nachlass:
Bundesarchiv, Freiburg im Breisgau, N842. (weiterführende Informationen)
Weitere Archivmaterialen:
Bundesarchiv, Freiburg im Breisgau, Pers. 12627. (Personalakte)
Eben Emael, in: Deutscher Soldatenkalender, 1955, S. 111–114.
Eine Milizarmee schützt uns nicht, in: Christ und Welt v. 24.2.1967.
Ein Sperrvertrag dient nicht dem Frieden, in: Rheinischer Merkur v. 19.7.1968.
Geleitwort, in: Adolf Reinicke, Was ist los mit der Bundeswehr?, 1968, S. 9 f.
Die militärische Sicherheit der Bundesrepublik, in: Hochland 60 (1968), S. 133 f.
Die Zustimmung zur atomaren Zweitklassigkeit ist verderblich, in: Stuttgarter Zeitung v. 23.8.1968.
Die militärischen Aspekte der deutschen Sicherheit, in: Deutsches Soldatenjahrbuch 18 (1970), S. 46–50.
Verteidigung und Sicherheit, Aufgabe der Bundeswehr, in: Deutschland-Magazin 1 (1969), H. 1.
Atomgiganten sichern ihre Macht, in: ebd., H. 3.
Yorck und die Eigenverantwortung der militärischen Führung heute, in: Gustav Stein (Hg.), Beitrag zum Cappenberger Gespräch der Frhr.-v.-Stein-Gesellschaft, Bd. 2, S. 35–56 u. 57–112 (Diskussion).
Des Armes Nucléaires Tactiques pour l’europe [Atomare Gefechtsfeldwaffen für Mitteleuropa]?, in: Revue Militaire Générale 27 (1971), H. 2, S. 209–218.
Zur Sicherheitslage der Bundesrepublik, in: Deutsches Soldatenjahrbuch 20 (1972), S. 39–49.
Krieg im Frieden, in: Deutschland Magazin 5 (1974), H. 1.
Schwerpunktverlagerungen im Sicherheitssystem, in: Deutsches Soldatenjahrbuch 23 (1975), S. 38–52.
Die politischen Voraussetzungen für eine militärische Verteidigung, in: 20 Jahre Bundeswehrgarnison München, 1976, S. 9.
Die Strategie der Zersetzung, in: Herder-Bücherei Initiative 13 (1976).
Elemente der Abschreckung, in: Heinrich Kipp/Franz Mayer/Armin Steinkamm (Hg.), Um Recht und Freiheit, Festschrift für Friedrich August von der Heydte, 1977, 2. Halbbd., S. 1481–1505.
Anmerkung zum Dokument „Der Heilige Stuhl und die Abrüstung“, in: Communio 7 (1978), Nr. 2, S. 151 ff.
In Memoriam Generaloberst Kurt Student, in: Deutsches Soldatenjahrbuch 28 (1980), S. 58–63.
Das Problem der nuklearen Gefechtsfeldwaffen. Kurzstudie für Politiker. (ungedr. Manuskript im Nachlass).
Gott kann auf beiden Seiten stehen, in: Christen im Krieg, hg. v. Katholischen Militärbischofsamt/Hans Jürgen Brandt, 2001, S. 261–264.
Josef Riedmiller, Offizierskarriere mit Bewährung, in: Süddeutsche Zeitung v. 5.12.1963.
Weißbuch über die Kriegsverbrechen des Generalinspekteurs der Bundeswehr General Heinz Trettner, 1964.
Ulrich de Maizière, In der Pflicht. Lebensbericht eines deutschen Soldaten im 20. Jahrhundert, 1989.
Clemens Range, Die Generale und Admirale der Bundeswehr, 1990, S. 69 ff.
Reiner Pommerin, Dokumentation. General Trettner und die Atom-Minen, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 39 (1991), H. 4, S. 637–654. (Onlineressource)
Axel F. Gablik, Strategische Planungen in der Bundesrepublik Deutschland 1955–1967. Politische Kontrolle oder militärische Notwendigkeit?, 1996.
Dermot Bradley, General H. T. zum 90. Geburtstag, in: MARS. Jahrbuch für Wehrpolitik und Militärswesen 3/4 (1997/98), S. 1–6.
Stefanie Schüler-Springorum, Krieg und Fliegen. Die Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg, 2010.
Dieter Krüger, Schlachtfeld Bundesrepublik? Europa, die deutsche Luftwaffe und der Strategiewechsel der NATO 1958 bis 1968, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 56 (2008), H. 2, S. 171–226. (Onlineressource)
John Zimmermann, Führungskrise in der Bundeswehr oder „Aufstand der Generale“?, in: Eberhard Birk/Heiner Möllers/Wolfgang Schmidt (Hg.), Die Luftwaffe zwischen Politik und Technik, 2012, S. 108–123.
John Zimmermann, Ulrich de Maizière, General der Bonner Republik, 2012.
Clemens Range, (Heinrich) Heinz Trettner, in: ders., Kriegsgedient. Generale und Admirale der Bundeswehr, 2013, S. 519 f.
Florian Reichenberger, Der gedachte Krieg. Vom Wandel der Kriegsbilder in der Bundeswehr, 1918.
drei Fotografien, 1941–1964, in: Digitales Bildarchiv des Bundesarchivs. (Onlineressource)