Lebensdaten
1440 – 1514
Geburtsort
Nürnberg
Sterbeort
Nürnberg
Beruf/Funktion
Arzt ; Historiograph ; Humanist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118754211 | OGND | VIAF: 29681141
Namensvarianten
  • Schedel, Hartmann
  • Hartmann, Schedel
  • Hartmannus, Schedelius
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Zitierweise

Schedel, Hartmann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118754211.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hartmann (1384–1450), Kaufm. in N., erwarb e. gr. Vermögen, indem er d. Stadt Konstanz während d. Konzils v. Venedig aus mit ital. Weinen versorgte, S d. Johannes (um 1350-um 1400), Kaufm. (s. Gen. 1);
    M Anna ( 16.7.1445), T d. Sebald Grabner (um 1388–1458);
    Ov Marcus (um 1408–19.8.1478, Nürnberg, St. Sebald), Kaufm. in N., führte d. Geschäft seines Bruders Hartmann fort, S.s Vormund;
    B Georg, Kaufm. in N.;
    Vt Hermann (s. 1);
    1) Nürnberg 1475 Anna ( 11.9.1475), T d. Albert Heugel u. d. Anna Ortlieb, 2) Nürnberg 1487 Magdalena ( 14.7.1505), T d. Anton Haller u. d. Katherina Ebner;
    4 S, 2 T aus 1), 4 S, 2 T aus 2), Hartmann (1481–1552), Georg (1488-n. 1514), Anton (1490–1535), studierte d. Rechte in Ingolstadt, Dr. iur., Erasmus (1492–1550), studierte in Padua, Sebastian (1494–1541), 2 T aus 2) (1 früh †);
    E Melchior (1516–71, Nürnberg, St. Johannis).

  • Biographie

    Als Quellen zu S.s Biographie sind neben einer Fülle von Briefen und Urkunden eigenhändige Einträgen in seinen Hauskalendern und Büchern sowie eine autobiographische Skizze in dem von ihm selbst angelegten Schedelsche Familienbuch überliefert. Früh verwaist, wuchs S. unter der Vormundschaft seines Onkels Marcus in Nürnberg auf, wo er die scholae particulares besuchte. Am 20.4.1456 an der Univ. Leipzig inskribiert, wurde er dort 1457 zum baccalaureus und 1460 zum magister artium promoviert. Er blieb weitere drei Jahre in Leipzig, empfing die niederen Weihen und widmete sich zunächst juristischen Studien, wurde aber gleichzeitig von Peter Luder (um 1415–72) für die studia humanitatis gewonnen. Beraten von seinem Vetter, dem Augsburger Stadtarzt Hermann, der sein ganzes Studium mit Briefen begleitete, entschied er sich 1463 endgültig für die „sacra medicina“. Seit Nov. 1463 besuchte S. in Padua drei Jahre lang medizinische Vorlesungen und war im März 1465 auch bei der Sezierung eines menschlichen Körpers anwesend. Bei Demetrios Chalkondyles erwarb er in dieser Zeit Grundkenntnisse in der griech. Sprache. Am 17.4.1466 wurde S. zum „doctor utriusque medicinae“ promoviert.

    Nach seiner Rückkehr aus Italien praktizierte S. zunächst in seiner Geburtsstadt als Arzt. Vom 28. Mai bis 4. Aug. 1468 bereiste er die Rheinlande, Flandern und Brabant. Er besuchte die Aachener Heiltumsschau, war bei den Hochzeitsfeierlichkeiten Hzg. Karls des Kühnen und der Margarethe von York in Brügge anwesend und wurde in Maastricht in die Bruderschaft des Antoniterordens aufgenommen. 1470 übernahm er das Amt des Stadtarztes in Nördlingen, wechselte 1477 in|gleicher Stellung nach Amberg und kehrte im Nov. 1481 in seine Heimatstadt zurück, wo er vom Rat als Stadtphysikus verpflichtet wurde. Im folgenden Jahr zum Genannten des Größeren Rates gewählt, blieb er bis zu seinem Lebensende in Nürnberg ansässig; kleinere Reisen führten ihn u. a. nach Bamberg, Regensburg und Würzburg. Sein Reisetagebuch beschreibt mit genauen Beobachtungen seine gemeinsam mit den Äbten Johannes Radenecker (um 1440–1504) von St. Egidien in Nürnberg und Andreas Lang (um 1450–1502) vom Kloster Michelsberg ob Bamberg im Sommer 1488 unternommene Wallfahrt nach St. Wolfgang/Abersee. Durch mehrere Erbschaften und seine erfolgreiche berufliche Tätigkeit gelangte S. zu beachtlichem Wohlstand, den die Inventare seines Hausstands und seiner Bibliothek sowie die Verzeichnisse des Grund-, Lehen- und Kapitalbesitzes im Familienbuch detailliert dokumentieren.

    S.s kulturgeschichtliche Stellung ist weniger durch originelle literarische Werke als durch eine umfassende, alle Wissensgebiete umspannende Sammeltätigkeit geprägt. Er war ein führendes Mitglied des Nürnberger Humanistenkreises und stand mit vielen Gelehrten seiner Zeit in Verbindung und im Austausch, u. a. mit drei Generationen der Familie Pirckheimer, mit Konrad Celtis (1459–1508), Sigismund Meisterlin (um 1435–97), Hieronymus Münzer (um 1437–1508), Johannes Trithemius (1462–1516) und Dietrich Ulsenius (1486-n. 1507). Aufgrund enger Kontakte zu vielen bayer. und fränk. Klöstern konnte S. seine Büchersammlung erheblich bereichern.

    Berühmtheit erlangte S. als Kompilator der nach ihm benannten Weltchronik. Das mit über 1900 Holzschnitten illustrierte größte Buchprojekt der Inkunabelzeit erschien im Juli 1493 in lat. Sprache bei Anton Koberger ( 1513) in Nürnberg. Hauptquelle war das 1483 gedruckte „Supplementum Chronicarum“ des Jacobus Philippus Foresta von Bergamo , das S. durch Exzerpte aus mittelalterlichen (Vincentius von Beauvais) und humanistischen Autoren (Piatina, Flavio Biondo, Enea Silvio Piccolomini) ergänzte. Die enormen Kosten für die Drucklegung übernahmen die Nürnberger Kaufleute Sebald Schreyer ( 1520) und dessen Schwager Sebastian Kammermeister ( 1503). Die aufwendige Illustrierung wurde den Malern Michael Wolgemut ( 1519) und Wilhelm Pleydenwurff ( 1494) übertragen; der Anteil des jungen Dürer, der bis 1489 in der Werkstatt Wolgemuts tätig war, ist umstritten. Im Dez. 1493 erschien eine von Georg Alt ( 1510) übersetzte dt. Ausgabe des umfangreichen und weitverbreiteten Werkes.

    S., der sich selbst als „bibliophag“ (nach Ulsenius) bezeichnete, war einer der bedeutendsten Büchersammler des ausgehenden Mittelalters. Die von ihm selbst geführten Kataloge verzeichnen 667 Bände, darunter viele Sammelhandschriften; teilweise hat er diese eigenhändig kopiert. Sein Enkel Melchior verkaufte 1552 die meisten Bücher für 500 Gulden an Hans Jakob Fugger, von dem sie nach manchen Verlusten 1571 in die Hofbibliothek Hzg. Albrechts V. von Bayern übergingen. Unter S.s mit Handzeichnungen, Holzschnitten und Einblattdrucken angereicherten Codices, Inkunabeln und Frühdrucken, die heute in der Bayer. Staatsbibliothek in München aufbewahrt werden, finden sich zahlreiche Raritäten. Hervorzuheben sind S.s umfangreiche Inschriftensammlungen (Clm 716), die er seit seiner Leipziger Studienzeit aufbaute, sowie sein in den 1450er und 1460er Jahren angelegtes Liederbuch (Cgm 810), das Texte und Melodien von dt., franz.-burgund. und lat. Gesangsstücken überliefert.

  • Werke

    Liber chronicarum, b. Anton Koberger, Nürnberg 1493, dt. Übers. v. Georg Alt, mehrfach faksimiliert: Ed. libri illustri u. Ed. Leipzig 1990, mit Kommentar u. Nachwort v. K. Kratzsch u. E. Rücker;
    Kolorierte u. kommentierte Gesamtausg. v. St. Füssel, 2001.

  • Quellen

    Qu Schedelscher Hauskalender (München, Bayer. Staatsbibl., clm 533 u. clm 624); Schedelsches Fam.buch (erhalten in zwei Abschrr. d. 16. Jh., Berlin, Staatsbibl., Preuß. Kulturbes. Cod. Germ. 2° 447 u. Wien, Antiquariat Inlibris) mit Autobiogr.

  • Literatur

    ADB 30;
    W. Wattenbach, H. S. als Humanist, in: Forsch. z. Dt. Gesch. 11, 1871, S. 349-74;
    M. Haitz, H. S.s Weltchronik, Diss. München 1899;
    J. Sprengler, H. S.s Weltchronik, 1905;
    R. Stauber, Die Schedelsche Bibl., 1908;
    W. Höpfner, Die Nürnberger Ärzte (…) Hermann u. H. S., Diss. Leipzig 1915 (s. L zu 1);
    B. Hernad, Die Graphikslg. d. Humanisten H. S., 1990;
    500 J. Schedelsche Weltchronik, Akten d. interdisziplinären Symposions v. 23./24. April 1993 in Nürnberg, hg. v. St. Füssel (Pirckheimer–Jb. 9), 1994;
    H. Schneider, H. S., ein Antoniterfreund im dt. Humanismus, in: Auf den Spuren d. hl. Antonius, FS f. Adalbert Mischlewski z. 75. Geb.tag., hg. v. P. Friess, 1994, S. 237-47;
    F. J. Worstbrock, H. S.s „Index Librorum“, in: Studien z. 15. Jh., FS f. Erich Meuthen, hg. v. J. Helmrath u. H. Müller, II, 1994, S. 697-715;
    K. Fischer, H. S. in Nördlingen, Das pharmazeut.-soz. Profil e. spätma. Stadtarztes, 1996;
    P. Zahn, H. S.s Weltchronik, in: Bibl.forum Bayern 24, 1996, S. 230-48;
    ders., Albrecht Dürer u. d. Holzschnitte d. Schedelschen Weltchronik, in: Gutenberg Jb. 77, 2002, S. 124-44;
    St. Füssel, Die Welt im Buch, Buchkünstler. u. humanist. Kontext d. Schedelschen Weltchronik v.|1493, 1996;
    R. Klein, Die Behandlung d. griech. Gesch. in d. Weltchronik d. H. S., in: Jb. f. fränk. Landesforsch. 58,1998, S. 167-85;
    F. J. Worstbrock, H. S.s Liber antiquitatum cum epitaphiis et epigrammatibus, Zur Begründung u. Erschließung d. hist. Gedächtnisses im dt. Humanismus, in: Erkennen u. Erinnern in Kunst u. Lit., Kolloquium Reisensburg 4.-7. Jan. 1996, hg. v. D. Peil u. a., 1998, S. 215-43;
    F. Parisi, Contributi per il soggiorno padovano di H. S., Una silloge epigrafica del codice latino Monacense 716, in: Quaderni per la storia dell'Universitá di Padova 32, 1999, S. 1-76;
    H. Wetscherek, H. S.s Liber Genealogiae et rerum familiarum, 2000;
    Ch. Reske, Die Produktion d. Schedelschen Weltchronik in Nürnberg, 2000;
    ders., Albrecht Dürers Beziehung z. „Schedelschen Weltchronik“ unter bes. Berücks. d. „Berliner Stockes“, in: Gutenberg Jb. 78, 2003, S. 45-66;
    M. Kirnbauer, H. S. u. sein „Liederbuch“, 2001;
    R. Stauber, H. S., d. Nürnberger Humanistenkreis u. d. „Erweiterung d. dt. Nation“, in: Diffusion d. Humanismus, Studien z. nat. Gesch.schreibung europ. Humanisten, hg. v. J. Helmrath, U. Muhlack u. G. Walther, 2002, S. 159-85;
    BBKL;
    Vf.-Lex. d. MA² (L);
    Stadtlex. Nürnberg;
    LGB² (auch z. Schedelschen Weltchronik).

  • Autor/in

    Franz Fuchs
  • Zitierweise

    Fuchs, Franz, "Schedel, Hartmann" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 600-602 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118754211.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Schedel: Hartmann S., 1514, wurde nach Will's Nürnberger Gelehrtenlexikon III, 499, wo über ihn und seine Familie Nachrichten gegeben sind, zu Nürnberg am 13. Februar 1440 geboren. Früh verwaist, bezog er 1456 die Leipziger Universität, wo er 1457 Baccalaureus, 1460 Magister wurde, und sich nun dem juristischen Studium zuwandte. Aber bald zogen ihn übermächtig die neuen humanistischen Studien an, welchen er sich mit wachsendem Eifer hingab, im Verein mit einer Gesellschaft geistesverwandter Jünglinge; von ihnen wurde Peter Luder, als er 1462 nach Leipzig kam, freudig begrüßt und S. besuchte nicht nur fleißig seine Vorlesungen, sondern folgte ihm auch 1463 nach Padua. Nach Italien zogen ihn die neuen Studien, doch war das Fach, welches er nun ergriff, die Medicin. Er besuchte auf dem Wege in Augsburg seinen Oheim Hermann S., welcher in gleicher Weise in Italien humanistische Studien mit medicinischen verbunden hatte, jetzt Arzt in Augsburg war, wo er eben damals die Pest mit Erfolg bekämpfte. 1475 Physicus in Nürnberg wurde, und hier am 4. December 1485 gestorben ist. Diesem Vorbild folgte auch sein Neffe, welcher 1466 Dr. med. wurde, aber daneben seine humanistischen Studien nicht vernachlässigte und mit Durchforschung des Landes, namentlich auch in Venedig, sich eifrig beschäftigte. Im Herbst 1466 kehrte er nach Nürnberg zurück, von wo er 1468 die Reliquien in Aachen und auch Brabant und Flandern besuchte. 1470 finden wir ihn als Physicus in Nördlingen, 1475 in Amberg, endlich 1484 in Nürnberg. Hier war er in lebhaftem Verkehr mit Gelehrten und Künstlern, und wird durch seine gelehrten Kenntnisse manche Einwirkung geübt haben: 1493 erschien sein Hauptwerk, die Weltchronik, zu deren Ausschmückung mit Holzschnitten er sich mit Wolgemut und Pleidenwurff verbunden hatte; zwei Nürnberger Patricier trugen die Kosten. Diese Chronik, welche von seinen gelehrten Freunden verbessert war und 1494 auch in deutscher Uebersetzung von Simon Alt erschien, schließt sich eng an ältere Arbeiten an und hat nur für die letzten Jahrzehnte eigenen Werth; hervorzuheben ist, daß er auch litterarische Verhältnisse berücksichtigt; ihre größte Bedeutung aber liegt in der Verbreitung geschichtlicher Kenntnisse in einem weiten Leserkreis. Wesentlich compilatorischer Art sind auch seine später ans Licht gezogenen Arbeiten über bairische und thüringische Geschichte. Seine hervorstechendste Eigenschaft war ein ganz unermüdlicher Sammelfleiß. Von wahrhaft staunenswerthem Umfang ist sein schon unter Albrecht V. für die Münchener Bibliothek erworbener Nachlaß und manches nicht unwichtige Stück ist nur durch seine Abschrift erhalten. Von früher Jugend bis in sein hohes Alter hat er unablässig abgeschrieben und Auszüge gemacht. Von besonderem Werthe ist sein 1504 vollendetes Sammelwerk über Italien, dessen archäologische Bedeutung von O. Jahn hervorgehoben ist. Gestorben ist er in Nürnberg am 28. November 1514.

    • Literatur

      Wattenbach, H. S. als Humanist. Forsch. XI, 349—374. S. 370, 10 ist die Jahreszahl 1468 ausgefallen. — Wegele, Gesch. d. deutschen Historiographie, S. 50—60.

  • Autor/in

    Wattenbach.
  • Zitierweise

    Wattenbach, Wilhelm, "Schedel, Hartmann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 30 (1890), S. 661-662 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118754211.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA