Lebensdaten
1906 – 1945
Geburtsort
Öhringen (Württemberg)
Sterbeort
Ratzeburg (Schleswig-Holstein)
Beruf/Funktion
Nationalökonom
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118728822 | OGND | VIAF: 49354029
Namensvarianten
  • Lösch, August
  • Lösch, August
  • Loesch, August

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Zitierweise

Lösch, August, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118728822.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Robert Eugen (1878–1937), Kaufm. in Ö.;
    M Anna Helene (1883–1949), T d. Oberamtstierarztes Johannes Mackh (1850–1919) in H. u. d. Angelika Maisch;
    Vt Friedrich (1903–82), Prof. d. Math. in Rostock u. Stuttgart (s. Pogg. VI, VII a; Kürschner, Gel.-Kal.);
    - Ulm 1940 Marga (* 1914), T d. Dipl.-Ing. Wilhelm Müller (1883–1951) u. d. Regine Lindenmeyer;
    1 T.

  • Biographie

    L. wuchs in Heidenheim a. d. Brenz auf, besuchte dort bis 1925 das Gymnasium und absolvierte dann eine kaufmännische Lehre, bevor er 1927-32 in Freiburg, Kiel und Bonn Nationalökonomie studierte. Seine wichtigsten Lehrer waren W. Eucken, A. Spiethoff und vor allem J. A. Schumpeter. Nach der Diplomprüfung in Freiburg (1931) und der Promotion in Bonn (1932) weilte L., mit einer Unterbrechung für die Bonner Habilitation (1936), in den Jahren 1934/35 und 1936-38 als Rockefeller-Stipendiat in den USA und beschäftigte sich mit theoretischen und empirischen Vorarbeiten für ein seit langem geplantes Buch über die räumliche Ordnung der Wirtschaft, das er nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1938/39 im Manuskript fertigstellte und 1940 bei G. Fischer in Jena veröffentlichte (²1944, ³1962). Seit Jan. 1940 war L. als wissenschaftlicher Mitarbeiter – seit 1941 als Forschungsgruppenleiter – beim Institut für Weltwirtschaft der Univ. Kiel beschäftigt, wo A. Predöhl dem entschiedenen Gegner des Nationalsozialismus die Fortführung seiner wissenschaftlichen Arbeit ermöglichte. L. starb unmittelbar nach Kriegsende, erst 39jährig, an einer Virusinfektion.

    L. ist heute weltweit anerkannt als einer der größten Theoretiker auf dem Gebiet der räumlichen Wirtschaftsbeziehungen und der Standorttheorie innerhalb einer verallgemeinerten ökonomischen Theorie unter Einschluß des Raumes. Nachdem er sich mit außenhandels-, konjunktur- und bevölkerungstheoretischen Arbeiten hervorgetan hatte, bot er mit seinem in zahlreiche Sprachen übersetzten Hauptwerk „Die räumliche Ordnung der Wirtschaft“ eine der großen Pionierleistungen der Ökonomie. L.s Hauptanliegen war es, Regelmäßigkeiten und Interdependenzen des Wirtschaftens im Raum kennenzulernen, dadurch Einsicht in die dem Wirtschaften auferlegten Beschränkungen und die Gleichgewichtsbedingungen zu erhalten und so den Freiheitsspielraum für die Gestaltung der ökonomischen Wirklichkeit zu erweitern. L. arbeitete erstmalig heraus, daß nicht die Raumwirtschaftstheorie eine spezielle Wirtschaftstheorie ist, sondern vielmehr die sog. allgemeine Wirtschaftstheorie als ein Spezialfall einer allgemeineren und umfassenderen Theorie der Wirtschaft im Raum anzusehen ist.

    L.s Theorie der Landschaftsstruktur ist ein Teil dieser umfassenderen Theorie. Die Grundfrage ist: Wie würde die räumliche Ordnung der Wirtschaft der Produktionsstätten, der Geschäfte, der Verwaltungseinrichtungen und der Wohngebäude aussehen, wenn von Natur aus alle Rohstoffe gleichmäßig verteilt wären, die Bevölkerungsdichte und die Produktionsbedingungen zunächst überall dieselben wären und somit eine völlig homogene Erdoberfläche vorliegen würde? Damit rücken die ökonomischen Bedingungen in den Mittelpunkt, die zur Herausbildung von Dörfern und Städten verschiedener Größe führen, d. h. die raumdifferenzierenden Faktoren, die in einer bestimmten Struktur|der Landschaft resultieren: vor allem das Zusammenwirken der Transportkosten, der Vorteile der Massenproduktion und der Agglomerationsvorteile. So bildet sich selbst auf einer homogenen Fläche ein kompliziertes System der Landschaftsstruktur heraus mit einer teilweisen Spezialisierung der Produktionsorte und mit verschiedenen Produktionsdichten. Wirtschaftsregionen werden so nicht auf naturräumliche Gegebenheiten zurückgeführt, sondern theoretisch abgeleitet. Naturräumliche Differenzierungen und historische Gegebenheiten ergänzen das Bild der Realität.

    Eine andere spezielle Ausprägung L.schen Denkens ist die erstmalige Ableitung eines mathematischen Gleichgewichtssystems einer Wirtschaft im Raum. Eine noch größere Leistung liegt in der Verallgemeinerung der Fragestellung über die ökonomischen Interdependenzen im Raum. Dabei geht es durchweg um die Zuordnung von menschlichen Tätigkeiten, Produktionsprozessen und Standorten als drei „Polen“ und deren Wechselbeziehungen und damit um die Frage der optimalen Spezialisierung, Arbeitsteilung und Agglomeration im Raum. In der „Räumlichen Ordnung der Wirtschaft“ wird zuerst eine (engere) ökonomisch-theoretisch exakte, später eine ökonomisch-soziologisch umfassende Analyse mit der Betonung der Möglichkeiten menschlichen Handelns angestrebt; die Ableitung der Wirtschaftsgebiete ist das Verbindungsglied. Die vielen Anwendungen im letzten Teil des Werkes dokumentieren, daß für L. die Bereitstellung flexibler Instrumente der Analyse noch wichtiger war als die Ableitung enger Modelle: es ging ihm vor allem um eine „neue Art zu wirtschaften und die Wirtschaft zu sehen“. L. schwebte eine Nationalökonomie vor, die „weniger der Baugeschichte gleichend als der Architektur, nicht so sehr beschreibt als gestaltet“.

    Die Stadt Heidenheim veranstaltet seit 1973 „August-Lösch-Tage“ und verleiht einen „August-Lösch-Preis“ für hervorragende Arbeiten auf dem Gebiet der Regionalwissenschaft.

  • Werke

    Weitere W u. a. Was ist vom Geburtenrückgang zu halten?, 2 Bde., 1932;
    Bevölkerungswellen u. Wechsellagen (Habilschr.), 1936;
    Wirtsch.schwankungen als Folge v. Bevölkerungswellen, in: Schmollers Jb. 60, 1936, S. 551-64;
    Wo gilt d. Theorem d. komparativen Kosten?, in: Weltwirtsch. Archiv 48, 1938, S. 45-65;
    Das Problem d. Wechselwirkung zw. Bevölkerungs- u. Wirtsch.entwicklung, ebd. S. 454-69;
    Eine neue Theorie d. internst. Handels, ebd. 50, 1939, S. 308-28;
    Theorie d. Währung, Ein Fragment, ebd. 62, 1949, S. 35-88;
    Die Lehre vom Transfer - neu gefaßt, in: Jbb. f. Nat.ök. u. Statistik 154, 1941, S. 385-402.

  • Literatur

    S. Valavanis, L. on Location, in: Am. Economic Review 45, 1955, S. 637-44;
    W. F. Stolper, Standorttheorie u. Theorie d. internat. Handels, in: ZStW 112, 1956, S. 193-217;
    ders., A. L., in: Hdwb. d. Soz.wiss., 1959;
    E. v. Böventer, Die Struktur d. Landschaft, Versuch e. Synthese u. Weiterentwicklung d. Modelle J. H. v. Thünens, A. Christallers u. A. L.s, in: ders., G. Bombach u. R. Henn (Hrsg.), Optimales Wachstum u. optimale Standortverteilung, 1962, S. 77-133;
    ders., Standortentscheidung u. Raumstruktur, 1979, bes. Anhang B;
    R. Riegger (Hrsg.), A. L. in memoriam, Heidenheimer Schrr. zur Regionahviss. 1, 1971 (W, L, P);
    R. Funk u. a. (Hrsg.), The Analysis of Regional Structure, Essays in Honour of A. L., 1978 (W, L, P).

  • Autor/in

    Edwin von Böventer
  • Zitierweise

    Böventer, Edwin von, "Lösch, August" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 59-60 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118728822.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA