Lebensdaten
1856 – 1923
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Kampen (Sylt)
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118651218 | OGND | VIAF: 8181034
Namensvarianten
  • Avenarius, Ferdinand Ernst Albert
  • Habermann, Ferdinand
  • Habermann, Ferdinand Ernst Albert
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Zitierweise

Avenarius, Ferdinand, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118651218.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Eduard Avenarius (s. 1);
    B Richard Avenarius (s. 5);
    Dresden 30.7.1894 Else, T des Schriftstellers Rudolf Doehn in Dresden, geschiedene Schumann;
    Stief-S Wolfgang Schumann, Schriftsteller.

  • Biographie

    A. besuchte das Gymnasium in Berlin und Dresden und die Universitäten in Leipzig und Zürich; dem Studium der Medizin und Naturwissenschaft folgte später das der Kunstgeschichte, Literaturgeschichte und Philosophie. Ausgedehnte Reisen führten ihn nach Italien und in die Schweiz. Seit 1882 wohnte er in Dresden, später abwechselnd auf eigenem Grund in Blasewitz bei Dresden und in Kampen auf Sylt. A. war der Repräsentant der Jahrzehnte des Glaubens an eine auf die Teilnahme aller gegründeten Kultur, des letzten Glaubens an die Erziehung als das Mittel, das allen den Zugang zu allem eröffnen könnte. Er war der typische Vertreter jenes wohlmeinenden Idealismus des ersten sozialistischen Menschenalters, der sich am deutlichsten in den Schlagworten von der Kunst für alle, der Musik für alle, dem Wissen für alle ausdrückte. Er gehörte zu den Aposteln der Pädagogik: Mit seiner Zeitschrift von 1887, die er „Kunstwart“ nannte, traf er mit vollendeter Sicherheit die Stimmung der Jahre, in denen der humanistische Entwicklungstraum des chiliastischen Saeculums noch einmal die Aufklärungsstimmung der Schillerzeit jetzt in der Form des Glaubens an die Masse, nicht mehr an den Einzelnen, heraufbeschwor. A. selbst, sein Freund Paul Schumann - der Vater seines Stiefsohnes Wolfgang Schumann - dazu als dritter der Theaterkritiker Diederich von der „Arbeiterzeitung“ Georg Gradnauers waren um 1900 die Dresdner Gralshüter der allgemeinen Bildung fürs Volk, deren Möglichkeit damals noch kaum jemand zu bezweifeln wagte. A. kam aus der großen Bürgerzeit des 19. Jahrhunderts her, sein Erwachsenwerden fiel in die Gründerzeit nach 1870 - er ist dieser bürgerlichen Welt und ihren besten Seiten, ihrer Bildung, ihrer Dichtung und ihrer Kunst bis zum Ende treu geblieben. Er kämpfte in seinem „Kunstwart“ für Keller und Meyer, für Storm und Möricke, für Raabe und Hebbel, dessen Neigung zum Nihilismus er übersah; er schuf in den billigen Kunstwartdrucken eines der wirksamsten Popularisierungsmittel der bis zum Eingreifen der Photographie um 1900 kaum über kleine Kreise hinaus beachteten Werke der deutschen Kunst von Dürer bis Rethel, Holbein bis Böcklin; er verbreitete wohlfeile Mappen mit Reproduktionen von Arbeiten Thomas und Klingers - nur daß diese Dinge zuletzt trotz allem nicht in die Masse drangen, sondern auf die Bildungsbereiche von Studenten und jungen Volksschullehrern, auf die bürgerliche und kleinbürgerliche Welt beschränkt blieben. An deren Erziehung hat A. in der Zeit vor 1914 wertvolle Arbeit geleistet, wenn er auch den wirklichen Vorgängen und Forderungen des steigenden 20. Jahrhunderts fremd gegenüberstand. Er kam aus der Zeit des Glaubens an Klassik und Nachklassik und an die ästhetische Erziehung des Menschengeschlechts: er schrieb selbst noch in späten Jahren gegen Goethes zweiten Faust eine eigene neue Faustdichtung (1919), der er 1920 einen Baal, einen Jesus (1921), einen Julian Apostata folgen ließ. Was er gab, war längst verspäteter Hamerling- und Jordan-Nachklang: sein Bleibendes waren nicht seine eigenen Dichtungen, sondern seine gebildeten Anthologien, das heute noch brauchbare „Hausbuch deutscher Lyrik“ (1903) und 1908 sein „Balladenbuch“, sowie das „Fröhliche Buch“ (1910) und der „Literarische Ratgeber“, der als Gedanke vortrefflich war. Die Anthologien erschienen z. T. in verbesserter und vermehrter Auflage bis in die neueste Zeit hinein. A. war im besten Sinne des Wortes ein Lehrer, und wo er zeigen und hinweisen und unterrichten konnte, hat er wertvolle und lange nachwirkende Arbeit geleistet. 1917 erhielt A. den Titel Professor; ferner war er Dr. phil. h. c. der Universität Heidelberg.

  • Werke

    Weitere W Wandern u. Werden, Gedichte, 1881; Lebe, Dichtung, 1893;
    Hrsg. u. a. d. Anthologie: Dt. Lyrik d. Gegenwart, 1882;
    s. a. Kürschner Lit.Kal. 1901–35, 1936;
    Nachlaß b. Frau Else A. in Dresden-Blasewitz.

  • Literatur

    A. v. Hanstein, Das jüngste Dtld., 2 Jahrzehnte miterlebter Lit.gesch., 1900 (P); G. Heine, A. als Dichter, 1904; H. Wegener, F. A., der Dichter, 1908;
    W. Stapel, Avenariusbuch, 1916;
    E. Diederichs, F. A., in: Die Tat 8, 1916/17, H. 9;
    Soergel, 121921, S. 227-35 (P); G. Scheuffler, F. A., ein Vorkämpfer, in: Schöpfer. Leben 6, 1938, H. 10, S. 14-17;
    H. Broermann, Der Kunstwart in seiner Eigenart, Entwicklung u. Bedeutung, Diss. Bern 1934;
    K. d'Ester, F. A., in: Hdb. d. Zeitungswiss. I, 1940;
    P. Schultze-Naumburg, F. A., in: DBJ V, S. 9-11 (u. Totenliste 1923, L);
    RGG; Kosch, Lit.-Lex. I (W, L).

  • Autor/in

    Paul Fechter
  • Zitierweise

    Fechter, Paul, "Avenarius, Ferdinand" in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 466-467 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118651218.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA