Lebensdaten
1867 – 1921
Geburtsort
Oberammergau
Sterbeort
Tegernsee
Beruf/Funktion
Redakteur ; Schriftsteller ; Rechtsanwalt
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118622072 | OGND | VIAF: 71406093
Namensvarianten
  • Schlemihl, Peter (Pseudonym)
  • Angermayer, Lorenz (Pseudonym)
  • Stengel, Adolf (Pseudonym)
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Zitierweise

Thoma, Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118622072.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Max (1822–74), kgl. Oberförster in d. Vorderriß, seit 1873 in Forstenried b. München, S d. Franz (1798–1862), Forstmeister in Rottenbuch u. Kaufbeuren, u. d. Henriette Reiner (1797–1871);
    M Katharina (1831–94), Gastwirtin, 1883 Pächterin e. Gasthofs in Traunstein, 1892 Bes. e. Gasthofs in Seebruck/Chiemsee, T d. Martin Pfeiffer (1797–1846), Posthalter u. Wirt in O.;
    Ur-Gvv Josef Rr. v. T. (s. 1);
    Ur-Gvm Caspar Rr. v. Reiner (1769–1841, bayer. Personaladel), Beamter d. bayer. Bergwerksu. Salinenverw. in Fichtelberg/Ochsenkopf;
    3 B (1 früh †) Max (1858–1911), Kaufm., wanderte n. Australien aus, später Farmer in Kanada u. Kalifornien, Peter (1864–1924), Kaufm. in Australien, n. d. Rückkehr T.s Jagdverw., 4 Schw Maria (1860–97), Katharina (1868–1958, Adam Hübner, * 1868, Stationskdt. in Allershausen), Aloisia (Luise) (1872–92), Bertha (1873–1938, Maximilian Zurwesten, 1872–1962, Hotelier); – München 1907 1911 Marietta (Marion) di Rigardo (eigtl. Trinidad de la Rosa, auch Maria Germann) (1880–1966, 1] Georg David Schulz, * um 1865–1910, Kabarettbes. in Berlin, Schriftst., Komp.), aus Manila (Philippinen), Tänzerin, evtl. T e. Portiers oder Kaufm.

  • Biographie

    T. verbrachte seine Kindheit im väterlichen Forsthaus in der Vorderriß und seit 1873 in Forstenried sowie nach dem Tod des Vaters bei Verwandten in Landstuhl (Pfalz). Er besuchte Schulen in Neuburg/Donau, Burghausen und 1879–85 das Wilhelmsgymnasium in München. Sein Abitur erwarb er 1886 an der Studienanstalt in Landshut. Nach anfänglichem Studium der Forstwissenschaft in Aschaffenburg studierte T. seit 1887 Rechtswissenschaft in München und 1888–90 in Erlangen. Obwohl die Annahme seiner Dissertation (Zur Lehre von der Notwehr; im Nachlaß erhalten) nicht belegt ist, führte T. den Titel Dr. iur. 1894 wurde er beim Landgericht München I (bis 1897, danach beim Landgericht II in München, Löschung der Zulassung 1919) und auf Antrag beim Amtsgericht Dachau als Rechtsanwalt zugelassen und eröffnete in Dachau eine Kanzlei.

    Seit 1895 war T. auch als Journalist für die „Augsburger Abendzeitung“ tätig. In deren belletristischer Beilage „Der Sammler“ erschienen seine Erzählungen über bäuerliches und kleinstädtisches Leben, die T. 1897 zu seiner ersten, von Bruno Paul und Adolf Hölzel illustrierten Buchveröffentlichung „Agricola“ zusammenfaßte. Paul machte T. mit Albert Langen, dem Gründer des „Simplicissimus“, bekannt; 1898 wurde T. Redakteur, 1906 auch Teilhaber dieser Zeitschrift. Mit den Redakteuren Korfiz Holm und Reinhold Geheeb und unterstützt von den Zeichnern Olaf Gulbransson, Thomas Theodor Heine, Bruno Paul, Ferdinand v. Reznicek, Eduard Thöny und Rudolf Wilke wandelte sich das zuvor eher künstlerisch-literarisch wirkende Blatt zu einem Organ, das die Tagespolitik aggressiv und bildmächtig beeinflußte. Im „Simplicissimus“ erschienen T.s Bildgeschichten, Erzählungen, Satiren (Briefwechsel e. bayr. LT-Abg., Buchausg. 1909) und Gedichte. T.s Text-Bild-Seiten provozierten mehrere Presseprozesse; 1906 wurde er aufgrund des antiklerikalen Textes „An die Sittlichkeitsprediger in Köln am Rheine“ wegen „öffentlicher Beschimpfung einer Einrichtung der christlichen Kirche“ angeklagt und zu sechs Wochen Haft verurteilt. Seine Strafe verbüßte er im Okt./Nov. 1906 in der Strafanstalt Stadelheim. Ebenfalls von der Empathie für die „kleinen Leute“, Antiklerikalismus und Großstadtfeindschaft sowie einer süddt.-liberalen Opposition gegen die ksl. Politik geprägt war die politische Richtung der Monatszeitschrift „März“, für die T. seit 1907 schrieb.

    1915 leistete T. freiwillig Kriegsdienst als Sanitäter an der Westfront und in Galizien. 1917 brach er mit dem „Simplicissimus“ und dem „März“. Seine journalistischen Arbeiten aus der Nachkriegszeit zeugen von T.s tiefgreifendem, viele Zeitgenossen (z. B. Kurt Tucholsky) bestürzendem Gesinnungswandel, der den scharfen Kritiker der Kaiserzeit zum gewaltbereiten Revanchisten werden ließ und T. zurück zum Nationalismus und Antisemitismus seiner frühen Zeit führte. 1917 agitierte er für die Dt. Vaterlandspartei, 1918 für die Bayer. Volkspartei; 1919 trat er wieder in seine Studentenverbindung Suevia ein. Zu T.s politischer wie persönlicher Umorientierung gehörte auch sein Werben um Maria (gen. Maidi) Liebermann v. Wahlendorf, geb. Feist-Belmont, seit Aug. 1918. Zwar kam es zu keiner Heirat, doch setzte T. Maria Liebermann als Erbin seines 1906 von dem Architekten und Bildhauer Ignatius Taschner errichteten Anwesens auf der Tuften bei Tegernsee und seines Vermögens einschließlich der Autorenrechte ein.

    Neben seiner Tätigkeit als Journalist trat T. zunehmend als Schriftsteller hervor. Seine Komödien (u. a. Die Lokalbahn, 1902; Moral, 1908, 1958 v. R. Wolffhardt als Fernsehspiel) setzten den satirischen Angriff auf die Gesellschaft und die philiströse Engstirnigkeit ihrer führenden Vertreter fort. Sie verzichten auf groteske oder tragikomische Elemente, wie sie bei Wedekind und Sternheim zu finden sind, und stehen in der Lustspiel-Tradition des 19. Jh. Mit seiner Darstellung des bäuerlichen und kleinstädtischen Lebens, der Nachzeichnung wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Zustände sowie der genauen Wiedergabe sprachlicher Eigenheiten und v. a. des Dialekts folgte T. den Idealen des Naturalismus. So führte sein erster Roman (Andreas Vöst, 1906) die Macht des Klerus vor, aufbauend auf einem historischen Fall, den T. 1899 als Anwalt vertreten hatte. Der Roman „Der Wittiber“ (1911) und das Drama „Magdalena“ (1912) schildern als unverrückbar gesetzte Geschlechterrollen und die Enge dörflicher Sittlichkeit in tragischer Zuspitzung. Die Erlebnisse seiner Kindheit und Jugendzeit bildeten die autobiographische Basis seiner „Lausbubengeschichten“ (1905,|1964 v. H. Käutner verfilmt) und der als Fortsetzung gedachten Sammlung „Tante Frieda“ (1907, 1965 v. W. Jacobs verfilmt). Eine narrative Parallele zur Politik Wilhelms II., der das Erbe der Bismarckschen Reichsgründung und den historischen Rang Deutschlands verspielt hatte, schuf T. mit seinem letzten Roman „Der Ruepp“ (postum 1922), in dem die gleichnamige Hauptfigur ihren bäuerlichen Besitz verschleudert. Die politische Aussage dieses Romans konnte erst vollständig gedeutet werden, nachdem die Autorschaft für Beiträge, die anonym im rechtskonservativ-antidemokratischen „Miesbacher Anzeiger“ erschienen waren, T. zugeordnet werden konnte (Sämtl. Btrr. aus d. „Miesbacher Anzeiger“ 1920/21, krit. ed. u. komm. v. W. Volkert, 1989).

    T.s Biographie ist deutbar als die eines Aufsteigers aus materiell engen Verhältnissen, dessen Erfolg auf Anpassung an den Literaturbetrieb und Disziplin beruhte. Die in den Briefen vielfach vorkommenden Klagen über diesen Literaturbetrieb – bei immer anhaltender Schreibtätigkeit – und die sich öffnende Kluft zwischen der Redakteurstätigkeit für ein großstädtisches Massenmedium und der bäuerlichen Selbststilisierung weisen auf T.s unsicheres Selbstbild hin. Unberührt von der Kontroverse um seinen Antisemitismus und daher bis heute ungebrochen ist die Popularität seiner „Lausbubengeschichten“ und Komödien. Auf regionalen Bühnen blieben die Einakter (Die Medaille, 1901; Erster Klasse, 1910) zugkräftig, in denen Konfliktpaare wie „Bayern gegen Preußen“, „Metropole gegen Provinz“ oder „arm gegen reich“ die Handlung antreiben. Weithin bekannt, weil von einer zeitlosen Empathie für die kleinen Leute getragen, ist die Weihnachtslegende „Hl. Nacht“ (1917 mit Zeichnungen v. Wilhelm Schulz). – Die 1967 von Hans Hellmut Kirst gestiftete „Ludwig-Thoma-Medaille für Zivilcourage in der Öffentlichkeit“ der Stadt München wird seit Bekanntwerden von T.s Autorschaft im „Miesbacher Anzeiger“ 1989 aus politischen Gründen nicht mehr vergeben.

  • Werke

    W u. a. Gesammelte Werke in 6 Bdn., Mit e. Einf. v. J. Lachner, 1968;
    Werke in Einzelausgg., hg. v. B. Gajek, 10 Bde., 1984–89;
    Briefe: Ein Leben in Briefen, hg. v. A. Keller, 1963; L. T., Vom Advokaten z. Literaten, Unbek. Briefe, hg. u. komm. v. R. Lemp, 1979; – Nachlaß: Monacensia, Stadtbibl. München.

  • Literatur

    L O. Gritschneder, Angeklagter L. T., Unveröff. Akten, 1978, ²1992;
    H. Ahrens, L. T., 1983 (P);
    R. Lemp, L. T., Bilder, Dok., Materialien zu Leben u. Werk, 1984 (W, P, Nachlaßverz.);
    G. M. Rösch, L. T. als Journal., Ein Btrr. z. Publizistik d. Ks.reichs u. d. frühen Weimarer Rep., 1989; dies., L. T., Der zornige Literat, 2012 (W, L
    , P);
    E. Nietsch, Frau u. Ges. im Werk L. T.s, 1995;
    M. Schad, L. T. u. d. Frauen, 1995 (P);
    DBJ III, S. 257–63 u. Tl.;
    Kosch, Theater-Lex.;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Killy;
    Metzler Autorenlex. (P); Metzler Kabarettlex.

  • Porträts

    P Ölgem. v. K. Klimsch, 1909, u. v. Th. Baumgartner, 1911, Abb. in: Lemp (s. L); Karikatur v. O. Gulbransson, 1921; Büste v. T. Fiedler (München, Ruhmeshalle).

  • Autor/in

    Gertrud M. Rösch
  • Zitierweise

    Rösch, Gertrud Maria, "Thoma, Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 166-168 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118622072.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA