Lebensdaten
1876 – 1971
Geburtsort
Minden (Westfalen)
Sterbeort
Oberstdorf (Allgäu)
Beruf/Funktion
Schriftstellerin
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118570951 | OGND | VIAF: 27083513
Namensvarianten
  • Le Fort, Getrud von
  • Le Fort, Gertrud Auguste Lina Elsbeth Mathilde Petrea Freiin (eigentlich)
  • Stark, Gerta (Pseudonym)
  • mehr

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Zitierweise

Le Fort, Gertrud Freiin von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118570951.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Lothar (1831–1902), Oberst, S d. Gutsbes. August u. d. Auguste Freiin v. Medem;
    M Elsbeth (1842–1918), T d. Gutsbes. Moritz v. Wedel-Parlow u. d. Caroline Bauer;
    Ur-Gvm Andreas Bauer (1783–1860), Mechaniker (s. ADB II); - ledig.

  • Biographie

    L. wuchs in den verschiedenen Garnisonen ihres Vaters (Minden, Berlin, Koblenz, Hildesheim, Ludwigslust) und auf dem Familiengut Boek in Mecklenburg auf. Diese Stationen sowie die eigene Familiengeschichte spiegeln sich in ihrem Werk wider. Ihre erste große Reise führte sie 1896 nach Wien, Venedig, Florenz und anderen ital. Orten. Koblenz und Hildesheim boten die ersten Begegnungen mit der kath. Kirche, „die mich schon als Kind unwiderstehlich anzog“. Von ihrem Vater angeregt, begann sie sehr früh, sich mit Geschichte zu beschäftigen; mit 14 Jahren las sie Ranke. Der erste Aufenthalt in Rom 1907, dem weitere folgten, sowie der 1908 gefaßte Entschluß, in Heidelberg zu studieren, waren von einschneidender Bedeutung für L.s Leben und Werk. Rom brachte ihr die entscheidende Begegnung mit der kath. Kirche, zu der sie allerdings erst 1926 übertrat. „Dieser Schritt bedeutete keinen Bruch mit dem Protestantismus, sondern eine für mich persönlich vollzogene Vereinigung.“ Zeit ihres Lebens litt sie unter der konfessionellen Spaltung. „Die Magdeburgische Hochzeit“ (1938) und ihr letztes Werk „Der Dom“ (1968) bezeugen dies. In Heidelberg hörte L. 1908-14 vor allem Kirchengeschichte, Kunstgeschichte und Geschichte bei H. v. Schubert, C. Neumann, H. Oncken, evangelische Theologie, Philosophie und Religionsphilosophie bei Ernst Troeltsch, dessen „Glaubenslehre“ sie nach ihren eigenen Kollegnachschriften 1925 herausgab. Die religionsphilosophischen Vorlesungen hatten großen Einfluß auf ihr späteres Werk, ebenso eine Vorlesung von Karl Jaspers über Kierkegaard. Während eines dazwischenliegenden Marburger Semesters hörte sie bei dem Völkerrechtler M. A. Schücking, dem Philosophen H. Cohen und dem ev. Theologen K. Heitmüller. Der Weltkrieg unterbrach zunächst das Studium, die Familie zog auf das unterdessen dem Bruder zugefallene Majorat Boek. 1916 hörte L. erneut Vorlesungen bei Troeltsch, der inzwischen nach Berlin berufen worden war.

    Der zweibändige Roman „Das Schweißtuch der Veronika“ dankt seine Entstehung diesen Jahren. Band I „Der Römische Brunnen“ (1928) zeigt ihre Auseinandersetzung mit dem antiken, dem christlichen und dem modernen Rom, personifiziert in drei Gestalten, dazwischen die Gott suchende Seele. Band II „Der Kranz der Engel“ (1946), dessen Hintergrund die Studienzeit in Heidelberg bildet, stellt die Bewährung der christlichen Persönlichkeit in einer säkularisierten Welt dar, eingebettet in die Geschichte ihres Volkes. L. bedient sich psychologischer Mittel, um, über die Psychologie hinausgelangend, das Wirken der göttlichen Gnade im Menschen aufzuzeigen. Dieses in ihrem ganzen Werk erkennbare Anliegen zeigt sich besonders in der Briefnovelle „Die Letzte am Schafott“ (1931).

    1922 erwarb L. mit ihren Geschwistern das Haus Konradshöhe bei Baierbrunn im Isartal, wo sie bis 1939 wohnte. Sie unternahm etliche Reisen nach Italien, und seit 1933 hielt sie Vorträge und Leseabende in der Schweiz und in Deutschland, 1939 in Paris und Bordeaux. Aus gesundheitlichen Gründen war sie zwei Jahre in der Schweiz (1936–38). In die Baierbrunner Jahre fällt die freundschaftliche Verbindung zu Theodor Haecker, Erich Prczywara, durch den sie Edith Stein kennenlernte, zu Dietrich v. Hildebrand und dem franz. Diplomaten Paul Petit, der die Verbindung zu Paul Claudel herstellte und 1944 als Widerstandskämpfer von den Deutschen hingerichtet wurde. An der Münchener Universität hörte L. Vorlesungen von R. Guardini. Einlagerung von Kriegsgerät zwang sie 1939 zum Verlassen der Konradshöhe. Sie übersiedelte nach Oberstdorf, wo sie bis zu ihrem Tode lebte, mit Ausnahme der Jahre 1946–48, die sie in der Schweiz verbrachte. Dort hielt sie viele Vorträge (u. a. „Unser Weg durch die Nacht“, der viel Aufsehen erregte) zugunsten des Deutschen Roten Kreuzes und notleidender deutscher Studenten.

    Nach dem Erscheinen ihrer „Hymnen an die Kirche“ (1924), die auch den endgültigen Entschluß zur Konversion bedeuteten, wurde Dichten zur Bestimmung ihres Lebens. Sie verwarf ihr recht umfangreiches früheres Werk vollständig, da es den großen Lebens- und Schicksalsfragen nicht gerecht werde; das schon vor 1912 begonnene Rom-Buch wurde vollständig umgearbeitet. Ihre meist in der Vergangenheit spielenden Erzählungen bedeuteten für L. keine Abkehr von der eigenen Zeit. Alle ihre historischen Werke spiegeln vielmehr deren Probleme wider, so der den religiösen und politischen Konflikt des 30jährigen Krieges behandelnde Roman „Die Magdeburgische Hochzeit“ (1938), die Erzählungen „Die Opferflamme“ (1938), „Die Abberufung der Jungfrau von Barby“ (1940), wie auch die Novellen „Das Gericht des Meeres“ (1943), „Die Consolata“ (1947), „Die Tochter Farinatas“ (1950) sowie die späteren Legenden „Die Tochter Jephthas“ (1964) und „Das Schweigen“ (1968).

    Die Hetze des aufkommenden Nationalsozialismus gab ihr den Anstoß, sich intensiver mit dem Judentum zu beschäftigen. So erschien 1930 „Der Papst aus dem Ghetto. Die Legende des Geschlechtes Pier Leone“. Dieses Werk sucht, „die allgemeinen Linien aufzuzeigen, die sich von den großen Typen der Rasse, des Volkstums, des politischen und religiösen Menschen her ergeben“. In ihren „Hymnen an Deutschland“ (1932), die in den Jahren nach dem 1. Weltkrieg entstanden, setzt sich L. mit dem historischen Schicksal Deutschlands auseinander. Ein weiteres diesem Thema gewidmetes Buch, „Die drei Kronen“, wurde nur in seiner Einleitung, den Legenden „Das Reich des Kindes“ (1934) und „Die Vöglein von Theres“ (1937) fertig, obwohl dieser Plan die Dichterin ihr ganzes Leben beschäftigte.

    Nach dem Kriege hat sich L. offen den Problemen der jüngsten Vergangenheit gestellt, so in den Erzählungen „Gelöschte Kerzen“ (1953), „Das fremde Kind“ (1961) und „Die Tochter Jephthas“ (1964). In der Novelle „Am Tor des Himmels“ (1954) nimmt sie Galileis Widerruf zum Anlaß, die Folgen der modernen Naturwissenschaft für den Glauben zu bedenken. 1950 stellt sie sich als Mitherausgeberin der von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt gegründeten Zeitschrift „Das Literarische Deutschland“ zur Verfügung. In dieser Zeit trat sie mit Reinhold Schneider, Hermann Hesse und Carl Zuckmayer in Verbindung. In ihrem gesamten Werk setzt sich L. für Versöhnung und Frieden ein, für die Überwindung des Hasses und der dämonischen Mächte durch die Kraft der Liebe wie in der Novelle „Die letzte Begegnung“ (1957), in der sie sich auch auf die Frage der Kollektivschuld einläßt. Der Frau als Trägerin der unsichtbaren schöpferischen Kräfte mißt L. besondere Bedeutung bei. In ihrem Essayband „Die ewige Frau – Die Frau in der Zeit – Die zeitlose Frau“ (1934, erweitert 1960) hat sie dies philosophisch und theologisch begründet. L.,|die Dichten als Hingabe der Persönlichkeit verstand, hat lange Zeit die Veröffentlichung biographischer Einzelheiten abgelehnt. Erst im hohen Alter schrieb sie „als stille Rechenschaft, die ich vor mir selbst ablege“ den Memoirenband „Hälfte des Lebens“ (1965), dem ein zweiter hatte folgen sollen.

  • Auszeichnungen

    Bayerischer Verdienstorden (1959).

  • Werke

    Weitere W Gedichte, 1900;
    Prinzessin Christelchen, 1904 (Roman);
    Lieder u. Legenden, 1912;
    Der Kurier d. Königin, 1927 (Roman, unter Ps. Petrea Vallerin);
    Gedichte, 1949;
    Plus Ultra, in: Die Tochter Farinatas, 1950 (Erz.);
    Die Krone d. Frau, Lyrik u. Prosa, 1950 (W);
    Aufzeichnungen u. Erinnerungen, 1951;
    Die Frau d. Pilatus, 1955 (Novelle);
    Erzählende Schrr., 3 Bde., 1956;
    Der Turm d. Beständigkeit, 1957 (Novelle);
    Die Frau u. d. Technik, 1959;
    Aphorismen, 1962;
    Die Erzählungen, 1966;
    Woran ich glaube u. andere Aufsätze, 1968;
    Unsere liebe Frau vom Carneval, e. venetian. Legende, 1976;
    Die Tochter Jephthas u. andere Erzz., 1976. - Briefe:
    Arthur Maximilian Miller, Briefe d. Freundschaft mit G. v. l. F., 1976. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Marbach, Dt. Lit.-Archiv.

  • Literatur

    G. Kranz, G. v. l. F., Leben u. Werk in Daten, Bildern u. Zeugnissen, 1976 (Bibliogr., P);
    H. Bach, Dichtung ist e. Form d. Liebe, Begegnungen mit G. v. l. F., 1976 (Bibliogr., Überss. u. Vertonungen, P);
    Marbacher Mgz. 3, bearb. v. W. Volke, 1976 (W);
    Ausstellungskat. d. städt. Volkshochschule Fulda, 1978;
    G. v. l. F., Ausstellung in Würzburg, bearb. v. E. v. La Chevallerie, 1981;
    - A. Salzer, Gesch. d. dt. Lit. V, 1932;
    J. W. Schier, Die Gnade u. d. Mensch, in: Werkbll., 1935-36;
    ders., Die Magdeburg. Hochzeit, ebd. 1938-39;
    F. Heer, Die Heilung d. Besessenen, in: Die Furche, 1947;
    I. Thoss, Die Frau u. ihre metaphys. Bedeutung nach G. v. l. F., Diss. Luxemburg 1950;
    A. F. Baecker, The treatment of history in the works of G. v. l. F., Diss. Cincinnati 1954;
    J. Fihn, An analysis of Charactertypes in the narratives of G. v. l. F., Diss. Ann Arbor, Michigan, 1954;
    M. Kohnen, G. v. l. F. u. d. Reuhsidee, Habilitationsschr. Rio de Janeiro 1956;
    J. Martin, G. v. l. F., in: J. M., Rencontres, 1956;
    B. Martin, Zweimal Galilei Galileo, in: Neue Schau, 1956;
    J. Klein, Ein Thema - zwei Variationen, Galilei bei Bertold Brecht u. G. v. l. F., in: Welt u. Wort, 1957;
    K. A. Horst, Opfergesinnung in d. Gesch., dargest. am Werk d. G. v. l. F., in: Zeitwende, 1957;
    B. Tecchi, Umiltà e orgoglio nell'opera di G. v. l. F., in: B. T., Scritti moderni tedeschi, 1959;
    R. Schneider, Der unsichtbare Pfeiler, in: ders., Begegnung u. Bekenntnis, 1963;
    O. Heuschele, G. v. l. F., in: Baden-Württemberg, 1966;
    H. Bruggisser, G. v. L. F., Das dichter. Werk, Diss. Zürich 1959 (Teildr., W, L);
    A. Focke, G. v. L. F., Gesamtschau u. Grundlagen ihrer Dichtung, 1960 (W, L);
    N. Heinen, G. v. L. F., Eine Einführung in Leben, Kunst u. Gedankenwelt, ²1960 (W, L);
    M. Brachin, Pardon et réconciliation dans l'oeuvre romanesque de G. v. l. F., Diss. Paris 1967;
    R. Göllner, Der Btr. d. Romanwerks G. v. l. F.s z. ökumen. Gespräch, 1972;
    J. Eichbichler, Glanz des Verlornen, in: Dolomiten, 1971;
    M. Blachier, Un métier d'espérance, in: Vie chrétienne, 1972;
    L. Bossle, Europa, d. geistige Heimat d. G. v. l. F., in: Die christl. Frau, 1976;
    C. Zuckmayer, G. v. l. F., in: C. Z., Aufruf z. Leben, 1976;
    F. Kienecker, G. v. l. F., in: Westfäl. Lb. XII, 1979, S. 191-209 (W, L, P);
    E. Biser, Das Bild d. Unsichtbaren, in: Antwort auf Gottes Anruf, 1980;
    ders., Überredung z. Liebe, Die Daseinsdeutung im Werk G. v. l. F.s, 1980;
    J. Pottier, G. v. l. F. et la France, Diss. Toulouse 1980;
    E. Biser, Der Weg durch d. Nacht, G. v. L. F., in: Paderborner Stud., 1981, H. 3/4, S. 144-50;
    Kosch, Lit.-Lex.;
    Kunisch;
    Kindlers Lit.-Lex. VI, 5630, IX, 8542;
    G. Kranz, Europas christl. Lit. v. 1500 bis z. Gegenwart, ²1975 (L);
    ders., Christl. Dichtung heute, 1955;
    ders., Lex. d. christl. Weltlit., 1978;
    G. Wilpert, Lex. d. Weltlit., ²1975.

  • Porträts

    Rötelzeichnung v. O. Kreibich, um 1960 (Marbach, Dt. Lit.-Archiv);
    Büste v. M. Weber, 1964 (ebd.);
    Phot. (ebd.);
    Büste v. F. Bentele, 1957;
    Büste u. Relief v. W. Kalot, 1976 (Gemeinde Oberstdorf).

  • Autor/in

    Eleonore von La Chevallerie
  • Zitierweise

    La Chevallerie, Eleonore von, "Le Fort, Gertrud Freiin von" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 57-59 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118570951.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA