Lebensdaten
1858 – 1931
Geburtsort
Tilsit
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Prähistoriker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118565680 | OGND | VIAF: 5145857770723020531
Namensvarianten
  • Kossinna, Gustaf
  • Kosinna, Gustaf
  • Kossina, Gustav
  • mehr

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Kossinna, Gustaf, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118565680.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann, Dr., Gymnasialprof.;
    M Natalie, T d. Wilhelm Genzmer, Rittergutsbes., Kreisarzt in|Marienwerder, u. d. Anna Rosine Runge;
    Vt Felix Genzmer ( 1929), Ewald ( 1932), beide Architekten (beide s. NDB VI);
    - 1) Bonn 1889 Katharina van Hauten ( 1905), 2) 1906 Margarete, T d. Druckereibes. Goldsche in Friesack;
    1 S aus 1), 1 T aus 2).

  • Biographie

    Das konservative Elternhaus, das angesehene humanistische Gymnasium und die ethnisch bestimmte Spannung im deutsch-litauischen Grenzgebiet mit seiner bewußten Betonung des Deutschtums in den bürgerlichen Kreisen der Stadt kennzeichnen die Umwelt in Jugend und Schulzeit. Das Studium führte K. seit 1876 über Göttingen, Leipzig, Berlin nach Straßburg. Am stärksten beeindruckte ihn sein Berliner Lehrer Karl Müllenhoff, der in ihm das Interesse für die deutsche Stammeskunde weckte. Er wurde 1881 mit einer Dissertation über „Die ältesten hochfränkischen Sprachdenkmäler in Straßburg“ promoviert. Auch seine zweite Arbeit, „Die Sweben im Zusammenhang der ältesten deutschen Völkerbewegungen“ (Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst, 1890), ruht noch ganz auf philologischer Grundlage. Schon während seines Studiums war ihm klar geworden, daß man die Stammeskunde nur unter Hinzuziehung der Sachzeugnisse erfolgreich erforschen könnte. Den Hinweis auf die Sachaltertümer verdankt er vermutlich seinem Landsmann Otto Tischler. K. wählte die Bibliothekarslaufbahn, die ihn 1881 nach Halle, 1886 nach Berlin, 1887 nach Bonn und 1892 wieder nach Berlin führte. In dieser Zeit wandte sich sein Interesse stärker der Archäologie zu, wie wir aus einer, allerdings erfolglosen, Bewerbung um eine Stelle am Berliner Museum 1890 wissen. 1895 lenkte der bis dahin weitgehend Unbekannte mit einem Vortrag über „die vorgeschichtliche Ausbreitung der Germanen in Deutschland“ das Interesse auf die Möglichkeit, die Ausbreitung von Völkern aufgrund von archäologisch erkennbaren „Kulturprovinzen“ zu erforschen. Über seine Methode, die in dem Lehrsatz gipfelte „scharf umgrenzte archäologische Kulturprovinzen decken sich zu allen Zeiten mit ganz bestimmten Völkern oder Völkerstämmen“, gab er erst 1911 in seiner Arbeit „Die Herkunft der Germanen; zur Methode der Siedlungsarchäologie“ Auskunft. Für die Möglichkeit, die Ausbreitung früher Völker durch die Verbreitung von archäologisch erkennbaren „Kulturen“ zu erforschen, konnte K. an Oscar Montelius anknüpfen. K.s Bemühungen um eine Professur in Berlin führten 1902 zur Ernennung zum außerordentlichen Professor. Es blieb aber das erwartete grundlegende Werk mit der Vorlage des Quellenmaterials und der eingehenden Erläuterung seiner Methode aus. Seine beste Arbeit „Verzierte Lanzenspitzen als Kennzeichen der Ostgermanen“ (Zeitschrift für Ethnologie, 1905), vermittelte wenigstens eine gewisse Vorstellung von den Möglichkeiten seiner Arbeitsweise.

    Mit der Berufung von Carl Schuchhardt zum Direktor der vorgeschichtlichen Abteilung des Berliner Völkerkundemuseums bahnte sich eine unglückliche Konfrontation in der Vorgeschichtsforschung an. K. betrieb nun als Konkurrenz zur „Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte“ die Gründung einer eigenen Gesellschaft, die dann als „Deutsche Gesellschaft für Vorgeschichte“ (später: Gesellschaft für Deutsche Vorgeschichte) 1909 entstand und zur Trägerorganisation der von ihm ebenfalls 1909 im betonten Gegensatz zu der damals begründeten „Prähistorischen Zeitschrift“ geschaffenen Zeitschrift „Mannus“ wurde. Aus dem Lehrbetrieb K.s gingen in den nächsten Jahren zahlreiche bemerkenswerte Dissertationen hervor. Er selbst legte 1911 das stark polemisch eingestellte Buch „Die Herkunft der Germanen“ vor, dem dann 1912 das Werk folgte, das am stärksten auf die Öffentlichkeit eingewirkt hat: „Die deutsche Vorgeschichte, eine hervorragend nationale Wissenschaft“. Es erlebte – allerdings bedingt durch die damalige politische Situation – 1936 seine 7. Auflage. 1913 folgte der Band „Der germanische Goldreichtum in der Bronzezeit“ I, mit dem K. der vorbereiteten Publikation des Eberswalder Goldfundes durch Schuchhardt in einer als unfair empfundenen Weise Vorgriff. Die Zusammenfassung seiner Arbeiten zur Indogermanenfrage erfolgte in dem Bande „Die Indogermanen“ (1921), der das Unbehagen in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit gegenüber den sich schnell wandelnden Auffassungen K.s zu diesem Fragenkomplex nicht aus der Welt schaffen konnte. Schon 1919 hatte er mit einer in der Monatsschrift „Der Oberschlesier“ erschienenen politischen Kampfschrift „Die deutsche Ostmark, ein Heimatboden der Germanen“, in die Verhandlungen um den Versailler Vertrag, allerdings erfolglos, einzugreifen versucht. Ein kleines Heft, „Altgermanische Kulturhöhe“, gibt 1927 den ein wenig veränderten Inhalt eines Kriegsvortrages von 1917 wieder. Zur Stammeskunde kehrte er mit dem Bande „Germanischer Kultur im 1. Jahrtausend nach Christus“ (1932) zurück, freilich ohne die Stammeskunde damit entscheidend zu bereichern.

    Daß K. sich nicht durchsetzte, lag daran, daß er mit unscharfen Begriffen operierte und|seine Behauptungen nicht unter Beweis stellte. Seine Fragestellung entsprach der nationalstaatlich orientierten Konzeption der Geschichtsforschung seiner Zeit. Neben ihm und seinen Schülern standen große Gruppen von deutschen Vorgeschichtsforschern, die weder seine Grundkonzeption teilten, noch seine Methoden anerkannten. Trotz seiner zeitweisen Popularität war er keiner der großen Bahnbrecher der Vorgeschichtsforschung. Seine Welt waren die Kleinfunde in den Museen und ihre geographische Verbreitung, dargestellt mit dem Hilfsmittel der Fundkarte. Zu den Denkmälern in der Landschaft und zur Geländearchäologie überhaupt hatte er keine Verbindung, so daß von ihm auch keine auf die Dauer wirksamen Impulse zur Ausgestaltung einer modernen Entwicklung der Vorgeschichtsforschung ausgingen. Unberührt allerdings davon bleibt, daß sein Anliegen, die Entstehung und Abgrenzung von Völkern und Stämmen nach ihren Kulturformen zu erforschen, in bestimmten Gebieten weiter wirkte, und sich als legitimes Teilproblem auch moderner Forschung erhalten hat.|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Dän. Ges. f. nord. Altertumskde., d. Finn. Altertumsges. u. d. Vitterhets Ak. in Stockholm.

  • Werke

    Weitere W u. a. Die vorgeschichtl. Ausbreitung d. Germanen in Dtld., in: Zs. d. Ver. f. Volkskde., 1896;
    Die indogerman. Frage archäolog. beantwortet, in: Zs. f. Ethnol., 1902;
    Die Grenzen d. Kelten u. Germanen in d. Latènezeit, in: Korr.bl. d. dt. anthropolog. Ges., 1907;
    Die goldenen „Eidringe“ u. d. jüngere Bronzezeit in Ostdtld., in: Mannus 8, 1917;
    Die Indogermanen, Ein Abriß, 1921;
    Ursprung u. Verbreitung d. Germanen in vor- u. frühgeschichtl. Zeit, 1928;
    German. Kultur im I. Jahrtausend nach Christus, 1932;
    - W-Verz. (1881–1918) in: Mannus 10, 1918 (P).

  • Literatur

    R. Stampfuß, G. K., e. Leben f. d. Vorgesch., 1935;
    F. Borchardt, Der heimattreue Ostpreuße, in: Mannus 24, 1932 (P);
    A. Götze, ebd. (P);
    H. Heß v. Wichdorff u. a., ebd.;
    M. Jahn, in: Nachrr.bl. f. dt. Vorzeit 7, 1931, H. 12;
    Wi. 1928 (W).

  • Porträts

    Gipsbüste v. F. Richter-Elsner, Abb. in: Die Gr. Deutschen im Bild, 1937.

  • Autor/in

    Herbert Jankuhn
  • Zitierweise

    Jankuhn, Herbert, "Kossinna, Gustaf" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 617-619 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118565680.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA