Lebensdaten
1813 – 1890
Geburtsort
Leipzig
Sterbeort
Leipzig
Beruf/Funktion
evangelischer Theologe
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118524550 | OGND | VIAF: 85152004
Namensvarianten
  • Delitzsch, Franz Julius
  • Delitzsch, Franz
  • Delitzsch, Franz Julius
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Zitierweise

Delitzsch, Franz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118524550.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Gottfr. (1783–1836), Altwarenhändler, Tapezierer u. Polsterer in Leipzig, S des Joh. Gottfried Dölitzsch aus Leisnig, Altwarenhändler in Leipzig (S des Grenadiers Joh. Gottfr.);
    M Joh. Rosina (1784–1857), T des Christoph Gottfr. Müller, Obermeister der Schuhmacherinnung in Schkeuditz, u. der Maria Sus. Hödelin;
    1845 Clara (1823–94), T des Spediteurs Joh. Gottfr. Silber in Leipzig;4 S, u. a. Frdr. s. (2).

  • Biographie

    Auf dem Leipziger Nikolaigymnasium auch im Hebräischen vorgebildet, studierte D. mit Unterstützung seines väterlichen Freundes Levy Hirsch in Leipzig Theologie, Philosophie und orientalische Sprachen. 1835 Dr. phil. geworden, widmete er sich verschiedenen wissenschaftlichen Arbeiten, unter anderem der Sammlung und Beschreibung der hebräischen Handschriften der Leipziger Ratsbibliothek. Durch Studienfreunde mit pietistischen Kreisen verbunden, leitete er jahrelang einen solchen Zirkel. In diesen Jahren übte er selbst die Mission unter Israel anläßlich der Leipziger Messen und hatte Verbindung mit den Missionaren Goldberg und Becker. 1842 in Leipzig habilitiert, wurde er 1844 daselbst zum außerordentlichen Professor ernannt, folgte aber schon 1846 einem Ruf nach Rostock, 1850 einem solchen|nach Erlangen. Seine Vorlesungstätigkeit umfaßte alt- und neutestamentliche Exegese und Heilsgeschichte. 1867 nach Leipzig berufen, entfaltete er hier eine fruchtbare wissenschaftliche und kirchlich-praktische Tätigkeit (Ausbau der Mission unter Israel). Seine Bedeutung liegt - abgesehen von seinen rabbinischen Forschungen - auf dem Gebiet der alttestamentlichen Exegese, deren vornehmlichster lutherischer Vertreter er seinerzeit war. Dadurch, daß er als entschiedener Gegner des Rationalismus um scharfsinnige Herausarbeitung des historischen Sinns der einzelnen Stelle wie um Erhebung des theologischen Gehaltes bemüht ist, wird auf seine Kommentare (Biblischer Kommentar über das AT, 1861 folgende, mit F. K. Keil) auch in neuerer Zeit häufig zurückgegriffen, obwohl sie in der historischen Kritik zum Teil veraltet sind. Gegenüber der zeitgenössischen Bibelkritik (Julius Wellhausen) war er als wahrheitsforschender Historiker aufgeschlossen genug, um ihre grundsätzliche Berechtigung und teilweise auch ihre Ergebnisse anzuerkennen (Knechtsgestalt der Schrift!). Der Mission unter Israel schuf er durch eine weitverbreitete Übersetzung des Neuen Testaments ins Hebräische (1877, 111890) die entscheidende Voraussetzung. Als akademischer Lehrer, Prediger und Vortragsredner hatte er ungewöhnliche Erfolge, nicht zuletzt auch als tapferer Streiter gegen den aufkommenden modernen Antisemitismus. Einer seiner letzten Schüler ist der Theologe Wolf Graf Baudissin ( 1926) gewesen.

  • Werke

    Weitere W u. a. Autobiogr., in: Norweg. Missions-Blad for Israel, Kristiania 1883, S. 51 ff., engl. Übers. v.
    H. V. Hilprecht, in: The Old Testament Student, Chicago 1887, S. 209-12, dt. Übers. v.
    W. Faber, in: Saat auf Hoffnung 27, 1890, S. 147-51; Kommentare u. a. üb.:
    Genesis, ⁵1887, Psalmen, ⁵1894, Hiob, ²1876, Jesaja, ⁴1889;
    Biblische Psychol., ²1861;
    Messianische Weissagungen, ²1899; Gründer u. Hrsg.:
    Saat auf Hoffnung; W-Verz. in:
    Saat auf Hoffnung 52, 1, 1915, S. 33-43.

  • Literatur

    ADB XLVII;
    S. I. Curtiß, F. D., A memorial tribute, Edingburgh 1891 (W, L, P);
    W. Lotz, in: Ll. Franken II, 1922, S. 98-104 (W, L);
    G. v. Rohden, in: Das Ev. Dtld. VII, 1930, S. 425 f.;
    O. Eißfeld, ebd., S. 444 f.;
    J. Boehmer, Das Geheimnis um d. Geburt v. F. D., 1934;
    PRE;
    RGG.

  • Autor/in

    Hans Bardtke
  • Zitierweise

    Bardtke, Hans, "Delitzsch, Franz" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 581-582 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118524550.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Delitzsch: Franz Julius D. Dieser bedeutendste unter den lutherischen alttestamentlichen Exegeten des 19. Jahrhunderts wurde am 23. Februar 1813 in Leipzig als Sohn einer armen (christlichen) Bürgerfamilie geboren. Unter rationalistischen Einflüssen wuchs er in Leipzig heran und entschied sich, als er 1831 die Universität bezog, für das Studium der Philosophie und Orientalia. Die Wendung, welche 1832 sein religiöses Leben nahm, machte ihn indes zum überzeugten Lutheraner, der mit Bekenntnißtreue ein warmes Herzenschristenthum verband, und führte ihn zum Studium der Theologie. 1835—42 lebte er als Privatgelehrter in Leipzig besonders philologischen und rabbinischen Studien und habilitirte sich 1842 an der dortigen Universität mit der Dissertation „De Habacuci prophetae vita atque aetate“. Er wurde schon 1844 außerordentlicher Professor und 1846 ordentlicher Professor für Altes Testament in Rostock, nachdem er sich 1845 mit Clara Silber aus Leipzig vermählt hatte. Von Rostock wurde er 1850 nach Erlangen berufen, wo er in persönlicher Berührung mit dem ihm geistesverwandten Hofmann gleichwohl seine theologische Eigenart unter Ablehnung der diesem Theologen eigenen Geschichtsauffassung und Dogmatik behauptete (s. den Briefwechsel von Hofmann und Delitzsch, 1891 herausgegeben von W. Volck). Die Eigenart seiner Behandlung des Alten Testaments, wie sie sich in der von 1850—67 reichenden Erlanger Zeit in einer Reihe von Publicationen kundthat, hatte ihre Stärke in der Sorgsamkeit der Einzelauslegung mit den Mitteln einer umfassenden philologischen und archäologischen Gelehrsamkeit, sowie in der religiösen Wärme, welche den Geist der biblischen Schriften dem Leser nahebrachte. Die durch das lutherische Bekenntniß gegebenen Denkformen, sowie die D. eigene Neigung für die Mystik beeinträchtigten wohl dabei zuweilen die Methode der Untersuchung und die rein historische Auffassung des im Bibeltexte Gegebenen. Geschichtliche Bedeutung muß ihm zugesprochen werden als einem der erfolgreichsten Gegner des Rationalismus auf alttestamentlichem Gebiet und Mitbegründer einer wissenschaftlich auf der Höhe der Zeit stehenden und zugleich der Kirche dienenden Bibelwissenschaft. Die mit der Berufung nach Leipzig im J. 1867 beginnende zweite Periode seiner akademischen Lehrthätigkeit zeigte ihn bis zum Schlusse in rastloser Fortarbeit an allen vom Alten Testament dem Theologen gebotenen Problemen. Seit 1880 veranlaßte ihn die unter der Führung Wellhausen's auftretende Auffassung der alttestamentlichen Litterargeschichte zu bedeutsamen Abweichungen von der herkömmlichen Tradition, ohne ihn indes von seinen theologischen Grundanschauungen abzudrängen (s. „Der tiefe Graben zwischen alter und moderner Theologie“, 1888). Seiner bis zuletzt mit seltenem Erfolge gekrönten akademischen Lehrthätigkeit, sowie seinem schriftstellerischen Wirken setzte erst die am 4. März 1890 zum Tode führende schwere Krankheit ein Ziel. — Nicht unerwähnt darf bleiben seine schon in der Jugend begonnene Theilnahme am Werke der Judenmission, welche im J. 1871 zur Vereinigung der bis dahin vereinzelt thätigen lutherischen Missionsvereine zu gemeinsamer Arbeit unter Leitung des „Lutherischen Centralvereins für die Mission unter Israel“ führte, dessen Seele D. war. Im übrigen galten seine Bestrebungen einer Erhöhung des geistigen Niveaus auf dem Gebiete der missionarischen Controverse. Ein von ihm 1886 in Leipzig begründetes Missionsseminar ist als „Institutum Delitzschianum“ ein dauerndes Denkmal seiner Bestrebungen auf diesem Gebiete. — Die von ihm empfundene Pflicht des Erweises, daß das Christenthum mit ungerechter und wahrheitswidriger Beurtheilung des Judenthums nichts gemein habe, machte ihn von 1881 ab zu dem bedeutendsten Gegner antisemitischer Pseudogelehrten, welche ihrer Sache mit Anwendung vergifteter Waffen zu dienen meinten. — Von 1873 ab war er betheiligt an der Commission zur Revidirung der lutherischen Bibelübersetzung, wozu ihn das sächsische Kirchenregiment delegirt hatte. Er vertheidigte das fertige Werk in „Die revidirte Lutherbibel. Appell an die lutherische Kirche“, 1884. — Die sächsische Staatsregierung ehrte ihn durch Verleihung der Würde eines Geheimen Kirchenraths und eines Domherrn des Hochstifts Meißen.

    Von der großen Zahl seiner Schriften können hier nur die wichtigsten genannt werden. Der Schriftauslegung dienen: Kommentar zu Habakkuk, 1843; zum Hohenlied, 1851; zur Genesis, 1852 (neuausgearbeitete 5. Aufl. 1887); zum Hebräerbrief, 1857; zum Psalter, 1859/60 (4. Aufl. 1884); zu Hiob, 1864 (2. Aufl. 1876); zu Jesaja, 1866 (4. Aufl. 1889); zum Spruchbuch, 1873; zum Hohenlied und Prediger, 1875; zu den Messianischen Weissagungen, 1890. Theologische Studien verschiedener Art sind niedergelegt in den Schriften: „Die biblisch-prophetische Theologie“, 1845; „Symbolae ad Psalmos illustrandos isagogicae“, 1846; „System der biblischen Psychologie", 1855; „Handschriftliche Funde", 1861/2; „Studien zur Entstehungsgeschichte der Polyglottenbibel des Cardinal Ximenes", 1871; „Komplutensische Varianten zum Alttestamentl. Texte“, 1878; „Fortgesetzte Studien zur Entstehungsgeschichte der Komplutensischen Polyglotte“, 1886, in den Einleitungen zu S. Baer's Ausgabe des hebräischen Textes des A. T. seit 1869, in Aufsätzen der von Guericke und ihm 1862—78 redigirten Zeitschrift für die gesammte luth. Theologie und Kirche. Der rabbinischen Wissenschaft gehören an: „Zur Geschichte der jüdischen Poesie", 1836; „Anekdota zur Geschichte der mittelalterl. Scholastik unter Juden und Moslemen", 1841. Die Judenmission unterstützen: „Jesus und Hillel" (3. Aufl. 1879); die hebräische Uebersetzung des Neuen Testaments, 1877 (12. Aufl. 1901), mit Vorstudie über den Römerbrief, 1870; „Der Messias als Versöhner", 1885; „Ernste Fragen an die Gebildeten jüdischer Religion", 2. Aufl. 1890; und die Herausgabe der Zeitschrift „Saat auf Hoffnung", 1863—79. Belletristischer Art sind: „Jüdisches Handwerkerleben zur Zeit Jesu", 1868 (3. Aufl. 1879); „Ein Tag in Kapernaum", 1871; „Durch Krankheit zur Genesung", 1873. Die Erbauung fördern: „Philemon oder von der christlichen Freundschaft, 1841 (3. Aufl. 1878); „Schatzkästlein", 1842; „Das Sakrament des wahren Leibes und Blutes Christi“, 1844 (7. Aufl. 1886). Gegen die Antisemiten wenden sich: „Rohling's Talmudjude“ (7. Aufl. 1881); „Was D. Aug. Rohling beschworen hat", 1883; „Schachmatt den Blutlügnern Rohling und Justus“, 1883; „Neueste Traumgesichte des antisemitischen Propheten“, 1883.

    • Literatur

      Ueber das Leben von F. Delitzsch, s. bes. seine Autobiographie im Missionsblad for Israel, 1883, S. 51 ff. — S. J. Curtiß, Franz Delitzsch, 1891, und A. Köhler in Neue Kirchl. Zeitschr. I, 234 ff. und Prot. Real-Encykl. ³IV, 565 ff. — G. Dalman in Nathanael, 1890, S. 136 ff.

  • Autor/in

    G. Dalman.
  • Zitierweise

    Dalman, G., "Delitzsch, Franz" in: Allgemeine Deutsche Biographie 47 (1903), S. 651-652 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118524550.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA