Lebensdaten
1850 – 1930
Geburtsort
Claußnitz bei Burgstädt (Sachsen)
Sterbeort
Ludwigshafen am Bodensee
Beruf/Funktion
evangelischer Theologe ; theologischer Schriftsteller
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116980176 | OGND | VIAF: 57380502
Namensvarianten
  • Lhotzky, Heinrich
  • Lhotsky, Heinrich
  • Lhotzky, Hch.
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Porträt(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Lhotzky, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116980176.html [25.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Julius (1816–62), Pfarrer, S e. Kupferschmieds (Vorfahren aus Böhmen);
    M Hephzibah Winkles aus London;
    1888 Berta, T d. russ. Staatsrats Albert Bauer u. d. Natalie Siebert;
    5 S, 2 T.

  • Biographie

    L. empfing bleibende Eindrücke von einem zweijährigen Aufenthalt in der Herrnhuter Erziehungsanstalt Niesky (Schlesien) und der dort lebendigen Theologie Schleiermachers. Nach dem Besuch der Gymnasien in Bautzen und Dresden-Neustadt begann er, 1878 in Leipzig zunächst klass. Philologie zu studieren, wandte sich aber bald, angeregt durch Franz Delitzsch, dem Studium der Theologie sowie der Assyriologie bei Friedrich Delitzsch zu. Nach dem Examen 1881 war er ein Jahr als Lehrer in Dorpat tätig. Danach nahm er seine Studien wieder auf und wurde mit der Arbeit „Die Annalen Asurnazirpals (884–860 v. Chr.)“ (1885) zum Dr. phil. promoviert. Seit Okt. 1883 tat er Dienst als Einjährig-Freiwilliger im Infanterie-Rgt. Nr. 107. Auf Vermittlung von Franz Delitzsch nahm er 1885 eine Stelle als Lehrer und Hilfsprediger bei dt. Auswanderern in der Nähe von Kischinew in Bessarabien an. Dort lernte er den Judenchristen Josef Rabinowitsch kennen, dem er in einer eigenartigen Haßliebe zeitlebens verbunden blieb. 1890-1901 verbrachte er in ähnlicher Stellung auf der Krim. Danach lebte er als Mitarbeiter der „Blätter zur Pflege persönlichen Lebens“ (seit 1917 „Grüne Blätter“) auf Schloß Mainberg b. Schweinfurt bei dem Lebensreformer Johannes Müller, mit dem er seit dessen Besuch in Südosteuropa befreundet war. Gleichzeitig studierte er bis 1903 Naturwissenschaften in Berlin. 1904 trennte er sich von Müller und lebte seitdem als freier Schriftsteller in München-Pasing und von 1910 bis zu seinem Tod in Ludwigshafen (Bodensee). 1904-11 gab er als einziger Redakteur und Mitarbeiter die Zeitschrift „Leben“ heraus und verschaffte sich einen Namen als Romanschriftsteller und Erzähler. Karl Robert Langewiesche, der ihn verehrte, zählte ihn zu den meistgelesenen Autoren seines Verlages.

    In seinem Denken ist L. bestimmt von Joh. Christoph und Christoph Blumhardt sowie von Friedrich Zündel, dem Biographen von Joh. Christoph. L. überarbeitete Zündels Werk im Sinne einer Neufassung (Der Weg zum Vater, 1902; Religion oder Reich Gottes, 1904; Der Wunderpfarrer, 1920). In vielgelesenen populärwissenschaftlichen Schriften zu Grundsatz- und Zeitfragen beeinflußte er bis zum Kriegsende zahlreiche gebildete, kritische Menschen seiner Zeit. – Mit Hermann Kutter und Leonhard Ragaz gehört L. zur „Blumhardt-Bewegung“ und wurde sogar als „religiös – sozial – gerichtet“ (F. Kattenbusch) bezeichnet. Seine immer wieder vertretene These „Reich Gottes, nicht Religion“ und seine Beschreibung Jesu als des „unreligiösesten Menschen, der je über die Erde gegangen“ sei, deutet diese Herkunft an, stiftete aber auch viel Verwirrung und Ablehnung. Gott war für ihn Ausdruck der „Kraft“ und Jesus als Verkörperung der Kraft Gottes der „Kraftmensch“ schlechthin. Seine Gottesvorstellung entwickelte er im Laufe der Zeit immer völkischer und antisemitischer, so daß er als Vordenker der völkischen Religion des Nationalsozialismus gelten kann, dem er seit 1920 auch deutliche Sympathien entgegenbrachte. Er lehnte das Talmud-Judentum mehr und mehr ab und propagierte einen politischen Antisemitismus. Verbunden damit war schon seit etwa 1910 eine immer entschiedenere Abkehr vom Christentum, die schließlich in offenem, völkisch verstandenem Heidentum endete.

  • Werke

    Weitere W u. a. Predigten z. Feier d. Staatsfeste in Rußland, 1896;
    Leben u. Wahrheit, 1897;
    Die Zukunft d. Menschheit, 1907;
    Vom Erleben Gottes, 1908;
    Vater u. Sohn, 1909;
    Die Seele d. Kindes, 1910;
    Das Buch v. d. Ehe, 1911;
    Vom Du, Gedanken üb. Liebe, Sinnlichkeit u. Sittlichkeit, 1913;
    Aus gottsuchender Zeit, Ein Andachtsbuch f. neuzeitl. denkende Menschen, 1913;
    Das Evangelium d. Kraft, 1914;
    Der Planet u. ich, Lebenserinnerungen u. Zukunftsgedanken, 1925 (P).

  • Literatur

    Christl. Welt 12, 1898, Sp. 639 ff., 17, 1903, Sp. 176 ff., 18, 1904, Sp. 7 ff., 818 ff., 24, 1910, Sp. 247 ff.;
    F. Kattenbusch, Die dt. ev. Theol. seit Schleiermacher, ⁵1926, S. 102, Anm. 1;
    Johs. Müller, Vom Geheimnis d. Lebens I, 1937, S. 87 ff.;
    A. Pfeiffer, Zur Diakrilik d. „Blumhardt-Bewegung“, in: Neue Zs. f. systemat. Theol. 23, 1981, S. 74-88;
    Kürschner, Lit.-Kal., Nekr. 1901-35;
    RGG³;
    Kosch, Lit.-Lex.

  • Autor/in

    Gerhard Ruhbach
  • Zitierweise

    Ruhbach, Gerhard, "Lhotzky, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 440-441 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116980176.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA