Lebensdaten
1851 – 1932
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Kaufmann ; Fabrikant ; Kunstsammler ; Stifter ; Mäzen
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 117392634 | OGND | VIAF: 71381388
Namensvarianten
  • Simon, Henry James
  • Simon, James
  • Simon, Henry James
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Zitierweise

Simon, James, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117392634.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Isaak (1816–90), aus Pyritz (Pommern), Schneider in Prenzlau, Kaufm., seit 1838 in B., 1842 Bürger ebd., gründete 1838 mit Neumann d. Textil- u. Herrengarderobegeschäft „Simon & Neumann“, gründete 1852 d. Kommissions- u. Speditionsgeschäft f. wollene u. baumwollene Stoffe „I. Simon & Comp.“, d. 1858 in d. mit Louis Simon (s. u.) gegründeten Baumwollunternehmen „Gebrüder Simon, Leinwand-Niederlage u. Baumwollwarenfabrik“ aufging, 1872 an e. Textilmaschinenfabrik beteiligt, Mitgl. d. Einschätzungskomm. f. d. Staatseinkommenssteuer, ab 1876 Stadtverordneter in B., 1880 KR (Fortschrittspartei), S d. Wolf Marcus (* 1782), aus Pyritz, Hausierer, seit 1814 wahrsch. Textilhändler ebd.;
    M Adolphine (1820–1902), T d. Isaac Hirsch Heilbron, Kaufm.;
    Ov Louis (Wolf Marcus Lewin, Levi) (1828–1903), Kaufm. in B., gründete 1858 mit Issak Simon (s. o.) d. Baumwollunternehmen „Gebrüder Simon, Leinwand-Niederlage u. Baumwollwarenfabrik“, preuß. KR (s. BJ VIII, Tl.);
    2 Schw u. a. Bertha (Betty) ( 1] Barthold Aarons, Bankier);
    Berlin Agnes (1852–1921), T d. Leonor Reichenheim (1814–86), Textilindustr. in B., Abg. im preuß. LT u. im norddt. RT (Fortschrittspartei), KR (s. NDB 21), u. d. Helena Arndt (1821–92);
    1 S Heinrich (1882–1946), Kaufm. in B., 2 T u. a. Dorothea (1880–1963), Kunsthist., Mitarb. b. d. Staatl. Museen in B.;
    Vt Eduard (1865–1929), Dr. iur., Dr. med., Textilkaufm. in B., stellv. Vors. d. Aufsichtsrats d. „Gebr. Simon Vereinigte Textilwerke AG“, Mitgl. d. Aufsichtsrats d. Berliner Velvetfabrik „M. Mengers & Söhne AG“ u. d. Präsidiums d. „Reichsverbands d. Dt. Groß- u. Überseehandels E. V.“, GKR, Dr. med. h. c. (Breslau 1910) (s. Wenzel); Cousine Hermine ( Oswald Lohse, 1845–1915, Dr. phil., Observator am astrophysikal. Observatorium in Potsdam, 1907–09 Dir. ebd., Geh. Reg.rat, s. NDB 14).

  • Biographie

    S. absolvierte in Berlin das Gymnasium Zum Grauen Kloster, wo der Altphilologe Johann Friedrich Bellermann (1795–1874) zu seinen Lehrern zählte. Nach dem Abitur 1869 trat er als Lehrling in das väterliche Baumwollunternehmen „Gebrüder Simon, Leinwand-Niederlage und Baumwollwarenfabrik“ (Gebrüder Simon) ein, wurde 1876 Juniorpartner und 1890 Teilhaber eines der größten europ. Baumwollhandelshäuser vor 1914 mit Umsätzen von über 50 Mio. Mark. S. gehörte 1911 mit einem Vermögen von etwa 35 Mio. Mark und einem Jahreseinkommen von etwa 2,4 Mio. Mark (6. Stelle d. Berliner Einkommensliste) zu den Spitzenverdienern in Preußen. Als hoch angesehener Kaufmann bekleidete er zahlreiche Ehrenämter. Mit dem 1. Weltkrieg begann der Niedergang seines Unternehmens, der auch in der Weimarer Republik nicht gestoppt werden konnte. S. schied 1927 aus der Firma aus, die 1931 in Konkurs ging.

    S. nutzte sehr erfolgreich die aktive Vereinsarbeit für die Förderung des Sozialwesens, der Wissenschaft und der Kunst. Er gehörte u. a. zu den Mitbegründern des Berliner „Vereins Mädchenhort“ (1885), des „Vereins zum Schutz der Kinder vor Misshandlung und Ausnutzung“ (1899), sowie zu den Förderern des „Vereins für Ferienkolonien“ (seit 1894), für den er seit 1900 die ersten Schülerwanderungen ermöglichte. Mit großem Aufwand ließ S. seit 1894 in Kolberg das „Ks. und Ksn. Friedrich Berliner Sommerheim“, eine Erholungsstätte für kranke Berliner Schulkinder, errichten. Dem zusammen mit Paul Nathan (1857–1927) 1901 gegründeten „Hilfsverein der Dt. Juden“ stand S. bis zu seinem Tod vor. S. war zudem langjähriges Mitglied im Vorstand der „Jewish Colonisation Association“.

    Seit den frühen 1880er Jahren begann S. mit dem Sammeln von Kunst, wobei er von Wilhelm Bode (1845–1929), dem Direktor der Sammlung christlicher Skulpturen und der Gemäldegalerie, und später von Max J. Friedländer (1867–1958) beraten wurde. Mit Werken u. a. von Mantegna, Bronzino, della Robbia baute er eine gattungsübergreifende und hochrangige Renaissancesammlung auf, die er 1904 dem Ks. Friedrich-Museum (Bode-Museum) schenkte. Eine zweite große Sammlung mit dem Schwerpunkt mittelalterliche Kunst vermachte S. – anders als sämtliche anderen Berliner Privatsammler – unmittelbar nach dem Zusammenbruch des dt. Kaiserreichs im Dez. 1918 den Berliner Museen. Die dritte große Schenkung erfolgte 1920 durch Überlassung sämtlicher ihm zugefallenen Funde aus den Grabungen in Tell el-Amarna an die Ägypt. Abteilung der Staatlichen Museen zu Berlin. S. bildete sich zu einem Kenner auf einzelnen Sammlungsfeldern (Münzen, Medaillen u. a.) und wurde von Ks. Wilhelm II., zu dem er als sog. „Kaiserjude“ ein enges Verhältnis pflegte, in verschiedene Museumskommissionen berufen (u. a. für die Gemäldegalerie). Seinen einzigartigen Überblick über die Berliner Museen und sein enges Verhältnis zu einzelnen Sammlungsdirektoren und Gelehrten wie Adolf Erman (1854–1937) und Ludwig Borchardt (1863–1938) nutzte er zur systematischen Förderung fast aller Museumssammlungen (u. a. Ägypt. Abt., Gem.galerie, Münzkabinett, Ostasiat. Abt., Vorderasiat. Abt.). Ihm ist es auch zu verdanken, daß die Sammlung für dt. Volkskunde 1904 in staatliche Obhut überführt wurde (seit 1999 im Mus. Europ. Kulturen).

    Maßgeblich auf seine Initiative hin wurde 1898 die „Deutsche Orient-Gesellschaft“ (DOG) gegründet, die sich binnen kürzester Zeit zur wichtigsten dt. Grabungsgesellschaft im Vorderen Orient entwickelte. Großzügig vom Staat, Ks. Wilhelm II. (DOG-Protektor seit 1901), v. a. aber von S. selbst materiell und ideell gefördert, konnten langjährige Großgrabungen in Babylon (1899–1917) und Assur (1903–13/14) durchgeführt werden, mit kürzeren Nebengrabungen in Borsippa (1902), Kisurra (1902/03), Schuruppak (1902/03), Hatra (1907–11), Uruk (1912/13) u. Kar Tukulti-Ninurta (1913/14). Zudem finanzierte S. die Untersuchungen in Palästina (1903–08 mit Unterbrechungen) und jene in Ägypten mit Abusir (1902–08) und Abusir el Meleq (1905/06). Sternstunden der Archäologie brachten die Untersuchungen in Tell el-Amarna (1911–14), wo 1912 von L. Borchardt die berühmte Nofretete-Büste u. a. herausragende Portraits der Amarna-Kunst im Bildhaueratelier des Thutmose gefunden wurden. Als Träger der Grabungslizenz für Amarna wurde S. Besitzer aller der dt. Seite zufallenden Amarna-Funde. Ohne S.s persönliches u. finanzielles Engagement wären herausragende Objekte aus den DOG-Grabungen wie Ischtar-Tor und Prozessionsstraße als Teile der Mauern von Babylon heute nicht in Berlin. S. trug somit maßgeblich zur Weltgeltung der Berliner Museen bei. Er gehörte zu den wenigen systematisch|fördernden Großmäzenen des Wilhelmin. Zeitalters, in seinen vielschichtigen Aktivitäten auf sozialem, wissenschaftlichem und künstlerischem Gebiet steht er bis heute singulär da.

  • Auszeichnungen

    Aufsichtsrat im Kaufmänn. Hilfsver. (um 1880) u. in d. Korporation d. Berliner Kaufmannschaft (vor 1892);
    Ältester d. Berliner Kaufmannschaft (1898);
    preuß. Wilhelm-Orden (1904);
    Ehrenmitgl. d. Dt. Archäol. Inst. (1906);
    Mitgl. d. Zentralausschusses d. Reichsbank (1906–27);
    Leibnizmedaille in Gold d. Preuß. Ak. d. Wiss. (1907), Dr. phil. h. c. (Univ. Berlin 1910);
    Ehrenmitgl. d. Dt. Orient-Ges. (1919);
    Vizepräs. d. Handelskammer zu Berlin (1919–26);
    Mitgl. zahlr. kaufmänn. Fachausschüsse;
    zahlr. weitere preuß. Orden.

  • Literatur

    W. Bode, Das Kab. S., Die Stiftung d. Herrn J. S. im Ks. Friedrich-Mus. zu Berlin, in: Kunst u. Künstler, 1905, S. 61–70;
    M. J. Friedländer, ebd. 1930/31, S. 447–48;
    Kgl. Museen zu Berlin (Hg.), Slg. v. Renaissance-Kunstwerken, Gestiftet v. Herrn J. S. z. 18. Okt. 1904, Mit e. Nachtr., Kat. 1908;
    W. Bode (Hg.), Die zweite Slg. v. Dr. J. S. im K. Friedrich-Mus. zu Berlin, Kat. 1920;
    Nachlaß Dr. J. S. Berlin, Kat. 1932;
    E. Feder, J. S., Industrialist, Art Collector, Philanthropist, in: Leo Baeck Inst. Year Book 1965, S. 3–23;
    O. Matthes, J. S., Mäzen im Wilhelmin. Za., 2000;
    P.-K. Schuster (Hg.), J. S., Sammler u. Mäzen f. d. Staatl. Museen zu Berlin, 2001;
    B. Schultz (Hg.), J. S., Philanthrop u. Kunstmäzen, ²2007;
    Juden in Berlin.

  • Porträts

    Porträtrelief in Bronze v. J. Grützke, 2006 (Berlin, Baden-Württ. Landesvertretung, Tiergartenstr., ehem. Standort v. S.s Villa).

  • Autor/in

    Olaf Matthes
  • Zitierweise

    Matthes, Olaf, "Simon, James" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 436-438 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117392634.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA