Lebensdaten
1892 – 1941
Geburtsort
Siegen
Sterbeort
Goslar (Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald)
Beruf/Funktion
Politiker ; Widerstandskämpfer
Konfession
evangelisch, später konfessionslos
Normdaten
GND: 118565923 | OGND | VIAF: 32788524
Namensvarianten
  • Krämer, Hermann Walter
  • Krämer, Walter
  • Krämer, Hermann Walter
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Zitierweise

Krämer, Walter, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118565923.html [28.04.2024].

CC0

  • Walter Krämer war KPD-Funktionär und seit 1932 Abgeordneter im preußischen Landtag. Im Februar 1933 verhaftet, verbrachte er über acht Jahre in nationalsozialistischen Gefängnissen und rettete als Kapo des Häftlingskrankenbaus im Konzentrationslager Buchenwald zahlreichen Mithäftlingen das Leben. Im November 1941 von der SS ermordet, wurde Krämer 1999 von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt.

    Lebensdaten

    Geboren am 21. Juni 1892 in Siegen
    Gestorben am 6. November 1941 (ermordet) in Goslar (Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald)
    Grabstätte Hermelsbacher Friedhof in Siegen
    Konfession evangelisch, später konfessionslos
    Walter Krämer, Gedenkstätte Buchenwal (InC)
    Walter Krämer, Gedenkstätte Buchenwal (InC)
  • Lebenslauf

    21. Juni 1892 - Siegen

    1898 - 1906 - Siegen

    Schulbesuch

    Volksschule

    1906 - 1911 - Siegen

    Ausbildung zum Schlosser

    Siegener Maschinenbau-Aktien-Gesellschaft

    1911 - 1917

    Militärdienst; Kriegsdienst

    Kaiserliche Marine

    27.9.1917 - Wilhelmshaven

    Verurteilung zu einem Jahr und zwei Wochen Gefängnis wegen unerlaubter Entfernung

    Feldgericht II MJ

    1917 - 1918 - Siegburg

    Inhaftierung

    Gefängnis

    1919 - 1921 - u.a. Siegen; Düsseldorf; Benrath

    Schlosser; Monteur

    1919

    Mitglied

    Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD)

    März 1920 - Ruhrgebiet

    Teilnehmer an den Ruhrkämpfen

    „Rote Ruhrarmee“

    1921 - Siegen

    Übersiedlung; wechselnde Tätigkeiten v. a. als Schlosser

    1921 - 1933

    Mitglied

    KPD

    22.7.1921 - Siegen

    Verurteilung zu neun Monaten Gefängnis wegen Diebstahls

    Schöffengericht

    August 1922 - April 1923 - Elberfeld (heute Wuppertal)

    Inhaftierung

    Gefängnis

    April 1923 - Dezember 1923 - Siegen

    wechselnde Tätigkeiten v. a. als Schlosser; KPD-Aktivist

    Dezember 1923 - Januar 1925 - Siegen; Arnsberg; Hagen

    Untersuchungshaft

    Gefängnis

    28.1.1925 - Leipzig

    Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Gefängnis, u. a. wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Waffenbesitzes

    4. Strafsenat des Reichsgerichts

    Februar 1925 - Januar 1927 - Cottbus

    Inhaftierung (mit Unterbrechungen)

    Gefängnis

    Mai 1927 - Februar 1933 - Krefeld; Wuppertal-Barmen; Kassel; Hannover

    hauptamtlicher Funktionär

    KPD

    April 1932 - Februar 1933 - Berlin

    Abgeordneter der KPD

    Preußischer Landtag

    28.2.1933 - Dezember 1934 - Hannover

    Verhaftung; Untersuchungshaft

    Gefängnis

    19.12.1934 - Berlin

    Verurteilung zu drei Jahren Gefängnis wegen Vorbereitung zum Hochverrat

    Volksgerichtshof

    Dezember 1934 - Januar 1937 - Berlin; Hameln; Hannover

    Inhaftierung; „Schutzhaft“

    Gefängnis

    15.1.1937 - 19.8.1937 - Lichtenburg

    Inhaftierung

    Konzentrationslager

    19.8.1937 - 6.11.1941 - Weimar-Buchenwald

    Inhaftierung

    Konzentrationslager

    6. November 1941 (ermordet) - Goslar (Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald)
  • Genealogie

    Vater Wilhelm Krämer Lokomotivführer
    Mutter Emilia Elisabeth Lina Krämer, geb. Scheib gest. 1921
    Bruder Karl Krämer 1894–1979
    Schwester Friederike Auguste Martha Krämer 1896–1982
    Schwester Lina Krämer
    Bruder Wilhelm Krämer geb. 1906
    Heirat 8.9.1923 in Siegen
    Ehefrau Margarete Elisabeth (Liesel) Krämer, geb. Lehmann 6.9.1897–1960 aus Siegen; Kartonagenarbeiterin; 1921 Mitglied der KPD
    Schwiegervater Friedrich Lehmann Arbeiter bei der Reichsbahn
    Kinder keine
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Krämer, Walter (1892 – 1941)

    • Vater

      Wilhelm Krämer

      Lokomotivführer

    • Mutter

      Lina Krämer

      gest. 1921

    • Bruder

      Karl Krämer

      1894–1979

    • Schwester

      Friederike Auguste Martha Krämer

      1896–1982

    • Schwester

      Lina Krämer

    • Bruder

      Wilhelm Krämer

      geb. 1906

    • Heirat

      in

      Siegen

      • Ehefrau

        Liesel Krämer

        6.9.1897–1960

        aus Siegen; Kartonagenarbeiterin; 1921 Mitglied der KPD

  • Biografie

    Krämer wuchs in einem evangelisch und konservativ-deutschnational geprägten Elternhaus in Siegen auf, wo er bis 1906 die Volksschule besuchte und anschließend eine Lehre als Schlosser absolvierte. 1911 ging er als Matrose zur kaiserlichen Marine, seine vierjährige Dienstzeit verlängerte sich durch den Beginn des Ersten Weltkriegs. Militär- und Kriegsdienst führten zu einem Bruch Krämers mit seinen Wertvorstellungen: Im Sommer 1917 beteiligte er sich an den Marineunruhen in Wilhelmshaven, wobei er Lebensmittel aus einem Depot für Offiziere stahl und sein Schiff verließ, wofür er von einem Feldgericht wegen unerlaubter Entfernung zu mehr als einem Jahr Gefängnis verurteilt wurde.

    Als Anhänger der Novemberrevolution kehrte Krämer Ende 1918 nach Siegen zurück und trat 1919 der USPD bei. In den folgenden Jahren wechselten sich kurzfristige Arbeitsverhältnisse v. a. als Schlosser mit Phasen der Arbeitslosigkeit ab. Im März 1920 schloss sich Krämer im Rahmen des Ruhrkampfs gegen die Kapp-Putschisten der sog. Roten Ruhrarmee an und wurde ein Jahr später Mitglied der KPD. Darüber hinaus engagierte er sich in der Deutschen Friedensgesellschaft und im Deutschen Metallarbeiter-Verband. Nach der Verbüßung einer neunmonatigen Gefängnisstrafe wegen eines Diebstahldelikts in Elberfeld (heute Wuppertal) trat Krämer seit April 1923 wieder als KPD-Aktivist hervor und unterstützte im selben Jahr die politischen Umsturzpläne seiner Partei gegen die Weimarer Republik („Deutscher Oktober“), indem er mit Parteigenossen in Siegen Waffen sammelte. Die folgende Gefängnisstrafe wegen Vorbereitung zum Hochverrat verbüßte er v. a. in der Strafanstalt in Cottbus.

    Nach seiner Haftentlassung im Januar 1927 betätigte sich Krämer hauptamtlich als KPD-Funktionär und Parteisekretär. In den späten 1920er und frühen 1930er Jahren trat er als Redner in Erscheinung und vertrat seine Partei seit April 1932 im Preußischen Landtag, ehe er nach dem Reichstagsbrand am 28. Februar 1933 in Hannover durch die Gestapo verhaftet wurde. Nach anderthalb Jahren Untersuchungshaft wurde er im Dezember 1934 vor dem Berliner Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach Strafende nahm ihn die Gestapo im Dezember 1936 in „Schutzhaft“ und verbrachte ihn in das Konzentrationslager Lichtenburg.

    Mitte August 1937 wurde Krämer in das im Bau befindliche Konzentrationslager Buchenwald verlegt, wo er zu den prominenten politischen Häftlingen zählte. Nach Monaten in schwersten Arbeitskommandos kam er im Frühjahr 1938 durch Beziehungen zu kommunistischen Mithäftlingen als Pfleger in den Häftlingskrankenbau des Lagers. Die dort eingesetzten SS-Ärzte betätigten sich vorrangig als Aufseher, sodass die Krankenversorgung v. a. von den Häftlingspflegern abhing. Im Selbststudium eignete sich Krämer medizinische Kenntnisse an und führte erfolgreich Operationen durch. Seit Frühjahr 1939 Kapo und somit Leiter des Häftlingskrankenbaus, erreichte er durch straffe Führung, Organisationstalent und Geschick im Umgang mit der SS eine Erweiterung des Krankenbaus, die Beschaffung von Medikamenten sowie die Schulung des Personals. Zahlreiche Zeitzeugenberichte belegen Krämers Einsatz für andere Häftlinge, ungeachtet von deren Herkunft und politischer Orientierung. In einem Konzentrationslager war Hilfe für alle jedoch nicht möglich; Krämer musste entscheiden, wer gerettet werden konnte und wer nicht.

    Als die SS 1941 begann, Kranke systematisch zu töten, rettete Krämer einzelnen Häftlingen das Leben. Zudem kümmerte er sich entgegen der Befehle der SS um die im Oktober 1941 nach Buchenwald gebrachten sowjetischen Kriegsgefangenen. Am 6. November 1941 wurde er im Buchenwalder Außenlager in Goslar erschossen; vermutlich waren sein Widerstand und seine gegen die SS gerichteten Aktivitäten zuvor verraten worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand Krämer erstmals in Eugen Kogons (1903–1987) Werk „Der SS-Staat. Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager“ (1946) Erwähnung. Anschließend wurde er v. a. in der DDR gewürdigt; der Schriftsteller Bruno Apitz (1900–1979) ehrte ihn in seinem Weltbestseller „Nackt unter Wölfen“ (1958) durch die Benennung des Hauptprotagonisten mit Walter Krämer. Erst die Anerkennung als „Gerechter unter den Völkern“ durch die israelische Gedenk- und Forschungsstätte Yad Vashem 1999 führte zu zahlreichen öffentlichen Würdigungen Krämers in der Bundesrepublik.

  • Auszeichnungen

    1946 Erholungsheim „Walter Krämer“ für Opfer des Faschismus in Oberlahr bei Altenkirchen (Rheinland-Pfalz)
    1962 Raketenschnellboot „Walter Krämer“ der NVA-Marine, DDR
    1974 Medizinische Fachschule „Walter Krämer“, Weimar und Karl-Marx-Stadt (bis Anfang der 1990er Jahre)
    1975 Traditionskabinett Walter Krämer, Weimar
    1976 Stomatologische Poliklinik „Walter Krämer“, Berlin-Lichtenberg (bis Anfang der 1990er Jahre)
    1999 „Gerechter unter den Völkern“, Gedenk- und Forschungsstätte Yad Vashem, Israel
    1999 Gedenktafel, Charlottenstraße 7, Siegen
    2002 Gedenktafel, Goslar-Hahndorf
    2011 Gedenktafel, ehemaliges Krematorium, Gedenkstätte Buchenwald, Weimar
    2012 Stolperstein, Heiligerstraße 16, Hannover (weiterführende Informationen)
    2014 Walter-Krämer-Platz mit Gedenkstele, Siegen
    2019 Walter-Krämer-Straße mit Gedenktafel, Goslar
  • Quellen

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    Arolsen Archives. International Center on Nazi Persecution. (Haftunterlagen des KZ Buchenwald)

    Archiv der Gedenkstätte Buchenwald. (Materialsammlung und Berichte über Krämer)

  • Literatur

    Christine Roßberg, Arzt ohne Examen, 1982.

    Bodo Ritscher, Walter Krämer. Arzt für die Häftlinge, 1983, 21988.

    Klaus Dietermann/Karl Prümm, Walter Krämer. Von Siegen nach Buchenwald, 1986, 21991.

    Hermann Weber/Andreas Herbst, Art. „Krämer, Walter“, in: dies., Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945, 2004, S. 403 f.

    Israel Gutman (Hg.), Lexikon der Gerechten unter den Völkern. Deutsche und Österreicher, 2005, S. 168 f.

    Klaus Dietermann/Karl Prümm, Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald, 2015.

  • Porträts

    Porträtpostkarte nach Vorlage einer zeitgenössischen Fotografie, 1979, Sammlung der Gedenkstätte Buchenwald.

  • Autor/in

    Michael Löffelsender (Weimar)

  • Zitierweise

    Löffelsender, Michael, „Krämer, Walter“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.03.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118565923.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA