Kielmansegg, Johann Adolf Graf von
- Lebensdaten
- 1906 – 2006
- Geburtsort
- Hofgeismar (Nordhessen)
- Sterbeort
- Bonn
- Beruf/Funktion
- General der Bundeswehr
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Namensvarianten
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- Kielmansegg, Johann Adolf Lothar Werner Friedrich Wilhelm William Walter Graf von
- Joachim Rogge / Pseudonym
- Kielmansegg, Johann Adolf Graf von
- Kielmansegg, Johann Adolf Lothar Werner Friedrich Wilhelm William Walter Graf von
- Joachim Rogge / Pseudonym
- Cielmansegg, Johann Adolf Graf von
- Cielmansegg, Johann Adolf Lothar Werner Friedrich Wilhelm William Walter Graf von
- kielmansegg, johann adolf lothar werner friedrich wilhelm william walther graf von
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Kielmansegg, Johann Adolf Lothar Werner Friedrich Wilhelm William Walter Graf von
Pseudonym: Joachim Rogge
1906 – 2006
General der Bundeswehr
Johann Adolf Graf von Kielmansegg gilt als einer der wichtigsten Gründerväter der Bundeswehr. Seine Laufbahn begann als Kavallerieoffizier der Reichswehr und endete 1968 als NATO-General. Er war Verfechter des Leitbilds vom „Staatsbürger in Uniform“ und einflussreicher Mitarbeiter im Amt Blank, als Truppenführer und NATO-Oberbefehlshaber prägte er die Aufbaujahre der Bundeswehr.
Lebensdaten
Johann Adolf Graf von Kielmansegg, Imago Images (InC) -
Autor/in
→Helmut Rudolf Hammerich (Potsdam)
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Zitierweise
Hammerich, Helmut Rudolf, „Kielmansegg, Johann Adolf Graf von“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/dbo080335.html#dbocontent

Kielmansegg trat nach dem Abitur 1925 an der Klosterschule Roßleben (bei Querfurt, Preußen, heute Thüringen) und kurzer Tätigkeit als Landwirtschaftseleve 1926 in das Reiterregiment 16 der Reichswehr ein und durchlief die reguläre militärische Laufbahn mit hauptsächlichen Truppenverwendungen in Hofgeismar, Erfurt und Eisenach. Von 1937 bis 1939 absolvierte er im Rang eines Hauptmanns die Generalstabsausbildung an der Kriegsakademie Berlin. Im Divisionsstab der 1. Panzerdivision nahm er seit August 1939 an den Angriffskriegen gegen Polen und Frankreich teil, als Major i. G. und Erster Generalstabsoffizier (I a) der 6., später der 1. Panzerdivision auch am Feldzug gegen die Sowjetunion. Die Anfangserfolge der Wehrmacht überlagerten seine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Kriegs und dem Charakter des NS-Regimes („Panzer zwischen Warschau und Atlantik“, 1941), die sich nach seiner Versetzung in das Oberkommando des Heeres (OKH) verstärkten.
1942 wegen seiner schweren Hautkrankheit frontuntauglich geschrieben, kam Kielmansegg als Stabsoffizier in die Operationsabteilung im OKH, gefördert von seinem Abteilungschef Generalmajor Adolf Heusinger (1897–1982). In dieser Verwendung wurden ihm die Ausmaße des Vernichtungskriegs im Osten bewusst. Kielmansegg gehörte nicht zum engeren Kreis der Verschwörer um Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907–1944), mit dem er Kontakt hatte, war jedoch über deren Staatsstreichpläne gut unterrichtet. Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler (1889–1945) am 20. Juli 1944 wurde er verhaftet und zwei Monate von der Gestapo in Berlin inhaftiert, kam mangels Beweisen frei und musste zur Bewährung ein Panzergrenadierregiment an der Westfront übernehmen.
Nach Kriegsende bis Mai 1946 in US-amerikanischer Kriegsgefangenschaft, arbeitete Kielmansegg als Kraftfahrer, im Verlagswesen und als freiberuflicher Mitarbeiter verschiedener Zeitungen. Im Herbst 1950 wechselte er als Angestellter in die Dienststelle Schwerin im Bundeskanzleramt und nahm als Sekretär an der geheimen Tagung deutscher Militärexperten zu einer Wiederbewaffnung der Bundesrepublik im Oktober 1950 im Kloster Himmerod (Eifel) teil. Seine Vorstellungen zur inneren Verfasstheit der neuen westdeutschen Streitkräfte flossen in das Konzept der „Inneren Führung“ ein. Kielmansegg fasste die Ergebnisse der verschiedenen Ausschüsse zusammen und redigierte die Schlussfassung der für die Entstehung der Bundeswehr grundlegenden Himmeroder Denkschrift. Im Herbst 1954 wirkte er als Verteidigungsexperte bei der Londoner Neun-Mächte-Konferenz im Vorfeld des westdeutschen NATO-Beitritts mit; sein Vorschlag, dass die Bundesrepublik auf die Produktion und den Besitz von ABC-Waffen verzichten solle, war ein wichtiger Beitrag für den Beitritt Westdeutschlands im Mai 1955.
Als Unterabteilungsleiter im neuen Bundesverteidigungsministerium wurde Kielmansegg im Juli 1955 erster Nationaler Militärischer Repräsentant der Bundesrepublik beim NATO-Oberbefehlshaber Europa (SACEUR) in Rocquencourt bei Paris. Im November 1955 trat er als Brigadegeneral in die Bundeswehr ein. Nach einer Verwendung als stellvertretender Kommandeur der 5. Panzerdivision in Koblenz übernahm er im Herbst 1960 die 10. Panzerdivision in Sigmaringen (Generalmajor). Im Rang eines Generalleutnants wurde Kielmansegg im Herbst 1963 zum Oberbefehlshaber der NATO-Landstreitkräfte in Mitteleuropa (COMLANDCENT) mit 25 Divisionen und ca. 400 000 Soldaten ernannt, nach dem Ausscheiden Frankreichs aus der Militärorganisation der NATO 1966 übernahm er den Dienstposten des NATO-Oberbefehlshabers Europa-Mitte (CINCENT). 1968 trat er in den Ruhestand.
Der Bundesminister der Verteidigung, Helmut Schmidt (1918–2015), holte Kielmansegg 1971 in die Wehrstrukturkommission, die Vorschläge für eine Reorganisation der Bundeswehrstrukturen und für eine höhere Einsatzbereitschaft der Streitkräfte erarbeitete. Kielmansegg war ein gefragter Redner und Autor und arbeitete für renommierte sicherheitspolitische Forschungsinstitute in Deutschland, Großbritannien und den USA. Neben Heusinger, Hans Speidel (1897–1984), Wolf Graf von Baudissin (1907–1993) sowie Ulrich de Maizière (1912–2006) zählt er zu den wichtigsten Gründervätern und Traditionsträgern der Bundeswehr.
1939 | Eisernes Kreuz II. Klasse (1940 I. Klasse) |
1942 | Ostmedaille |
1944 | Kommandeurskreuz des königlich rumänischen Ordens der Krone mit Schwertern |
1944 | Komturkreuz der ungarischen Krone |
1944 | Kommandeurskreuz des königlich ungarischen Ordens der Stefanskrone mit Schwertern |
1964 | Freiherr-vom-Stein-Preis der Alfred Toepfer Stiftung (mit Wolf Graf von Baudissin und Ulrich de Maizière) |
1965 | Kommandeurskreuz der französischen Ehrenlegion |
1968 | Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland |
1968 | Kommandeurskreuz der Legion of Merit (USA) |
Nachlass:
Bundesarchiv, Freiburg im Breisgau, N 626.
Familienarchiv Graf von Kielmansegg, Berlin.
Panzer zwischen Warschau und Atlantik, 1941.
Der Fritsch-Prozeß 1938. Ablauf und Hintergründe, 1949.
Die Vertragswerke von Bonn und Paris vom Mai 1952, 1952.
Artikelserie „Das Mittelmeer im Griff der Mächte“, in: Die Welt, 1969.
Johann Adolf Graf von Kielmansegg/Oskar Weggel, Unbesiegbar? China als Militärmacht, 1985.
Monografien:
Donald Abenheim, Bundeswehr und Tradition. Die Suche nach dem gültigen Erbe des deutschen Soldaten, 1989.
Ulrich de Maizière, In der Pflicht. Lebensbericht eines deutschen Soldaten im 20. Jahrhundert, 21989.
Dieter Krüger, Das Amt Blank. Die schwierige Gründung des Bundesministeriums für Verteidigung, 1993.
Dieter E. Kilian, Elite im Halbschatten. Generale und Admirale der Bundeswehr, 2005.
Martin Kutz, Deutsche Soldaten. Eine Kultur- und Mentalitätsgeschichte, 2006.
Karl Feldmeyer/Georg Meyer, Johann Adolf Graf von Kielmansegg 1906–2006. Deutscher Patriot, Europäer, Atlantiker, mit einer Bild- u. Dokumentensausw. v. Helmut R. Hammerich, 2007.
Frank Nägler, Der gewollte Soldat und sein Wandel. Personelle Rüstung und Innere Führung in den Aufbaujahren der Bundeswehr 1956 bis 1964/65, 2010.
Dieter E. Kilian, Führungseliten. Generale und Admirale der Bundeswehr 1955–2015. Politische und Militärische Führung, 2014.
Aufsätze:
Werner Picht, Vom künftigen deutschen Soldaten, Sonderdruck aus: Wort und Wahrheit. Monatsschrift für Religion und Kultur, 1956.
Hans-Jürgen Rautenberg/Norbert Wiggershaus, Die ‚Himmeroder Denkschrift’ vom Oktober 1950. Politische und militärische Überlegungen für einen Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur westeuropäischen Verteidigung, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 21 (1977), S. 135–206.
Martin Kutz, Historische Wurzeln und historische Funktion des Konzeptes Innere Führung (1951–1961), in: Ulrich Hundt/Kurt Kister (Hg.), Staatsbürger in Uniform, Wunschbild und gelebte Realität, 1989, S. 11–34.
Georg Meyer, Zur inneren Entwicklung der Bundeswehr bis 1960/61, in: Hans Ehlert/Christian Greiner/Georg Meyer/Bruno Thoß, Die NATO-Option, 1993, S. 851–1162.
Helmut R. Hammerich, Vom Kavalleristen zum NATO-Oberbefehlshaber. General a. D. Johann Adolf Graf von Kielmansegg (1906–2006), in: Information für die Truppe (2006), Nr. 3/4 S. 52–55.
Klaus Naumann, Generale in der Demokratie. Generationsgeschichtliche Studien zur Bundeswehrelite, 2007.
Festschriften:
Hans A. van Oort, Consilio Non Imperio. Zum 60. Geburtstag von General Johann Adolf Graf von Kielmansegg, 1966. (P)
Rudolf J. Schlaffer, Der Wehrbeauftragte der Bundeswehr. Aus Sorge um den Soldaten, 2006.