Lebensdaten
1884 – 1945
Geburtsort
Lübeck
Sterbeort
Sowjetisches Lager Oranienburg-Sachsenhausen
Beruf/Funktion
Kolonialexperte ; Ministerialbeamter im Reichsarbeitsministerium ; Geograf ; Kolonialbeamter ; Ministerialrat
Konfession
evangelisch-lutherisch
Normdaten
GND: 133514501 | OGND | VIAF: 18415443
Namensvarianten
  • Karstedt, Franz Oskar
  • Karstedt, Oskar
  • Karstedt, Franz Oskar
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Zitierweise

Karstedt, Oskar, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd133514501.html [26.04.2024].

CC0

  • Oskar Karstedt war einer der führenden Kolonialexperten des Deutschen Reichs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Von 1919 bis 1945 spielte er auch eine bedeutsame Rolle innerhalb der Führungsspitze des Reichsarbeitsministeriums in Berlin. Als Leiter verschiedener Ministeriumsreferate verantwortete er u. a. die Bereiche Wohlfahrtspflege, Schrifttum und internationale Sozialpolitik.

    Lebensdaten

    Geboren am 10. März 1884 in Lübeck
    Gestorben am Oktober 1945 in Sowjetisches Lager Oranienburg-Sachsenhausen
    Konfession evangelisch-lutherisch
    Oskar Karstedt (InC)
    Oskar Karstedt (InC)
  • Lebenslauf

    10. März 1884 - Lübeck

    1899 - 1900

    Einjährig-freiwilliger Militärdienst

    1902 - Lübeck

    Abitur

    Katharineum

    1902 - 1905 - Leipzig; Helsinki; Berlin

    Studium der Geografie, Geologie, Völkerkunde, Nationalökonomie und Kolonialwissenschaften

    Universität

    1905 - Leipzig

    Promotion (Dr. phil.)

    Universität

    1905 - Berlin

    Vorbereitungsdienst

    Auswärtiges Amt, Kolonialabteilung

    1906 - 1913 - Daressalam; Tabora; Udjidji (Ujiji), heute alle Tansania

    Ausbildung, Hilfsarbeiter und kommissarischer Sekretär

    Verwaltung der Kolonie Deutsch-Ostafrika

    1913

    vorläufige Pensionierung aus gesundheitlichen Gründen

    1915 - 1918 - Berlin

    ehrenamtlicher Schriftleiter

    Deutsche Kolonialzeitung

    1917 - 1918 - Berlin

    Mitarbeiter; ehrenamtliche Tätigkeit in der Kriegsbeschädigtenfürsorge

    Zentralkomitee des Deutschen Roten Kreuzes

    1918 - 1919 - Berlin

    Referent

    Reichsgeschäftsstelle des Reichsausschusses der Kriegsbeschädigtenfürsorge

    1919 - 1920 - Berlin

    Regierungsrat; Referent für Kriegsbeschädigtenfürsorge

    Reichsarbeitsministerium

    1920 - 1945 - Berlin

    Ministerialrat, u. a. zuständig für Wohlfahrtspflege, allgemeine Organisations- und Haushaltsangelegenheiten, Schrifttum, Süd- und Ostafrika

    Reichsarbeitsministerium

    1933 - Berlin

    Leiter des Sonderreferats für die Beschwerden der nichtarischen Ärzte

    Reichsarbeitsministerium

    1941 - 1945 - Berlin

    Leiter des Arbeitsgebiets Internationales/Internationale und ausländische Sozialpolitik

    Reichsarbeitsministerium

    1941 - 1945 - Berlin

    Leiter der Sektion Sozialpolitik

    Reichsforschungsrat, Kolonialwissenschaftliche Abteilung

    1941 - Berlin

    Lehrbeauftragter für koloniale Sozialpolitik und Eingeborenenfragen

    Universität

    1945 - Oranienburg-Sachsenhausen

    Verhaftung durch sowjetische Truppen; Internierung

    Speziallager Nr. 7

    Oktober 1945 - Sowjetisches Lager Oranienburg-Sachsenhausen
  • Genealogie

    Vater Peter Carl Heinrich Karstedt 1850–1925 Schiffskapitän
    Mutter Rudolphine Dorothea Juliane Karstedt, geb. Wilde 1855–1933
    Heirat 4.9.1911 in Leipzig
    Ehefrau Marie Gertrud Alice Karstedt, geb. Bülow 24.8.1887–13.3.1943 aus Leipzig
    Schwiegervater Hermann August Ludwig Bülow Hotelier
    Schwiegermutter Gertrud Anna Bülow, geb. Kersin
    Sohn Heinrich Karstedt geb. 6.8.1914
    Tochter Gerda Karstedt geb. 27.10.1915
    Sohn Eberhard Karstedt geb. 30.11.1918
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Karstedt, Oskar (1884 – 1945)

    • Vater

      Heinrich Karstedt

      1850–1925

      Schiffskapitän

      • Großvater väterlicherseits

      • Großmutter väterlicherseits

    • Mutter

      Juliane Karstedt

      1855–1933

      • Großvater mütterlicherseits

      • Großmutter mütterlicherseits

    • Heirat

      in

      Leipzig

      • Ehefrau

        Alice Karstedt

        24.8.1887–13.3.1943

        aus Leipzig

  • Biografie

    alternativer text
    Oskar Karstedt (InC)

    Aufgewachsen in Lübeck, wo er die Realschule besuchte und am Gymnasium Katharineum das Abitur erhielt, studierte Karstedt seit 1902 Geografie, Geologie, Völkerkunde, Nationalökonomie und Kolonialwissenschaften in Leipzig, Helsinki und Berlin. In dieser Zeit bereiste er Russland, Skandinavien und Großbritannien. 1905 wurde Karstedt bei Joseph Partsch (1851–1925) mit einer geografischen Studie über das Schärenmeer zum Dr. phil. promoviert und begann im Oktober desselben Jahres auf Veranlassung des Auswärtigen Amts (AA) ein Studium der Kolonialwissenschaften an der Universität Berlin.

    Im Anschluss an seinen Vorbereitungsdienst in der Kolonialabteilung des AA war Karstedt seit November 1906 im Verwaltungsdienst der Kolonie Deutsch-Ostafrika tätig. Nach seiner Ausbildung bei dem Gouverneur der Kolonie, Albrecht von Rechenberg (1861–1935), wurde er als Hilfsarbeiter bei der Bergbehörde in Daressalam und als kommissarischer Sekretär in den Bezirksämtern Tabora, Udjidji und Daressalam eingesetzt. Seit 1911 zudem als „Eingeborenenrichter“ tätig, übernahm Karstedt u. a. einen geologischen Sonderauftrag, wobei ihm seine guten Suaheli-Kenntnisse von Nutzen waren, und trat seit 1912 mit regelmäßigen Publikationen zu kolonialpolitischen Themen hervor.

    1913 gab Karstedt aus gesundheitlichen Gründen seine Stellung in der Kolonialverwaltung auf und siedelte nach Berlin über, wo er von 1915 bis 1918 die Schriftleitung des Organs der Deutschen Kolonialgesellschaft, die „Deutsche Kolonialzeitung“, übernahm. 1917/18 zudem im Zentralkomitee des Deutschen Roten Kreuzes und in der Kriegsbeschädigtenfürsorge tätig, wurde Karstedt 1918 als Referent im Reichsausschuss der Kriegsbeschädigten wieder in den Staatsdienst übernommen, wechselte jedoch im Februar 1919 in das neu gegründete Reichsarbeitsministerium (RAM).

    Im April 1919 zum Regierungsrat ernannt und 1920 zum Ministerialrat befördert, machte Karstedt innerhalb des Ministeriums rasch Karriere und besetzte einflussreiche Positionen, die z. T. direkt dem Staatssekretär Friedrich Syrup (1881–1945) zugeordnet waren. 1920 wurde Karstedt die Leitung der Unterabteilung „Wohlfahrtspflege“ übertragen, seit 1922 verantwortete er das Referat für allgemeine Organisations- und Haushaltsangelegenheiten. Darüber hinaus trat er als Herausgeber und Autor von Publikationen zu mehreren Arbeitsfeldern des RAM hervor, gab 1924 erstmals das „Handwörterbuch der Wohlfahrtspflege“ heraus und war von 1924 bis 1928 mit der Sozialpolitikerin Siddy Wronsky (1883–1947) Herausgeber der Zeitschrift „Die Fürsorge“, die 1925 in der „Deutschen Zeitschrift für Wohlfahrtspflege“ aufging. Mit Karstedts Übernahme des Referats „Schrifttum“ 1930 war zudem die Schriftleitung des vom Ministerium herausgegebenen „Reichsarbeitsblatts“ verbunden.

    Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme übernahm Karstedt, der nicht Mitglied der NSDAP wurde, die Leitung des „Sonderreferats für die Beschwerden der nichtarischen Ärzte“. In dieser Funktion setzte er sich für jüdische Kassenärzte ein, denen die Zulassung auf Grundlage einer Verordnung vom 22. April 1933 entzogen werden sollte. In einigen Fällen wurden Beschwerden seitens der betroffenen Ärzte anerkannt und der Entzug von Kassenzulassungen infolgedessen rückgängig gemacht. Das RAM und v. a. Karstedt wurden aufgrund ihrer streng am Wortlaut der rechtlichen Bestimmungen orientierten Überprüfung der Ausschlusspraxis von Seiten der NS-Ärzteführung und NSDAP-Vertretern dem Reichsstatthalter in Braunschweig und Anhalt, Wilhelm Friedrich Loeper (1883–1935), attackiert.

    Vor dem Hintergrund seiner auch von der NS-Führung anerkannten Kolonialexpertise wurde Karstedt 1941 von Reichsarbeitsminister Franz Seldte (1882–1947) zum Leiter der für die internationalen sozialpolitischen Beziehungen und die internationale Sozialpolitik zuständigen Abteilung Internationales ernannt. Im selben Jahr betraute die Auslandswissenschaftliche Fakultät der Universität Berlin Karstedt mit Lehrveranstaltungen zur kolonialen Sozialpolitik sowie zu „Eingeborenenfragen“ und ernannte ihn 1944 zum Honorarprofessor. Seit 1941 zudem Leiter der Sektion „Koloniale Sozialpolitik“ in der Kolonialwissenschaftlichen Abteilung des Reichsforschungsrats, veröffentlichte Karstedt während des Zweiten Weltkriegs die Schriften „Die afrikanische Arbeiterfrage“ (1941) und „Probleme afrikanischer Eingeborenenpolitik“ (1942). Karstedt wurde Mitte Juni 1945 von Angehörigen der Roten Armee festgesetzt und im sowjetischen Speziallager Nr. 7 in Oranienburg-Sachsenhausen interniert, wo er kurz darauf starb.

  • Auszeichnungen

    1913 Königlicher Kronen-Orden (Preußen), 4. Klasse
    1925 Ehrenzeichen des Deutschen Roten Kreuzes, 2. Klasse
    1927 ehrenamtlicher Geschäftsführer der „Hindenburg-Spende“
    1939 Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse
    1942 Silberne Leibniz-Medaille der Preußischen Akademie der Wissenschaften
    1942/43 Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin
    1944/45 Honorarprofessor, Universität Berlin
    Ehrenzeichen des Deutschen Roten Kreuzes, 1. Klasse
    Eisernes Kreuz am weißschwarzen Bande
    Friedrich-August-Kreuz
    Mitglied des Kolonialausschusses der Akademie für Deutsches Recht
    Komturkreuz der Italienischen Krone
    König Ludwig-Kreuz
    Mitglied des Reichskolonialbunds
    Rote Kreuz-Medaille (Preußen), 3. und 2. Klasse
    Württembergisches Charlottenkreuz
  • Quellen

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 3901/104 928 (Reichsarbeitsministerium); R 43-II/1138b (Reichskanzlei); VBS 1/1050062 011 (PK/Parteikorrespondenz).

    Gedruckte Quellen:

    Fritz Goldschmidt, Meine Arbeit bei der Vertretung der Interessen der jüdischen Ärzte in Deutschland seit dem Juli 1933, 1979.

  • Werke

    Monografien und Artikel:

    Die südfinnische Skärenküste von Wiborg bis Hangö. Ein Beitrag zur Geographie der Ostseeküsten, 1905. (Diss. phil.)

    Beiträge zur Praxis der Eingeborenenrechtsprechung in Deutsch-Ostafrika, 1912.

    Die Bevölkerung Britisch-Ostafrikas und Ugandas, in: Maurice Smethurst Evans/Hugo Hardy/Oskar Karstedt (Hg.), Natal, Rhodesien, Britisch-Ostafrika, 1913, S. 121–162.

    Deutsch-Ostafrika und seine Nachbargebiete. Ein Handbuch für Reisende, 1914.

    Deutschlands koloniale Not. Im Auftrag des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees, 1917.

    Koloniale Friedensziele, 1917.

    Oskar Karstedt/Heinrich Rabeling, Die öffentliche Kleinrentnerfürsorge, 1923.

    Internationale Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch Erschließung überseeischer Gebiete. Zugleich ein Beitrag zum Problem der Vergrößerung des Welthandelsvolumens, 1931.

    Hermann von Wissmann. Der Mann des zwölffachen Verstandes, 1933.

    Die Durchführung der Arier- und Kommunistengesetzgebung bei den Kassen-Ärzten, Zahnärzten usw., in: Reichsarbeitsblatt 2 (1934), H. 15, S. 179–183.

    Der weiße Kampf um Afrika, Bd. 1: Englands afrikanisches Imperium, 1937.

    Der weiße Kampf um Afrika, Bd. 2: Deutschland in Afrika, 1938.

    So treibt das Reich Sozialpolitik, 1940.

    Oskar Karstedt/Peter Werder, Die afrikanische Arbeiterfrage. Die Inderfrage in Afrika, 1941, Nachdr. 2020.

    Probleme afrikanischer Eingeborenenpolitik, 1942.

    Herausgeberschaften:

    Handwörterbuch der Wohlfahrtspflege, 1924, 21928.

    Oskar Karstedt/Siddy Wronsky (Hg.), Die Fürsorge. Zeitschrift für alle Zweige der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege, 1924/25, bzw. Deutsche Zeitschrift für Wohlfahrtspflege, 1925‒1928.

    Ernst Behrend/Oskar Karstedt/Siddy Wronsky (Hg.), Die Wohlfahrtspflege in Einzeldarstellungen, 1925/26.

    Oskar Karstedt/Otto Martens (Hg.), Afrika. Ein Handbuch für Wirtschaft und Reise, 2 Bde., 1930, 41938.

  • Literatur

    Hermann A. L. Degener (Hg.), Wer ist’s? Unsere Zeitgenossen, Bd. 10, 1935, S. 785.

    Stephan Leibfried/Florian Tennstedt, Berufsverbote und Sozialpolitik 1933. Die Auswirkungen der nationalsozialistischen Machtergreifung auf die Krankenkassenverwaltung und die Kassenärzte. Analyse, Materialien zu Angriff und Selbsthilfe, Erinnerungen, 1980, 21981.

    Thomas Gerst, Ausschluss jüdischer Ärzte aus der Kassenpraxis, in: Deutsches Ärzteblatt 110 (2013), H. 16 v. 19.4.2013, S. 770–772.

    Alexander Nützenadel (Hg.), Das Reichsarbeitsministerium im Nationalsozialismus. Verwaltung – Politik – Verbrechen, 2017.

    N. N., Art. „Karstedt, Franz Oskar“, in: Eckhard Hansen/Florian Tennstedt (Hg.), Biographisches Lexikon zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1871 bis 1945, Bd. 2, 2018, S. 92 f. (Onlineressource)

    Das Reichsarbeitsministerium 1933–1945. Beamte im Dienst des Nationalsozialismus / The Reich Ministry of Labour 1933–1945. Civil Servants of the Nazi State, hg. v. d. Stiftung Topographie des Terrors, 2019, S. 200–203. (P)

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografie, Juni 1941, Digitales Bildarchiv des Bundesarchivs, Bild 183-H28 189. (Onlineressource)

  • Autor/in

    Martin Münzel (Berlin)

  • Zitierweise

    Münzel, Martin, „Karstedt, Oskar“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.04.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/133514501.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA