Lebensdaten
1887 – 1969
Geburtsort
Biel Kanton Bern
Sterbeort
Zürich
Beruf/Funktion
Kulturhistoriker
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118737325 | OGND | VIAF: 18017490
Namensvarianten
  • Mühlestein, Hans
  • Mühlestein, Hans
  • Mühlenstein, Hans

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Zitierweise

Mühlestein, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118737325.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Christian Emil (1859–1933), Uhrmacher in B., S d. Christian (1826–79) u. d. Louise Keller (1828–86) aus B.;
    M Elisabeth (1860–1944), T d. Johannes Pulver (1831–88), Tierarzt in Aarberg, u. d. Elisabeth Nobs (1831–96);
    B Emil (1886–1972), Dr. phil., Chemiker, Gymnasiallehrer (s. Pogg. VII a): – 1) München 1913 (⚮) Alice, Wwe d. N. N. Wachsmuth, T d. Bankiers u. Landwirts Otto Harlan u. d. Berta Bienert; 2) Celerina 1924 Anna (Anita) Pidermann (1900–94) aus Celerina Kt. Graubünden; Schwager Walter Harlan (1867–1931), Dr. iur., Schriftst. (s. Rhdb.; Kürschner, Lit.kal., Nekr.1936); kinderlos;
    N Hugo (* 1916), Prof. f. klass. Philol. in Fribourg, Genf u. Neuchâtel (s. Kürschner, Gel.kal. 1992); N d. 1. Ehefrau Veit Harlan (1899–1964), Schriftst., Regisseur.

  • Biographie

    Nach der Ausbildung zum Primarlehrer in Bern arbeitete M. als Hauslehrer und Privatsekretär in Jena, Berlin, Göttingen und Frankfurt/Main. Seit 1905 schrieb er Rezensionen u. a. für den „Berner Bund“ und die „Neue Zürcher Zeitung“. Während des 1. Weltkrieges schloß er sich der Antikriegsbewegung des Neokantianers Leonard Nelson an und wurde 1918 Rätedeputierter in Göttingen und Berlin. 1919 aus Preußen ausgewiesen, kehrte er in die Schweiz zurück. Seit 1920 spezialisierte sich M. bei regelmäßigen mehrmonatigen Italienaufenthalten auf die Etruskologie und promovierte 1928, unterstützt von der Spelman-Rockefeller-Stiftung, bei Otto Waser mit der Dissertation „Über die Ursprungsepoche der etrusk. Kunst“. Beeinflußt von J. J. Bachofen, verstand M. die Etrusker als ein Volk, das die ursprüngliche „mutterrechtliche“ Tradition der Mittelmeerländer, die mit|der Niederlage gegen die Römer untergegangen sei, bewahrt habe. 1929 erhielt er einen Lehrauftrag an der Univ. Frankfurt/Main für „Vorgeschichte der Kultur der Menschheit“. 1932 veranlaßte die politische Entwicklung in Deutschland M., der öffentlich gegen nationalsozialistische Gewaltakte an der Universität protestierte, zur Rückkehr in die Schweiz, wo ihm aber ein Lehrstuhl versagt blieb. Hier verfaßte er mehrere Dramen, zahlreiche Gedichte und einen Roman („Aurora“, 1935); für sein Stück „Menschen ohne Gott“, in dem er ein kritisches Bild Stalins zeichnete, erhielt er 1933 den Berner Dramenpreis. In der Schweiz engagierte sich M. in Hilfsorganisationen für emigrierte Intellektuelle und beteiligte sich an der linken Opposition des Schweizer Schriftstellerverbands. In Bildungseinrichtungen der Schweizer Arbeiterbewegung entfaltete er eine rege Vortragstätigkeit mit kulturellen und politischen Themen. Im Dezember 1936 wurde der für die span. Republik engagierte M. als erster Schweizer wegen „Schwächung der Wehrkraft“ zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Daraufhin schlug ihm die Leitung der Kommunistischen Partei der Schweiz, seines propagandistischen Nutzens bewußt, eine Zusammenarbeit vor und übertrug ihm die Leitung ihrer Kulturzeitschrift „Heute und Morgen“ (1938/39). Ende 1937 wurde er zu einem Vortrag über die „Geschichtsbedeutung der Etruskerfrage“ vor der Akademie der Wiss. der Sowjetunion eingeladen. M. trat 1938 der KP der Schweiz bei, brach aber mit ihr nach dem Krieg. 1948 wurde er zum o. Professor für Kulturgeschichte an der Univ. Leipzig ernannt. Ein Jahr später mußte die Ernennung allerdings widerrufen werden, da er kein Einreisevisum erhielt.

    Während der politisch aktiven Phase nach 1933 lebte M. vor allem von Übersetzungen aus dem Französischen, Italienischen und Englischen, daneben widmete er sich historisch-belletristischen Arbeiten wie „Gottfried Keller und der poln. Freiheitskampf 1863-1865“ (1937) und „Der große Schweizer. Bauernkrieg“ (1942, Nachdr. 1977). Schließlich wandte er sich mit einer Hodler-Biographie, die er gemeinsam mit Georg Schmidt, dem Direktor des Basler Kunstmuseums, verfaßte, erneut der Kunstgeschichte zu. Hierzu gehört auch sein letztes, postum erschienenes Werk „Die Etrusker im Spiegel ihrer Kunst“ (1969). M. gilt als einer der vielfältigsten und anregendsten Schweizer Intellektuellen des 20. Jh., dessen Rezeption allerdings durch sein Pathos und seine unzureichende Systematik erschwert ist.

  • Werke

    Weitere W u. a. Europ. Ref., Philos. Betrachtungen üb. d. moral. Ursprung d. pol. Krisis Europas, o. J. (1924);
    Rußland u. d. Psychomachie Europas, Versuch üb. d. Zusammenhang d. rel. u. d. pol. Weltkrise, 1925;
    Die Geburt d. Abendlandes, 1928;
    Quos Ego, 1932;
    Die verhüllten Götter, Neue Genesis d. ital. Renaissance, 1957. – Überss. u. a. Dante, Vittoria Colonna, Michelangelo, Shakespeare. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Zentralbibl. Zürich.

  • Literatur

    Helvet. Steckbriefe, bearb. v. Zürcher Seminar f. Lit.kritik u. W. Weber, 1981, S. 144-49 (W; P) ;
    G. Huonker, Lit.szene Zürich, Menschen, Geschichten u. Bilder 1914 bis 1945, 1985, S. 146 (P);
    R. Kuster, H. M., Btrr. zu seiner Biogr. u. zum Roman „Aurora“, 1984;
    S. Howald, in: Tages-Anz. v. 4.4.1987;
    Kürschner, Gel.-Kal. 1931 u. 1950;
    Schweizer. Zeitgenossen-Lex., ²1932;
    HBLS;
    Who is who in Switzerland, 1952;
    Kürschner, Lit.kal., Nekr. 1936–70, 1973.

  • Porträts

    Ölgem. v. F. Hodler, 1917, Abb. in: Der große Schweiz. Bauernkrieg, 1977, u. Helvet. Steckbriefe, 1981 (s. L);
    Phot. v. H. Staub, Abb. in Huonker, Lit.szene Zürich, S. 147 (s. L).

  • Autor/in

    Brigitte Studer
  • Zitierweise

    Studer, Brigitte, "Mühlestein, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 288-289 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118737325.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA