Lebensdaten
1633 – 1705
Geburtsort
Nürnberg
Sterbeort
Altdorf bei Nürnberg
Beruf/Funktion
Polyhistor
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 119090198 | OGND | VIAF: 54412303
Namensvarianten
  • Wagenseil, Johann Christoph
  • Alethophilus, Curiosus
  • Aletophilus Curiosus
  • mehr

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Zitierweise

Wagenseil, Johann Christoph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119090198.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus seit d. 15. Jh. in Kaufbeuren (Allgäu) nachweisbarer Fam.;
    V Georg Christoph (um 1610–53), Handelsmann in N., seit 1634 in Stockholm, evtl S d. Jacob ( 1605);
    M Sabine Nürnberger;
    B Lorenz (n. 1633-wohl 1692 / 93), 1673 Oberlt., 1676 Oberst mit eigenem Inf.rgt. in kurbayer. Diensten, wurde 1674 v. W. in Ingolstadt besucht, 1679 in schwed. Diensten in Riga, 1682 in span. Diensten in d. südl. Niederl., 1692 in venezian. Diensten;
    1) 1667 Maria Barbara (1631–1701, 1] Hans Jacob Heiß [Haus], Handelsmann in N.), T d. Friedrich (III.) Praun, 2) Susanna Barbara Löscher ( 1] Georg Christian Lang, 1636–89, Pfarrer in Etzelwang, Bruck u. Poppenreuth, Diakon in N.);
    2 S aus 1) (1 früh †) Gabriel (1670–1735), preuß. Sekr. u. Advokat, T (1 früh †) Helena Sibylla (1669–1735, Daniel Wilhelm Moller, 1642–1712, Prof. f. Gesch. u. Metaphysik in A., s. ADB 22; Enc. Jud. 1971), 2 Stief-S Jacob Ambrosius Lange v. Langenthal (1663–1725, ungar. Adel 1695), Med., Stadtphysicus in Schemnitz (Ungarn), Leibarzt d. Fürsten Ragoczy (s. Jöcher-Adelung), Johann Michael Lang (1664–1731), luth. Theol., Orientalist, 1692 Pfarrer in Vohenstrauß, 1697 Prof. d. Theol. in A., 1709 Oberpfarrer u. Insp. in Prenzlau (Uckermark), Mitgl. d. Pegnes. Blumenordens (s. ADB 17);
    Verwandter Georg Christoph (s. 2).

  • Biographie

    W. verbrachte seine Kindheit und frühe Schulzeit in Stockholm, wohin die Familie 1634 übersiedelt war. Nach der Rückkehr in seine Geburtsstadt 1646 besuchte er das Gymnasium, wo er Unterricht bei dem Theologen Johann Michael Dilherr (1604–69) genoß, der 1669 ein syrisches Neues Testament veröffentlichte. W. immatrikulierte sich 1649 an der nürnberg. Univ. Altdorf und wurde in das Alumneum aufgenommen. Alumneninspector war der Hebraist Sebald Schnell (1621–51), weitere wichtige Lehrer waren der Gräzist und Historiker Georg Matthias König (1616–99), die Juristen Wilhelm Ludwell (1589–1663) und Nikolaus Rittershausen (1597–1670) sowie der Hebraist und Theologe Theodor Hackspan (1607–59). 1654 verließ W. die Universität ohne formalen Abschluß und wurde in Wien Hauslehrer für die Söhne des prot. Ehrenreich Gf. v. Traun und Abensberg (1610–59). Ab 1657 unterrichtete W. den wahrscheinlich an Kinderlähmung erkrankten hochbegabten Rudolf Wilhelm (1643–77), Sohn des Johann Wilhelm Gf. v. Stubenberg (1619–88) auf der Schallaburg bei Melk, der W. bis an sein Lebensende förderte. 1658 lehnte W. die ihm angebotene Professur für oriental. Sprachen an der Univ. Altdorf ab. Da er sich für die jüd. Lebenspraxis interessierte, nahm W. Kontakt zu den florierenden jüd. Gemeinden in Wien und Preßburg auf. Auf diese Weise lernte er Rabbiner wie Menachem Sundel ben Ja’kov von Nikolsburg, Rabbi Hönig Fränkel, Mordechai Model Oettingen und Dr. Leo Winkler aus Padua persönlich kennen. Als Ehrenreich Gf. v. Traun und Abenberg 1659 überraschend starb, geriet W. in konfessionelle Auseinandersetzungen. Über Heidelberg, Straßburg, wo er systematisch Bücher zu kaufen begann,|und Preßburg reiste W. mit seinem Schützling Ferdinand Ernst Gf. v. Traun 1661 nach Italien, wo er über weitere Stationen (u. a. Venedig, Padua, Bologna, Florenz, Siena) 1663 Rom erreichte. Dort hoffte er vergeblich auf ein Treffen mit dem Universalgelehrten Athanasius Kircher (1602–80) und Leone Allaci (1586–1669), dem Präfekten der Bibliotheca Vaticana, sowie mit der zum Katholizismus konvertierten Kgn. Christina v. Schweden (1626–89). Mit dem Zisterzienser und Scriptor hebraicus an der Vatikanischen Bibliothek, Abt Giulio Bartolocci (1611–87), dem besten Kenner der Geschichte des nachbiblischen hebr. Schrifttums, verband W. eine lebenslange Freundschaft. Arabisch lernte er in Rom bei dem syrischen Maroniten Nicolò Nairone Banesio, Syrisch wahrscheinlich bei dem maronitischen Gelehrten Abraham Ecchellensis (1605–64). 1664 begegnete W. in Paris, dem wichtigsten Aufenthaltsort seiner Bildungsreise, Jean Chapelain (1595–1674), einem der Mitbegründer der Académie française. Dieser eröffnete W. den Zugang zu Pariser Gelehrtenzirkeln, so u. a. zu dem Diplomaten Auguste de Thou, zu Madeleine de Scudéry (1607–1701), aber auch zu Jean-Baptiste Colbert (1619–83), der W. 1644–67 eine dreijährige finanzielle Förderung zukommen ließ. 1665 erlangte W. den Dr. iuris utriusque der Univ. Orléans. Über Spanien kam W. auch nach Nordafrika, wo er zahlreiche wertvolle hebr. Handschriften erhielt. Die letzte Etappe seiner Reise führte ihn in die Niederlande und durch England. In Amsterdam weilte W. genau zu dem Zeitpunkt, als durch das Auftreten von Sabbatai Zvi (1626–76) viele Einwohner in Erwartung des nahenden Weltendes im Aug. 1666 ihre gesamte Habe verkauften. W. nutzte diese Gelegenheit und erwarb zahlreiche hebr. Bücher, die heute zu den Glanzstücken der „Sammlung Wagenseil“ in Erlangen gehören. 1667 trat er die Professor für Geschichte und Staatsrecht an der Univ. Altdorf an, die er 1674 mit der für morgenländische Sprachen tauschte. 1668 wurde er Mitglied des Größeren Rates in Nürnberg. 1691 präsentierte er in Wien am Hof Ks. Leopold I. die Erfindung eines Wasserschildes (hydraspis), einer Art Schwimmaschine für das Militär. Die ihm 1693 angebotene Professur für Orientalische Sprachen in Leiden schlug W. aus, übernahm aber in Altdorf 1697 zusätzlich den Lehrstuhl für Kanonisches Recht (Rektor 1685 / 86 u. 1701 / 02).

    Bleibende Bedeutung besitzen W.s Arbeiten zum Jiddischen (Belehrung d. jüd.-teutschen Red- u. Schreibart, 1699 u. ö.) sowie eine lat. Chronik Nürnbergs (publ. 1697), die Richard Wagner als Quelle für seine „Meistersinger von Nürnberg“ diente. Lange Zeit galt W., v. a. wegen seines Werkes „Tela ignea Satanis“ [Feurige Pfeile des Satans] (1681, Faks. 1970) als Judenfeind, doch ist er wohl eher als Philosemit zu betrachten – die Titel dienten als „Tarnung“. Die von ihm gesammelten Handschriften wurden an die Stadtbibliothek Leipzig verkauft, seine Bücher an die Univ. Altdorf. Letztere werden heute als „Sammlung Wagenseil“ (ca. 600 Titel, u. a. ca. 200 Bde. Hebraica u. Judaica, ca. 100 Bde. u. a. äthiop., arab., griech., japan., pers. u. syrische Lit., darunter Werke v. Elia Levita, Moses Maimonides, Avicenna u. Thomas Erpenius) in der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg aufbewahrt.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Acc. dei Ricovrati, Padua (1678);
    W.str. in Nürnberg-Mögeldorf.

  • Werke

    Weitere W u. a. Sotah, 1675;
    De sacri Rom. imperii libera civitate Noribergensi commentatio, Accedit, de Germaniae Phonascorum Von der Meister-Singer, Origine, Praestantia, Vtilitate, Et Institutis, Sermone Vernaculo Liber, 1697, Faks. 1975, darin dt. Übers. Buch von der Meister-Singer holdseeligen Kunst Anfang, Fortübung, Nutzbarkeiten, und Lehr-Sätzen;
    Denunciatio christiana de blasphemiis Judaeorum in Jesum Christum, 1703;
    An alle hohen Regenten u. Obrigkeiten, welche Juden unter ihrer Botmäßigkeit haben, ²1704;
    Benachrichtigungen Wegen einiger die Judenschafft angehenden wichtigen Sachen, 1705;
    Von Erziehung Eines Jungen Printzen, 1705;
    Von d. Päbstin Johanna (…), postum 1737;
    zur Bibl.: Slg. W., Mikrofiche Ed. mit CD-ROM-Kat., hg. v. H. Bobzin u. H. Süß, 1996.

  • Literatur

    |ADB 40;
    E. Voss,, „Es klang so alt, – und war doch so neu, –“, Oder ist es umgekehrt? Zur Rolle des Überlieferten in den „Meistersingern von Nürnberg“, in: FS Th. Göllner, hg. v. B. Edelmann u. M. H. Schmid, 1995, S. 307–14, erneut in: ders., „Wagner u. kein Ende“, Betrachtungen u. Studien, 1996, S. 145–54;
    W. G. Klee u. S. Koloch, Kann man auf Deutsch schreiben? Ein Gespräch zw. Madeleine de Scudéry u. J. C. W. über dt. Sprache, Dicht- u. Übers.kunst, in: Morgen-Glantz, Zs. d. Christian Knorr v. Rosenroth-Ges. 12, 2002, S. 377–402;
    A. Kilcher, Philologie u. Theologie d. Philosemitismus im Barock, J. C. W. u. d. christl. Verteidigung d. jüd. Buches, ebd. 19, 2009, S. 201–34;
    P. Blastenbrei, J. C. W. u. seine Stellung z. Judentum, 2004;
    ders., Pionier zw. Theol. u. früher Aufklärung, J. C. W. (1633–1705), in: Leibniz u. d. Judentum, hg. v. D. J. Cook, H. Rudolph u. Ch. Schulte, 2008, S. 251–60;
    H. Bobzin u. H. Süß, Kat. d. Slg. Wagenseil auf CD-ROM, 1996;
    H. Bobzin, Der Altdorfer Gel. J. C. W. u. seine Bibl., in: Reuchlin u. seine Erben, hg. v. P. Schäfer u. I. Wandrey, 2005, S. 77–95;
    Zedler;
    Wurzbach;
    Enc. Jud. 1971;
    Enc. Jud.²;
    Stadtlex. Nürnberg;
    Killy;
    MGG²;
    BBKL 13;
    BMLO;
    Stadtlex. Nürnberg;
    Nürnberger Künstlerlex.

  • Porträts

    |Kupf. v. J. Sandrart, 1680, M. Fenitzer, 1697 / 1702, J. J. Haid, 1747 u. W. Ph. Kilian, 1705 / 32, Abb. in: Digitaler Portaitindex.

  • Autor/in

    Hartmut Bobzin
  • Zitierweise

    Bobzin, Hartmut, "Wagenseil, Johann Christoph" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 198-199 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119090198.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Wagenseil: Johann Christoph W., Polyhistor, wurde am 26. November 1633 zu Nürnberg als Sohn eines angesehenen Kaufherrn geboren und hat länger als 38 Jahre der reichsstädtischen Hochschule zu Altdorf als einer ihrer berühmtesten Gelehrten angehört. Die erste Hälfte seines Lebens aber verlief um so unruhiger und brachte ihm die Bekanntschaft eines großen Theiles von Europa; seine Schriften wie seine Vorlesungen geben davon vielfach und mit Vorliebe Kunde. Als der Knabe kaum ¾ Jahr alt war, siedelten die Eltern mit ihm nach Stockholm über. 1646 kehrten sie zurück und übergaben ihren Sohn, der inzwischen durch Privatunterricht erst in Stockholm, dann (seit 1645) in Greifswald und Rostock vorgebildet worden war, dem Gymnasium zu St. Aegidien. 1649 bezog W. die Universität Altdorf, deren Schüler er fast 6 Jahre hindurch blieb; schon damals scheint er den Grund zu seiner vielseitigen, aber niemals zu den Problemen vordringenden Gelehrsamkeit gelegt zu haben, die er in der Folgezeit als langjähriger Hofmeister österreichischer Adliger (seit 1654) und besonders auf Reisen zu vermehren strebte. 1654—1661 blieb er noch in Deutschland (Oesterreich, Heidelberg, Straßburg), 1661 verließ er als Begleiter des jungen Grafen Ferdinand Ernst von Traun den deutschen Boden und durchzog Italien, Spanien, Frankreich, Holland und England. Er sammelte mannichfache Kenntnisse und Curiositäten, knüpfte allerlei gelehrte Bekanntschaften, wurde Mitglied mehrerer italienischer Akademien, ja gelangte in|Frankreich durch die Empfehlung Colbert's zum Bezug einer ansehnlichen königlichen Pension, die ihm drei Jahre hindurch ausbezahlt wurde. 1665 zu Orleans feierlich zum Dr. jur. promovirt, widerstand er weiteren Verlockungen der Fremde und kehrte im Frühjahr 1667 heim, um gleich darauf zu Altdorf eine ordentliche Professur der Geschichte und des öffentlichen Rechts zu übernehmen, 1668 auch in den großen Rath der Vaterstadt einzutreten. 1674 vertauschte er die historische Professur mit derjenigen der orientalischen Sprachen, für die er sich im gleichen Jahre durch eine erste Arbeit auf talmudistischem Gebiete ausgewiesen hat: „Sota, h. e. liber mischnicus de uxore adulterii suspecta“, Altdorf 1674. W. wußte sich auch weiterhin das besondere Vertrauen hoher Herrschaften zu erwerben, wie er denn 1676 zwei Prinzen von Pfalz-Zweibrücken in Kost und Unterweisung nahm und 1691 in Wien gelegentlich der Vorführung des von ihm (angeblich) erfundenen „Wafferschildes“ (zur Rettung von der Gefahr des Ertrinkens) eine mehrfache Audienz bei Kaiser Leopold hatte. Auf damals empfangene Anregungen geht die in seinem Todesjahr erschienene Schrift zurück: „Von Erziehung eines jungen Prinzen, der vor allen Studien einen Abscheu hat, daß er dennoch gelehrt und geschickt werde“ (Leipzig 1705) — eine Specialität des Nürnbergischen Trichters, wie jene Zeit mehrere hervorgebracht hat. Nachdem W. 1693 eine Berufung als Orientalist nach Leiden abgelehnt hatte, trat er 1697 als Professor des kanonischen Rechts in die Juristenfacultät über. Zweimal bekleidete er die Würde ihres Decans, zweimal war er Rector der Hochschule. Das 1699 noch übernommene Amt des akademischen Bibliothekars trat er bald darauf an seinen Schwiegersohn Prof. D. W. Moller ab, den Gemahl seiner gelehrten Tochter Helena Sibilla. Am 9. October 1705 ist er gestorben.

    Während Wagenseil's juristische und orientalistische Schriften großentheils längst vergessen sind und seine Zuverlässigkeit als Historiker schon von den Zeitgenossen gering geachtet wurde, haben zwei gelehrte Sammelwerke von ihm bis heute eine gewisse Bedeutung bewahrt, vorzugsweise durch die Mittheilung werthvollen Quellenmaterials. Zunächst sein reichhaltiges, wenn auch ungeordnetes und kritikloses Buch: „De civitate Noribergensi commentatio. accedit de Germaniae phonascorum, Von der Meistersinger origine, praestantia, utilitate et institutis sermone vernaculo liber“ (Altdorfi 1697). Der Anhang ist eine der ältesten litterarhistorischen Monographien und scheint als solche in Altdorf Schule gemacht zu haben: 1724 hat dort der (spätere Göttinger) Historiker Joh. Dav. Köhler ein Programm De scaldis geschrieben. — Freilich die Anordnung und Verarbeitung des Stoffes, die Art, wie die verschiedensten Quellen förmlich durcheinander gerüttelt werden, spottet der Elemente historischer Forschung. Hatte die Kritik der meistersingerischen Tradition genau 100 Jahre früher bei Cyr. Spangenberg einen bescheidenen Anlauf genommen, so sind ihr hier auf Schritt und Tritt neue Hindernisse bereitet: das drastischste Exempel dürfte wol die Art sein, wie W. (S. 515) das in Adam Puschmann's „Gründtlichem Bericht“ von 1571 enthaltene Wappen der Stadt Görlitz für ein Meistersingerwappen genommen und, ohne Angabe seiner Quelle, ausführlich blasonnirt hat, mit dem kecken Hinzufügen, daß es in dieser Gestalt von Kaiser Karl IV. verliehen oder doch erneuert sei. Unter den Quellenschriftstellern für die Geschichte des Meistergesangs verlangt keiner größere Vorsicht als W. — und gerade er hat als Nürnberger Kind von jeher ein günstiges Vorurtheil genossen und die Darstellungen der Litterarhistoriker lange beherrscht. — Von ähnlichem Vorwurf der Quellentrübung hält sich Wagenseil's „Belehrung der Jüdisch-Teutschen Red- und Schreibart“ (Königsberg 1699) frei, ein Buch, das zum ersten Male die Aufmerksamkeit der Gelehrten auf eine eigenartige und ziemlich umfangreiche|Litteiaturgruppe gelenkt und wichtige Vertreter derselben ans Licht gezogen hat. In der allgemeinen Einleitung ("Fürtrag") freilich und in den sonstigen eigenen Beigaben tritt auch hier die unleugbare Gelehrsamkeit des Verfassers zurück vor dem abschreckenden Eindruck seiner Geschmacklosigkeit und Confusion.

    • Literatur

      Will-Nopitsch IV, 144—155; VIII, 368—370, wo ältere Litteratur.

  • Autor/in

    Edward Schröder.
  • Zitierweise

    Schröder, Edward, "Wagenseil, Johann Christoph" in: Allgemeine Deutsche Biographie 40 (1896), S. 481-483 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119090198.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA