Zielke, Willy

Lebensdaten
1902 – 1989
Geburtsort
Łódź
Sterbeort
Bad Pyrmont
Beruf/Funktion
Photograph ; Kameramann ; Drehbuchautor ; Filmregisseur ; Produzent ; Fotograf ; Regisseur ; Filmeditor
Konfession
mennonitisch
Normdaten
GND: 133444368 | OGND | VIAF: 65196553
Namensvarianten

  • Zielke, Wilhelm Otto( eigentlich)
  • Valet, Victor (Pseudonym)
  • Zielke, Willy
  • Zielke, Wilhelm Otto( eigentlich)
  • zielke, wilhelm otto
  • Valet, Victor (Pseudonym)
  • valet, victor
  • Zielke, Willy Otto
  • Valet, Viktor
  • b11

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Zitierweise

Zielke, Willy, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd133444368.html [31.12.2025].

CC0

  • Zielke, Willy (eigentlich Wilhelm Otto, Pseudonym Victor Valet)

    | Photograph, Kameramann, Drehbuchautor, Filmregisseur, Produzent, * 18.9.1902 Łódź, 16.6.1989 Bad Pyrmont, ⚰ Bad Pyrmont, Stadtfriedhof. (mennonit.).

  • Genealogie

    V Aleksander (1881–1932), aus Pabjanize, Kaufm. in Ł., 1903 in Charkow, 1910 Dir. d. Filiale d. franz.russ. Gummiwarenfabrik Prowodnik (Hersteller v. Reifen u. Galoschen) in Woronesch/Don (Voronež), n. Beginn d. 1. Weltkriegs 1915–20 Dir. in Taschkent, n. d. Oktoberrev. 1917 u. Schließung v. Prowodnik Dir. e. gr. Textilfabrik, im Umsiedlungsaustausch zurück in d. wieder poln. Ł., zuletzt Kaufm. in Równe (Wolhynien), S d. Adam, aus Ostfriesland, wanderte n. Polen aus, Dorfältester in Suskaja|b. Ł., mennonit. Pfarrer u. Organist d. Dorfkirche, Landwirt, u. d. Johanna N. N.;
    M Marie Hartmann (1887–1960, 2] n. 1945 Paul Jacobi), aus Marianow, ab 1932 in Blankenburg (Harz);
    1) München 1929 1939 Elfriede (* 1904), aus Frankfurt/M., T d. N. N. Schloßhauer u. d. Cornelie Junker, 2) Berlin 1948 Ilse (1911–97), aus Bönhof (Lkr. Stuhm, Westpreußen), T d. Johannes Will u. d. Else Lawrenz kinderlos;
    Gr-N Ann-Kathrin Kramer (* 1966, 1] 1987–93 Peter Finkbeiner,* 1942, Schausp., Autor, Journ., 2] 2009 Harald Krassnitzer,* 1960, Schausp., s. Munzinger; Wien Gesch. Wiki), Schausp., Autorin (s. Munzinger).

  • Biographie

    Z., Sohn dt.stämmiger Eltern, wuchs ab 1903 in Charkiw (Ukraine) und ab 1910 in Woronesch/Don auf, wo er erstmals 1913 ein Kino besuchte und von dem Filmerlebnis tief beeindruckt wurde. Ab 1915 besuchte Z. das Gymnasium in Taschkent (Turkestan), wohin die Familie wegen dt.feindlicher Tendenzen in Rußland während des 1. Weltkriegs übersiedelt war. Nach der Oktoberrevolution 1917 begann er am neugegründeten Sowjetischen Technikum in Taschkent Eisenbahn-Hochund Tiefbau zu studieren.

    Als Student erlebte Z. die revolutionären Unruhen unmittelbar. Als die politische Situation auch in Taschkent gefährlich wurde, stellte die Familie 1920 ein Gesuch zur Repatriierung nach Polen, das genehmigt wurde.

    Von Łódź aus verhalf Z.s Vater seinem Sohn illegal über die Grenze nach Deutschland.

    In München konnte Z. 1923 seinen Wunsch, Photograph zu werden, verwirklichen. An der „Höheren Fachschule für Phototechnik“ absolvierte er die Grundausbildung und die Meisterklasse bis 1925 und arbeitete danach zunächst als Assistent im Atelier von Franz Grainer (1871–1948) in München sowie bei der Photographin Minya Diez-Dührkoop (1873–1929) in Hamburg. Schon 1927 bot ihm der Leiter der Münchner Fotoschule (ab 1928 „Bayerische Staatslehranstalt für Lichtbildwesen“) Hans Spörl (1867–1957) eine Lehrtätigkeit an, die er bis 1935 als Leiter der Meisterklasse ausübte. 1929 war Z. mit fünf Stilleben an der Internationalen Ausstellung des Dt. Werkbunds FILM und FOTO in Stuttgart beteiligt. Hier wurden auch die avantgardistischen sowjet. Filme von Dsiga Wertow, Sergei Eisenstein und Wsewolod Pudowkin vorgeführt, die ihn nachhaltig beeinflußten. Z. begann in der kinematographischen Abteilung der Münchner Schule mit einer zu Testzwecken zur Verfügung gestellten Filmkamera einige Kurzfilme zu drehen, die in München öffentlich gezeigt wurden. Dies führte zu einem ersten Auftrag Ernst Schweitzers, dem Leiter des Maffei-Tagesheims für Erwerbslose, für einen 35mm-Spielfilm „Arbeitslos–Das Schicksal von Millionen“, den er 1932 mit den Arbeitslosen des Heims und dem jungen Schauspieler Beppo Brem (1906–1990) ohne Honorar drehte. Eine Szene mit einem in Großaufnahme gefilmten Antriebsrad einer Lokomotive führte 1934 zu einem weiteren, nun gut bezahlten Auftrag zum 100jährigen Jubiläum der Dt. Reichsbahn. Der Film „Das Stahltier“, untermalt durch Geräuschmontagen dramatischer Musik des Komponisten Peter Kreuder (1905–1981), wurde ein Meilenstein des Industriefilms. Mit stakkatohaften Bilderfolgen, irritierenden Detailaufnahmen, verkanteten Ansichten und stürzenden Linien sowie dem lyrischen Spiel von Licht und Schatten kamen Stilmittel der Avantgarde zum Einsatz. Damit erfüllte der Film allerdings nicht die Erwartungen der Reichsbahn-Führung hinsichtlich eines eingängigen Werbefilms; noch vor der geplanten Uraufführung wurde er „wegen Schädigung des deutschen Ansehens“ von der Reichsfilmkammer verboten.

    Die experimentelle Art der Darstellung erregte jedoch die Aufmerksamkeit Leni Riefenstahls (1902–2003); sie engagierte Z. für den geplanten „Prolog“ zu ihrem Olympiafilm.

    Obwohl ihm 1936 der Auftrag für Drehbuch, Regie, Kamera und Schnitt vertraglich zugesichert worden war, kam es bei der Ablieferung des fertigen Films zum Zerwürfnis mit Riefenstahl, die Z.s Rechte nicht anerkannte.

    In der Folge erlitt Z. einen schweren Nervenzusammenbruch und wurde im Febr. 1937 in das Krankenhaus München-Schwabing und danach in die Psychiatrie Eglfing-Haar eingewiesen. Mit der – ohne eine entsprechende Untersuchung gestellten–Diagnose Schizophrenie begann eine mehr als fünf Jahre dauernde Leidenszeit mit Zwangssterilisation, medizinischen Experimenten und Entmündigung. Erst im Aug. 1942 wurde Z. auf Betreiben Riefenstahls entlassen, da sie ihn als Kameramann für ihren „Tiefland“ -Film benötigte. Stark geschwächt und zunächst pflegebedürftig, war Z. für abschließende Filmaufnahmen von „Tiefland“ ab Sept. 1943 und von Okt.-Dez. 1944 in verschiedenen Filmstudios in Berlin und Prag eingesetzt. Außerdem führte er an Riefenstahls neuem Wohnsitz in Kitzbühel den Filmschnitt aus, ständig kontrolliert und überwacht durch seinen Vormund und Riefenstahl. Erst im März 1946 wurde die Entmündigung aufgehoben, nachdem die Nervenklinik der Univ. Halle-Wittenberg das Fehlen einer Geisteskrankheit bescheinigt hatte.

    In den 1950er Jahren drehte Z. – teilweise unter Pseudonym – noch einige Filme, u. a. „Verzauberter Niederrhein“ (unter Ps., 1954), „Verlorene Freiheit“ (unter Ps., 1956), „Schöpfung ohne Ende“ (als Kameramann, 1956/57) und den Industriefilm „Aluminium–Porträt eines Metalls“ (1957/58), die z. T. große Erfolge erzielten.

    Danach geriet Z. in Deutschland fast ganz in Vergessenheit. Seine Wiederentdeckung begann Ende der 1970er Jahre; eingeladen von dem Pariser Kurator Christian Bouqueret wurde er bei den Rencontres Internationales de la Photographie d’Arles umfassend gewürdigt.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Ges. Dt. Lichtbildner (GDL) (1929);
    Goldpokal d. Prima Mostra Fotografica, Mailand (1931);
    Bundesfilmprämie f. „Verlorene Freiheit“ (1956);
    Bundesfilmpreis f. „Schöpfung ohne Ende“ (1957);
    Gr. Preis d. Industriefilmtage u. Filmband in Silber f. beste Kameraführung (1958) u. Kulturfilmprämie d. Bundes (1959) f. „Aluminium–Porträt e. Metalls“.

  • Quellen

    Qu u. a. autobiogr. Aufzeichnungen (unveröff.): „Aufgescheuchte Schatten“ (Rußland 1902–20); „Angst“ (Filmarbb., Riefenstahl, NS-Psychiatrie 1932–60er Jahre), Korr. mit d. Vf. (1982–82), Photogrr. (alles seit 1994 im Bes. v. D. Hinrichs, seit 2015 als Vorlaß in d. Slg. Fotogr. im Münchner Stadtmus.); weitere Dokumente im Bes. v. Ilse Zielke (seit 1997 im Filmmus. Potsdam).

  • Werke

    |u. a. Photogrr.: 51 frühe Photogrr. im Mus. f. Kunst u. Gewerbe Hamburg;
    weitere Photogrr. in d. Gal. Berinson Paris;
    spätere Abzüge d. „Glasstilleben“ v. 1929 in d. Slg. d. Hochschule f. angew. Wiss. München, Bereich Fotodesign;
    Publl.: Technik d. Bromöl-Umdruckes, 1931, Nachdr. 1988;
    L. Riefenstahl, Schönheit im Olymp. Kampf, 1937 (v. Z. „d. Aufnahmen d. Tempel, Plastiken u. Akte“);
    Akt, Einf. in d. Akt-Fotogr., 1952 u. 1960;
    Filme: Anton Nicklas, Porträt e. Münchner Originals, 1931/32 (verschollen);
    Schöpfung ohne Ende, 1956 (analoges Material im BA);
    digitalisierte Filme im Filmmus. im Münchner Stadtmus.: Arbeitslos, Das Schicksal v. Millionen (Buch, Regie, Kamera), 1932/33, UA am 1.4.1933 im Atlantik-Filmpalast (seitdem verschollen, 2020 rekonstruiert);
    Die Wahrheit, 1933/34 (nicht öff. aufgeführt);
    Das Stahltier, 1934 (in verkürzter Fassung erstmals öff. gezeigt 1954, auch im Filmarchiv d. Dt. Bundesbahn), DVD 2007;
    Verzauberter Niederrhein, 1954 (unter Ps., Drehbuch, Regie, Kamera, Schnitt) (2020 restauriert);
    Verlorene Freiheit, 1954;
    Aluminium–Porträt e. Metalls, 1958 (Kamera, Regie) (2020 restauriert);
    analoges Filmmaterial im Filmmus. im Münchner Stadtmus.: Die Wahrheit, 1933/34;
    Tag d. Freiheit, unsere Wehrmacht, 1935 (Kamera, kurz beteiligt);
    Olympia, 2 T., 1938;
    Tiefland, 1940–45 (UA 1954);
    Verzauberter Niederrhein, 1954. Ausst.beteiligungen: u. a. Internat. Ausst. „das lichtbild“, München 1930;
    Prima Mostra Fotografica, Mailand, 1931;
    Royal Soc. of Great Britain, London 1932;
    1er Salon internat. du nu photographique, Paris 1933;
    Die Kamera, Ausst. f. Fotogr., Druck u. Reproduktion, Berlin 1933;
    Christian Bouqueret, W. Z.–Photographies 1923–1937, Arles 1982;
    W. Z.–Fotogrr. u. Filme, Gal. d. Staatl. Fachak. f. Fotodesign München 1982 (Kurator D. Hinrichs).

  • Literatur

    |K. Steinorth (Hg., Einl.) u. M. Rommel (Vorwort), Internat. Ausst. d. Dt. Werkbundes Film u. Foto Stuttgart 1929, Nachdr. d. Kat. 1990;
    Fotogr. 1919–1979 Made in Germany, Die GDL-Fotografen, Ausst.kat. München Frankfurt 1979;
    Les Réalismes 1919–1939, Ausst.kat. Centre Nat. d’Art et de Culture Georges Pompidou Paris, Staatl. Kunsthalle Berlin 1980–81;
    Farbe im Foto, Die Gesch. d. Farbfotogr. v. 1861 bis 1981, Ausst.kat. Josef-Haubrich-Kunsthalle Köln 1981;
    German Photographs of the 20s and 30s, Sander Gallery, Washington, D. C., Ausst.kat. 1981;
    Ch. Bouqueret, W. Z.–Photographies 1923–1937, Ausst.kat. Arles 1982;
    M. Loiperdinger, Die Gesch. d. „Stahltier“ – W. Z. u. d. Reichsbahn, Revue de la Cinematheque Paris, Nr. 5, 1994;
    G. Haseloff, W. Z., Das film. Werk zw. Avantgarde u. nat.sozialist. Ästhektik, Dipl.arb. Univ. d. Künste Berlin, 2001;
    L. Altmann, Vernichtung e. Genies, in: Bayer. Staatsztg./Kultur v. 1.4.2011;
    U. Pohlmann u. R. Scheutle, Lehrjahre Lichtjahre, Die Münchner Fotoschule 1900–2000, Slg. Fotogr. im Münchner Stadtmus., 2000 (P);
    N. Gladitz, Leni Riefenstahl, Karriere e. Täterin, 2020 (P);
    Cinegraph;
    The Concise Routledge Enc. of the Documentary Film, hg. v. I. Aitken, 2013.

  • Porträts

    |Selbstporträt mit Filmkamera, Photogr. v. 1932 (Slg. D. Hinrichs), Abb. in: N. Gladitz, 2020 (s. L);
    Fernsehfilme: N. Gladitz, W. Z., 3sat Kulturzeit v. 25.6.2010;
    Vorfahren gesucht–Ann-Kathrin Kramer über ihren Großonkel W. Z., WDR 2010;
    Leni Riefenstahl, Das Ende e. Mythos, Regie: M. Kloft, Arte 2020.

  • Autor/in

    Dieter Hinrichs
  • Zitierweise

    Hinrichs, Dieter, "Zielke, Willy (eigentlich Wilhelm Otto, Pseudonym Victor Valet)" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 686-688 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd133444368.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA