Lebensdaten
1909 – 1979
Geburtsort
Frankfurt/Main
Sterbeort
(Ost-) Berlin
Beruf/Funktion
Regisseur
Konfession
-
Normdaten
GND: 123633982 | OGND | VIAF: 50140518
Namensvarianten
  • Thorndike, Andrew (IV)
  • Thorndike, Andrew
  • Thorndike, Andrew (IV)
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Zitierweise

Thorndike, Andrew, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd123633982.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Andrew (III) (1878–1950), Dipl.kaufm., Dr. rer. pol. (Tübingen 1907), 1908–13 b. d. Metallges. AG, Frankfurt/M., 1913–18 b. d. Fried. Krupp AG, Essen, 1918–20 Geschäftsführer d. v. A. Hugenberg gegründeten Ausland GmbH, Essen, 1920–32 Gen.dir. d. ALA Anzeigen AG, 1932–44 Geschäftsführer d. August Scherl GmbH, Berlin (s. L), S d. Andrew (II), Weingroßhändler in Geisenheim/Rhein, u. d. Auguste Frey;
    M Irmgard Moritz (1883–1936), aus Geisenheim/Rhein;
    3 Schw Annette Stöck (1911–44), Edith Malec (1913–66), Ilse (Illi) (* 1920);
    1) 1931 1940 Irma Valeska Ebner (1907–2006), 2) 1940 1950 Helene (Leni) Fries (* 1910), Bühnenbildnerin, 3) 1953 1973 Annelie Kunigk (1925–2012), aus Klützow (Pommern), Mitautorin u. -regisseurin v. T., 1963 Abg. in d. Volkskammer, 1967 Mitgl. d. Vorstands, 1980 d. Präsidiums d. Verbands d. Film- u. Fernsehschaffenden d. DDR, 1973–89 Präs. d. Komitees d. Internat. Leipziger Dokumentar- u. Kurzfilmwochen, Nachlaß im Filmmus. Potsdam (s. Wer war wer DDR; Biogr. Hdb. SBZ/DDR; A, W, L), T e. Schlossers in e. Zuckerfabr., 4) 1973 Helga-Christine Schrader (* 1947); 2 S aus 1) Andrew V (1932–99), Jan (1939–91), 1 T aus 1) Peggy Doll (* 1935), Graphikerin, 1 S aus 2) (früh †), 1 T aus 2) (früh †), 1 S aus 4) Andreas Rabinje (1972–2006), 1 T aus 4) Katharina Dorothy (* 1975).

  • Biographie

    Der technikinteressierte T. wuchs seit 1918 in Senzig bei Berlin auf und besuchte Volksschule und Realgymnasium in Königswusterhausen. Nach dem Abitur 1928 absolvierte er bis 1930 eine Lehre als Anzeigenkaufmann im Scherl-Verlag Berlin sowie ein Volontariat bei der Darmstädter & National-Bank in Neustadt an der Haardt. Bis Herbst 1931 war er als kaufmännischer Angestellter in der Anzeigenabteilung der „Württemberger Zeitung“, Stuttgart, tätig, anschließend als Propagandist zunächst in der Werbeabteilung, seit 1933 im Außendienst der Werbefilmabteilung der Ufa, deren Generalvertreter für verschiedene Gebiete er vermutlich 1939 wurde. Seit diesem Jahr arbeitete T. an Manuskripten für Industrie- und Werbefilme mit, erhielt das Angebot eines Kulturfilms über die Stadt Chemnitz (Drehbuch möglicherweise nicht fertiggestellt) und entwickelte weitere Film-Exposés. Parallel ging er seiner Leidenschaft für die Photographie nach.

    Bei Kriegsbeginn wurde T. kurzzeitig als Hilfswachtmeister der Polizeireserve in Dresden eingezogen, wo er seit 1936 lebte, und zunächst uk-gestellt. Für das Potsdamer Trickfilmatelier von Hans Fischerkoesen (1896–1973) drehte er 1941 – mit Einverständnis der Ufa – als Autor, Regisseur und Cutter neun geheime Lehrfilme für die Kriegsmarine (Honorar 10 000 Reichsmark) und im Folgejahr vier Tonlehrfilme über Artillerie-Munition für das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) (Honorar 16 000 RM). Mit „Die Herrin des Hofes“ (1942) entstand T.s einziger Kulturfilm, zeitgenössisch als „warmherziges Preislied der Bäuerin“ (Film-Kurier) beschrieben; er fällt v. a. durch das langsame Bildtempo bei formal eindrucksvoller Kameraarbeit auf. Ob T. noch bei Walt(h)er Ruttmann (1887–1941) Filmmontage lernte, ist ungeklärt.

    Unter dem – nicht bestätigten – Vorwurf der „Wehrkraftzersetzung“ wurde T. im Herbst 1942 verhaftet und kam für einige Wochen in das Polizeigefängnis am Berliner Alexanderplatz, wo er erste prägende Begegnungen mit Kommunisten hatte; anschließend leistete er Kriegsdienst als Sanitätsgefreiter. Nach einer schweren Diphterie 1943 setzte er 1944 seine Filmarbeit für das OKW kurzzeitig fort, ehe er zum Kriegsende nahe Prag in sowjet. Kriegsgefangenschaft geriet (bis Ende 1948). T. schloß sich dem Nationalkomitee Freies Deutschland an und wandelte sich im Lager Krasnogorsk endgültig zum Kommunisten.

    Unmittelbar nach seiner Rückkehr wurde T. aufgrund seiner Erfahrung als Filmregisseur bei der „Deutsche Film AG“ (DEFA) angestellt und trat der SED, dem FDGB und der „Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ (DSF) bei. Bei der pathetischen Filmbiographie „Wilhelm Pieck – Das Leben unseres Präsidenten“ (1951/52) beschäftigte er sich erstmals mit der Technik des Kompilationsfilms; sie wurde künftig zu seinem Markenzeichen und verschaffte ihm – zusammen mit seiner dritten Ehefrau, die häufig als Mitautorin und -regisseurin agierte – auch internationale Popularität. Besonders bekannt wurden die akribisch erarbeiteten „Du und mancher Kamerad“ (1956), an dem Karl-Eduard v. Schnitzler (1918–2001) wesentlichen Anteil hatte, „Urlaub auf Sylt“ (1957)|und „Unternehmen Teutonenschwert“ (1958). Diese suggestiven Filme bilden die Reihe „Archive sagen aus“ und sind polemisch-propagandistische Angriffe auf Westdeutschland im Kalten Krieg. Sie profitierten wesentlich von der verbesserten Archivsituation nach Rückgabe der von sowjet. Seite bei Kriegsende beschlagnahmten Filme an die DDR (Gründung d. Staatl. Filmarchivs d. DDR 1955). Ihre Methode der Entlarvung ist bisweilen verfälschend, ihr Verfahren parteilich, die perfekt organisierte Struktur erhalten sie aufgrund einer übergeordneten Idee, nicht durch Bilder. Sie waren in Westdeutschland verboten und zogen teilweise juristische Auseinandersetzungen nach sich.

    Im April 1953 wurde T. in West-berlin im Rahmen der „Aktion Vulkan“ wegen Spionageverdachts verhaftet, nach zweieinhalb Monaten aber freigelassen. Seit 1958 arbeitete das Ehepaar T. an dem 1963 fertiggestellten Großprojekt „Das russische Wunder“, einem sinfonisch gestalteten Lobpreis der sowjet. Geschichte seit der Oktoberrevolution, für T. ein „geschichtsphilosophischer Film“ – teilweise entwickelt in Zusammenarbeit mit dem Generalsekretär der SED, Walter Ulbricht (1893–1973). In der Folge entstanden, zumeist innerhalb der 1968 gegründeten und von T. geleiteten „DEFA-Gruppe 67“, weitere parteiliche Filme und Dokumentarserien, auch für das Fernsehen der DDR. Beispiele dafür sind „Du bist min“, eine sozialistische Liebeserklärung an die DDR im 70 mm-Breitwandformat (1969), oder die Heldenverehrung „Wladimir Iljitsch Uljanow – Lenin“ (1970), eine als Geschichtsstunde konzipierte Engführung von Ulbricht und Lenin.

    Im Arbeitsverhältnis der T.s befaßte sich Annelie eher mit der literarischen Seite, T. hingegen mit Montage und Musik. Vielfach für sein Werk ausgezeichnet, gehörte dieser zu den einflußreichsten Filmschaffenden der DDR. Er war 1967 Gründungsmitglied des Verbands der Film- und Fernsehschaffenden der DDR und dessen Präsident bis zu seinem Tod, seit 1978 Mitglied des Präsidiums, zudem Vizepräsident des Film- und Fernsehrats der DDR.

  • Auszeichnungen

    A u. a. Heinrich-Greif-Preis (II. Kl. 1951, I. Kl. 1958);
    IFF Karlovy Vary (1951, 1952, 1958 u. 1969), Nat. preis (III. Kl. 1952, II. Kl. 1956 u. 1978, I. Kl. 1963);
    VVO in Bronze (1959);
    Leninorden (1963);
    Internat. Weltfriedenspreis (1963);
    Cineparade Melbourne (1964);
    Ehrenpreis d. Internat. Vereinigung d. Filmtechnikerverbände, Paris (1970);
    Orden Banner d. Arbeit (1971);
    Verdienstmedaille d. Min. d. Innern d. DDR in Gold (1974);
    Held d. Arbeit (1974);
    Karl-Marx-Orden (1979);
    Mitgl. d. Dt. Ak. d. Künste zu Berlin (1961) u. d. Association Internat. des Documentaristes;
    Präs. d. Internat. Jury d. Leipziger Dokumentar- u. Kurzfilmwoche (1964–66).

  • Quellen

    Qu BA Berlin (DR 140/933, DR 118/1364, Fragebogen Reichsfilmkammer 18. 9. 1942); Filmmus. Potsdam (Nachlaß Annelie T., mit zahlr. Qu zu Andrew T.).

  • Werke

    Weitere W u. a. Kino- u. Fernsehfilme: Der 13. Oktober/Der durchbrochene Kreis, 1949;
    Der Weg n. oben, 1950;
    Die Prüfung, 1952;
    Geh. Kommandosache, 1967/68 (Gesamtltg.);
    Start, 1972;
    Die Alte Neue Welt, 1977;
    Schrr.: Über unsere Arbeit am Dokumentarfilm „… Du u. mancher Kamerad“, in: Dt. Filmkunst 8, 1957, S. 236–40 (mit Annelie T.);
    Urlaub auf Sylt, 1958 (mit Annelie T. u. K. Raddatz);
    Das russ. Wunder, 1962 (mit Annelie T.);
    Fortschritt u. Probleme, hg. v. Verband d. Film- u. Fernsehschaffenden d. DDR, 1979;
    Nur was d. Arbeiterklasse nützt, in: Verband d. Film- u. Fernsehschaffenden d. DDR, 1984;
    zu Annelie: Jeder Tag war schön, Erlebnisse, Träume, Geständnisse notiert zw. Antwerpen u. Bombay, 1966;
    Der Massenmörder blieb ohne Strafe, 2008 (mit K. Huhn).

  • Literatur

    L lk., Der älteste Frauenberuf d. Welt, in: Film-Kurier, Nr. 221 v. 21. 9. 1942;
    H. Herlinghaus, Annelie u. A. T., in: Filmdokumentaristen d. DDR, hg. v. Inst. f. Filmwiss., 1969;
    W. Roth, Dokumentaristen, Wege z. Wirklichkeit, in: Film in d. DDR, 1977, S. 168–75;
    G. Perrin, Die T.s u. ihre Filme, Potsdam-Babelsberg: DEFA-Gruppe 67, 1978;
    Annelie Thorndike, Für Andrew, in: Film u. Fernsehen, Nr. 8, 1979, S. 4 f.;
    Th. Heimann, „Lehren aus d. dt. Gesch.“, Wahrheitstreue u. Propaganda im DEFADokumentarfilm „Du u. mancher Kamerad“, in: M. Sabrow (Hg.), Verwaltete Vergangenheit, Gesch. kultur u. Herrschaftslegitimation in d. DDR, 1997, S. 185–215;
    E. Schieber, Von d. Ufa z. DEFA, in: Filmbl. 25, Herbst 2004, S. 21–31;
    J. Michalski, A. T. u. d. implodierte „Vulkan“ (Archive sagen aus), 2008;
    J. Keilbach, Archive sagen aus, Zum Stellenwert v. Filmdokumenten in d. Filmen v. A. u. Annelie T., in: T. Ebbrecht u. a. (Hg.), DDR – erinnern, vergessen, Das visuelle Gedächtnis d. Dokumentarfilms, 2009, S. 133–53;
    A. Herbst, W. Ranke u. J. Winkler, So funktionierte d. DDR, Bd. 3, Lex. d. Funktionäre, 1994;
    Wer war wer DDR;
    Biogr. Hdb. SBZ/DDR;
    CineGraph;
    H. U. Eylau, in: Unsere Nat. preisträger 1952, 1953 (P);
    Biogr. Hdb. SBZ/DDR;
    zu Andrew (III): Wenzel;
    150 J. Promotion an d. Wirtsch.wiss. Fak. d. Univ. Tübingen, bearb. v. I. Eberl u. H. Marcon, 1984; – Mitt. v. Andrew (VIII) Thorndike, Barbara Thorndike, Helga-Christine Thorndike u. Ilse Thorndike

  • Autor/in

    Rolf Aurich
  • Zitierweise

    Aurich, Rolf, "Thorndike, Andrew" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 202-203 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123633982.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA