Zeller, Eduard

Dates of Life
1814 – 1908
Place of birth
Kleinbottwar bei Ludwigsburg
Place of death
Stuttgart
Occupation
Philosoph ; lutherischer Theologe ; Evangelischer Theologe ; Hochschullehrer ; Historiker
Religious Denomination
lutherisch
Authority Data
GND: 118636383 | OGND | VIAF: 2542742
Alternate Names

  • Zeller, Eduard Gottlob
  • Zeller, Eduard
  • Zeller, Eduard Gottlob
  • Zeller
  • Celler, Ėduard
  • Zeller, Eduard von
  • Zeller, Edoardo
  • Zeller, Edouard
  • Keller, Ėduard

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Citation

Zeller, Eduard, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118636383.html [09.12.2025].

CC0

  • Zeller, Eduard Gottlob

    | lutherischer Theologe, Philosoph, * 22.1.1814 Kleinbottwar bei Ludwigsburg, † 19.3.1908 Stuttgart, ⚰ Stuttgart, Pragfriedhof.

  • Genealogy

    V Johann Heinrich (1772–1837), frhrl. v. kniestedt’scher Stabsamtmann in K., Rentamtmann, S d. Heinrich (1738–86), ev. Pfarrer in Nußbaum u. Sulzbach/Murr, u. d. Helene Laux (1740–1815);
    M Johanna Christiane (1772–1850), T d. Johannes Camerer (1733–1804, 2] Elisabeth Veronika Neuffer, 1743–97, 3] Sophie Jakobine Wucherer, 1738–1819), ev. Pfarrer in Ohnastetten b. Reutlingen, u. d. Johanna Friederike Moser (1741–1775);
    Urur-Gvv Jeremias (1669–1720), Amtspfler in Vaihingen/Enz;
    Ur-Gvv Magnus Konrad (1701–1767), aus Vaihingen/Enz, ev. Pfarrer in Erligheim, Birkenfeld u. Nußbaum, Ur-Gvm Johann Wilhelm Moser (1710–1759), ev. Pfarrer in Dürrmenz;
    Om Johann Wilhelm (v.) Camerer (1763–1847, Elisabetha Wilhelmina Bossert, 1775–1841), ev. Theol., 1821 Dir. d. Gymn. in St., Prälat, Math., Astronom (s. ADB III);
    11 Geschw (2 früh †);
    Tübingen 1847 Emilie Caroline (1823–1904), T d. Ferdinand Christian Baur (1792–1860), Prof. f. ev. Theol. in Tübingen (s. NDB I, VI* u. 17*), u. d. Emilie Becher (1802–1839);
    5 S u. a. Albert (1853–1923, Agnes Viktoria Maria Antonie Widenmann, 1870–1950), Dr. med., seit 1884 Arzt, seit 1890 Vorstand d. chirurg. Abt. d. Marienhospitals in St., 1889–1910 Hilfslehrer an d. TH Stuttgart, 1893 Tit.prof.;
    Verwandte Christian Heinrich (s. 1), Bernhard (s. 3).

  • Biography

    Z. wurde als zweitältestes von neun Kindern zunächst mit seinem älteren Bruder Gustav vom Vater zuhause unterrichtet. Seit 1822 be|suchte er die Lateinschule in Backnang, 1827–31 das Ev. Seminar in Maulbronn und danach das Tübinger Stift, um ev. Theologie und Philosophie zu studieren. Hier vermittelte ihm sein wichtigster Lehrer und späterer Schwiegervater, Ferdinand Christian Baur, theologische und philosophische Grundlagen (Schleiermacher, Hegel, Creuzer) sowie Techniken und Methoden philologischer Kritik (Wolff, Boeckh). Z. schloß Freundschaft mit David Friedrich Strauß (1808–1874), der wie Z., Karl Reinhold Köstlin (1819–1894), Albert Schwegler (1819–1857) und Friedrich Theodor Vischer (1807–1887) zur „Tübinger Schule“ gezählt wird, die sich um Baur bildete.

    Nach dem 1. theol. Examen 1835 trat Z. 1836 sein Vikariat in Nellingen an und wurde im selben Jahr mit einer Arbeit über Platons „Nomoi“ in Tübingen zum Dr. phil. promoviert.

    Anschließend unternahm er eine Studienreise nach Berlin und arbeitete in den folgenden Jahren als Repetent am theol. Seminar in Urach, seit 1839 in Tübingen. Publizistisch trat Z. 1839 mit seinen „Platonischen Studien“ hervor, in denen er seine früheren Arbeiten zu Platon aufnahm, um Studien zum Werk des Aristoteles ergänzte und durch Anwendung der in Tübingen erprobten historisch-kritischen Methode die Platonische Schrift „Nomoi“ ihrem Geiste nach als unplatonisch disqualifizierte. 1840 in Tübingen für Theologie habilitiert, lehrte er hier als Privatdozent und gründete 1842 die „Theologischen Jahrbücher“, die er bis 1857 herausgab.

    Trotz Z.s großen Lehrerfolgs scheiterten sein Antrag auf eine ao. Professur für Theologie beim Ministerium und auf Amtswegen der Versuch des Senats der Universität, ihm 1846 ein Extraordinariat für Philosophie zu verschaffen. 1847 übernahm er eine ao. Professor für Theologie in Bern (o. Prof. 1849), wo seine Lehre aufgrund der Anwendung der historisch-kritischen Methode der Kontextualisierung sakraler und profaner Texte den Widerstand der Berner Orthodoxie hervorrief, die im sog. Zeller-Handel mit Flugblättern und der Warnung vor einer „Zellerschen Religionsgefahr“ gegen ihn vorging. 1849 wechselte Z. an die Univ. Marburg (Dekan 1856). Dort untersagte ihm die kurhess. Regierung die Übernahme des ihm von der theol. Fakultät angebotenen Lehrstuhls, doch erhielt Z. – mit dem Verbot, Vorlesungen theol. Inhalts abzuhalten – eine phil. Professur. 1862 wechselte er nach Heidelberg (Prorektor 1868; Vertreter d. Univ. in d. 1. Kammer d. Bad. Ständeverslg. 1871/72), mit Unterstützung von Hermann v. Helmholtz (1821–1894) 1872 nach Berlin (Rektor 1878, em. 1894), wo er an die Lehre seines Vorgängers Friedrich Adolf Trendelenburg (1802–1872) anknüpfte und wechselnd Veranstaltungen zur Geschichte der Philosophie und Psychologie und zur Logik und Erkenntnistheorie sowie durchgehend zur Aristotelischen Philosophie anbot. Sein wissenschaftliches Programm stellte Z. in seiner Berliner Antrittsvorlesung „Über die gegenwärtige Stellung und Aufgabe der deutschen Philosophie“ (in: Vortrr. u. Abhh., 2. Slg., 1877, S. 467–78) dar, einer Ortsbestimmung der Philosophie als Theorie der Wissenschaften.

    Z. prägte die Philosophiegeschichte seiner Zeit mit weitverbreiteten Grundlagenwerken wie „Die Philosophie der Griechen“ (3 T., 1844–52, ⁹2013, franz. 1877–84, engl. 1881, ital. 1932), einem Konkurrenzunternehmen zu den Studien von Christian August Brandis (1790–1867) und August Heinrich Ritter (1791–1861), und später dem „Grundriss der Geschichte der griechischen Philosophie“ (1883, ¹⁰1911, engl. 1914), der zum Standardlehrbuch für den universitären Unterricht wurde. Im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayer. Akademie der Wissenschaften publizierte er 1872 eine „Geschichte der deutschen Philosophie seit Leibniz“.

    Im selben Maße wie für die Philosophiegeschichte gewann Z. Bedeutung für die Religionsgeschichte, indem er etwa 1860 in seinem gleichlautenden, programmatischen Aufsatz den Begriff „Tübinger Schule“ prägte. Seine Antrittsrede „Ueber Bedeutung und Aufgabe der Erkenntniss-Theorie“ (1862; in: Vortrr. u. Abhh., 2. Slg., 1877, S. 479–526) forcierte die Rückkehr zur Philosophie Kants nach dem Ende der Epoche des dt. Idealismus und ist eine Gründungsakte des Neukantianismus als philosophischer Bewegung.

    Die Summe seines Lebens enthalten Z.s Werke aus den Berliner Jahren, etwa seine Rektoratsrede „Über akademisches Leben und Lernen“ (1879) und sein Vortrag „Über die Bedeutung der Sprache und des Sprachunterrichts für das geistige Leben“ (1884). In Berlin realisierte Z. auch das 1874 mit Hermann Bonitz (1814–1888) begründete Editionsprojekt „Commentaria in Aristotelem Graeca“ an der dortigen Akademie der Wissenschaften (26 Bde., 1881–1908) und gründete 1888 mit seinem Schüler Ludwig Stein (1859–1930) das „Archiv für Geschichte der Philosophie“. Zudem veröffentlichte er, seit 1895 bei seinem Sohn Albert in Stuttgart lebend, die Biographie seines Freundes Strauß und edierte dessen Schriften und ausgewählte Briefe.

    Z.s Bedeutung als systematischer Philosoph einer Übergangszeit der Philosophie nach dem Idealismus und vor ihrer Auflösung in die Horizonte der Natur-, Sozial- und Kulturwissenschaften zeigt sich deutlich in den Abhandlungen „Über Metaphysik als Erfahrungswissenschaft“ (1895) und „Über Systeme und Systemsbildung“ (1899). In ihnen präsentiert sich Z. als Philosoph mit systematischem Anspruch: Mit Blick auf die übrigen Wissenschaften weist er der Philosophie die Aufgabe zu, die Frage nach der Einheit des Wissens zu stellen; im Hinblick auf das allgemeine Kulturleben frage sie nach dem Zweck der heterogenen Wissensordnungen für den individuellen und gesellschaftlichen Bildungsprozeß. Z. trat in dieser doppelten Perspektive nicht aus Hegels Schatten heraus. Gleichwohl war er einer der einflußreichsten akademischen Lehrer für die Geschichte der alten Philosophie. Zu seinen Schülern zählen Theologen, Philologen und Philosophen, u. a. Hermann Diels (1848–1922).

  • Awards

    |Ehrenbürger d. Stadt Marburg (1862);
    HR (1868);
    Dr. theol. h. c. (Heidelberg 1868);
    GHR (1872);
    Orden Pour le mérite f. Wiss. u. Künste (1877);
    Dr. iur. h. c. (Tübingen 1877, Edinburgh 1884);
    Dr. med. h. c. (Marburg 1886);
    WGR, Exzellenz (1894);
    – Mitgl. d. Preuß. (1864), d. Bayer. (1873) u. d. Österr. Ak. d. Wiss. (1890).

  • Works

    Weitere W Die Apostelgesch. n. ihrem Inhalt u. Ursprung krit. unters., 1854, engl. 1875/76;
    Die Entwicklung d. Monotheismus b. den Griechen, 1862;
    Rel. u. Philos. b. d. Römern, 1862;
    Staat u. Kirche, Vorlesungen an d. Univ. zu Berlin gehalten, 1873;
    Vortrr. u. Abhh., 3 Slgg., 1865–84;
    Ueber d. Aufgabe d. Philos. u. ihre Stellung zu d. übrigen Wissenschaften, ebd., 2. Slg., 1877, S. 445–66;
    Ueber d. griech. Vorgänger Darwin’s, ebd., 3. Slg., 1884, S. 37–51;
    Ueber d. Gründe unseres Glaubens an d. Realität d. Aussenwelt, ebd., S. 225–85;
    Kl. Schrr., hg. v. O. Leuze, 3 Bde., 1910/11;
    Über Metaphysik als Erfahrungswiss., ebd., Bd. 2, 1910, S. 553–65;
    Über Systeme u. Systemsbildung, ebd., S. 566–85;
    Briefwechsel (1849–1895), H. v. Sybel, E. Z., hg. v. M. Lemberg, 2004;
    Nachlaßverz.: H.-M. Sass, Inedita philosophica, 1974, S. 75.

  • Literature

    |H. Diels, Gedächtnisrede auf E. Z. (…), in: Kl. Schrr. (s. W), Bd. 3, 1911, S. 465–511;
    W. Dilthey, Aus E. Z.s Jugendj., in: ders., Ges. Schrr., Bd. 4, 1921, S. 433–45;
    H. Cohen, E. Z., Zu seinem hundertsten Geb.tage (1914), in: ders., Schrr. z. Philos. u. Zeitgesch., hg. v. A. Görland u. E. Cassirer, 1928, S. 460–65;
    H.-G. Gadamer, E. Z., Der Weg e. Liberalen v. d. Theol. z. Philos., in: Semper apertus, Sechshundert J. Ruprecht-Karls-Univ. Heidelberg 1386–1986, Bd. 2, hg. v. W. Doerr, 1985, S. 406–12;
    V. Gerhardt u. a. (Hg.), Berliner Geist, Eine Gesch. d. Berliner Univ.philos., 1999, S. 95 ff. u. 123 ff.;
    G. Hartung (Hg.), E. Z., Philos.- u. Wiss.gesch. im 19. Jh., 2010;
    ders., Die Platon. Frage, Zur Kontroverse über E. Z.s Platon-Bild, in: M. Erler u. A. Neschke (Hg.), Argumenta in Dialogos Platonis, T. 2, 2012, S. 143–61;
    BBKL 14 (W, L);
    RGG⁴;
    Enz. Philos. Wiss.theorie;
    LThK³;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Killy;
    Drüll, Heidelberger Gel.lex. I;
    Hess. Biogr. (P);
    HLS.

  • Portraits

    |Federzeichnung v. F. Justi, 1870er/80er J., Abb. in: Marburger Prof.kat. (Internet);
    Bronzeplakette mit Brustbild (Stuttgart, Landesmus. Württ.);
    Ölgem. v. J. Scheurenberg, 1886 (Berlin, Nat.gal.), davon Photogr. vor 1899 u. weitere Photogrr. (Univ.bibl. Tübingen);
    Heliogravüre n. Photogr. v. 1882, Abb. in: A. Kohut, David Friedrich Strauß als Denker u. Erzieher, 1908, n. S. 56.

  • Author

    Gerald Hartung
  • Citation

    Hartung, Gerald, "Zeller, Eduard Gottlob" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 638-640 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118636383.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA