Wezel, Karl
- Lebensdaten
- 1747 – 1819
- Geburtsort
- Sondershausen (Thüringen)
- Sterbeort
- Sondershausen (Thüringen)
- Beruf/Funktion
- Dichter ; Kritiker ; Pädagoge ; Philosoph ; Schriftsteller ; Pädagoge
- Konfession
- evangelisch?
- Normdaten
- GND: 118632108 | OGND | VIAF: 32038963
- Namensvarianten
-
- Wezel, Johann Karl
- Wezel, Carl
- Wetzel, Karl
- Wetzel, Johann Karl
- Wetzel, Carl
- Wezel, Karl
- Wezel, Johann Karl
- Wezel, Carl
- Wetzel, Karl
- Wetzel, Johann Karl
- Wetzel, Carl
- Wetzel, Johann Carl
- Wetzel, Jean Charles
- Wetzel, Ioannes Carolus
- Wetzel, Joannes Carolus
- Wetzel, Johannes Carolus
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- Wezel, J. C.
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- Wetzl, Johann Carl
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- Wezel, Karl Johann
- Wezel, Johann Carl
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- Wetzel, Joannes Karolus
- Wetzel, Johannes Karolus
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Wezel (auch Wetzel), Johann Karl (auch Carl)
| Dichter, Kritiker, Pädagoge, Philosoph, * 31.10.1747 Sondershausen (Thüringen), † 28.1.1819 Sondershausen (Thüringen), ⚰Sondershausen (Thüringen) (Gedenkstele).
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Genealogie
V →Johann Christoph (1717–1758), Reisemundkoch d. Fürsten →Heinrich I. v. Schwarzburg-Sondershausen zu S., S d. →Johann Friedrich, aus Neunheilingen, Gde.baumeister am Hof d. Fürsten →Heinrich I. v. Schwarzburg-Sondershausen;
M Juliane, T d. →Johann Bartholomäus Blättermann, Reisesilberdiener d. Fürsten →Heinrich I. v. Schwarzburg-Sondershausen zu S.;
1 Schw Christiana Wilhelmina Dorothea (* 1753, ⚭ Johann Friedrich Jacob Berger);
– ledig. -
Biographie
W. wuchs in Sondershausen auf, wo er 1755–64 das Lyzeum besuchte und von dem Schriftsteller und Übersetzer →Gottfried Conrad Böttger (1731–1794) Sprachunterricht erhielt. Zeitgenössische Besucher überliefern, daß W. sich für den illegitimen Sohn des Fürsten →Heinrich I. von Schwarzburg-Sondershausen (1689–1758) hielt, dessen Nachfolger, →Christian Günther I. (1736–94), W. ein Studienstipendium bewilligte. Seit 1765 studierte er ev. Theologie, Jura, Philosophie und Philologie an der Univ. Leipzig und wohnte bei →Christian Fürchtegott Gellert (1715–1769). Nach dessen Tod verließ W. die Universität ohne Abschluß und wurde 1769 Hofmeister bei dem Amtshauptmann →Johann Wilhelm Traugott v. Schönberg (1721–1804) in Bautzen.
Hier verfaßte er erste satirische und literaturkritische Schriften sowie seinen Erstlingsroman in der Nachfolge →Laurence Sternes, die „Lebensgeschichte Tobias Knauts, des Weisen, sonst der Stammler genannt“ (4 Bde., 1773–76). Seit 1774 versuchte W., sich als freier Autor zu etablieren. →Christoph Martin Wieland (1733–1813) veröffentlichte einige seiner Erzählungen in seinem „Teutschen Merkur“, lehnte aber W.s nächsten Roman, „Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne“ (1776), ab. Die satirische Auseinandersetzung mit →Leibniz auf den Spuren von →Voltaires „Candide“ gilt als ein Hauptwerk des literarischen Skeptizismus der Aufklärungszeit. 1776 nahm W. nochmals für ein Jahr eine Hofmeisterstelle in Berlin an. 1777 veröffentlichte er eine Reihe von Zeitschriftenbeiträgen für das Philanthropinum in Dessau, 1780 plante er die Eröffnung einer eigenen Privaterziehungsanstalt. Mit dem viel gelobten Roman „Herrmann und Ulrike“ (4 Bde., 1780) erreichte W. den Höhepunkt seines Ruhms, bevor er sich 1781 in eine polemische Debatte über den Leibnizschen Theodizeegedanken mit dem Leipziger Philosophieprofessor →Ernst Platner (1744–1818) einließ, die seinem Ansehen schadete. W. versuchte daraufhin 1782/83 in Wien als Theaterautor Fuß zu fassen; seine „Lustspiele“ (4 Bde., 1783–87) wurden jedoch nur auf Vorstadttheatern aufgeführt.
Verarmt und desillusioniert zog W. 1783 nach Leipzig zurück, wo er sich seinem philosophischen Hauptwerk, dem von der zeitgenössischen Anthropologie inspirierten „Versuch über die Kenntniß des Menschen“ (2 Bde., 1784/85), widmete. Wahrscheinlich 1788 mußte er gesundheitlich angegriffen nach Sondershausen zurückkehren und galt als „wahnsinnig“. Der Homöopath →Samuel Hahnemann (1755–1843) behandelte W. erfolglos im Sommer 1800 in Hamburg. Gelegentliche Besucher schürten die Legendenbildung um den „wahnsinnigen Wezel“; Skandalwerke erschienen fälschlich unter seinem Namen (so die von →Georg Gustav Teubner [1780–1809] verfaßten Bände „Gott Wezels Zuchtruthe des Menschengeschlechts“, 3 Bde., 1804/05).
W.s „Wahnsinn“ wurde von den Zeitgenossen häufig auf sein als menschenfeindlich und materialistisch kritisiertes Werk zurückgeführt. Sein Schicksal inspirierte Autoren wie z. B. →Einar Schleef (1944–2001) (Wezel, 1983). Heute gilt W. als einer der wenigen Vertreter einer konsequent skeptischen und empiristischen dt. Spätaufklärung und als Vorläufer eines realistischen Literaturkonzepts. Zu seiner Wiederentdeckung im 20. Jh. trugen v. a. 1959 ein Funk-Essay von →Arno Schmidt (1914–1979), die Bemühungen des 1973 gegründeten Johann-Karl-Wezel-Arbeitskreises (seit 1990 J.-K.-W.-Ges. e. V.; seit 1998 Hg. d. W.-Jb.) in Sondershausen und die seit 1997 erscheinende, auf acht Bände angelegte kritische „Gesamtausgabe“ (Jenaer Ausgabe, hg. v. K. Manger u. a.) bei.
-
Auszeichnungen
A 1. Preis d. Bayer. Ak. d. Wiss., München (1782 f. d. Preisfrage warum Dtld. kein Nat.theater habe);
Gedenkstele, Sondershausen, W.-Str.;
W.-Bibl. Sondershausen (seit 1990);
J.-K.-W.-Schule, Östertal. -
Werke
Weitere W Satir. Erzz., 2 Bde., 1777/78;
Robinson Krusoe, neu bearb., 2 T., 1779/80;
Wilhelmine Arend oder d. Gefahren d. Empfindsamkeit, 1782;
– Krit. Schrr., hg. v. A. R. Schmitt u. Ph. McKnight, 3 Bde., 1971–75;
Päd. Schrr., hg. v. Ph. McKnight, 1996;
Ges.ausg., hg. v. K. Manger u. a., 8 Bde. geplant, seit 1997;
– Bibliogr.: J. Heinz, J. K. W., (s. L);
fortlaufende Bibliogr. im W.-Jb. (P);
–Nachlaß: StA Rudolstadt. -
Literatur
L ADB 42;
K. Adel, J. K. W., Ein Btr. z. Geistesgesch. d. Goethezeit, 1968;
Arno Schmidt, Belphegor oder Wie ich Euch hasse [1959], in: ders., Das essayist.|Werk z. dt. Lit., Bd. 1, 1988, S. 191–222;
I. Boose (Hg.), Warum W.? Zum 250. Geb.tag e. Aufklärers, 1997 (P);
A. Košenina (Hg.), J. K. W. (1747–1819), 1997;
M.-A. Schulz, J. K. W., Lit. Öffentlichkeit u. Erzählen, Unterss. zu seinem lit. Programm u. dessen Umsetzung in seinen Romanen, 2000;
I. Karpenstein-Eßbach, J. K. W. als Treffpunkt aufklärer. Energien aus d. Perspektive d. New Historicism, in: DVjS 77, 2003, S. 564–90;
H.-P. Nowitzki, „Der wohltemperierte Mensch, Aufklärungsanthropol. im Widerstreit“, 2003;
C. Ilbrig, Aufklärung im Zeichen e. „glückl. Skepticismus“, J. K. W.s Werk als Modellfall f. lit. Skepsis in d. späten Aufklärung, 2007;
Ch. Neubert, W., Autor, Werk, Konstruktionen, 2008;
R. Itterheim, Gleichgewicht d. Lebensgeister, J. K. W.s Warnung vor Melancholie, in: Ärztebl. Thüringen 20, 2009, S. 618–20;
J. Heinz, J. K. W., 2010 (W-Verz., Auswahlbibliogr., P);
Stadtlex. Leipzig;
Thür. Biogr. Lex. IV (P);
Killy;
Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
BBKL 30 (W, L). -
Porträts
P Kupf. v. C. G. Geyer, 1782, Abb. auf W.-Jb. (Umschlag);
Silberstiftzeichnung v. J. A. Nottnagel, 1807 (beides Schloßmus. Sondershausen). -
Autor/in
Jutta Heinz -
Zitierweise
Heinz, Jutta, "Wezel (auch Wetzel), Johann Karl (auch Carl)" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 18-19 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118632108.html#ndbcontent
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Wezel, Johann Karl
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Biographie
Wezel: Johann Karl W., geboren am 31. October 1747 in Sondershausen, † ebendaselbst am 28. Januar 1819, wo sein Vater fürstl. Mundkoch war. Auf der dasigen Schule, besonders von dem gelehrten Konrad Böttiger gehörig vorbereitet, bezog er 1764 die Universität Leipzig und wohnte mit Gellert, von diesem hochgeehrt, in einem Hause. 1769 wurde er vorläufig Hofmeister in der Lausitz, bis er größere Reisen nach Berlin. Hamburg, London, Paris und endlich nach Wien antrat. Hier war er dann eine zeitlang Theaterdichter und erwarb sich die Gunst Joseph's II., der ihn aufforderte, in Wien zu bleiben und als Zeichen seiner besonderen Gunst ihm eine große, goldene Medaille verehrte. W. zog sich jedoch nach Leipzig zurück. Da sich aber 1784 bei ihm Spuren einer Geisteskrankheit zeigten, lebte er seit 1786 wieder in Sondershausen, einsam, ohne jeglichen Umgang und bedürftig, sich währenddem von den Ersparnissen, durch fleißige schriftstellerische Arbeiten mühsam erworben, erhaltend. Menschenfreunde nahmen sich seiner an und vereinigten sich zu einer Gesellschaft, welche ihn 1800 zu seiner Genesung nach Hamburg zu dem bekannten Arzt Hahnemann brachte, welcher sich zu seiner Wiederherstellung erboten hatte. Allein dieser erklärte ihn bald für unheilbar und veranlaßte seine Rückkehr nach Sondershausen. Von dieser Zeit an schienen zwar lichte Augenblicke seinen verfinsterten Geist zu erhellen, doch kehrten Freude am Leben und am menschlichen Umgang nicht wieder bei ihm ein; obwol körperlich gesund lebte er still in täglicher Ordnung, nicht ohne zeitweilige Beschäftigung mit Lesen und Schreiben dahin, bis er am 28. Januar 1819 nach nur wöchentlicher Krankheit schmerzlos verschied. — Er schrieb eine beträchtliche Anzahl von Lustspielen, Früchte des kurzen Frühlings seines Geistes, deren leichte Beweglichkeit ihm nicht minder Beifall verschaffte, wie andere seiner Schriften, die sein wissenschaftliches Bemühen verriethen (so z. B. der „Versuch über die Kenntniß des Menschen“, 1784 und 1785), aber das ihm gezollte Wohlwollen befriedigte ihn nicht nur nicht, sondern versetzte ihn in eine bittere Stimmung und erregte endlich eine nicht zu befriedigende Eitelkeit, immer mehr ausartend, ihn abwärts ziehend bis zum entschiedenen Wahnsinn.
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Literatur
Ueber die älteren günstigen Urtheile seiner geistigen Erzeugnisse vgl.|Jördens in dem Lexicon deutscher Dichter und Prosaisten, 5. Bd.; Meusel, 8. u. 21. Bd.; Ludloff's Aufsatz: Wezel als Schriftsteller, in d. Gemeinnütz. Blättern f. Schwarzburg 1808 u. 1810; Eschenburg's Beispielsammlung z. Theorie u. Litteratur d. schönen Wissenschaften, 7. Bd.; Franz Horn in: Die Poesie u. Beredsamkeit d. Deutschen v. Luther bis z. Gegenw., 3. Bd.; Hesse, Verzeichniß geborner Schwarzburger, 20. St., Rudolstadt, Schulprogr. 1829. —
Ueber Wezel's spätere Schicksale: (Heß) Durchflüge durch Deutschland etc., 1. Bd. und „Nachflug“ dazu: Wezel seit seinem Aufenthalt in Sondershausen v. Z. N. Becker, Erfurt 1799; Gerber's neues Lexic. d. Tonkünstler, Bd. 4; Blumröder, Ztg. f. d. eleg. Welt 1805 u. 1812; Teutonia 1819; Leipziger u. Jenaer Lit.-Ztg. 1819 (63. Stck., Intelligenzbl. Nr. 14); Allgem. Anzeiger 1828; Thuringia 1841, Nr. 12 u. a. —
Mehrere Manuscripte Wezel's werden auf der fürstl. Regierung in Sondershausen aufbewahrt, so auch Wezel's Leben von Ludloff in Sondershausen, das u. a. auch Briefe Wezel's an den Rector Konrad Böttiger enthält. -
Autor/in
Anemüller. -
Zitierweise
Anemüller, Bernhard, "Wezel, Johann Karl" in: Allgemeine Deutsche Biographie 42 (1897), S. 292-293 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118632108.html#adbcontent