Lebensdaten
1884 – 1968
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Bad Homburg von d. Höhe
Beruf/Funktion
Bankdirektor ; Kolonialpolitiker ; Luftverkehrspolitiker
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Weigelt, Curt Theodor Erich
  • Weigelt, Kurt
  • Weigelt, Curt Theodor Erich
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Zitierweise

Weigelt, Kurt, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz139757.html [26.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Theodor (1853–1923, kath.), aus Bielau b. Neisse (Oberschlesien), Dr. med., prakt. Arzt in Berlin, Geh. Sanitätsrat, S d. Theodor, Eisenbahnsekr., u. d. Mathilde Klose;
    M Olga (1856–1936, ev.), aus B., T d. Christoph Carl Beeck (1824–78), aus Holzhausen (Waldeck), Heilgehilfe in B., u. d. Wilhelmine Schelp;
    Elise Häuser;
    kinderlos.

  • Biographie

    W. studierte nach dem Abitur 1904 am Berliner Gymnasium zum Grauen Kloster Rechtswissenschaften und Nationalökonomie in Berlin, Freiburg (Br.) und Jena. 1909 bei Eduard Rosenthal (1853–1926) in Jena zum Dr. iur. promoviert (Zur rechtl. Bedeutung d. Tarifvertrags, 1910), war er seit 1912 Redakteur der „Zeitschrift für Kolonialrecht“ und gehörte einer Kommission des Reichskolonialamts unter Josef Kohler (1849–1919) an, die Material zum Eingeborenenrecht in den dt. Kolonien sammeln sollte. Nach dem Assessorexamen in Cottbus trat W. im Jan. 1913 in die „Deutsche Bank“ ein und wurde Mitarbeiter von Karl Helfferich (1872–1924). 1914 nahm er an den Verhandlungen über die Beteiligung der Bank an der „Nyassa Company“ teil, die als sog. Chartered Company Hoheitsrechte im Norden der portugies. Kolonie Mozambique ausübte. Das Vorhaben eines dt. Bankenkonsortiums, die „Nyassa Company“ mit Unterstützung des Auswärtigen Amts und des Reichskolonialamts unter Kontrolle zu bekommen, ging auf das dt.-brit. Geheimabkommen von 1898 über die Aufteilung des portugies. Kolonialbesitzes zurück und war ein wichtiges Projekt der „Pénétration Pacifique“, um den dt. Kolonialbesitz informell zu erweitern. W. sollte nach der Übernahme der Aktienmehrheit der Trägergesellschaft im Juni 1914 in die Verwaltung der „Nyassa Company“ delegiert werden, seine Abreise nach Mozambique wurde durch den Kriegsbeginn verhindert.

    Seit 1915 leitete W. den Kriegsausschuß für Öle und Fette, trat in dieser Funktion in Aufsichtsgremien verschiedener Unternehmen ein und wurde 1916 Beiratsmitglied des Reichsernährungsamts. Er schied nicht aus der Dt. Bank aus, sondern arbeitete dem Nachfolger Helfferichs, Emil Georg v. Stauss (1877–1942), zu, der das Erdölgeschäft der Bank in Rumänien führte. 1918 wurde W. stellv. Vorstandsvorsitzender der durch Aktienmehrheit von der Dt. Bank beherrschten „Deutschen Petroleum AG“ (DPAG), die eng mit einem der wichtigsten rumän. Erdöllieferanten, der „Steaua Romana“, verbunden war.

    W. organisierte seit 1919 den Verkauf der Steaua-Aktien und die 1922 folgende Fusion der DPAG mit der Dt. Bank, die durch den Ertrag der Steaua-Aktien ihre Devisenreserven erheblich erhöhte. Seit 1922 stellv. Direktor, 1927–45 stellv. Mitglied im Vorstand der Dt. Bank, wurde W. als internationaler Unterhändler eingesetzt, v. a. bei den Verhandlungen über die Vorkriegsanleihen und die Reduzierung des Engagements der Bank in der Türkei.

    Noch als Vorstand der DPAG gründete W. im März 1920 mit dem „Norddeutschen Lloyd“ den nur bis zur Gründung der „Deutschen Aero-Lloyd“ (DAL) 1923 bestehenden „Lloyd-Luftdienst“ als eine der ersten zivilen Luftverkehrsgesellschaften in Deutschland; beide Unternehmen wurden von der Dt. Bank als Aktionär und durch Stimmrechtsübertragungen dominiert. W. war entschiedener Fürsprecher einer dt. Einheitsfluggesellschaft, gebildet aus der DAL und dem 1925 von der Reichsregierung übernommenen Luftverkehrsunternehmen von Hugo Junkers (1859–1935), die im Jan. 1926 als „Deutsche Luft Hansa AG“ gegründet wurde. W. wurde Aufsichtsratsmitglied, 1936–45 stellv. Aufsichtsratsvorsitzender sowie Sprecher der privatwirtschaftlichen Anteilseigner. Er förderte bis in den 2. Weltkrieg hinein den Ausbau der Transkontinentalverbindungen nach Asien, Süd- und Nordamerika und vertrat das Unternehmen bei internationalen Verhandlungen. Als die Lufthansa 1929 wegen ihrer Beteiligung an der geheimen Aufrüstung Deutschlands, der zu ambitionierten Transkontinental- und Transozeanprojekte und der hohen Subventionen den Rückhalt im Reichstag zu verlieren drohte, übernahm W. informell die Wirtschaftsplanung des Unternehmens und senkte als Vorsitzender der aus Beamten des|Reichs und der Länder zusammengesetzten Bilanzkommission bis 1935 den Subventionsanteil an den Erträgen der Lufthansa auf unter 50 %. Mit W.s Billigung wurde zwischen 1933 und 1935 der Aufbau der Luftwaffe von der Lufthansa getarnt und das Unternehmen bis 1943 überwiegend verstaatlicht.

    W. spielte in den 1920er Jahren eine führende Rolle in zahlreichen kolonialen Gesellschaften. Er leitete das Nyassa-Konsortium, war u. a. stellv. Vorstand der „Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft“ (DOAG) und stellv. Aufsichtsratsvorsitzender der Ostafrikan. Eisenbahngesellschaft. Er nutzte ähnlich wie im Luftverkehr seine Kontakte zur Regierungsbürokratie, um mit Subventionen und Beteiligungen des Reichs den Einfluß der dt. Kolonialgesellschaften in Hoheitsgebieten anderer Staaten zu vergrößern.

    W. versuchte, die Nationalsozialisten von der Idee einer kolonialen Ergänzung zum Lebensraum im Osten zu überzeugen. 1935 wurde er Leiter der Abteilung Wirtschaft im Kolonialpolitischen Amt der NSDAP unter Franz Rr. v. Epp (1868–1947), 1936 Leiter der „Deutschen Gruppe kolonialwirtschaftlicher Unternehmungen“ (Deko-Gruppe), der Standesorganisation der Kolonialunternehmen in der Reichswirtschaftskammer, 1937 trat er der NSDAP bei. W. entfaltete sein kolonialpolitisches Programm in Denkschriften und Vorträgen, in denen er die Bedeutung der Kolonien als Rohstofflieferanten hervorhob. Er war entschiedener Anhänger der „Pénétration Pacifique“ und betrachtete den Luftverkehr ebenso wie die Eisenbahn vor 1914 als Instrument für eine „imperiale Infrastruktur“ (van Laak), mit der der wirtschaftliche Einfluß Deutschlands vergrößert werden sollte. Seit 1930 forderte er unentwegt, wirtschaftlich in die franz. Kolonien in Nordafrika einzudringen und propagierte gleichzeitig ein gemeinsames Vorgehen mit der „Air France“ bei der Transozeanstrecke von Westafrika nach Südamerika. Wenngleich W. die Ausbeutung Afrikas bis ins Detail plante, galt sein kolonialpolitisches Programm den Nationalsozialisten niemals als Ergänzung oder gar Alternative zur Expansion in Osteuropa. Es diente nur zeitweise als taktisches Instrument in der Auseinandersetzung mit Großbritannien.

    1945 bei der Dt. Bank in den Ruhestand versetzt, wurde W. 1947 wegen eines Verstoßes gegen die Vermögenskontrolle, die die Alliierten über die Angehörigen der Lufthansa verhängt hatten, zu zwei Jahren Haft verurteilt, aus der er 1948 vorzeitig entlassen wurde. Seit Ende 1950 als Vorsitzender des Aufsichtsrats des formal noch bestehenden DAL an der Liquidation der Lufthansa beteiligt, wurde W. von Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm (1903–67) im März 1951 beauftragt, eine neue dt. Luftverkehrsgesellschaft federführend vorzubereiten. Seit Nov. 1951 war er Vorsitzender des Vorbereitungsausschusses Luftverkehr des Bundesverkehrsministeriums. Bei der Gründung der „AG für Luftverkehrsbedarf“ (LUFTAG) 1953, seit 1954 „Deutsche Lufthansa AG“, wurde W. Aufsichtsratsvorsitzender. Er vertrat energisch den Plan, die zweite Lufthansa als nationale Luftverkehrsgesellschaft überwiegend in der Hand des Bundes zu gründen und Kommunen, Länder und private Interessenten nur gering zu beteiligen. Scharf ging er gegen das konkurrierende Konzept für eine Luftverkehrsgesellschaft mit europ. Beteiligung vor. Er wollte die neue Lufthansa in eine bruchlose Tradition zur ersten stellen. Im Dez. 1960 gab W. den Vorsitz des Aufsichtsrats der Lufthansa auf und wurde zu deren ersten Ehrenvorsitzenden ernannt.

  • Auszeichnungen

    |Präs. d. Lufttransport-Ausschusses d. Internat. Handelskammer (1931–39), d. Neu-Guinea-Kompagnie u. d. Cultur Matschappij Talang Padang, Sumatra;
    stellv. Vors. d. Straits u. Sunda-Syndikat mbH im asiat. Raum;
    Komturkreuz d. Krone v. Italien (1911);
    Gr. BVK (1954).

  • Werke

    |u. a. Zus.schluß im Luftverkehr, 1926;
    Die Entfaltung d. Luftfahrt als Kapitalproblem, in: Kapital u. Kapitalismus, Bd. 2, 1931, S. 315–24;
    Die Rohstoffvorkommen in d. ehem. dt. Kolonien, in: Protokoll d. Tagung d. Reichsarb.kammer Berlin 5, 1936, S. 2–19;
    Koloniale Rohstoffversorgung im Rahmen d. heim. Volkswirtsch., in: Btrr. z. dt. Kolonialfrage, 1937, S. 77–89;
    Afrikas Funktion wirtschaftl. Erg. Europas, in: Convegno di scienze morali e storiche, 4–11 ottobre 1938, Tema: L’Africa, Bd. 2, 1939, S. 1481–97;
    Wirtsch.wert d. alten dt. Kolonien, Dt.-Südwestafrika, 1942;
    Von d. alten z. neuen Lufthansa, 1966.

  • Literatur

    |K. Hildebrand, Vom Reich z. Weltreich, Hitler, NSDAP u. koloniale Frage 1919–1949, 1969;
    D. Eichholtz, Die Kriegszieldenkschr. d. Kolonialpol. Amtes d. NSDAP v. 1940, Steckbrief e. Dok., in: ZfG 22, 1974, S. 308–24;
    L. Gall u. a., Die Dt. Bank 1870–1995, 1995 (s. Reg., P);
    B. Barth, Die dt. Hochfinanz u. d. Imperialismen, 1995;
    M. Grohmann, Exot. Vfg., Die Kompetenzen d. RT f. d. dt. Kolonien in Gesetzgebung u. Staatsrechtswiss. d. Ks.reichs (1884–1914), 2001;
    K. Linne, „Weiße Arbeitsführer“ im „Kolonialen Erg.raum“, 2002;
    ders., Afrika als „wirtschaftl. Erg.raum“, K. W. u. d. kolonialwirtschaftl. Planungen im „Dritten Reich“, in: Jb. f. Wirtsch.gesch. 2006, S. 141–62;
    H. James, Die Dt. Bank im Dritten Reich, 2003, S. 104 f.;
    D. van Laak, Imperiale Infrastruktur, Dt. Planungen f. d. Erschließung Afrikas 1880–1960, 2004;
    L. Budrass, Adler u. Kranich, Die Lufthansa u. ihre Gesch.|1926–1955, 2016 (P);
    Wenzel;
    Wi. 1935 u. 1955;
    Qu BA, Berlin u. Koblenz;
    Hist. Firmenarchiv d. Dt. Lufthansa, Frankfurt/M.;
    Pol. Archiv d. AA, Berlin.

  • Autor/in

    Lutz Budrass
  • Zitierweise

    Budrass, Lutz, "Weigelt, Kurt" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 600-602 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz139757.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA