Lebensdaten
1871 – 1945
Geburtsort
Brieg
Sterbeort
Theresienstadt
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Journalist ; Publizist ; völkischer Ideologe
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Wachler, Ernst Karl Ludwig Heinrich
  • Verding, Götz (Pseudonym)
  • Wendelin, Hans (Pseudonym)
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Zitierweise

Wachler, Ernst, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz137908.html [25.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus seit d. 17. Jh. nachweisbarer, ursprüngl. in Thür. ansässiger Fam.;
    V Ludwig (1835–1908, 1] Marie Schoepke, 1840–65), Dr. iur., Gen.staatsanwalt f. Berlin u. Brandenburg, Wirkl. Geh. Oberjustizrat (s. BJ 13, Tl.; Biogr. Hdb. Preuß. Abg.haus I), S d. Ernst (1803–88), aus Marburg, Kreisger.dir. in Breslau, Abg. z. Preuß. NV 1848 / 49, Mitgl. d. 1. Kammer d. Preuß. LT 1849 u. 1851, d. Preuß. Abg.hauses 1859–66 u. 1870–82 u. d. RT d. Norddt. Bundes 1867–71, Vorstandsmitgl. d. Nat.lib. Partei 1881–84, Dr. iur. h. c. u. Ehrenbürger v. Breslau (s. Biogr. Hdb. Preuß. Abg.haus I);
    M Marie (1850–1929), T d. Heinrich Fürst, Stadtger.rat in Breslau, u. d. Wilhelmine Lewald;
    Ur-Gvv Ludwig (1767–1838), Prof. f. Gesch. u. Lit. in Breslau (s. ADB 40; Killy; BBKL 21; W);
    Gr-Tante-v Christine ( Franz Passow, 1786–1833, Klass. Philol., o. Prof. d. Altertumswiss. in Breslau, s. NDB 20);
    Ov Paul (1834–1912), Oberbergrat, Gen.dir. d. montanind. Werke d. Henckel v. Donnersmarck, Inh. d. Schles. Bankver., Mitgl. d. Zollbeirats d. Wirtsch.ausschusses d. Dt. Reichs, Mitgl. d. Preuß. Abg.hauses, seit 1902 d. Herrenhauses (s. BJ 18, Tl.; A. Perlick, Oberschles. Berg- u. Hüttenleute, 1953; Biogr. Hdb. Preuß. Abg. haus I), Om Max Fürst (1854–1914), Dr. iur., 1895 Geh. Oberbergrat im preuß. Handelsmin., 1900–07 Berghptm. u. Dir. d. Oberbergamts in Halle/Saale, 1905 Wirkl. Geh. Oberbergrat (s. Biogr. Lex. Sozialpolitik I);
    1 B Max (1878–1960, Claire [Klara] v. Kamptz, 1887 / 88–1968?), Landger.dir. in B. u. Lüneburg, 1926 Vors. d. Dt. Sprachver., Zweigges. Berlin u. Mark Brandenburg, gründete 1949 d. Zs. „Muttersprache“, 1957 Gründer d. Ges. f. dt. Sprache, Ehrenvors. ders., Vf. v. Memoiren, 1952 BVK (s. W, L), 1 Schw Elisabeth (Else) (1874–1957, Paul Gonell, 1868–1945, Offz.);
    1906 1927 Käthe (Ps. Hausa) (1886–1969), Schausp., T d. Alfred Ingber aus Weimar;
    1 S Ingolf (1911–88, 1] Ursula Sigismund, 1912–2004, Schriftst., T d. Max Oehler, 1875–1946, Leiter d. Nietzsche-Archivs, Weimar, 2] Friderun Oehler, 1923–2005, Schw d. Ursula Sigismund), Dr. phil., Volkskundler, Rundfunkred., Benny-Goodman-Spezialist, 1 T Ingeborg (Inge) Hausa (1907–98);
    E Dietrich (1934–2004), Dr. rer. soc., Schriftst., Kritiker, Bibl. (Kosch, Lit.-Lex.³).

  • Biographie

    W. verlebte seine Kindheit seit 1879 in Oppeln und Wesel. Nach dem Besuch des Askanischen und Joachimsthalschen Gymnasiums in Berlin und Abitur am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Posen 1889 studierte er Germanistik, Geschichte und Philosophie in Marburg, München und Berlin. 1894 / 95 leistete er Militärdienst in Lübben. 1897 wurde er in Berlin bei Wilhelm Dilthey (1833–1911) mit einer Arbeit „Über Otto Ludwigs ästhetische Grundsätze“ zum Dr. phil. promoviert. Zunächst 1897 / 98 Dramaturg am „Berliner Theater“, gab W. 1898–1906 die Monatsschrift „Der Kynast, Blätter für Volkstum und Dichtung“ (seit 1899 Dt. Zs., seit 1903 Iduna) heraus. Weitere Zeitschriftenunternehmen schlossen sich an. 1902 / 03 war W. in Weimar, wo er mit Unterbrechungen bis 1943 lebte, als Chefredakteur der „Weimarischen Zeitung“ tätig und stand in engem Kontakt zu Elisabeth Förster-Nietzsche (1846–1935) und dem Nietzsche-Archiv. W. regte die Gründung des Künstlerkreises „Jungbrunnentisch“ an, dem außer der Nietzsche-Schwester u. a. Alois Obrist, Peter Gast, Adolf Emge und Bruno Heinrich Eelbo angehörten.

    1903 gründete W. das bis heute bestehende „Harzer Bergtheater“ in Thale, dessen Spielleitung er bis 1911 übernahm und das er 1930 an die Stadt Thale verkaufte. Das gegen den zeitgenössischen Theaterbetrieb konzipierte Naturtheater wurde über Deutschland hinaus zum Vorbild für Freilichtbühnen. Zum Spielplan zählten auch Uraufführungen von W.s dramatischen Werken. Neben seinem literarischen Schaffen, seiner Tätigkeit als Kulturjournalist (u. a. f. d. Zss. Das Zwanzigste Jh., Die Ges., Der Kunstwart, Der Türmer, Das Hl. Feuer) und seinem Engagement für Theaterreform und das Naturtheater – er leitete 1912 die Aachener Freilicht- und Kurbühne und 1913 die er Hünenringspiele – war W. seit den 1890er Jahren im radikalnationalistischen und völkischen Umfeld als vornehmlich publizistisch aktiver Agitator engagiert. 1905 / 06 war er Chefredakteur der in Berlin erscheinenden antisemitischen „Staatsbürger-Zeitung“; seit 1903 unterhielt er enge, freundschaftliche Kontakte zu Theodor Fritsch (1852–1933), für dessen Zeitschrift „Hammer, Blätter für dt. Sinn“ er 1904–38 weit über 100 Beiträge zu vorwiegend literarischen und vereinzelt rasseideologischen Themen verfaßte. In der am Beginn des 20. Jh. sich formierenden völkischen Bewegung war W. ein wichtiger Netzwerker und ideologischer Stichwortgeber. Mit seinem neuheidnischen Manifest „Über die Zukunft des dt. Glaubens“ (1901, Neudr. 1930) und zahlreichen Zeitschriftenbeiträgen wurde er zum Programmatiker der neuheidnischen völkischreligiösen Teilbewegung. Er war führend am Zusammenschluß der „german.-religiösen Heiden“ in den Jahren vor Ausbruch des 1. Weltkriegs beteiligt, u. a. als Mitgründer und Mitglied der ariosophischen „Guido-v.-List-Gesellschaft“ 1907, der „Gesellschaft Wodan“ 1910 / 11, der „German. Glaubens-Gemeinschaft“ 1912 sowie später des „Rig-Kreises“ und des „Bundes für nordische Weltanschauung“. Sein Harzer Bergtheater diente bis 1914 als neuheidnische Weihestätte völkischer und völkisch-religiöser Organisationen.

    Im 1. Weltkrieg war W. in Frankreich, Rußland und der Ukraine eingesetzt (seit 1917|Hptm. d. Landjäger). Nach Kriegsende führte er ein unstetes Leben, war u. a. Redakteur in Heidelberg und Eschwege und ließ sich 1931 endgültig in Weimar nieder. An seinen Einfluß im völkischen Lager aus der Vorkriegszeit konnte er nicht mehr anschließen, wohl auch infolge einer 1914 gegen ihn entfachten Kampagne völkischer Antisemiten, nachdem bekannt geworden war, daß seine Großmutter mütterlicherseits jüd. Herkunft war. Ein letztes völkisches Zeitschriftunternehmen (Die Krone, Zs. z. Pflege d. moral. Gedankens u. d. nat. Überlfg. im Sinne Steins u. Bismarcks, 1920–22) hatte ebenso kurzen Bestand wie die Leitung der sog. Lienhard-Festspiele im Harzer Bergtheater 1925. Neben der Tätigkeit als Schriftleiter der lebensreformerischen Zeitschrift „Die Schönheit“ 1927–32 und wenigen Buchveröffentlichungen suchte W. bis 1939 als freier Journalist seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er begrüßte die NS-Machtübernahme, trat 1933 dem Reichsverband dt. Schriftsteller bei, bewahrte jedoch zu den neuen Machthabern Distanz, auch wenn er sich ihnen andiente. Als „langjähriger Vorkämpfer des völkischen Gedankens“ gewürdigt, wurde W. nach Fürsprache u. a. von Förster-Nietzsche bis 1940 aus dem Fond der Dt. Schillerstiftung unterstützt. 1943 ging er als Lektor zum Verlag Noebe & Co. nach Prag. Im Mai 1945 wurde er von den Revolutionären Garden festgenommen, zunächst im Prager Stadion interniert und im August in das ehemalige Ghetto Theresienstadt überführt, wo er im Folgemonat einer Herzinsuffizienz und Darminfektion erlag.

    W. zählte bis 1914 zu den einflußreichen Ideologieproduzenten und Weltanschauungsagenten der völkischen Bewegung mit engen persönlichen Beziehungen zu führenden Ideologen sowie in die Kultur- und Lebensreformbewegungen hinein. Er war einer der wichtigen Vordenker und Wegbereiter des german. Neuheidentums. Vor dem Hintergrund zeitgenössischer kulturpessimistischer und zivilisationskritischer Paradigmen und der Überzeugung einer „geistigen Überfremdung, auch im Religiösen“, konzipierte und propagierte er „eine nordische Renaissance (…), von der das Theater unter freiem Himmel nur ein Teil war“.

  • Auszeichnungen

    |Lipp. Rose f. Kunst u. Wiss. d. Fst. Lippe-Detmold (1913);
    E. K. (1. Weltkrieg);
    Mitgl. u. a. d. Allg. Dt. Schriftver., d. Hauptausschusses d. Ver. f. d. Dt.tum im Auslande (1898–1902) u. im leitenden Ausschuß d. Ges. f. dt. Erz.;
    ao. Mitgl. d. Gobineau-Ges.;
    Gründungs- u. Ehrenmitgl. d. Fichte-Ges. v. 1914.

  • Werke

    Weitere W Aus gährender Zeit, Alte u. neue Gedichte, 1890;
    Wie d. dt. Theater d. Kunst fördern, Stud. über Eingang, Aufnahme u. Aufführung d. dramat. Produktion an Provinzialbühnen u. Centren, 1892;
    Heimat u. Volksschauspiel, 1893, ²1904;
    Tiberius auf Capri, Tragödie, 1896;
    Über Otto Ludwigs ästhet. Grundsätze, Diss. 1897;
    Unter d. Buchen v. Saßnitz, Lustspiel, 1897;
    Die Läuterungen dt. Dichtkunst im Volksgeiste, Eine Streitschr., 1897;
    Schles. Brautfahrt, Schauspiel, 1901;
    Rhein-Dämmerungen, Gespräche auf d. Lande, 1902;
    Der Spielmann, Ein Jb. dt. Dichtung, 1902 (Hg.);
    Ringbüchlein, Abriß dt. Weltansicht, 1903;
    Walpurgis, Ein Festspiel z. Frühlingsfeier, 1903;
    Wie kann Weimar z. e. neuen litterar. Blüthe gelangen, 1903 (Hg.);
    Iduna, Weimar. Tb. auf 1903, 1903 (Hg.);
    Der Spielmann, Ein Alm. zeitgenöss. Dichtung, 1903–1905 (Hg.);
    Die Elfe, Novelle, 1904;
    Das Abenteuer d. Neujahrsnacht, Schwank, 1904;
    Unter d. goldenen Brücke, Gedichte u. künstler. Prosa, 1904;
    Widukind, Trauerspiel, 1904;
    Mittsommer, Trauerspiel, 1905;
    Künstler-Abende d. Harzer Bergtheaters b. Thale, 1. Edda-Abende, 1907 (Hg.);
    Dt. Wiedergeburt, Schrr. z. nat. Kultur, 5 Bde., 1908–11 (Hg.);
    Die Freilichtbühne, 1909;
    Spruch- u. Merkbüchlein d. Harzer Bergtheaters, 1909;
    Sommerspiele auf vaterländ. Grundlage, 1910;
    Mittwinter, Festspiel z. Sonnenwende, 1910;
    Die J.zeiten, Bll. f. Dichtung u. Volkstum, 1910–13;
    Macht des Eros, Ein Liederbuch, o. J. (zw. 1910–12);
    Die Osternacht, Einakter, 1912;
    Osning, Roman, 1914;
    Hebbel auf d. Theater unter freiem Himmel, 1914;
    Die Bearbeitung d. Melusinen-Stoffes, 1914;
    Kriegsbeute, Gedichte, 1915;
    Der Durchbruch v. Brzeziny, Feldzugserinnerungen aus Russ.-Polen, 1915;
    Sommernächte v. Castagnola, Roman, 1915;
    Fabeln f. Dt., 1921;
    Skizzenbuch d. Liebe, 1925 (?);
    Der verzauberte Musikant, Die Bergnacht, Zwei Novellen, 1925;
    Die Heimat als Qu. d. Bildung, 1926;
    Till Eulenspiegel u. d. Burgemeister v. Schilda, Schelmenspiel in e. Aufzug, 1932;
    Der grüne Baum z. Nachtigall, Die Freunde, Zwei Novellen, 1943 (P);
    Qu BA Berlin-Lichterfelde/ West, Reichskulturkammer;
    Nachlaß: verschollen;
    zu Max: Ludwig W., seinem Gedächtnis, 1942;
    Ludwig W., weiteres zu seinem Lebensbilde, 1944;
    Namenverz. d. Chronik d. Fam. W. (1910) u. d. Mitt. d. W.schen Fam.verbandes (1912–1945) (…), 1944;
    Sein Leben, Erinnerungen, v. ihm selbst aufgezeichnet (…), 1961 (Ms.-Druck).

  • Literatur

    |C. Hotzel, E. W., Ein Btr. z. Geistesgesch. unserer Zeit, 1921 (P);
    G. L. Mosse, Ein Volk, e. Reich, e. Führer, Die völk. Ursprünge d. NS, 1979;
    U. Puschner, Dt. Reformbühne u. völk. Kultstätte, E. W. u. d. Harzer Bergtheater, in: Hdb. z. „völk. Bewegung“ 1871–1918, hg. v. dems. u. a., 1996, S. 762–96 u. 931 (Biogramm);
    ders., Die völk. Bewegung im wilhelmin. Ks.reich, 2001;
    A. Mohler u. K. Weissmann, Die Kons. Rev. in Dtld. 1918–1932, ⁶2005;
    S. Breuer, Die Völk. in Dtld., Ks.reich u. Weimarer Rep., 2008;
    G. Hufenreuther, Philipp Stauff, Ideologe, Agitator u. Organisator im völk. Netzwerk d. wilhelmin. Ks.reichs, 2011;
    A. Pöthe, Fin de Siècle in Weimar, Moderne u. Antimoderne 1885–1918, 2011;
    J. Meyers, Religiöse Reformvorstellungen als Krisensymptom? Ideologen, Gemeinschaften u. Entwürfe „arteigener Rel.“ (1871–1945), 2012;
    S. Neufert, Theater als Tempel, Völk. Ursprungsversuche in Drama, Theater u. Festkultur 1890–1930, 2018;
    |Weimar, Lex. z. Stadtgesch.;
    Kosch, Theaterlex.;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    zur Fam.: Ernst u. Max Wachler, Chronik d. Fam. W. v. Ende d. 16. Jh. bis z. Gegenwart, 1910.

  • Autor/in

    Uwe Puschner
  • Zitierweise

    Puschner, Uwe, "Wachler, Ernst" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 157-160 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz137908.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA