Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Prager Unternehmerfamilie
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 139993312 | OGND | VIAF: 103311655
Namensvarianten
  • Porges von Portheim

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Zitierweise

Porges von Portheim, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd139993312.html [19.03.2024].

CC0

  • Biographie

    1821 gründeten die Brüder Moses (22.12.1781-21.5.1870, ⚭ Friederike Hirsch, 1792–1867, s. W) und Juda Leopold (4.4.1784-10.1.1869, Rosalia Drosa, 1791- n. 1875). Söhne des Gabriel, eine kleine Kattundruckerei am Johannesplatz in Prag. Moses hatte zuvor einen kleinen Leinwandhandel betrieben, Juda Leopold mit Likör gehandelt. Sie bauten den Druckbetrieb rasch aus, errichteten 1830 im Vorort Smichow eine zweite Fabrik und dehnten ihr Unternehmen bis in die späten 1830er Jahre auch auf Standorte in Horschitz, Brünn, Rastenau und Braunau aus. Sie beschäftigten zu dieser Zeit insgesamt mehr als 5000 Arbeiter an über 2000 Webstühlen. 1840 gründeten sie eine Porzellanfabrik in Chodau (Bez. Elbogen), deren Leitung Juda Leopold übernahm, während Moses weiter die Textilbetriebe führte. Das Werk in Smichow war die erste böhm. Kattundruckerei, in der die Produktion auf Dampfbetrieb umgestellt wurde; sie entwickelte sich rasch zu einer der größten Fabriken ihrer Art in der Habsburgermonarchie. In Chodau führte Juda Leopold als einer der ersten in einer Porzellanfabrik Steinkohlenstatt Holzfeuerung ein und stellte international erfolgreiche Erzeugnisse her. Die Brüder P. waren auch politisch aktiv: Beide engagierten sich für die liberale deutsche Fortschrittspartei und waren 1853 Mitglieder der Zollkonferenz in Wien. Juda Leopold war überdies Mitglied, später Alterspräsident des Prager Stadtverordnetenkollegiums. Moses gehörte der Prager Handels- und Gewerbekammer sowie der Direktion der Prager Kettenbrücke an und war 1861-65 stellvertretender Bürgermeister von Smichow. Die Brüder stifteten eine Kleinkinderbewahranstalt für mehr als 100 Kinder. Für ihre wirtschaftlichen und sozialen Verdienste verlieh Kaiser Franz Joseph I. beiden gegen Widerstände aus der Staatsbürokratie 1841 die vollen Bürgerrechte, gleichzeitig wurden sie nobilitiert; seither führte die Familie den Namen „Porges v. Portheim“. 1866 erhielten sie das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens.

    Die nächste Generation der Familie führte die Gründungen ihrer Väter weiter. Von Moses' sechs Kindern Aaron (Alexander) (* ca. 1815), Joseph (6.1.1817-5.9.1904, ⚭ Rosa Goldschmidt, 1821–1904), Gustav (1823–1916), Rudolph (14.10.1826-7.1.1909), Amalie Forchtheimer und Julie ( Salomon Goldschmidt, Fabrikant in Prag und Wien, s. NDB VI*) tat sich insbesondere Joseph als Kattunfabrikant sowie als Kunstmäzen hervor. Er war Gründer des Kammermusikvereins in Prag und selbst Violoncellist. Rudolph, der zeitweilig in Wien lebte, betätigte sich als Schriftsteller sowie als Übersetzer aus dem Französischen. Die beiden Söhne von Juda Leopold setzten den unternehmerischen Erfolg des Vaters fort: Wilhelm (1818–11.1.1873, ⚭ Bertha Goldschmidt) führte das Prager Stammhaus weiter, Eduard (12.1.1826-14.2.1907, österr. Rr. 1879, Rosa Jerusalem) wurde 1856 Gesellschafter der Leinen- und Kattunfabrik in Smichow, später erwarb er die chemische Fabrik Kienzelberger & Co. im Zuge der Umwandlung dieser Firma in eine AG. Er war Vizepräsident der böhm. „Escompte-Bank“, der böhm. „Union-Bank“ und der „Prager Maschinenbau AG, vormals Ruston & Co.“ und fungierte als Vizepräsident der Prager Handels- und Gewerbekammer. 1880-85 war er Reichsratsabgeordneter für die Verfassungspartei. 1879 wurde er in den Ritterstand erhoben. Seine Tochter Leontine (1863–1942) heiratete den Heidelberger Mineralogen Dr. Victor Goldschmidt (1853–1933, s. NDB VI; Drüll I), dessen Mutter Josephine (1823–69), Ehefrau des Kaufmanns Salomon Goldschmidt (1818–1906, s. NDB VI*) in Frankfurt/Main und Mainz, ihrerseits eine Tochter Juda Leopolds war.

    Wien wurde neben Prag zum bevorzugten Wohnsitz der Familie. Von den Kindern Eduards waren u. a. Friedrich (* um 1858) und Moritz Victor bedeutende Wiener Unternehmerpersönlichkeiten. Ihr Bruder Leopold (1869–1947, s. W) publizierte seit 1901 Schriften zur Pflanzenphysiologie und leitete seit 1914 die Biologische Versuchsanstalt Prater (Vivarium) der Akademie der Wissenschaften in Wien; 1941, drei Jahre nach dem „Anschluß“ Österreichs, verliert sich seine Spur. Sein Cousin Max (12.5.1857-28.1.1937, s. W), Sohn des Wilhelm, wurde ein bedeutender Privatgelehrter. Nach Studien an den Universitäten Prag und Halle (Chemie u. Landwirtschaft, später Gesch. u. Philos.) ließ er sich 1893 in Wien nieder, wo er eine umfangreiche Sammlung von Büchern und Stichen über die Zeit Maria Theresias und Josephs II. aufbaute. Er erarbeitete eine vollständige „Bibliographia et Iconographia Austriae“ und legte eine bio-bibliographische Kartei mit mehr als 600 000 handgeschriebenen Zetteln an, die sich auf den Zeitraum vom 18. bis in das frühe 19. Jh. beziehen. Nach dem 1. Weltkrieg finanziell stark geschwächt, bemühte er sich bis zu seinem Tod um den Verkauf seiner Sammlung. Von den Erben erwarb die Gemeinde Wien 1937 den Großteil seiner Privatbibliothek (etwa 16 000 Bde.) und den Zettelkatalog („Portheim-Katalog“). Nach ihm wurde in Wien eine Gasse benannt. In Österreich und der Tschechoslowakei brach seit 1938/39 auch über die Familie P. der nationalsozialistische Terror herein.

  • Werke

    zu Moses: Erinnerungen v. M. P. an d. Frankisten Hof in Offenbach, in: Hist. Schrr. d. yidd.-wiss. Inst. 1, 1929;
    zu Leopold:
    Wiesner u. seine Schule. Ein Btr. z. Gesch. d. Botanik, 1903 (mit K. u. L. Linsbauer);
    Der moderne Naturgesch.unterricht, Btr. z. Kritik u. Ausgestaltung, hg. v. C. C. Rothe, 1908 (mit A. Ginzberger u. a.);
    zu Max:
    Friedrich Frhr. v. d. Trenck, 1912 (mit G. Gugitz);
    Materialien zu e. Sonnenfels-Biogr., in: Zs. f. Gesch. d. luden in d. ČSR 2, 1931 (mit M. Holzmann);
    Namensverz. zu d. Silhouetten v. F. Gonord, Ms. im Stadt- u. Landesarchiv, Wien.

  • Literatur

    Bohemia v. 11.1.1869, 22. u. 23.5.1870;
    Wiener Ztg. v. 10.1.1869, 30.1. u. 2.2.1937;
    Tagesbote aus Böhmen v. 22.5.1870;
    Prager Ztg. v. 22.5.1870;
    Prager Tagbl. v. 16.2.1907;
    Reichspost v. 25.12.1936 u. 30.1.1937;
    Neue Freie Presse v. 30.1.1937;
    Neues Wiener Journal v. 30.1. u. 2.2.1937;
    Neues Wiener Tagbl. v. 30.1.1937;
    R. Granichstaedten-Cerva, J. Mentschl u. G. Otruba, Altösterr. Unternehmer, 1969, S. 90 f.;
    R. Heuer. Bibliographia Judaica 2, 1984, S. 179 f.;
    B. Michel, Banques et Banquiers en Autriche au début du 20e siècle, 1976, S. 57, 177;
    S. Mayer. Die Wiener Juden, 1917, S. 194;
    F. Putz, Die österr. Wirtsch.aristokratie v. 1815-1859, Diss. 1975, S. 442 f.;
    L. Tatzer, Max v. Portheim, Bibliograph e. Epoche, in: Wiener Kulturnotizen, 1969, Beil. z. Nr. 16;
    Wurzbach;
    Wininger;
    ÖBL;
    Biogr. Lex. Böhmen;
    Hist. Lex. Wien, IV, S. 577;
    R. M. Wlaschek, Biographia Judaica Bohemiae, 1995, S. 169;
    zu Max:
    Hist. Lex. Wien, IV, S. 579 (P);
    |

  • Quellen

    Qu Archiv Bibliographia Judaica; Inst. f. Dt. Sprache u. Lit. II d. Johann Wolfgang Goethe-|Univ. Frankfurt/M.; Österr. StA, Allg. Verw.archiv, Adelsakten, Wien; Stadt- u. Landesarchiv, Wien.

  • Autor/in

    Andreas Resch
  • Zitierweise

    Resch, Andreas, "Porges von Portheim" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 634-636 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd139993312.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA