Wieprecht, Wilhelm

Lebensdaten
1802 – 1872
Geburtsort
Aschersleben
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Militärmusikdirektor ; Komponist ; Entwickler und Erfinder von Blasinstrumenten, Musikpädagoge ; Musiker ; Dirigent ; Geiger ; Generalmusikdirektor ; Militärmusiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 117366021 | OGND | VIAF: 64782246
Namensvarianten

  • Wieprecht, Wilhelm Friedrich
  • Wieprecht, Jacob Friedrich Wilhelm
  • Wieprecht, Wilhelm
  • Wieprecht, Wilhelm Friedrich
  • Wieprecht, Jacob Friedrich Wilhelm
  • Wieprecht
  • Wieprecht, Wilh. Friedrich
  • Wieprecht, W. F.
  • Wieprecht, W.F.
  • Wieprecht, W.
  • Wieprecht, F. W.
  • Wieprecht, F.W.
  • Wiprecht, Friedrich Wilhelm
  • Wipprecht, Friedrich Wilhelm
  • Wieprecht, Friedrich Wilhelm
  • Wieprecht, Jakob Friedrich Wilhelm

Vernetzte Angebote

Verknüpfungen

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Wieprecht, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117366021.html [10.12.2025].

CC0

  • Wieprecht, Jacob Friedrich Wilhelm

    | Militärmusikdirektor, Komponist, Entwickler und Erfinder von Blasinstrumenten, Musikpädagoge, * 10.8.1802 Aschersleben, † 4.8.1872 Berlin, Berlin, Dorotheenstädtischer Friedhof (1922 aufgelöst). (evangelisch)

  • Genealogie

    V Friedrich Jakob (1771–1845), aus Piskaborn b. Mansfeld, Mil.trompeter, später Brauherr u. Stadtmusiker in A., S d. Gottlieb (1716–88), aus Piskaborn, Anspänner, Landschöffe u. Gde.vorstand;
    M Johanna Dorothea (1770–1814), aus A., T d. Johann Friedrich Polle (1728–1783), aus A., Horndrechslermeister;
    Stief-M (seit 1815) Christiane Katherine (1772–1839), aus Belleben b. Könnern, T d. Johann Gottfried Lympius, Kantor u. Schullehrer;
    1) Berlin (?) 1830 Auguste Charlotte (1812 – n. 1843), aus Berlin (?), T d. Carl Heinrich Seeger u. d. Charlotte Christiane Reibedantz, 2) Berlin (?) 1846 Josephine (1800–74), aus Rheinsberg, T d. Johann Friedrich Christian Korsa, Kammermusiker u. Lakai, u. d. Maria Ro(h)lack, aus Strelitz b. Neustrelitz;
    4 T aus 1) (2 früh †) Charlotte (1831–1902, Gustav Otto August Cästner, Eisenbahnbeamter), Johanna (1838–1917, Alexius Geyer, 1816–83, Maler);
    N Paul (1839–94, Marie Fanny Sophie Schultze, 1852–1929), Oboist, trug maßgeblich z. ‚Wiederentdeckung‘ d. Oboe d’amore in Dtld. bei, preuß. Prof. d. Musik 1892 (s. MGG²).

  • Biographie

    W. lernte zunächst Geige bei seinem Vater, danach drei Jahre bei N. N. Hünerbein in Bernburg, einem Schüler Louis Spohrs (1784–1859). Auf Initiative des Klarinettisten Simon Hermstedt (1778–1846) verließ W. Aschersleben und spielte von Nov. 1821 bis Juli 1822 im Orchester des Stadtmusikers Johann Gottlieb Zillmann (1786–1846) in Dresden, danach von Juli 1822 bis März 1824 im Stadtmusikchor des Leipziger Klarinettisten Wilhelm Leberecht Barth (1775–1849). Nebenher wirkte er im Gewandhausorchester (Violine) und im Theater (Posaune). In Leipzig genoß W. eine breite praktische und musiktheoretische Ausbildung, u. a. in Komposition. Anfang Mai 1824 wurde er als Geiger in der kgl. Kapelle in Berlin angestellt. Fasziniert von dem Auftritt eines preuß. Musikkorps galt sein Interesse fortan der Militärmusik und den Blasinstrumenten.

    Eine Zusammenarbeit mit dem Berliner Instrumentenbauer Johann Gottfried Moritz (1777–1840) führte 1835 zur Patentierung der Baß-Tuba; 1839 erfand W. das Bathyphon, eine Kontrabaßklarinette. Darüber hinaus entwickelte er zahlreiche Detailverbesserungen an verschiedenen Blasinstrumenten. Unter Beibehaltung seiner Stelle als Kammermusiker befaßte er sich zunächst mit der Reform der Kavalleriemusik. Anfang Febr. 1838 wurde er in der Nachfolge Georg Abraham Schneiders (1770–1839) zum „Director der gesammten Musik-Chöre des Garde-Corps“ ernannt.

    In dieser Position trieb er seine Reformen der preuß. Militärmusik, die v. a. die Vereinheitlichung der Instrumente und Besetzungen zum Ziel hatte, voran. Sie führten zum „Nor|mal-Instrumental-Tableau“ (1860), das eine stufenweise Vergrößerung der Besetzung der Musikkorps der einzelnen Waffengattungen vorsah: Die „Signalhorn-Musik“ wurde erweitert zur „Trompeten-Cavallerie-Musik“, diese war die Grundlage der „Waldhorn-Jäger-Musik“, alle Instrumente vereint bildeten schließlich die „Infanterie-Janitscharen-Musik“. Dadurch konnten verschiedene Musickorps dasselbe Stück problemlos gemeinsam ausführen.

    Öffentlichkeitswirksam trat W. durch eine Fülle von Militärkonzerten in Erscheinung, in denen er auch zahlreiche Bearbeitungen ‚klassischer‘ Musik aufführte, darunter einige Sinfonien Beethovens. Diese Popularisierung ‚ernster‘ Musik für breite Massen verstand er als eine Form musikalischer Volksbildung.

    Besonders beliebt waren W.s „Monstre“ -Konzerte, in denen er mehrere Musikkorps für eine Aufführung vereinte; das erste fand anläßlich eines Besuchs des russ. Zaren Nikolaus I. am 19.5.1838 auf dem Berliner Schloßplatz mit 1086 Militärmusikern und 150 Tambours statt, ein weiteres denkwürdiges am 11.8.1845 auf Schloß Brühl vor der engl. Königin Victoria.

    Von großer, auch nationaler Bedeutung war W.s ,Sieg‘ beim Wettstreit ausländischer Militärkapellen während der Weltausstellung in Paris am 21.7.1867, ein – auch durch politische Implikationen – nicht unumstrittener Erfolg. Eigens dafür hatte W. eine Bearbeitung von Carl Maria v. Webers „Oberon“ -Ouvertüre angefertigt. Weitere häufig gespielte und erhaltene Bearbeitungen sind die „Fackeltänze“ und die „Große Fantasie“ über die Oper „Le prophète“ von Giacomo Meyerbeer.

    Das Tongemälde „Die Völkerschlacht bei Leipzig“ (1863) für drei Militärorchester ist v. a. eine Zusammenstellung bekannter preuß., österr., franz. und russ. Märsche, Signale, Choräle usw.; ähnlich hatte W. schon 1855 nationalbetontes musikalisches Material in „Musikalische Erinnerungen der denkwürdigen Kriegsjahre 1813 bis 1815 für Blechinstrumentalmusik“ verarbeitet. Genuin eigenständige Kompositionen beschränken sich, soweit erhalten, im wesentlichen auf Märsche, patriotische Lieder und ‚populäre‘ Musik; W.s herausragende Fähigkeiten lagen im Arrangieren und Instrumentieren; letzteres unterrichtete er u. a. von April 1853 bis April 1854 am (seit 1857: „Stern’sches“) Konservatorium und seit April 1855 an der „Neuen Akademie für Tonkunst“ in Berlin. Zu seinen Schülern im Fach Instrumentation gehörten u. a. Emilie Mayer (1812–1883) und Samuel Prowse Warren (1841–1915).

    W. machte auch durch zahlreiche Schriften auf sich aufmerksam, darunter ein legendärer Disput mit dem Instrumentenbauer Adolphe Sax (1814–1894), in dem verschiedene Erfindungen im Zusammenhang mit Blasinstrumenten gegenseitig in Abrede gestellt wurden. Durch seine inzwischen erschlossenen Korrespondenzen und Kontakte mit namhaften Persönlichkeiten (darunter Berlioz, Liszt, Meyerbeer, Mendelssohn Bartholdy, Spontini, Wagner) wird W.s Bedeutung als Schlüsselfigur der Berliner Hofmusik deutlich; herausragend ist seine Bedeutung für das öffentliche Musikleben Berlins und die preuß. Militärmusik im 19. Jh.

  • Auszeichnungen

    |hann. Verdienstorden (1843);
    ghzgl. bad. Gedächtnismedaille (1849);
    Roter Adler-Orden IV. Kl. (1854);
    franz. Rr.kreuz d. Ehrenlegion (1867).

  • Quellen

    Qu W. W. (1802–1872), Korr., Schrr. u. Dok. zu Leben u. Wirken, hg. u. komm. v. A. Hofer u. L. Schiwietz, mit e. W-Verz. v. A. Hofer, 2020 (P).

  • Werke

    W W-Verz. v. A. Hofer, in: W. W., 2020 (s. Qu), S. 661–785;
    ältere unvollst. Verz. in Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, u. Kalkbrenner (s. L);
    Schrr.: Briefe über d. Preuss. Militärmusik, in: Berliner Musikal. Ztg. (ohne Paginierung) 2, 1845, Nr. 23 v. 7. 6.;
    Nr. 24 v. 14. 6.;
    Nr. 25 v. 21. 6.;
    Der Instrumentenmacher Sax in Paris als Erfinder, ebd. 2, 1845, Nr. 29 v. 19. 7.;
    [Drei] Reise-Briefe an Herrn L. Schneider, ebd. 2, 1845, Nr. 41 v. 11. 10., Nr. 42 v. 18. 10., Nr. 43 v. 25. 10., Nr. 45 v. 8. 11.;
    [Reisebrief] München d. 30. Aug. 1845, ebd. 3, 1846, Nr. 6 v. 7. 2.;
    Reisebriefe/Wien d. 18. Sept. 1845, ebd. 3, 1846, Nr. 16 v. 18. 4.;
    Nr. 22 v. 30. 5.;
    Reisebriefe/(Wien.)/(Schluss), ebd. 3, 1846, Nr. 23 v. 6. 6.;
    Die Militair=Musik u. d. militair=musikal. Organisation e. Kriegsheeres [1868]. Hinterlassene Denkschr. [ … ]. Nebst Anhang: Ber. W.s über d. Sieg d. Musik d. preuß. Garde b. d. internat. Wettkampf d. Europ. Militair=Musik auf d. Pariser Weltausst. 1867, 1885.

  • Literatur

    |ADB 42;
    A. Kalkbrenner, W. W. [ … ], Sein Leben u. Wirken nebst e. Auszug seiner Schrr., 1882, Reprint 2015 (W-Verz., P);
    I. Alliehn, „… über meine Klinge mußten alle großen Meister springen …“, Mil.musik u. musikal. Volksbildung, Carl Maria v. Webers „Oberon“ -Ouvertüre im Arrangement f. Mil.musik v. W. F. W., in: FS Christoph-Hellmut Mahling z. 65. Geb.tag, hg. v. A. Beer, K. Pfarr u. W. Ruf, 1997, S. 11–23;
    K. Kinder, Franz Liszt and W. W., Glimpses into a remarkable relationship, in: Kongressberr. Bad Waltersdorf/Steiermark 2000 [u.] Lana/Südtirol 2002, hg. v. B. Habla, 2003, S. 49–61;
    B. Höfele, Die dt. Militärmusik, Ein Btr. zu ihrer Gesch., ²2004;
    ders., Großer Zapfenstreich d. Bundeswehr v. W. W., Particell u. Gesch., 2012;
    M. Heidler, Musik u. Erinnerung: „1813“ u. d. (mil.) musikal. Nachhall, in: Zeitgesch. im Spiegel v. Mil.musik, 2014, S. 61–82 (P);
    V. Paul, „… reifte in mir der Entschluss, mich ernstlich mit der Instrumentierungskunst für Militärmusik zu befassen.“, W. W. u. d. Pariser Weltausst. 1867, in: Kongressber. Oberwölz 2016, hg. v. D. Sagrillo, 2018, S. 321–39;
    |A. Hofer, W. F. W. u. d. preuß. Rheinland im Spiegel seiner (Reise-)Briefe u. anderer Dok., in: Musik im preuß. Rheinland (1815–1918), Tagungsber. Köln Juni 2015, hg. v. F. Kolb u. Y. Wasserloos, 2019, S. 299–321 (P);
    ders., „Wieprecht is his name“, Short remarks on W.’s students from USA, Dwights’s Journal, and Patrick S. Gilmore, in: FS Raoul F. Camus’ 90th Anniversary, hg. v. D. Sagrillo, J. Graziano u. N. Marshall, 2021, S. 187–97;
    S. K. Klaus, W. versus Sax, The German Roots of Adolphe Sax’s Brasswind Designs, in: Das Saxhorn, Adolphe Sax’ Blechblasinstrumente im Kontext ihrer Zeit, hg. v. A. v. Steiger, D. Allenbach u. M. Skamletz, 2020, S. 97–112;
    – MGG;
    MGG²;
    New Grove, New Grove².

  • Porträts

    |Büste v. B. Afinger, 1867 (Original in Fam.bes. 1945 zerstört, Gipsabguß in d. Nat.gal. Berlin), Abb. in: Nat.gal. Berlin, Das XIX. Jh., Bestandskat. d. Skulpturen, hg. v. B. Maaz, Bd. 1, 2006, S. 43 mit Abb. Nr. 18, S. 42.

  • Autor/in

    Achim Hofer
  • Zitierweise

    Hofer, Achim, "Wieprecht, Jacob Friedrich Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 94-96 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117366021.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Wieprecht, Wilhelm Friedrich

  • Biographie

    Wieprecht: Wilhelm Friedrich W., Generalmusikdirector sämmtlicher Musikchöre des preußischen Gardecorps, geboren am 10. August 1802 zu Aschersleben, am 4. August 1872 in Berlin. Eine Selbstbiographie gibt uns die sicherste Kunde über seinen Lebenslauf. Danach erhielt er von seinem Vater, der in Aschersleben Stadtmusikant war, eine fachgemäße übliche Ausbildung auf ziemlich allen Blasinstrumenten; ganz besonders hielt der Vater aber darauf, daß er sich als Violinspieler ausbildete um einstmals in der Kunst eine höhere Stufe zu erreichen. Im J. 1819 wanderte er nach Dresden, fand am Concertmeister L. Haase eine väterliche und künstlerische Stütze und machte im Violinspiel und der Composition tüchtige Fortschritte. Ein Jahr später erhielt er in der Leipziger Stadtcapelle eine Anstellung, wirkte auch in der Theatercapelle und im Gewandhausorchester mit, theils als Violinist, theils an der Clarinette, auf der er sich ebenfalls eine tüchtige Fertigkeit erworben hatte. In Concerten ließ er sich aber auch als Posaunenvirtuose hören und trat mit dem berühmten Queisser in die Schranken. Von hier wanderte W. im J. 1824 nach Berlin, trat am 2. Mai in die königl. Capelle ein und wurde am 2. November als Kammermusikus angestellt. Seine Liebe und Begabung für Militärmusik erhielt in Berlin reiche Nahrung und er schrieb mehrere Defilirmärsche, die durch Vermittlung seines Bruders, der als Oboist im Heere unter August Neithardt diente, zur Aufführung kamen und sich eines solchen Beifalls erfreuten, daß sie als Armeemärsche aufgenommen wurden. Bald darauf schrieb er ein größeres Werk für Militärmusik, welches die Aufmerksamkeit Spontini's auf ihn zog, so daß er ein ständiger Gast in Spontini's Hause wurde. Um die Mängel der damaligen Militärmusikinstrumente zu beseitigen, studirte er Akustik, verband sich mit dem Blasinstrumentenmacher J. G. Moritz, verbesserte die Ventile an den|Blechinstrumenten und erstrebte durch akustisch berechnete bessere Construction derselben eine größere Klangfülle und Reinheit des Tones, auch erfand er die Baß-Tuba, um dem Basse eine größere Kraft und Fülle zu geben. Infolge dieser Erfindung wurde er von der königl. Akademie am 6. Juli 1835 zum akademischen Künstler ernannt. 1839 erwarb er ein Patent auf das Holzblasinstrument Batyphon. In dieser Weise war er fortgesetzt bemüht, die Klangfülle und leichtere Spielbarkeit der Militärinstrumente zu verbessern, und seinen Bestrebungen ist es hauptsächlich zu verdanken, daß die preußische Militärmusik bei dem Wettbewerb in der ersten französischen Weltausstellung den ersten Preis erwarb. Auch die preußische Regierung ließ es nicht an Anerkennung seiner Verdienste fehlen und ernannte ihn am 6. Februar 1838 zum Director der gesammten Musikchöre des Gardecorps. Als Kaiser Nikolaus von Rußland 1838 Berlin besuchte, wurde er auf dem Schloßplatze von einem Musikchore von 1086 Musikern und 150 Tambours unter Wieprecht's Leitung empfangen. Infolge dieses über alle Erwartung geglückten Versuches erhielt W. eine besonders für ihn angeordnete Uniform. 1843 wurde er über die gesammten Musikchöre des 10. deutschen Bundes-Armeecorps gesetzt. W. schritt indessen auf seiner Bahn weiter fort und wollte nicht nur der Militärbehörde dienen, sondern zugleich die Musikcapellen auch der Kunst dienstbar machen. Zum behufe dessen arrangirte er die Sinfonien und Ouvertüren unserer classischen Meister: Haydn, Mozart und Beethoven für Militärinstrumente, traf unter den Musikern eine Auswahl, übte sie ihnen ein und gab nun in allen größeren Städten Preußens in öffentlichen Gärten Sinfonieconcerte, die nicht allein durch ihre Neuheit, sondern auch durch die meisterhafte Ausführung allgemeine Bewunderung erregten und einen bis dahin unerhörten Zulauf hatten. Ein besonderes Zugstück war Beethoven's Wellington's Sieg oder die Schlacht bei Vittoria für Orchester, in der W. die verschiedenen Signalhörner im Garten an entfernteren Punkten vertheilte und die Kanonenschläge durch wirkliche Kanonen, die ihm die Militärbehörde zur Verfügung stellte, ausführen ließ. Der Effect war überraschend und Wieprecht's Name war in aller Leute Mund, denn nicht nur im Garten selbst war bei solchem Anlaß kein Plätzchen unbesetzt, sondern die ganze Umgebung war von dichten Menschengruppen angefüllt, die dem Concerte lauschten und jedes Musikstück mit tausendstimmigem Bravo belohnten. Auch vom Auslande wurde W. mehrfach berufen, die Militärmusik zu reorganisiren, so in der Türkei 1847 und im Freistaate Guatemala in Amerika 1852. Auch für das leibliche Wohl seiner Musiker war er stetig besorgt, indem er Wittwen- und Waisencassen errichtete, die bald über genügende Capitalien verfügten, um eine wesentliche Stütze zu gewähren. Auch andere Lassen stiftete er, wie die Pensions-Zuschußcasse für die Musikmeister des preußischen Heeres, die 1859 vom Ministerium bestätigt wurde. Außer zahlreichen Märschen componirte er auch Soldatenlieder und in den Berliner Musikzeitungen trat er öfters als Mitarbeiter auf, stets das Thema der Militärmusik behandelnd. Trotz der Ehren, die ihm von allen Seiten zu Theil wurden, blieb er ein einfacher, freundlicher und stets zum Helfen bereiter Mann, daher er auch die Liebe und Achtung seiner Mitmenschen in hohem Grade bis zu seinem Lebensende genoß.

  • Literatur

    v. Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlins, 1861.

  • Autor/in

    Rob. Eitner.
  • Zitierweise

    Eitner, Robert, "Wieprecht, Wilhelm Friedrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 42 (1897), S. 424-425 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117366021.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA