Lebensdaten
1751 – 1829
Geburtsort
Haina (Kloster)
Sterbeort
Eutin
Beruf/Funktion
Maler ; Radierer ; Kunstsammler ; Schriftsteller
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118622897 | OGND | VIAF: 61536450
Namensvarianten
  • Tischbein, Johann Heinrich Wilhelm
  • Tischbein, Johann Heinrich Wilhelm (I)
  • Tischbein, Wilhelm
  • mehr

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Tischbein, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118622897.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Conrad (1712–78), Hospitalschreiner in H., S d. Johann Heinrich (1683–1764), Hospitalbäcker in H. (s. Gen. 1), u. d. Susanna Margaretha Hinsing (1690–1772);
    M Helena Maria Christina De(h)nhof(f) ( 1781), aus H.;
    Ov Johann Heinrich d. Ä. (s. 1);
    Hamburg 1806 Anna Martha Ketting (1775–1832), aus H., T d. Johann Reinhard Ketting, Müller, u. d. Eva Elisabeth Löwe;
    Vt Friedrich (s. 2); Verwandter Albrecht (s. 4).

  • Biographie

    T. gehört wie sein Cousin Johann Friedrich August zur zweiten Generation der Hainaer Künstlerfamilie und ging bereits im Alter von 14 Jahren zur Ausbildung zu seinem Onkel Johann Heinrich d. Ä. nach Kassel; 1766 arbeitete er im Atelier seines Onkels Johann Jakob (1724/25–91) in Hamburg. Es folgten Wanderjahre, die T. u. a. nach Hannover, Bremen (1771) und Holland (1772 und 1773) führten. 1774 machte er in Hannover die Bekanntschaft von Johann Georg Jacobi (1740–1814) und Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719–1803), die ihm die Antike und Homer nahebrachten. Durch Vermittlung der Lgfn. Philippine von Hessen-Kassel (1745–1800) arbeitete er seit 1777 erfolgreich als Porträtmaler in Berlin. Wie bereits sein Onkel und sein Cousin strebte T. einen Studienaufenthalt in Italien an, den er 1779 als erster Stipendiat der Kasseler Akademie antreten konnte; die Reise führte über Venedig und Florenz nach Rom. Auf Empfehlung des Bildhauers Alexander Trippel (1744–93), dessen Privatschule er in Rom besucht hatte, lernte er Johann Caspar Lavater (1741–1801) kennen, der ihn 1781/82 als Porträtist für sein Projekt der „Physiognomischen Fragmente“ engagierte. In diese Zeit fällt auch der Kontakt zu Johann Jakob Bodmer (1698–1783), der ihn zu Illustrationen zu Goethes „Götz von Berlichingen“ anregte (Zeichnungen, Klassik Stiftung Weimar). Auf Vermittlung Lavaters und Goethes erhielt T. 1783 von Hzg. Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1745–1804) ein Stipendium für eine erneute|Italienreise. Während dieses Italienaufenthaltes entstand die Freundschaft zu Goethe, der Ende 1786 in Rom bei ihm wohnte. Den künstlerischen Höhepunkt dieser Zeit bildet ohne Zweifel das Bildnis Goethes als Reisender in der röm. Campagna (1787, Frankfurt, Städel). Es ist weniger die künstlerische Raffinesse, die dieses Werk zum bekanntesten Werk T.s gemacht hat, als vielmehr die darin zum Ausdruck kommende künstlerische Sehnsucht nach Arkadien. 1787 reiste T. mit Goethe nach Neapel, wo er sich niederließ und 1789 Direktor der dortigen Kunstakademie wurde. Er schloß Bekanntschaft mit den Brüdern Jakob Philipp (1737–1807) und Georg Hackert (1755–1805) sowie mit dem Antikensammler Sir William Hamilton und pflegte Kontakte zum Königshaus. Hamilton erteilte T. den Auftrag zur Reproduktion seiner umfangreichen Sammlung in einem „Vasenwerk“ (3 Bde., 1791–95). Der Einfall der franz. Truppen zwang T. 1799, Neapel zu verlassen. Nach Aufenthalten in Kassel, Hannover und Göttingen ließ er sich 1801 in Hamburg nieder, wo er Philipp Otto Runge (1777–1810) traf. 1808 wurde er im Alter von fast 60 Jahren Hofmaler und Galerieinspektor von Hzg. Peter I. von Oldenburg (1755–1829) und somit kurioserweise Inspektor seiner ehemals eigenen Sammlung, da der Herzog bereits 1804 T.s Gemäldesammlung als Grundstock für eine eigene Galerie erworben hatte. Zu den wichtigsten Werken T.s aus dieser Zeit gehören das klassizistische Bildprogramm des sog. Homer-Zimmers sowie der über 40 Gemälde zählende Idyllen-Zyklus von 1819/20 für das Oldenburger Schloß, zu dem Goethe 1822 Verse und Prosakommentare veröffentlichte. T. griff dabei auf Skizzen und Studien seiner Italienjahre zurück.

    T.s malerisches und zeichnerisches Werk orientiert sich thematisch und stilistisch an klassizistischer Ästhetik sowie einem an der Antike angelehnten Bildungsideal, zugleich sind aber auch Einflüsse der Romantik spürbar. Darüber hinaus war er schriftstellerisch tätig und verfaßte u. a. seine Lebenserinnerungen, die 1861 postum veröffentlicht wurden.

  • Auszeichnungen

    A Gedenktafel über d. Eingang d. ehem. Wohnhauses, Eutin.

  • Werke

    Weitere W u. a. Porträts: Elisa v. d. Recke, um 1775 (Städt. Gal. Dresden);
    Goethe am Fenster d. röm. Wohnung am Corso, Aquarell, Kreide u. Feder über Bleistift, 1787 (Freies Dt. Hochstift, Frankfurter Goethe-Mus.);
    Historien: Herkules am Scheideweg, 1779 (Dt. Hist. Mus. Berlin);
    Iphigenie u. Orest, 1788 (Stiftung d. Fürstl. Hauses Waldeck u. Pyrmont);
    Die Stärke d. Mannes – Kastor u. Pollux, 1787 (Freies Dt. Hochstift, Frankfurter Goethe-Mus.;
    weitere Fassung 1789, Ostholstein-Mus. Eutin);
    Brutus entdeckt d. Namen seiner Söhne auf d. Liste d. Verschwörer u. verurteilt sie z. Tode, n. 1783 (Kunsthaus Zürich);
    – e. aktueller Werkkat. existiert nicht; umfangreicher schriftl. u. zeichner. Nachlaß: Landesmus. Oldenburg; 222 Aquarelle, Gouachen d. Großherzöge v. Oldenburg heute in d. Klassik Stiftung Weimar (s. L); weitere W u. a. in:
    Frankfurt, Städel;
    Hamburg, Kunsthalle; – Schrr.:
    Aus meinem Leben, hg. v. Dr. C. G. W. Schiller, 1861, Neuausg. hg. mit Anmm. u. e. Nachwort versehen v. K. Mittelstädt, 1956;
    Aus meinem Leben, hg. v. L. Brieger, 1922;
    Eselsgesch. oder d. Schwachmatikus u. seine vier Brüder, d. Sanguinikus, Cholerikus, Melancholikus u. Phlegmatikus: nebst zwölf Vorstellungen v. Esel, bearb. u. red. G. Reindl-Scheffer, Ausst.kat. Landesmus. Oldenburg 1987.

  • Literatur

    L ADB 38;
    Ch. G. Heyne, J. H. W. T., Homer n. Antiken gezeichnet, 1801;
    F. v. Alten (Hg.), Aus T.s Leben u. Briefwechsel mit Amalia Hzgn. zu Sachsen-Weimar, 1872;
    F. Landsberger, W. T., Ein Künstlerleben d. 18. Jh., 1908;
    B. Grubert, J. H. W. T., Homer n. Antiken gezeichnet, Diss. Bochum 1975;
    P. Reindl, J. H. W. T., Idyllen, 1982;
    H. Mildenberger (Hg.), J. H. W. T., Goethes Maler u. Freund, Ausst. kat. Oldenburg Landesmus., 1986;
    ders., J. H. W. T., Aquarelle, Gouachen u. Zeichnungen, 2006 (Bestandskat.;
    P);
    P. Maisak, Goethe u. T. in Rom, 1994;
    P. Reindl u. A. Sucrow, J. H. W. T., Das Homer-Zimmer f. d. Hzg. v. Oldenburg, Ein klassizist. Bildprogr. d. „Goethe-Tischbein“, Ausst.kat. Landesmus. Oldenburg 1994;
    J. H. W. T. (1751–1829), Das Werk d. Goethe-Malers zw. Kunst, Wiss. u. Alltagskultur, hg. v. A. Friedrich u. a., 2001;
    3 x T. u. d. europ. Malerei um 1800, Ausst.kat. Staatl. Museen Kassel u. Mus. d. bildenden Künste Leipzig, 2005/06 (L, P);
    U. Krenzlin, „Wie er über das Schicksal der Menschligen Werke nachdencket …“, Überlegungen zu e. Neubewertung v. J. H. W. T.s Porträt „Goethe in der Campagna di Roma“, in: Aus Hippocrenes Quell’, hg. v. K. E. Kandt, 2011, S. 41–53;
    U. Schulte-Wülwer, J. H. W. T. u. seine Schüler in Eutin, in: Nordelbingen 81, 2012, S. 39–71;
    ThB;
    Biogr. Lex. Schleswig-Holstein IV, 1976;
    Biogr. Hdb. Oldenburg;
    Dict. of Art;
    Hess. Biogr.; – zur Fam.: K. Luthmer, Die hess. Malerfam. T., 1934.

  • Porträts

    P u. a. Selbstbildnisse: mit seinem Bruder „Einer den andern gemalt“, Öl/Lwd., 1782 (Freies Dt. Hochstift, Frankfurter Goethe-Mus.), Abb. in: 3 x T. (…), Ausst.kat. 2005/06 (s. L), S. 219; Öl/Lwd., 1783 (Klassik Stiftung Weimar); Öl/Lwd., um 1810 (Hamburger Kunsthalle); Öl/Lwd., um 1820 (Landesmus. f. Kunst u. Kulturgesch. Oldenburg); Zeichnung v. C. J. Milde, 1828 (Staatl. Kunstslgg. Dresden, Kupf.kab.)

  • Autor/in

    Karin Schrader
  • Zitierweise

    Schrader, Karin, "Tischbein, Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 303-304 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118622897.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA