Lebensdaten
1780 – 1851
Geburtsort
Frankfurt/Main
Sterbeort
Frankfurt/Main
Beruf/Funktion
Pädagoge ; Jurist ; Sammler ; Mäzen ; Schriftsteller ; Direktor des Frankfurter Lyceums
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 117330132 | OGND | VIAF: 271383
Namensvarianten
  • Schlosser, Johann Friedrich Heinrich
  • Schlosser, Fritz
  • Schlosser, Johann Friedrich Heinrich
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Zitierweise

Schlosser, Fritz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117330132.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hieronymus Peter (1735–97), Jur., Schöffe, Ratsherr, Jüngerer Bgm. in F., Gelegenheitsdichter (s. ADB 31; Frankfurter Biogr.), S d. Erasmus Carl (s. Gen. 1);
    M Margaretha Rebecca Elisabetha (1749–1819), T d. Johann Christian Steitz, Bankier in F.;
    Ov Johann Georg (s. 1);
    B Christian Friedrich (1782–1829, Johanna [Jeanne] Helene Gontard, 1790–1820, T d. Susette Gontard, 1769–1802, Hölderlins „Diotima“, s. NDB VI, Famart.), Med., Gymn.dir. in Koblenz (s. ADB 31; Frankfurter Biogr.);
    Schw Susanna Maria (Sannchen) (1785–1838);
    Frankfurt 1809 Sophie (Sophia) Johanna Du Fay (1786–1865, ref., seit 1814 kath.), T d. Jean Noé (1748–1820), Handelsherr, u. d. Maria Cornelia Magdalena Brevillier (1761–1825); – kinderlos.

  • Biographie

    S. studierte 1799-1801 Rechtswissenschaften in Halle, u. a. bei Friedrich August Wolf, und 1801-03 mit seinem Bruder in Jena, wo er Hegel und Schelling hörte. Goethe nahm die Brüder als Verwandte freundlich auf. In Göttingen 1803 zum Dr. iur. promoviert, wurde S. im selben Jahr Advokat in Frankfurt/M. und 1806 Mitglied des Bürgerausschusses und Stadtgerichtsrat. In diesem Jahr lernte er die Familie Brentano kennen und entwickelte zu Clemens und Bettine ein ambivalentes Verhältnis. Angeregt durch die Brüder Boisserée (1811) und seinen Bruder (1812) sammelte er Bilder der Nazarener. 1812-14 war er Oberschulrat und Vorsteher der ersten Klasse des Frankfurter Museums. Als Geschäftsträger beim Wiener Kongreß 1814/15 gehörte er dem Konvertitenkreis um Clemens Maria Hofbauer (1751–1820) an. Als Katholik im luth. Frankfurt arbeitete er 1815/16 in der kath. Kirchen- und Schulkommission (Vorstandsmitgl. d. kath. Gde. Frankfurt/M. 1815–22). Seit 1817 mit Karl Frhr. vom Stein (1757–1831) befreundet, war er Mitbegründer der „Monumenta Germaniae Historica“ (Mitgl. d. Zentraldirektion bis 1851) und 1819 Gründungsmitglied der „Gesellschaft für ältere dt. Geschichtskunde“. Größere Reisen führten ihn in die Schweiz (1823/24) und nach Italien (1834–36).

    Nachdem die Eheleute S. 1819/20 reiche Erbschaften gemacht hatten, führten sie ein großbürgerliches Leben, im Winter in Frankfurt und im Sommer in Stift Neuburg bei Heidelberg, das sie 1825 erwarben. Hier etablierte S. einen „Musenhof“, an dem sich die geistige Elite jahrzehntelang begegnete. S. unterstützte Goethe als treuhänderischer Geschäftsträger in Frankfurt, als Testamentsvollstrecker seiner Mutter (1808), bei der Liquidierung des Familienvermögens und der Entlassung aus der Bürgerschaft (1819). Auch half S. bei literarischen Recherchen (z. B. 1811/12 „Dichtung u. Wahrheit“) und beim Kauf von Kunstwerken. Trotz Entfremdung von Goethe wegen seiner Konversion baute S. die vom Vater begonnene Sammlung von Handschriften, Briefen, Erstdrucken und Büchern Goethes systematisch zu einem „Goethemuseum“ aus, so daß Stift Neuburg das größte Goethearchiv nach Weimar beherbergte.

    S. war ein mehr rezipierender als schöpferischer Autor. Neben Editionen schuf der Sprachbegabte formvollendete Übersetzungen (z. B. v. G. Bruno, A. Manzoni, Franz v. Assisi). Das Hauptwerk „Die Kirche in ihren Liedern“ (1851/52, ²1863, P) – religiöse Lyrik aus zwei Jahrtausenden – und seine eigenen Dichtungen (1856–59) erschienen postum.

    In Stift Neuburg sammelte S. eine der bedeutendsten Privatbibliotheken der ersten Hälfte des 19. Jh., die alle Wissensgebiete, v. a. dt. Literatur, Weltliteratur, Quelleneditionen und Geschichte umfaßte. Den Hauptteil der Bücher (ca. 35 000 Bde.) vermachte seine Witwe 1862 dem Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel v. Ketteler (1811–77). Seit 1866 werden sie in der Martinus-Bibliothek, Wissenschaftliche Diözesanbibliothek im Priesterseminar, Mainz, aufbewahrt.

  • Auszeichnungen

    Präs. d. Frankfurter Vorstands z. Förderung d. Kölner Dombaus (1842);
    Ehrenmitgl. d. Kölner Dombauver. (1845);
    Mitgl. d. Ehrenrates d. „Dt. Ztg.v. Georg Gottfried Gervinus (1847).

  • Werke

    Weitere W Vorschlag e. Handels-Gesetzbuchs f. d. Stadt Frankfurt am Main, 1811;
    Neugriech. Volkslieder, 1825;
    Johann Tauler's Nachfolgung d. armen Lebens Christi, 1833;
    Ueber gemischte Ehen […], 1838;
    Friedrich v. Logau u. sein Za., 1849;
    S. Schlosser (Hg.), Aus d. Nachlasse v. J. F. H. S., 4 Bde., 1856-59;
    K.-B. Springer, „Zur Erinnerung“, Aufzeichnungen J. F. H. S.s, in: H. Hinkel (Hg.), Goethekult u. kath. Romantik: F. S. (1780-1851), 2002, S. 297-381;
    ders., „Verz. meiner gedr. Werke“, Hs. Kat. d. Schrr. S.s, ebd., S. 383-93 (Bibliogr.);
    - Überss.: Versuche v. Ueberss. aus d. Werke d. Giordano Bruno, v. d. Dreifachen, d. Kleinsten u. d. Maße, in: C. Daub u. F. Creuzer (Hg.), Studien 6, 1811, S. 447-66;
    A. Manzoni, Adelgis, Trauerspiel, 1830;
    Die Lieder d. hl. Franciscus v. Assisi, 1842, ²1854;
    Freudvoll u. leidvoll, polyglott. Versuch in zwölf Uebertragungen, [1849];
    |

  • Quellen

    Qu: J. Frese, Goethe-Briefe aus F. S.s Nachlaß, 1877; A. M. v. Steinle (Hg.), Edward v. Steinle's Briefwechsel mit seinen Freunden, 1, 1897; O. Gradenwitz, Der Frhr. vom Stein an S. auf Stift Neuburg b. Heidelberg, 1910; L. v. Pastor (Hg.), Johannes Janssens Briefe, 1, 1920; S. Lösch u. R. Reinhardt, Der Briefwechsel zw. J. F. H. S. u. Johann Adam Möhler im J. 1837, in: J. Bärmann (Hg.), FS Ludwig Petry, II, 1969, S. 268-86; |

  • Nachlass

    Nachlaß: Freies Dt. Hochstift Frankfurt/M.; Archiv Abtei Stift Neuburg; Martinus-Bibl.: Notizbuch f. meine Bibl. 1847, Hsl. Bibl.kat.; Denecke-Brandis, 1, 329 u. 2, 170; Mommsen, 1, Nr. 3330.

  • Literatur

    ADB 31;
    [J. F. Böhmer u. G. Görres], in: Hist.-pol. Bll. 28, 1851, S. 661-92;
    B. Weber, in: Katholik NF 5, 1852, S. 13-30;
    M. Brühl, Gesch. d. kath. Lit. Dtld.s v. 17. Jh. bis z. Gegenwart, 1854, S. 590-605 (Teilbibliogr.);
    D. A. Rosenthal, Convertitenbilder aus d. neunzehnten Jh. 1, ²1871, S. 300-11;
    J. J. Hansen, Lb. hervorragender Katholiken 6, 1910, S. 145-52;
    F. Krauß, Stift Neuburg, Eine Romantikerklause, in: Hochland 11/1, 1913/14, S. 167-89;
    O. Dammann, J. F. H. S. auf Stift Neuburg u. sein Kreis, 1934 (auch in: Neue Heidelberger Jbb., 1934, S. 1-128) (Teilbibliogr., P);
    H. Hinkel (Hg.) Goethekult u. kath. Romantik, F. S., 2002 (P);
    Goedeke;
    Meusel, Gelehrter Teutschland;
    Kosch, Kath. Dtld.;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    LThK³;
    BBKL (W, L);
    Frankfurter Biogr.;
    LGB².

  • Porträts

    Das Ehepaar S. vor Stift Neuburg, Öl/Lwd. v. C. Koopmann, 1832 (Kurpfälz. Mus. Heidelberg);
    Porträts F. u. Sophie S., Öl/Lwd. v. C. F. v. Stralendorff, 1842;
    Rat S., Lith. v. V. Schertle nach C. F. v. Stralendorff, 1849;
    Stich v. J. Bucher nach C. F. v. Stralendorff, 1851 (alles Stift Neuburg).

  • Autor/in

    Helmut Hinkel
  • Zitierweise

    Hinkel, Helmut, "Schlosser, Fritz" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 102-103 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117330132.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Schlosser: Friedrich (Fritz) Johann Heinrich S., Sohn von Hieronymus Peter S., geboren am 30. December 1780 zu Frankfurt a. M., studirte die Rechte, lernte in Jena Goethe und Schiller kennen, wurde 1803 Dr. jur. und Advocat in Frankfurt, unter dem Fürsten Primas Dalberg Stadt- und Landgerichtsrath, 1812 Oberschul- und Studienrath und Director des großherzogl. Lyceums in Frankfurt. Auf dem Wiener Congreß war er einer der Vertreter seiner Vaterstadt; in diese zurückgekehrt vertheidigte er energisch die Rechte der Frankfurter katholischen Gemeinde, welcher er sich, 1814 zur römischen Kirche übergetreten, angeschlossen hatte, in deren Kampf um bürgerliche Gleichberechtigung mit dem protestantischen Senat. Er zog sich darauf aus dem öffentlichen Leben zurück und verbrachte die Winter in Frankfurt, die Sommer aber auf seinem schönen Landsitz Stift Neuburg bei Heidelberg, wo er und seine Gattin|(geb. du Fay, 1865) in weitgehender Gastlichkeit und frei von jeder confessionellen Engherzigkeit ("der Gläubigste ist auch der Duldsamste“ war Schlosser's Wort) mit fast allen Größen in Litteratur, Kunst und Wissenschaft verkehrten. Mit Goethe, dessen geschäftliche Angelegenheiten in Frankfurt er besorgte, blieb S. bis zu des Dichters Tode in engster Beziehung: er war ein eifriger Mitarbeiter bei der Abfassung von „Aus meinem Leben“, für welches Werk er Goethe das auf Frankfurt bezügliche Material sammelte oder zugänglich machte. Nach Goethe's Tode legte er aus Schriften über und Gegenständen der Erinnerung an den von ihm hochverehrten Dichter eine umfassende Goethesammlung an, welche nach Schlosser's am 22. Januar 1851 erfolgten Tode an das katholische Seminar zu Mainz überging. In einem höchst freundschaftlichen Verhältniß stand er auch zu dem Freiherrn v. Stein, mit dem er 1819 bei Gründung der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde gemeinschaftlich wirkte; dem Zustandekommen des Unternehmens der Monum. Germ. hat er viele Zeit und Arbeit gewidmet. S. ist auch als Schriftsteller hervorgetreten; außer Uebersetzungen und kleineren Schriften meist religiösen Inhaltes ist ein größeres Werk zu erwähnen: „Die Kirche in ihren Liedern durch alle Jahrhunderte“ (1852 von der Wittwe herausgegeben, mit Vorwort von Beda Weber, zweite mit den Originaltexten versehene Ausgabe 1863); ebenfalls nach seinem Tode erschien „Aus dem Nachlasse“, herausgeg. von Sophie Schlosser. 4 Bde., 1856—59 (1. Wanderfrüchte; 2. Gedichte; 3. Legenden; 4. Prosaische Schriften).

    • Literatur

      Vgl. Zur Charakteristik des ... Dr. jur. F. J. H. Schlosser (o. O. u. J.). — Böhmer's Lebensschilderung Schlosser's bei Janssen, Böhmer's Leben und kleine Schriften III, 478 f. —
      Pertz, Leben des Frh. vom Stein, Bd. V. —
      Heyden, Gallerie berühmter Frankfurter (Frankfurt 1861). —
      Frese, Goethe-Briefe aus Fritz Schlosser's Nachlaß (Stuttgart 1877). — Creizenach, Briefwechsel zwischen Goethe und Marianne v. Willemer, 2. Auflage (Stuttgart 1878).

  • Autor/in

    R. Jung.
  • Zitierweise

    Jung, Rudolf, "Schlosser, Fritz" in: Allgemeine Deutsche Biographie 31 (1890), S. 541-542 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117330132.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA